Kolig, Anton 

Geburtsdatum/-ort: 01.07.1886; Novy´ Jícˇín/Tschechische Republik (ehem. Neutitschein/Mähren)
Sterbedatum/-ort: 17.05.1950; Nötsch/Kärnten
Beruf/Funktion:
  • Maler
Kurzbiografie: 1904–1906 Studium an der Kunstgewerbeschule in Wien bei Anton von Kenner und Erich Mallina
1907–1912 Studium an der Wiener Akademie der Bildenden Künste bei Rudolf Bacher, Heinrich Lefler und Alois Delug
1911 Teilnahme an der Ausstellung der „Neukunstgruppe“ in Wien
1916–1918 Einzug zum Kriegsdienst, Kriegsmaler im K. u. K. Kriegspressequartier
ab 1918 tätig als freischaffender Künstler, Gründung einer Künstlerschule in Nötsch
1921 Gründung einer Mädchenarbeitsschule in Nötsch nach dem Muster der Wiener Werkstätten
ab 1928 Prof. an der Stuttgarter Akademie der Bildenden Künste
1943 Pensionierung
Weitere Angaben zur Person: Auszeichnungen: Auszeichnungen: Österreichischer Staatspreis für Malerei (1925, 1926); Goldene Medaille bei der Ausstellung „Deutsche Kunst“ im Kunstpalast Düsseldorf (1927); Große goldene Staatsmedaille (1936); Preis der Stadt Wien für Malerei und Grafik (1947)
Verheiratet: 1911 Katharina Wiegele (1885–1971)
Eltern: Vater: Ferdinand Kolig (1855–1919), Zimmer- und Kirchenmaler
Mutter: Maria, geb. Fiedler (1865–1938)
Kinder: 5: Thaddäus (1911–1975); Marie Antoinette (1912–1980); Dulla (1915–1997); Traut (* 1916); Sibylla (1921–1990)
GND-ID: GND/11856482X

Biografie: Sabine Rathgeb (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 2 (2011), 157-159

Kolig, dessen frühe Arbeiten Einflüsse des Symbolismus zeigen, nahm schon ab 1909 expressionistische Tendenzen auf und wurde zu einem der bedeutendsten Vertreter dieses Stils im deutschsprachigen Raum. Er schloss sich eng an Künstler der Wiener Avantgarde an wie Oskar Kokoschka, mit dem er an der Kunstgewerbeschule studiert hatte. Gemeinsam mit ihm sowie mit Sebastian Isepp und Franz Wiegele, die er an der Akademie kennenlernte, und den Malern Egon Schiele, Anton Faistauer und Albert Paris Gütersloh beteiligte er sich 1911 an einer Werkschau der „Neukunstgruppe“ in den Räumen des Künstlerbundes Hagen. Durch die Vermittlung von Carl Moll und Gustav Klimt erhielten Kolig und Wiegele, dessen Schwester Kolig im selben Jahr heiratete, ein Reisestipendium nach Paris. Unter dem Eindruck des französischen Expressionismus veränderte Kolig seinen Malstil und verlieh seinen Bildern eine dichtere Textur und kräftige Farbigkeit. Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 mussten die Künstler ihren Studienaufenthalt in Frankreich vorzeitig abbrechen. Kolig kehrte mit seiner Familie über Italien in den Heimatort seiner Frau, das im Gailtal gelegene Nötsch, zurück. 1916 wurde der Maler zum Kriegsdienst eingezogen und diente zunächst als Landsturmmann im Notreservespital in Klagenfurt, dann im Ersatzbataillon des Schützenregiments in Teschen (Schlesien). Auf Empfehlung des Dichters Richard von Schaukal wurde Kolig als Kriegsmaler zur Kunstgruppe des Kriegspressequartiers versetzt. Neben Soldatenporträts befasste er sich in dieser Zeit auch mit Landschaftsdarstellungen, die jedoch eine Ausnahme in seinem Œuvre blieben. Außerdem plante Kolig während der Kriegsjahre ein patriotisches Monumentalgemälde in Form eines Flügelaltars, mit dem mehrere, teilweise später vollendete Werke wie „Die Gailtalerinnen“ (1917, Sammlung Essl) und „Die Allegorie Kärntens im Kriege“ (1921, Kärntner Landesmuseum Klagenfurt) in Verbindung gebracht werden können.
Nach dem Ende des Krieges versammelte der Künstler in seiner Nötscher Werkstatt einen größeren Schülerkreis um sich, darunter Wolfgang von Schaukal, Gerhart Frankl und Theodor Hermansky. Eine intensive Beschäftigung mit dem Motiv des Jünglingsaktes setzte ein, der zum Hauptthema von Koligs Schaffens wurde. Das erste bedeutende Gemälde dieser Werkgruppe war die „Klage“ (1920, Österreichische Galerie Wien), in dem sich Kolig mit dem Thema des Soldatentodes auseinandersetzte. Neben männlichen Akten gewann die Porträtmalerei in den 1920er Jahren an Bedeutung. Die Dargestellten waren sowohl Familienmitglieder als auch prominente Persönlichkeiten wie die Opernsängerin Marie Gutheil-Schoder (1923, Österreichisches Theatermuseum Wien). Weitere wichtige Auftragsarbeiten entstanden auf dem Gebiet der Monumentalkunst. Gemeinsam mit seinen Schülern fertigte Kolig Fresken für den Neubau des Wiener Krematoriums (1923) und lieferte Entwürfe für ein Mosaik und Gobelins im Salzburger Festspielhaus (1926/27).
Nachdem Kolig 1928 bei der Ausstellung „Deutsche Kunst“ im Düsseldorfer Kunstpalast für das Bildnis des Generals Seibt (1918, Österreichische Galerie Wien) eine Goldmedaille erhalten hatte, wurde ihm von den Kunstakademien in Prag, Karlsruhe und Stuttgart ein Lehrstuhl angeboten. Kolig folgte dem Ruf nach Stuttgart, wo er von 1928 bis 1943 als Professor wirkte. Es fiel ihm nicht leicht, sich in seiner neuen Umgebung einzuleben. Deshalb pflegte er weiterhin enge Kontakte nach Österreich und verbrachte die Sommermonate regelmäßig mit seiner Familie in Nötsch. Unter den Stuttgarter Studenten, die ihn in seine Kärntner Wahlheimat begleiteten, war auch Anton Mahringer, der sich später dauerhaft in Nötsch niederließ. 1929 erhielt Kolig vom Land Kärnten den Großauftrag zu einem Freskenzyklus im Klagenfurter Landhaus und gründete dafür eine eigene Werkstatt für Wandmalerei an der Akademie. Das im Herbst 1930 vollendete Bildprogramm thematisierte neben der Verherrlichung Kärntens das Ideal der Gemeinschaft von Meister und Schülern im Sinne des mittelalterlichen Werkstattgedankens, dessen Realisierung Kolig im Rahmen seiner eigenen Lehrtätigkeit anstrebte. 1938/39 wurden die Fresken, die schon kurz nach ihrer Vollendung heftig kritisiert worden waren, auf Betreiben der NSDAP zerstört.
Koligs Beurteilung als Künstler während der NS-Herrschaft war ambivalent. Während einerseits einige seiner Bilder als „entartet“ galten und aus öffentlichen Sammlungen entfernt wurden, gab es andererseits hochrangige Parteifunktionäre, die Gemälde von ihm in ihren Sammlungen besaßen. In mehreren Werken wie den großformatigen Figurenkompositionen „Flora“ (1934, Privatbesitz) und „Das Waldhorn“ (1937, Privatbesitz), die Otmar Rychlik als „Mitläuferproduktion“ bezeichnete, ist der Einfluss der Propagandakunst zwar erkennbar, dennoch missfiel die „Flora“ Hitler bei der Großen Deutschen Kunstausstellung in München wegen ihrer unrealistischen Farbgebung und musste auf sein persönliches Betreiben abgehängt werden. Kolig selbst sah die Aufgabe der Kunst in einer Auseinandersetzung mit überzeitlichen, existenziellen Fragestellungen und lehnte eine politische Inanspruchnahme ab, wie er in einem Brief an den befreundeten Maler Anton Steinhart formulierte. Trotz der Repressalien, denen der Künstler durch die Nationalsozialisten ausgesetzt war, unterhielt er enge freundschaftliche Kontakte zu einflussreichen Sympathisanten des NS-Regimes wie dem Schriftsteller Josef Friedrich Perkonig und dem Kunsthändler Friedrich Welz.
Nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde Koligs Position an der Stuttgarter Akademie zunehmend schwierig. 1943 legte er vorgeblich aus gesundheitlichen Gründen seine Professur nieder. Dass dies auf politischen Druck geschah, belegen mehrere Äußerungen des Künstlers in Briefen an Freunde. Nach seiner Pensionierung zog Kolig zurück nach Nötsch. Dort wurde er am 17. Dezember 1944 bei einem Bombenangriff zusammen mit seiner Frau verschüttet und konnte nur schwer verletzt aus den Trümmern seines Hauses geborgen werden. Koligs Nachbar und Schwager Wiegele und dessen Familie überlebten den Angriff nicht. Äußerst schmerzlich für den Maler war der Verlust eines Großteils seiner Werke, die sich zum Zeitpunkt der Bombardierung in seinem Haus befunden hatten. Neben bleibenden physischen Folgen – Kolig konnte nur noch im Sitzen malen und ging daher zu kleinformatigen Arbeiten über – war der Künstler durch die Kriegsereignisse schwer traumatisiert. In seinem Spätwerk dominieren die Themen Tod und Vergänglichkeit wie in dem 1944 entstandenen Selbstbildnis „Atombombe“ (Historisches Museum der Stadt Wien) und dem „Erdenwanderer“ (1947, Privatbesitz). Die Akte der letzten Schaffensphase halten häufig Totenschädel in den Händen. Trotz seiner körperlichen Gebrechlichkeit bemühte sich Kolig nach dem Krieg wieder um öffentliche Aufträge und lieferte Entwürfe für ein Glasfenster im Wiener Stephansdom sowie für einen Vorhang im Salzburger Festspielhaus, die jedoch unausgeführt blieben.
Neben Gemälden hinterließ Kolig ein umfangreiches grafisches Werk, das hauptsächlich Aktzeichnungen nach männlichen Modellen umfasst. Die größten Sammlungsbestände befinden sich in der Österreichischen Galerie, im Heeresgeschichtlichen Museum und im Leopold Museum in Wien sowie in der Kärntner Landesgalerie Klagenfurt.
Quellen: Hans Kutschera (Hg.), Ringen mit dem Engel. Künstlerbriefe 1933 bis 1955. A. Kubin, Anton Kolig und C. Moll an A. Steinhart, 1964; Gabriele Frommer (Hg.), Rose Sommer-Leypold. Lebenswerk einer Malerin, 1995 (mit Briefauszügen Koligs); Wilhelm Baum (Hg.), Kunstwerke sind Stationen auf dem Leidensweg zum verlorenen Paradies. Briefe und Dokumente zum Nötscher Kreis, 2004.
Werke: (Werkverzeichnisse) Richard von Schaukal, Anton Kolig, in: Der Cicerone XVII, 1925, 304–317; Anton Kolig, hg. von Friedrich Welz und Andreas Fischer, 1948; Anton Kolig. 1886–1950. Das malerische Werk, hg. von Otmar Rychlik u. a., 2001.

Literatur: (Auswahl) Hans Ankwicz-Klehoven, Anton Kolig, in: ThB, Bd. 21, 1927, 235 f.; Richard Milesi, Anton Kolig. 1886–1950, 1954; Vollmer, Bd. 3, 1956, 89 f.; Richard Milesi, Anton Kolig, in: Österreichisches Biographisches. Lexikon 4, 1969, 80 f.; Peter Weiermair, Anton Kolig. Die Zeichnungen, 1986; Brunhilde Rohsmann, Anton Kolig. Ölbilder und Zeichnungen, 1996; Edwin Lachnit, Ringen mit dem Engel. Anton Kolig. Franz Wiegele. Sebastian Isepp. Gerhard Frankl, 1998; Otmar Rychlik, Anton Kolig und seine letzten Modelle, 2000; Anton Kolig – Franz Wiegele. Mann&Frau, 2001; Erwin Hirtenfelder, „Die Koligsche Kunst ist geistiger Bolschewismus“. Ein Bildersturm im „Dritten Reich“, 2001; Irmtraud Koller-Neumann, Fritz Koller, Aus Anton Koligs letzten Jahren, in: Kärntner Landesgeschichte und Archivwissenschaft, 2001, 533–547; Wilhelm Baum, Der „Nötscher Kreis“ und die Kultur der Moderne, in: Österreich in Geschichte und Literatur, Bd. 47, 2003; Otmar Rychlik (Hg.), Anton Kolig – Männliche Aktzeichnungen, 2005.
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