Donndorf, Karl August 

Geburtsdatum/-ort: 17.07.1870; Dresden
Sterbedatum/-ort: 30.10.1941;  Stuttgart
Beruf/Funktion:
  • Bildhauer
Kurzbiografie: 1876 Umzug von Dresden nach Stuttgart, Privatunterricht statt Grundschulbesuch
1881–1888 Karls-Gymnasium Stuttgart
danach Studium an der Kgl. Kunstschule Stuttgart
1890–1891 Einjährig Freiwilliger Militärdienst
1894 für Jena: Büste des Pädagogen Karl Volkmar Stoy
1895–1896 in Weimar Arbeiten für das großherzogliche Haus
1897 Studienaufenthalt in Paris, auch in den Folgejahren
ab 1897 Mitarbeit am Kaiser-Denkmal Hohensyburg
ab 1900 regelmäßige Italienaufenthalte
1901/02 Nietzsche-Büsten
1902–1924 Mitglied der Freimaurerloge „Wilhelm zur aufgehenden Sonne“
1904 Denkmal für Prinz Hermann von Sachsen-Weimar-Eisenach
1905 Ernennung zum Oberleutnant
1914–1918 Kriegsteilnahme, gestaltet Soldatengräber bei Longwy
1927 Übertritt von der ev. Landeskirche zur Christengemeinschaft
1933 Ausschluss aus der Reichskammer der bildenden Künste
1970 Gedächtnisausstellung in Stuttgart
1984 Karl-Donndorf-Weg an der Uhlandshöhe
1987 Ausstellung im Leibniz-Gymnasium Feuerbach
2016 mit der Büste seines Vaters Adolf in Weimar vertreten auf Ausstellung „Prominenz in Gips“
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Auszeichnungen: Auszeichnungen: Ritter zweiter Abteilung des Großhzgl. Hausordens der Wachsamkeit oder vom weißen Falken (Sachsen-Weimar-Eisenach, 1896); Ernennung zum Prof. in Weimar ohne Hof- oder Staatsamt (vor 1904); Kgl. württ. Friedrichsorden 2. Kl. (1903), 1. Kl. 1910; Schwerter zum Ritterkreuz 1. Kl. des Friedrichsordens (1915); EK II. Kl. (1915); Kgl. württ. Landwehrdienstauszeichnung 2. Kl.
Verheiratet: 1904 (Dresden) Anna Fischel (1880–1953)
Eltern: Vater: Adolf von Donndorf (1835–1916), Bildhauer
Mutter: Marie, geb. Weigel (1843–1922)
Geschwister: 8, darunter Dr. jur. Martin (1867–1937)
Kinder: 4:
Hans (1905–1981);
Julia (1908–1992);
Wolf (1909–1995);
Peter (1914–2008)
GND-ID: GND/119125331

Biografie: Renate Liessem-Breinlinger (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 3 (2017), 40-44

Donndorf war 18 Jahre alt, als er das Herzstück der von Robert Reinhardt (1843 – 1914) geplanten neugotischen Johannes-Brenz-Gedächtniskirche in Weil der Stadt gestalten durfte: das plastische Abbild des hier geborenen Reformators mit den aus zeitgenössischen Zeichnungen und Stichen bekannten Gesichtszügen. Talent war Donndorf offensichtlich in die Wiege gelegt worden; die in der Bildhauerei aufwändigen und körperlich anstrengenden handwerklichen Fertigkeiten hatte sich der Sohn des in der wilhelminischen Ära reichsweit berühmten Spätklassizisten und Rietschel-Schülers Adolf Donndorf in der Werkstatt des Vaters zugelegt, wohl schon früh und parallel zum Schulbesuch, den er am Karls-Gymnasium mit der Mittelstufe, dem sogenannten „Einjährigen“, abschloss. Eine willkommene Abwechslung bot ihm 1890/91 der Militärdienst, den er bei der Infanterie als Einjährig- Freiwilliger absolvierte, was das elterliche Budget belastete, da die Ausrüstung privat zu finanzieren war. Es hätte dem begabten jungen Mann nun gut getan, eine auswärtige Kunstschule zu besuchen. Er blieb aber in Stuttgart als Schüler seines temperamentvollen Vaters. Dieser habe sich bei der „Erziehung seiner vielen Kinder“ vom „Naturgrundsatz des Wachsenlassens“ leiten lassen, schrieb rückblickend Donndorfs fünf Jahre älterer Bruder Martin, der Jura studierte, sich früh in Richtung der alten Heimat (Thüringen, damals Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach) orientierte und Bürgermeister, dann Oberbürgermeister von Weimar werden sollte. Auch das Herz des Vaters schlug nicht in Stuttgart. Den Ruf auf die feste gut dotierte Stelle als Professor an der Königlichen Kunstschule hatte er aus wirtschaftlichen Erwägungen angenommen.
Wann es Karl in Stuttgart und in Vaters Atelier zu eng wurde, lässt sich nicht genau sagen. 1892 schüttete er in einem Brief an seine Freundin, die Schauspielerin Louise Dumont (1862 – 1931), sein Herz aus: „Ich merke immer mehr, dass ich fort muss, denn der Abstand im Geschmack meines Vaters und meinem eigenen wird immer größer. Jeden Tag gute Lehren, Streit und Tadel …“. Zwischen Donndorf und Louise Dumont, die 1888 bis 1898 am Stuttgarter Hoftheater engagiert war, kam 1892 ein sehr vertrauter Ton auf; aus „verehrte Freundin“ wird „meine liebste Freundin“. Er porträtierte sie damals und beschrieb seine Furcht, als Künstler in einer „mittelmäßigen Höhe“ stecken zu bleiben. „Viele Leute arbeiten ohne Mühe, prodiciren ohne Kampf und nutzen sich nicht ab. Mir geht es anders, ich lasse Haare dabei …“ (TMD, SHD 16678/2). Die Briefe kreisen um die gegenseitige künstlerische Entwicklung und weisen Donndorf als Theaterkenner aus. Der Annahme, „reale Begegnungen“ seien rar gewesen, geäußert im Kommentar zur Edition der Dumont-Briefe muss widersprochen werden. Sie hatte ihm 1992 Modell gesessen, und ausgiebig wieder 1897, als die Büste entstand, von der sie 1898 – nun schon in Berlin – Kopien erbat. Louise Dumont riet Donndorf immer wieder, Stuttgart zu verlassen, schlug Italien oder Paris vor, auch „München, es ist viel Schönes dort …, frisch und fröhlich der Freiheit zu“.
Donndorf stellte jedoch realistisch fest, dass ihm zum „Fortlaufen“ das Geld fehle. In „gedrückten Verhältnissen zum Spott des Vaters unreife Versuche“ zu unternehmen, war nicht seine Sache. Statt dessen schuf er sich als Porträtist in Stuttgart eine eigene wirtschaftliche Basis. Große Anerkennung fand 1894 die Büste für das Grab des beliebten Chorleiters, Komponisten und Mitgründers der Stuttgarter Musikhochschule Immanuel Faißt auf dem Pragfriedhof. Donndorf hatte sich in Stuttgart eingerichtet und seine Freundin überzeugt, dass die Stadt seiner „genialen Phantasie keinen Schaden gebracht“ hat. Ob er damals schon ein eigenes Atelier unterhielt, wie in der Literatur mitgeteilt, muss offen bleiben. Louise Dumont richtete ihre Briefe jedenfalls nach wie vor an Donndorf junior, Atelier der Kunstschule, Urbanstraße 39, über das Adolf Donndorf bis zu seiner Pensionierung 1910 verfügen konnte. Die einzige wissenschaftliche Monographie zu Donndorf stammt von Oliver Class (vgl. Literatur).
1895 sorgte der Vater für eine Zäsur und vermittelte seinem eben zum Leutnant avancierten Sohn Aufträge in der Residenzstadt Weimar und Raum in einem Atelier der dortigen Kunstschule. Adolf Donndorf nutzte seine Reputation als Ehrenbürger und Schöpfer des 1875 errichteten Reiterstandbildes von Großherzog Karl August und wartete gleichzeitig mit einer großen Geste auf: Er schenkte der Stadt einen Abguss der überlebensgroßen Bronzegruppe „Mutterliebe“ (wasserholende Mutter mit zwei kleinen Kindern) als Brunnenbekrönung, ein Werk, das um 1880 entstanden war und vielfach existierte und existiert: seit 1881 in New York (Jamesfountain), seit 1892 in Zwittau (Svitavy, Tschechien) und seit 1898 und erneut 2008 in Stuttgart (Paulinenbrunnen). Karl Donndorf erhielt in Weimar den schwierigen Auftrag, eine Büste des 1894 verstorbenen einzigen Sohnes des regierenden Großherzogspaars, Carl August, zu erstellen, was für sein Ansehen als Künstler spricht, aber auch erkennen lässt, dass er durch seine menschlichen Qualitäten, die verglichen mit dem Vater leiseren Töne und seine unaufdringliche feinfühlige Art überzeugte. Das Büstendenkmal erhielt 1896 in Weimar einen Platz im öffentlichen Raum. Vermutlich arbeitete Donndorf schon damals an den Porträts von Großherzog Carl Alexander und dessen Frau Sophie (gestorben 1897), die 1898 im Goethe-und-Schiller-Archiv aufgestellt wurden.
Aus einer Bemerkung Louise Dumonts über einen „echten Schülerkreis“, den Donndorf in Weimar gefunden habe, lässt sich schließen, dass er an eine Berufung an die Weimarer Kunstschule dachte. Es blieb jedoch bei einem Orden und der Verleihung des Professorentitels ohne Amt, den er lebenslang konsequent führte. Auf die Weimarer Jahre folgte 1897 der erste Paris-Aufenthalt, dem zwei weitere folgten. Ob es dabei um Weiterbildung ging, wie Julius Baum (vgl. Literatur) 1913 annahm, und wo und wie diese erfolgt sein soll, ist nicht belegt. Class (vgl. Literatur) stellt jedoch energisch in Abrede, dass ihn Rodin beeinflusst habe, was in posthumen Würdigungen vermittelt wird. Gerade weil sein Stil noch nah bei dem des Vaters war, erhielt er 1897/98 den Auftrag, zwei Standbilder für das Kaiserdenkmal Hohensyburg bei Dortmund zu gestalten: Friedrich III. und dessen Vetter Prinz Friedrich Karl als Ergänzung zu Kaiser Wilhelm I., Bismarck und Moltke, die von Adolf Donndorf modelliert wurden. Da dieser auf die Mitarbeit seines Sohnes angewiesen war, ließ er ihn für 1898 „von der diesjährigen Übung“ beim Militär befreien. Donndorfs Hohenzollernprinzen wurden im Zweiten Weltkrieg eingeschmolzen, Adolf Donndorfs Dreiergruppe ist erhalten. Den Auftrag verdankten Vater und Sohn dem Stuttgarter Verleger Wilhelm Spemann (1844 – 1910), der aus Unna bei Dortmund stammte.
Als das Denkmal 1902 eingeweiht wurde, beherrschte Nietzsche Donndorfs Denken und Gestalten. Er war dem Philosophen noch begegnet und unterstützte nach dessen Tod Elisabeth Förster-Nietzsche bei der Erinnerungspflege und dem Aufbau des Nietzsche-Archivs in Weimar. Sein markantes Nietzsche-Porträt auf schmalem vierkantigem Sockel erschien 1901 als Titelbild der Zeitschrift „Jugend“. Thomas Mann habe eine Kopie besessen, ein Geschenk der Schriftstellerin Gabriele Reuter. Sehr glaubhaft, denn Donndorf und Förster-Nietzsche waren sich einig, die Verbreitung dieser Bildwerke zu fördern. Guten Absatz fanden die Exemplare „in der richtigen Größe für den Schreibtisch“ (Krause, 137, vgl. Literatur).
Donndorf konnte als Junggeselle gut von seiner Arbeit leben. Bei aller Reisetätigkeit blieb Stuttgart immer sein Wohnsitz. Die Aufträge gingen durch Empfehlung ein; Werbung zu machen, war seine Sache nicht. Es hatte ihn schon Überwindung gekostet, sich 1902 zeitgleich mit seinem Vater unter „Bildhauer und Grabsteingeschäfte“ in das Branchenverzeichnis des Einwohnerbuchs aufnehmen zu lassen. Kopien seiner Arbeiten ließ er auch durch Galvanisieren bei der Firma WMF herstellen. Er stand im Einklang mit den bürgerlichen Normen, trat rechtzeitig einer Rentenkasse bei und verfolgte pflichtbewusst und engagiert seine Militärkarriere. Louise Dumonts Mahnung, das freie Künstlerleben nicht für eine bürgerliche Ehe aufzugeben, wirkte nicht mehr, nachdem er 1902 in Florenz Anna Fischel kennen gelernt hatte. Die Tochter eines erfolgreichen Möbelfabrikanten in Böhmen, die mit ihrer damals schon verwitweten Mutter in Dresden lebte und viel reiste, eine gute Bildung und auch Malunterricht erhalten hatte, sollte seine Frau werden. 1903 konvertierte sie vom jüdischen zum evangelischen Glauben, das Paar wurde 1904 in Dresden getraut. Blickfang auf dem Foto von der Hochzeitsgesellschaft: Vater Adolf, strahlend, kräftig mit üppiger Mähne und Vollbart, der Bräutigam ernst, schmal und mit Kneifer.
Nach der Hochzeitsreise wohnte Donndorf mit seiner Frau übergangsweise bei den Eltern in der Alexanderstraße. Bald sollte die von Albert Eitel geplante Villa an der Uhlandshöhe seinem Leben einen großzügigen Rahmen bieten. Er konnte das gemietete Atelier aufgeben und im eigenen Haus arbeiten. Zehn seiner wichtigsten Jahre lagen vor dem jungen Familienvater. Durch die Arbeit am Standbild des Schwiegersohns von König Wilhelm I. Hermann von Sachsen-Weimar-Eisenach, das einen dominanten Platz vor dem Wilhelmspalais erhalten hatte, war Donndorfs Nähe zum Hof gewachsen. 1905 durfte er König Wilhelm II. portraitieren; im selben Jahr wurde er zum Oberleutnant befördert. Das vermögende Bürgertum schätzte seine Plastiken und gehörte zu seinem privaten Umgang. In der Freimaurerloge „Wilhelm zur aufgehenden Sonne“, der er seit 1902 angehörte, rückte er 1907 zum Meister auf. 1908 reiste er nach Algerien mit José Weißberger, einem international tätigen Geschäftsmann; 1911, nachdem er für die Villa Siegle auf der Karlshöhe den Athene-Brunnen vollendet hatte, erkundete er die Balkanländer. Er engagierte sich in der Kulturszene der Stadt: Mit dem Pionier der fotochemischen Industrie Fritz Hauff holte er 1913 Max Merz, den musikalischen Leiter der Elizabeth-Duncan-Schule zu einem Vortrag über „Rhythmus und Ausdruck des Körpers“ nach Stuttgart.
Die Verbindung zum Theater bestand auch nach Louise Dumonts Weggang. Donndorf schuf 1910 das Grabmal der in einem Eifersuchtsdrama erschossenen Sängerin Anna Sutter und erhielt 1913 den Auftrag, eine repräsentative Brunnenanlage für den Theater-Vorplatz zu entwerfen. Er wählte den Titel „Schicksalsbrunnen“, stellte zwei Figuren für Freud und Leid einander gegenüber und verfasste eine Inschrift, die Schiller zugeschrieben wurde. Die feierliche Enthüllung im Juni 1914 war ein gesellschaftliches Ereignis; der Generalintendant des Hoftheaters Joachim Gans zu Putlitz dankte auch im Namen des Königs. Die Presse reagierte vorwiegend mit Bewunderung; einen Kritiker störte jedoch die „kühle Vornehmheit“; das Denkmal erschien ihm „kalt und ausdruckslos“ und zu traditionell (Stgt. Neues Tagblatt, vgl. Literatur). Der Journalist spürte wohl, dass eine Ära zu Ende war, im Gegensatz zu Donndorf, der – weniger von Selbstzweifeln beschwert als in den Jugendjahren – neugierig und gewandt den zeittypischen stilistischen Strömungen gefolgt war. Ausgehend von seiner Ausbildung als Klassizist, hatte er sich „nach und nebeneinander“ dem Historismus, dem Neubarock, Hildebrands Neuklassik, und dem Jugendstil zugewandt (Class, 133).
Als Reserveoffizier wurde Donndorf 1914 zum Kriegsdienst eingezogen: „Am 21.8.1914 infolge Mobilmachung zum Landsturm-Infanterie-Bataillon Heilbronn eingerückt; am gleichen Tage zum Kompanieführer ernannt. 28.8.1914 ins Feld.“ Im Dezember wurde er zum Hauptmann befördert und erst am „30.11.1918 seiner mobilen Verwendung enthoben“. (HStAS vgl. Quellen). Sein Einsatzgebiet lag in Lothringen, erst auf deutschem Gebiet um Thionville/Diedenhofen, dann bei Longwy im Département Meurthe et Moselle nahe der belgischen und luxemburgischen Grenze. Sein Kriegsranglistenauszug verzeichnet „5.11.1915 Bruch der linken Hand durch Sturz vom Rad“, eine Verletzung, die ihm als Bildhauer große Sorgen gemacht haben muss. Zu seinen Aufgaben gehörte die „Überwachung und Leitung der Ausgabe von Materialien“; ab Juni 1916 war er „für Pflege und Aufsicht der Kriegergräber im Bezirk der Etappenkommandantur Longwy kommandiert“ und „ist vor Demobilmachung nicht zum Bataillon zurückgekehrt“. Er entwarf Soldatenfriedhöfe und gestaltete Denkmäler. Class nennt schon für die beiden ersten Kriegsjahre entsprechende Werke. Das Ehrenmal für gefallene württembergische Soldaten bei Romain-près-Longwy datiert er auf 1914. Donndorfs im Krieg entstandene Werke sind von formaler Strenge und heben sich deutlich ab von der weichen Linienführung beim Schicksalsbrunnen.
Das Thema Gefallenen-Gedenken beschäftigte ihn auch nach dem Krieg in der Heimat. Er besaß einen ganzen Katalog von Mustervorschlägen und knüpfte auch wieder an sein Vorkriegswerk an, wo er 1910 mit dem Esslinger Gefallenenehrenmal für 1870 Maßstäbe gesetzt hatte. Gerne wüsste man, wie Donndorf den jungen Mitbewerber Friedrich Wilhelm Graevenitz wahrgenommen hat, der das Denkmal für die Gefallenen der Olgagrenadiere (1. Württembergisches Nr. 119) ausführen durfte, ein Regiment, dem beide einmal angehört hatten. Der schlicht geformte streng blickende monumentale Löwe steht im Mittleren Schlossgarten nicht weit vom Schicksalsbrunnen. Konkurrenz hatte Donndorf schon früher erlebt und offenbar gelassen hingenommen: bei den Nietzsche-Arbeiten durch Max Klinger, bezüglich der Arbeiten für den Stuttgarter Hof durch Heinz J. Fritz (1873 – 1927), der 1912 König Wilhelm II. porträtierte.
Nach der Rückkehr ins Zivilleben im November 1918 fand er wirtschaftlich völlig veränderte Verhältnisse vor. Sohn Wolf hielt ca. 1970 fest: „Nach dem I. Weltkrieg war das österreichische Vermögen verloren. Anna Donndorf kaufte im Husarenstil ein Bauernhaus in Gauingen (bei Zwiefalten), dort lebte man viel billiger als in Stuttgart. Das Haus in Stuttgart wurde an den deutschen Botschafter von Eckardt vermietet. Anna Donndorf verdiente Geld mit Sticken und Porzellanmalen. Nach der Inflation gab es auch wieder Aufträge für Karl Donndorf, wenn auch viel weniger als vor 1914.“
Dass er 1921 Fritz von Gemmingen, Gustav Siegles Schwiegersohn, porträtieren durfte, verdankte er wohl der Verbundenheit mit dieser Familie. 1922 beschäftigte er sich mit dem Porträt eines Majors, auch in einer Version mit Stahlhelm. Class verzeichnet die Skulptur eines Handgranatenwerfers, ein Thema, das auch Graevenitz bearbeitet hat, und stellt wenn nicht kriegsverherrlichende, so doch kriegsverharmlosende Züge fest. In Uhlbach, wo Donndorf schon vor Jahrzehnten das Grabmal der Familie Benger gestaltet hatte, stehen wohlgepflegt seine schönsten Nachkriegswerke: das Kriegerdenkmal von 1929 und der Josua-und-Kaleb-Brunnen von 1927. Als Zeichen der Verunsicherung in der neuen Zeit darf man den Austritt aus der Loge 1924 und den Übertritt von der Landeskirche zur Christengemeinschaft 1927 werten.
Anna Donndorf war keine ängstliche Natur, aber angesichts des wachsenden Stimmenanteils der NSDAP nahm sie mit ihrer Familie wahr, dass wegen ihrer jüdischen Herkunft Nachteile bevorstanden. 1933 wurde Donndorf aus der Reichskammer der bildenden Künste ausgeschlossen, was ab sofort Ausstellungsverbot bedeutete. Bei der Stuttgarter Ausstellung „Schwäbisches Kulturschaffen der Gegenwart“ war er nicht vertreten. Arbeiten konnte er in seinem Privathaus weiterhin. 1935 schuf er das Relief für das Hegelhaus in der Eberhardstraße, 1939 portraitierte er Nelly Kellermann. Überraschend, dass es auch eine Hitler-Büste von ihm gibt, entstanden um 1935. Es hat den Anschein, dass sich der äußere Druck in Grenzen hielt, da Anna durch ihre Ehe nicht zu den unmittelbar Bedrohten gehörte und, wie die Zeitzeugin Ingeborg Leuchs in dem Film über Käthe Löwenthal andeutet, wegen ihrer ursprünglich österreichischen Papiere für eine „Halbjüdin“ gehalten wurde. Die psychische Belastung für die ganze Familie war dennoch groß. Ingeborg Leuchs berichtet in dem genannten Bild- und Tondokument über den Rückhalt, den Käthe Löwenthal an Karl und Anna Donndorf hatte. Diese konnten ihr helfen, als sie ab 1934 nicht mehr im städtischen Atelier arbeiten durfte, rieten ihr aber, die Fluchtmöglichkeit in die Schweiz zu nutzen. Als die begabte Malerin 1942 deportiert wurde, lebte Donndorf, ihr „stiller Helfer“, nicht mehr.
Im Gegensatz zu seinem Vater ist Donndorf ein echter Stuttgarter geworden. Auch nach hundert Jahren ist er in der Stadt mit etlichen Werken präsent, bei deren praktischer Umsetzung der Steinmetz Richard Schönfeld beteiligt war, so beim Jünglingsbrunnen in der Landhausstraße in Ostheim und am Schicksalsbrunnen. 1970 zeigte die Staatsgalerie einen Rückblick auf Donndorfs Werk, wohl auf Vorschlag des Sohnes Wolf, damals Leiter des Ressorts Kunst im Kultusministerium. Bei der Ausstellung „Prominenz in Gips. Das Weimarer Donndorf-Museum“ wurde 2016 die 1909/10 geschaffene Büste seines Vaters Adolf gezeigt, um dessen Werk es bei der Veranstaltung ging. Wie Donndorf es lebenslang kannte, stand er auch hier hinter dem Vater zurück. Die eingangs zitierte kleine Revolte fand nur im Briefwechsel mit Louise Dumont statt. Eine offenbar lautstark ausgetragene Kontroverse um eine von Adolf als obszön empfundene Plastik „Joseph und Potiphars Weib“ ist in der Familie überliefert. Ernsthaft war der Friede nie gefährdet, denn Vater wie Sohn waren ausgesprochene Familienmenschen.
Quellen: HStAS M 430/3 Bü 2042 (militärische Personalakte), M 708 Bü 567 (Foto), J 191 (Zeitungsausschnittsammlung zu Karl Donndorf), R 20/005 10 V040007/101, Film von Wolf Ritscher (Hg.), Käthe Löwenthal (1877 – 1942) – Eine Malerin des „Expressiven Realismus“ und der „Verschollenen Generation“; Gespräch mit Ingeborg Leuchs, Zeitzeugin und Nichte; StAL F 201 Bü 442 (1916 – 1920), F 215 Bü 123 (1925), F 215 Bü 362 (1930); Stadtmuseum Stuttgart, NL Donndorf, Nr. 16 (u. a. Briefe von Louise Dumont); Theatermuseum der Landeshauptstadt Düsseldorf/Sammlungen, Schauspielhaus Düsseldorf, SHD-16677 ff; StadtA Weimar Informationen von Jens Riederer; Hinweise zum Werk von Katharina Krügel, Klassik Stiftung Weimar/Kunstsammlungen, Kustodin Skulpturensammlung (vgl. Literatur); schriftliche Auskünfte von Sigrid Arnold; LandesA Thüringen-HStA Weimar, schriftliche Auskünfte von Katja Deinhardt; StadtA Stuttgart, 125/1, 47/24 (Karl-Donndorf-Weg 1983/84). 9000, A 7111 (Sammlung König-Warthausen). 9910, 36 (Gästebuch Walther Schulz), personengeschichtliche Sammlung mit Zeitungsausschnitten; LKAS, Familienregisterseiten für Karl August Donndorf und Adolf von Donndorf; schriftliche und mündliche Auskünfte von Michael Donndorf (Enkel), Stuttgart, aus seinem PrivatA: Lebenslauf von Donndorf, verf. von Wolf Donndorf ca. 1970: Recherche und schriftliche Auskunft zur Freimaurerzugehörigkeit von Ralf Bernd Herden; Informationen zur Loge „Wilhelm zur aufgehenden Sonne“ von Dr. Klaus Dieterich, Ditzingen; schriftliche Auskünfte zur Militärzeit von Karlheinz Deisenroth, Freiburg; Auskunft zu den Bildnissen König Wilhelms II. von Albrecht Ernst; Daten zum Anwesen Donndorf in Gauingen von Edith Bendel, Gemeindeverwaltung Zwiefalten.
Werke: Katalog in Oliver Class, vgl. Literatur.
Nachweis: Bildnachweise: HStAS M 708 Nr. 567.

Literatur: Staatshandbuch für das Großherzogtum Sachsen 1900, 73 (Orden 1896), 1904, 258 (Professor); Julius Baum, Die Stuttgarter Kunst der Gegenwart, 1913, 191 f. Schwäbischer Merkur, 10.6.1914, Der neue Donndorf-Brunnen; Stuttgarter Neues Tagblatt, 10.6.1914, Ein neuer Kunstbrunnen vor dem Hoftheater; Martin Donndorf, Zwei festliche Reden, 1935; Gustav Wais, Stuttgarter Kunst- und Kulturdenkmale, o. J. (1954) 10 Nennungen; Richard Hamann, Jost Hermand, Stilkunst um 1900, 1967; Jürgen Krause, „Märtyrer“ und „Prophet“- Studien zum Nietzsche-Kult in der bildenden Kunst der Jahrhundertwende, 1984; Gerhard Blank, Stuttgarter Villen im 19. Jahrhundert, 1987, 31; Meinhold Lurz, Kriegerdenkmäler in Deutschland, Bd. 3, 1. Weltkrieg, 1985; Paul Sauer, Das Werden einer Großstadt, 1988, 279-281; Ulrike Fuchs, Der Bildhauer Adolf Donndorf. Leben und Werk, 1986; Dietmar Spreer, Die Johannes-Brenz-Kirche in Weil der Stadt, in: FS zu Hundertjahrfeier, 1989, 14-21; Oliver Class, Der Bildhauer Karl Donndorf. Eine spätbürgerliche Künstlerkarriere, Diss. Stuttgart 1993; Jörg Kurz, Die Gänsheide. Geschichte und Kultur, 2007, 71-75; Nils Büttner und Angela Zieger (Hg.), Rücksichten. 250 Jahre Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. Ein Lesebuch, 2011, 63, 80; Gitta Günther, Weimarer Ehrenbürger, 2011, 89-93 (Adolf Donndorf),139 – 143 (Martin Donndorf); Gertrude Cepl-Kaufmann (Hg.), Louise Dumont. Eine Kulturgeschichte in Briefen und Dokumenten, Bd. 1 1879 – 1904, 2014, 126-129, 143, 171, 190; Erinnerung an Oberbürgermeister Martin Donndorf, in: Stadtkurier, Amtsblatt der Stadt Weimar, Nr. 14 vom 28.7.2015, 8020; Katharina Krügel, Das Donndorf-Museum. Zur Geschichte der „Weimarischen Glyptothek“, in: Zs. Weimar- Jena: Die große Stadt. Das kulturhistorische Archiv 4 (2016); Programm zur Ausstellung „Prominenz in Gips. Das Weimarer Donndorf-Museum“, Sept. bis Dez. 2016.
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