Heinrich, Erwin Georg Eberhard 

Geburtsdatum/-ort: 08.03.1887;  Pforzheim
Sterbedatum/-ort: 03.07.1956;  Baden-Baden
Beruf/Funktion:
  • Maler, Museumsdirektor
Kurzbiografie: 1904-1906 Kunstgewerbeschule Pforzheim
1906-1908 Kunstakademie Karlsruhe
1908 Académie Julien in Paris
1909-1912 Kunstakademie München, Hollandreise
1915-1918 Kriegsdienst, dann Wohnsitz in Donaueschingen
1927 Mitgründer der Badischen Secession in Freiburg
1941 Übersiedlung auf die Insel Reichenau
1942-1944 Kriegsdienst
1946 Teilnahme an Neugründung der Badischen Secession
1950 Übersiedlung nach Blumberg
1952-1956 Leiter der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: 1913 (Halle) Annemarie Dorothee Elise, geb. Schultze (1888-1984)
Eltern: Vater: Georg (1847-1918), Goldschmiedemeister
Mutter: Karoline, geb. Müller (1846-1908)
Geschwister: Otto
Kinder: Johann Christoph (1915-1949), Major, gest. in russischer Kriegsgefangenschaft
GND-ID: GND/116665521

Biografie: Reiner Haehling von Lanzenauer (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 4 (2007), 131-133

Nach dem Willen des Vaters musste Heinrich nach sechsjährigem Gymnasialbesuch als Lehrling in die väterliche Goldschmiedewerkstatt in Pforzheim eintreten. Hier zeichnete sich seine starke künstlerische Begabung ab, so dass er in die Kunstgewerbeschule Pforzheim, zwei Jahre später an die Akademie der bildenden Künste in Karlsruhe überwechseln konnte. Dort war er Schüler von Hans Thoma. Bei einem Studienaufenthalt in Paris beeindruckte ihn die impressionistische Malweise. Es folgte der Besuch der Kunstakademie in München, wo Heinrich Meisterschüler von Professor Angelo Jank wurde. Ab 1910 nahm Heinrich an Ausstellungen teil, namentlich in Freiburg und im heimatlichen Pforzheim. Seit 1913 lebte er als freischaffender Künstler in München. In diesem Jahr hatte er die Malerin Annemarie Schultze aus Erdeborn bei Eisleben geheiratet, viel gegenseitige Anregung ergab sich aus der gemeinsamen Arbeit.
Während des I. Weltkrieges war Heinrich zum Heer eingezogen. Nach Kriegsende übersiedelte er mit seiner Frau nach Donaueschingen. In erster Linie widmete er sich der Landschaftsmalerei. Mit seinen von Stilelementen der Neuen Sachlichkeit grundierten Ölbildern, mit seinen herben Aquarellen und Zeichnungen hat er namentlich die zur Heimat gewordene Baar, den angrenzenden Schwarzwald und den Bodenseeraum erfasst. Daneben beherrschte Heinrich das Porträtieren. Über die naturgetreue Wiedergabe hinaus wusste er die Wesensart des Abgebildeten durchscheinen zu lassen. So hat er im Laufe der Jahre unter anderem Bildnisse geschaffen von Fürst Max Egon zu Fürstenberg, Martin Heidegger, Gerhard Ritter, Eva Georgine Bader, Ehefrau des Rechtshistorikers K. S. Bader.
Im März 1927 wurde in Freiburg die Künstlervereinigung Badische Secession gegründet mit dem Ziele, die Künstler Badens zusammenzuführen und deren selbstkritisch gewürdigte Werke zu präsentieren. Dazu gehörten u. a. Albert Haueisen, Karl Hofer, Alexander Kanoldt, Emil Rudolf Weiß. Heinrich wurde in den Vorstand gewählt, zugleich übernahm er die Führung der Geschäfte, was sein eigenes künstlerisches Schaffen sehr einengte. Die Gründungsausstellung der Secession fand noch im selben Jahre in Freiburg statt. Auch die nachfolgenden Ausstellungen, die an verschiedenen Orten des Südwestens und 1931 in Straßburg stattfanden, wurden von Heinrich vorbereitet.
Nach der NS-„Machtergreifung“ warb Heinrich, der sich schon 1933 der SA angeschlossen hatte, innerhalb der Secession mit unterschiedlichem Erfolg für die von den neuen Herren propagierte Kunstrichtung. Gleichwohl musste sich die Secession unter politischem Druck im Jahre 1936 auflösen. Nun konnte sich Heinrich wieder verstärkt der Malerei widmen. Im Jahre 1938 fertigte er die Fresken für das neue Lazarett in Donaueschingen. 1941 zogen die Eheleute Heinrich auf die Insel Reichenau, im darauffolgenden Jahre nach Bernau im Schwarzwald. 1942 bis 1944 musste Heinrich Kriegsdienst leisten, ab 1945 wohnte er wieder auf der Reichenau. Im Jahre 1946 kam es zur Neugründung der Bad. Secession, bei der u. a. Karl Albiker, Emil Bizer, Otto Dix, Erich Heckel und Karl Hubbuch mitwirkten. Heinrich engagierte sich zwar von Anbeginn, konnte jedoch wegen seiner politischen Belastung erst im Jahre 1951 das Amt des ersten Vorsitzenden übernehmen. Gleichwohl hat er schon die Nachkriegsausstellung von 1947 in den Räumen der Universität Freiburg vorbereitet. Im Jahre 1950 zog das Künstlerehepaar nach Blumberg. Im Jahre 1951 führte die Secession eine große Ausstellung, aufgezogen von Heinrich, in der soeben durch die französische Besatzungsmacht freigegebenen Kunsthalle von Baden-Baden durch.
Schöpfungen der Nachkriegszeit beschränkten sich auf wenige Werke, vornan standen Porträtaufträge. Es war eher seine organisatorische Rolle innerhalb der Secession, die das badische Ministerium des Kultus und Unterrichts bewegt haben mag, ihm im Jahre 1952 die Leitung der Staatlichen Kunsthalle in Baden-Baden anzutragen. Damit nahm Heinrich eine maßgebliche Position bei der Neubelebung der Kunstszene ein. Die Baden-Badener Einrichtung hat er wieder zum Mittelpunkt kultureller Ereignisse werden lassen: Im Jahre 1953 öffnete er sie für Schweizer Kunst der Gegenwart, sodann für zeitgenössisches Kunstschaffen aus Baden-Württemberg und für die Weihnachtsausstellung Badisches Kunsthandwerk. 1954 stellte er junge badische Kunst aus, baden-württembergisches Kunsthandwerk, die „Berliner Neue Gruppe“, Werke ostdeutscher Künstler; wiederum brachte er eine Weihnachtsausstellung. Im Jahre 1955 folgten Ausstellungen des Künstlerbundes Baden-Württemberg, des Deutschen Künstlerbundes Berlin, der jungen Künstler Baden-Württembergs und des weihnachtlichen Kunsthandwerks. Überhaupt hat sich Heinrich während seiner Baden-Badener Zeit der Förderung des künstlerischen Nachwuchses vorrangig angenommen. Trotz belastender Erkrankungen hatte Heinrich 1956/57 bereits drei weitere Ausstellungen in die Wege geleitet, als ihn im Rathaus von Baden-Baden, wo er an einer Beiratssitzung teilnehmen wollte, ein plötzlicher Infarkttod ereilte. Auf dem Friedhof von Bernau im Schwarzwald hat er seine letzte Ruhestätte gefunden.
Die wieder gegründete Badische Secession hat sich schon Mitte der 1950er Jahre neuerlich aufgelöst, ihre Vereinsmittel gingen an die Gesellschaft der Freunde junger Kunst in Baden-Baden. Anfangs tauchte dort die Bezeichnung „Erwin-Heinrich-Gesellschaft“ auf – wohl ein vorübergehend ins Auge gefasster Vereinsname. In der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden wurde 1957 eine Gedächtnisausstellung für verstorbene badische Künstler durchgeführt, bei der auch Arbeiten von Heinrich gezeigt wurden. Aus Anlass des 100. Geburtstages hat das Heimatmuseum Pforzheim in Brötzingen eine Gedächtnisausstellung veranstaltet; im Februar 2007 fand in Pforzheim neuerlich eine Ausstellung von Werken Heinrichs statt.
Quellen: StadtA Baden-Baden Inv.-Nr. 27/4-045, 27/4-050, 27/4-907, 27/4-916; StadtA Singen Nachlass-Korrespondenz K. S. Bader, Bd. 39; GLA Karlsruhe 235/6020, 550/24; Fürstl. Fürstenberg. A Donaueschingen Dienerakte 58 (für Bruder Otto, 1876-1914).
Nachweis: Bildnachweise: Stadtmuseum Baldreit, Baden-Baden, Selbstporträt (Öl) 1912, Inv.-Nr. 1991: Selbstbildnis (Zeichnung), 1953, in: Zs. BW 1956, Nr. 5, 35; Foto in: Zs. Baden-Baden 1956, Nr. 2, 33.

Literatur: Albert Schneider, Heinrich E. Eine Würdigung seiner Kunst, 1920; Beringer, 1922 2. Aufl., 204; Der Freiburger Figaro, Heinrich 30, 1925, 18 u. Heinrich 31, 11; Das Kunstblatt Jg. XI, 1927, 411; Karlsruher Tagbl. vom 11.10.1927; Bad. Presse vom 19.10.1927; Bad. Beobachter vom 12.11.1927; Bad. Tagbl. vom 8.5.1950, vom 26.8.1952, vom 26.9.1953, vom 4.4.1955, vom 4.7.1956 u. vom 19.1.1957; Esslinger Ztg. vom 21.9.1954; Zs. Baden-Baden Heinrich 1, 1954, 30; H 1, 1959, 42; Das Kunstwerk Heinrich 5, 1952, 51; Stgt. Ztg vom 4.4.1955; BNN vom 4.7.1956; Staatl. Kunsthalle Baden-Baden, AKat. Gedenkausst. 30.3.-12.5.1957; Rolf G. Haebler, Geschichte d. Stadt u. des Kurortes Baden-Baden, 1969, 254; Leo Mülfarth, Kleines Lexikon Karlsruher Maler, 1980, 146; Klaus Fischer, Baden-Baden erzählt, 1985, 173; Wilfried Rößling (Hg.), Stilstreit u. Führerprinzip, 1987, 59, 63, 65, 259; Kunsthalle Baden-Baden (Hg.), Ausstellungen-Inszenierungen-Installationen 1909-1986, Baden-Baden 1986, 33; BZ vom 24.9.1987; Heimatmuseum Pforzheim, Faltbl. Gedächtnisausst. 27.9.-8.11.1987; Museum für Neue Kunst Freiburg, AKat. „Die Bad. Secession (1927-1936)“, 1989; Vollmer Bd. 2, 1992, 408; Antje M. Lechleiter, Die Künstlergruppe „Bad. Secession“, 1994, 194, 388; Reiner Haehling von Lanzenauer, Aquae, hg. vom AK Stadtgeschichte Baden-Baden Nr. 33, 2000, 69; Saur, Allg. Künstlerlexikon, Index-Bd. 4, 2000, 650; Joachim Engert, Aquae Nr. 38, 2005, 33.
Suche
Durchschnitt (0 Stimmen)