Weiß, Franz 

Geburtsdatum/-ort: 30.07.1892;  Schnaitheim
Sterbedatum/-ort: 02.11.1985;  Liebfrauenhöhe/Ergenzingen
Beruf/Funktion:
  • Geistlicher, Verfolgter des NS-Regimes
Kurzbiografie:

1904–1906 Martinihaus u. Gymnasium Rottenburg

1906–1910 Konvikt Ehingen

1910–1914 Wilhelmsstift und Studium der katholischen Theologie in Tübingen

1914–1919 Kriegsdienst im I. Weltkrieg

1920 Priesterweihe

1920–1922 Vikar in Herrlingen, Oberndorf am Neckar und Ulm

1924–1926 Pfarrverweser in Göllsdorf

1926–1932 Pfarrer in Wäschenbeuren

1932–1940 Pfarrer in Ulm-Söflingen

1939 II 19 Ausweisung aus Württemberg, Bayern und Hohenzollern

1939 VI 22 Verurteilung zu einem Jahr Gefängnis wegen Vergehens gegen das Heimtückegesetz und den Kanzelparagraphen

1940 IV 12 vorzeitige Haftentlassung

1940 VII 5 Versetzung in den einstweiligen Ruhestand

1940–1945 Tätigkeit in der außerordentlichen Seelsorge, überwiegend im Rheinland

1945–1951 nach Rückkehr in die Diözese Rottenburg Pfarrer in Illerrieden

1951–1957 Stadtpfarrer in Ulm

1957–1962 Krankenhausseelsorger in Ulm

Weitere Angaben zur Person: Religion: römisch-katholisch
Auszeichnungen: Ehrungen: EK II. Klasse (1916); Württembergische Silberne Militärverdienstmedaille und EK I. (1917); Martinusmedaille der Diözese Rottenburg (1976).
Verheiratet:

unverheiratet


Eltern:

Vater: Otto (1859–1935), Forstwart

Mutter: Viktoria (1866–1922), geb. Schindele


Geschwister:

8; Sophie Maria Luise (geb. 1891), Hedwig Rosa (1893–1967), Hubert (geb. 1894), Oswald Magnus (1896–1918), Edmund Otto Viktor (1897–1933), Lothar Friedrich (1898–1898), Thaddäa Armella (1899–1984) und Otto Lothar (1901–1970)


Kinder:

keine

GND-ID: GND/119190613

Biografie: Herbert Aderbauer (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 7 (2019), 560-564

Wie kein anderer Geistlicher der Diözese Rottenburg verkörpert Weißֺ den Typ des Priesters, der im I. Weltkrieg als Frontsoldat und Offizier tiefe Prägung erfahren hatte, die ihn auf der Grundlage seines Priestertums zu einer mutigen, gradlinigen und entschiedenen Haltung gegen den NS-Staat führte. Ab 1937 versuchte Weißֺ mit weiteren Kriegsteilnehmern aus dem katholischen Klerus eine über Diözesangrenzen hinweg konspirativ gegen die Nationalsozialisten operierende Organisation aufzubauen. Auch wenn seine Bemühungen letztlich scheiterten, steht er beispielhaft für einen katholischen Geistlichen, der dem NS-Regime offen und entschlossen entgegentrat und dabei das Ziel verfolgte, mit seinem Beispiel anderen nonkonformen oder opponierenden Geistlichen Halt und Ermutigung zu geben.

1893 wurde der Vater als Forstwart nach Dorndorf bei Ulm versetzt. Dort hat Weißֺ seine Kindheit verbracht. Das Familienleben war von tiefer Frömmigkeit geprägt, die älteste Schwester trat in einen Orden ein. Bereits früh für den geistlichen Beruf bestimmt durchlief Weißֺ stringent die dafür erforderliche Ausbildung. Auf das Internat „Martinihaus“ in Rottenburg folgten das niedere Konvikt in Ehingen, anschließend die Aufnahme ins „Wilhelmsstift“ und das Theologiestudium in Tübingen.

Wie viele seiner Kurskollegen meldete sich Weißֺ 1914 sofort nach Kriegsausbruch als Freiwilliger. Zunächst war er in der preußischen Fußartillerie im Osten eingesetzt, ab Oktober 1915 an verschiedenen Abschnitten der Westfront. Vor Verdun erlitt Weißֺ schwerste Granatsplitterverletzungen und einen Lungensteckschuss. Mit der württembergischen Silbernen Verdienstmedaille und dem EK I. ausgezeichnet stieg Weißֺ bis zum Leutnant auf. Die Kriegsteilnahme sollte ihn prägen.

1920 trat Weißֺ ins Priesterseminar ein. Nach der Priesterweihe und drei Vikariatsstellen wurde er zunächst Pfarrverweser in Göllsdorf, 1926 dann Pfarrer in Wäschenbeuren. Alle Zeugnisse und Begutachtungen betonen seinen Eifer als Seelsorger, seine Energie und seinen Einsatzwillen, weisen aber übereinstimmend auch auf eine sehr direkte, mitunter stürmische Wesensart hin. Geistig fand er Orientierung in der Schönstatt-Bewegung um Pater Joseph Kentenich (1885–1968).

Als Pfarrer im Ulmer Vorort Söflingen profilierte sich Weißֺ in der Jugendarbeit und als Anhänger der Liturgischen Bewegung. Diese fand mit ihren die Gemeinschaft betonenden Gottesdiensten und ihrer mystischen Liturgieerfahrung besonders in der Jugendbewegung eine starke Resonanz, doch stand ihr der Rottenburger Bischof Joannes Baptista Sproll ablehnend gegenüber. Weiß’ֺ Versuche, in seinen Gottesdiensten neue liturgische Formen einzuführen, und seine starke Zuwendung zur Jugendarbeit polarisierten innerhalb der Kirchengemeinde: Begeisterten Anhängern der Neuerungen standen Bewahrer der Tradition gegenüber, die an den alten Bräuchen festhielten. Das Ordinariat mahnte ihn zur Vorsicht und zu bedächtigerem Vorgehen und untersagte Weißֺ die Einführung neuer liturgischer Formen.

Es kann nicht überraschen, dass sich Weißֺ bei seiner Prägung, seinem Charakter und seinen Überzeugungen nach 1933 angesichts der kirchenfeindlichen Maßnahmen der neuen Regierung zu einem vehementen Eintreten für die Belange der Kirche und zu einem – von ihm selbst so empfundenen – „offenen Kampf“ gegen die Nationalsozialisten entschloss. Ohne Rücksicht auf mögliche Konsequenzen für seine eigene Person kritisierte Weiß die NS-Machthaber, ihre Ideologie und besonders ihr repressives Vorgehen gegen die Kirche auf der Kanzel, im Religionsunterricht und gegenüber der katholischen Jugend. Immer wieder berief er sich dabei auf seinen vom Hl. Sebastian abgeleiteten Wahlspruch „duplex fidelis – Christo et Caesari“, der für ihn Richtschnur und Orientierung für seine Haltung darstelle. Dieser Wahlspruch bezeichnet das Prinzip der doppelten Loyalität gegenüber Kirche und Staat, für das er schon als Soldat eingetreten war. Seine immer wieder beschworene Vaterlandsliebe freilich war für ihn ohne seine Treue zu Christus nicht denkbar. Aus diesem Denken heraus befürwortete er zwar keinen Widerstand im Sinne eines Umsturzes, in bemerkenswerter Klarheit und Deutlichkeit aber bezog er gegen das Regime und seine Kirchenfeindlichkeit Stellung.

Zu einem ersten Höhepunkt der Konfrontation kam es bei den Auseinandersetzungen um die Volksschulen. Die Nationalsozialisten suchten mit massivem Druck Eltern dazu zu bewegen, ihre Kinder von den bisherigen Konfessionsschulen abzumelden, um diesen Schultyp durch eine NS-Einheitsschule ersetzen zu können. Weißֺ setzte sich mit Nachdruck für den Erhalt der katholischen Schule ein und hatte damit anfangs auch Erfolg. Unter den wenigen Ulmer Eltern, die sich für die Beibehaltung der Konfessionsschule auszusprechen wagten, stammten auffallend viele aus seiner Gemeinde Söflingen.

Weiß’ֺ mutiges und undiplomatisches Auftreten und seine direkte und klare, von den Nationalsozialisten als Provokation empfundene Wortwahl waren durchaus populär. Besonders die Frauen seiner Kirchengemeinde stünden voll hinter ihm, heißt es in zeitgenössischen Berichten. Damit geriet Weißֺ aber zunehmend ins Visier der Ulmer Kreisleitung. „Solange Weißֺ in Söflingen ist, wird durch ihn die nationalsozialistische Entwicklung bewußt und nachhaltig gehemmt“, schrieb ein Parteigenosse im Juli 1937 (zit. nach Kopf, 1994, S. 171).

Bei Konfrontationen heftete sich Weißֺ gerne das EK I ans Revers und setzte gezielt seinen Status als Frontkämpfer des I. Weltkriegs ein, was es den Nationalsozialisten erschwerte, gegen ihn vorzugehen. Berichte über sein unerschrockenes, mutiges, mitunter burschikoses Auftreten kursierten in der ganzen Diözese und machten ihn zu einer Identifikationsfigur für den widerständigen, zumindest aber nonkonformen Klerus.

Sein Rückhalt in der Bevölkerung und seine „Kriegslorbeeren“ konnten Weißֺ aber nicht dauerhaft vor Verfolgung schützen. Seit 1934 kam es zu Denunziationen, wonach Weißֺ in seinen Predigten weltliche Politik betreibe und seine Überwachung durch die Gestapo öffentlich zur Sprache bringe. Im Januar 1936 drohte Kultminister Christian Mergenthaler mit Maßnahmen, da Weißֺ den „Rassenstandpunkt der nationalsozialistischen Bewegung“ (DA Rottenburg G 1.7.1, Nr. 13) in der Schule nicht vertrete. Im Mai entzog er ihm mitten im Konflikt um die Konfessionsschule das Recht, Religionsunterricht zu erteilen.

Gegenüber dem Bischöflichen Ordinariat, das Weiß’ֺ offensive Haltung nicht mittrug und ihn immer wieder zu vorsichtigerem Verhalten ermahnt hatte, rechtfertigte sich Weißֺ:„Zusammenfassend kann ich nur sagen, dass ich einen offenen Kampf mit ehrlichen und erlaubten Mitteln um Recht und Gewissensfreiheit gekämpft habe und dass ich in aller Gelassenheit die von der Kreisleitung Ulm mir angedrohte und von anderer Seite wohl auszuführende Rache werde auf mich zu nehmen wissen“ (DA Rottenburg G 1.7.1, Nr. 13).

In dieser Phase begann Weißֺ mit dem Aufbau eines konspirativen Netzwerks unter Priestersoldaten des I. Weltkriegs. Er war überzeugt, dass Geistliche, die als Soldaten für ein christlich geprägtes Deutschland gekämpft hatten, diese christliche Prägung auch verlässlich gegen die NS-Bedrohung verteidigen würden. Ziel war die Bildung einer Organisation, die als Veteranenverein unter Geistlichen getarnt werden und für einen vertraulichen Informationsaustausch zwischen den Diözesen sorgen sollte. Aus den Kreisen ehemaliger Frontsoldaten sollten jeweils Diözesanbeauftragte eingesetzt werden, die den Kern dieser „acies ordinata“ genannten Gruppierung bilden und den Kampf um die Verteidigung der Rechte der Kirche organisieren und intern abstimmen sollten.

Weiß fand zunächst Unterstützung bei P. Rupert Mayer (1876-1945), dem Eichstätter Dompfarrer Johannes Kraus (1890–1974) und schließlich auch bei Kardinal Michael Faulhaber (1869–1952) in München, der seinerseits Bischof Sproll dazu bewog, Weiß für mehrere Monate von der Seelsorge freizustellen, damit er reisen und deutschlandweit agieren konnte. Im September 1937 gelang es Weißֺ, seine Pläne auch Kardinalstaatssekretär Pacelli, dem späteren Papst Pius XII. (1876–1958), in der Schweiz vorzutragen. Trotz mehrerer Konferenzen und zahlreicher Unterredungen scheiterten Weiß’ֺ Bemühungen, eine tragfähige Widerstandsorganisation aufzubauen, da die Bischöfe ihr letztlich doch die volle Unterstützung versagten.

Im Frühjahr und Sommer 1938 erreichten die Auseinandersetzungen zwischen den Nationalsozialisten und dem Rottenburger Bischof ihren Höhepunkt. Sproll war am 10. April nicht zur nachträglichen Abstimmung über den bereits vollzogenen Anschluss Österreichs gegangen, weil mit der Zustimmung automatisch die Wahl von Nationalsozialisten in den Reichstag verbunden war. Daraufhin organisierten die Nationalsozialisten eine Welle von vermeintlich spontanen gewalttätigen Demonstrationen und Ausschreitungen gegen den Bischof, der, um die Lage zu beruhigen, auf Bitten seines Domkapitels Rottenburg verließ.

Für Weißֺ war ein solches Zurückweichen vor der Gewalt, für das er das Rottenburger Domkapitel und insbesondere Generalvikar Max Kottmann (1867–1948) verantwortlich machte, unvorstellbar. Zusammen mit weiteren Anhängern der „acies“ drängte er darauf, Bischof Sproll wieder nach Rottenburg zu bringen und künftig zusammen mit anderen Kriegsteilnehmern aus dem Klerus den Bischof persönlich zu schützen. Seine Planungen, die sich nicht umsetzen ließen, zeigen in dieser Phase Idealismus und entschlossenen Mut, aber auch Realitätsferne und Züge romantischer Träumerei. Das Scheitern der „acies ordinata“ hinderte Weißֺ freilich nicht daran, seinen öffentlichen Protest fortzusetzen. In ähnlicher Weise wie im Fall von Bischof Sproll versuchten die Nationalsozialisten ab Oktober 1938, die Bevölkerung in hetzerischen Kundgebungen gegen ihren Pfarrer aufzuwiegeln, doch die Gläubigen hielten zu ihm.

Als sich Weißֺ im Februar 1939 nach einer Operation zu einem Erholungsurlaub in Tirol befand, wurde er in Abwesenheit aus Württemberg, Hohenzollern und Bayern ausgewiesen. Doch Weißֺ blieb sich treu, missachtete die gegen ihn ausgesprochene Verbannung und kehrte nach Söflingen zurück. Als ihn die Gestapo am Karfreitag verhaftete, um ihn gewaltsam außer Landes zu bringen, versuchte eine Menschenmenge, den Polizeiwagen an der Abfahrt zu hindern.

Schließlich wurde Weißֺ am 22. Juni 1939 vom Sondergericht Stuttgart unter Leitung des berüchtigten Richters Hermann Cuhorst wegen „fortgesetzten Vergehens des Kanzelmissbrauchs in Tateinheit mit einem fortgesetzten Vergehen der politischen Beschimpfung“ (StA Ludwigsburg E 356g, Bü 3083) zu einer einjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Zur Last gelegt wurden Weißֺ drei Predigten aus dem Jahr 1938, in denen er unter anderem die Ausschreitungen und Überfälle gegenüber Bischof Sproll angeprangert und das repressive Vorgehen der Nationalsozialisten gegen die katholische Kirche thematisiert hatte. Seine Äußerungen seien geeignet, so die Urteilsbegründung, „gläubige katholische Gemüter zu verwirren und sie gegen Staat und Partei einzunehmen“ (StA Ludwigsburg E 356 g, Bü. 3083). Weiß’ֺ Bemühungen um den Aufbau einer Widerstandsorganisation waren den Nationalsozialisten offenbar unbekannt geblieben.

Nach der Haft, aus der Weißֺ wegen guter Führung vorzeitig entlassen wurde, zeigte er sich keineswegs gebrochen oder auch nur eingeschüchtert. Da die gegen ihn verhängte Verbannung nicht aufgehoben wurde, musste er aber die Diözese verlassen. Die meiste Zeit verbrachte er an verschiedenen Orten in Baden und im Rheinland, teilweise befand er sich in Vallendar, dem Zentrum der Schönstattbewegung. 1942 war er für mehrere Monate als Kooperator in Fügen in der Diözese Innsbruck tätig, in den letzten Kriegsmonaten wirkte er als Evakuiertenseelsorger in Bad Hersfeld.

Hart hatte es ihn getroffen, dass er von der Rottenburger Bistumsleitung keine Anerkennung für sein mutiges Eintreten für seine Kirche erfuhr. Für Generalvikar Kottmann und weitere Mitglieder des Domkapitels scheint Weißֺ in erster Linie als eigenwilliger, nur schwer auf die Wunschlinie des Bischöflichen Ordinariats zu bringender Priester gegolten zu haben. Im Dezember 1938 hatte ihn Weihbischof Fischer (1871–1958) wegen seiner unvorsichtigen Äußerungen förmlich verwarnt. Wenige Wochen später hatte Generalvikar Kottmann ihn eindringlich ermahnt, er solle sein Temperament mäßigen, sich aller „politischer Ausfälle“ enthalten und „die Gegner nicht […] reizen“ (DA Rottenburg G 1.7.1, Nr. 13).

Es ist aus heutiger Sicht nur schwer nachvollziehbar, dass das Ordinariat – in Abwesenheit des im Exil lebenden Bischofs – von dieser Linie auch nach Weißֺ s Haft und Verbannung nicht abwich. Dass man Weißֺ zum Verzicht auf seine Pfarrei drängte und in den einstweiligen Ruhestand versetzte, mag eine pastorale Notwendigkeit gewesen sein, wollte man doch die Verhältnisse in der zwischen Befürwortern und Gegnern des Pfarrers gespaltenen Kirchengemeinde wieder beruhigen. Vergleichbare Fälle legen die Vermutung nahe, dass die Nationalsozialisten Weiß’ֺ Haftentlassung an die Bedingung geknüpft hatten, dass er nicht nach Söflingen zurückkehrte. Er jedenfalls empfand es so, als sei er von beiden, vom NS-Staat und von seiner eigenen Kirche, in die Verbannung geschickt worden.

Im Juli 1945 stellte sich Weißֺ dem inzwischen ebenfalls aus seiner Verbannung heimgekehrten Bischof Sproll wieder als Seelsorger zur Verfügung. Auch nach dem Ende des Krieges und der NS-Diktatur hatte ihn seine Kämpfernatur nicht verlassen. Noch 1951 schrieb er, er wolle in dem sich aus seiner Sicht abzeichnenden Kampf gegen den Kommunismus nicht „weit hinten in der Etappe“ (DA Rottenburg G 1.7.1, Nr. 13) sitzen. Im November 1945 hatte Weißֺ zunächst die Pfarrei Illerrieden erhalten. Er konnte damit in der Nähe seiner Heimat Dorndorf und seiner früheren Wirkungsstätten Ulm und Söflingen tätig sein. Schon bald aber litt er unter der dörflichen Enge. Bewerbungen auf größere Pfarreien wie Esslingen und Stuttgart Herz Jesu blieben jedoch unberücksichtigt.

Weiß musste lange auf eine Anerkennung für seinen mutigen und kämpferischen Einsatz warten. Dass man ihm 1951 auf seinen Wunsch die Pfarrei St. Georg in Ulm übertrug, kann als erster Schritt für seine Rehabilitation betrachtet werden. Weißֺ gestaltete dort die Jahre des geistigen und materiellen Aufbaus mit. Als Präses des Katholischen Werkvolks widmete er sich der konfessionellen Arbeiterbewegung. Bleibende Leistungen sind der Bau eines Gemeindehauses „Kettelerheim“ und die Erweiterung des Alten- und Pflegeheims St. Anna-Stift. Mit nachlassender Arbeitskraft wechselte Weißֺ auf eine Kaplaneistelle seiner Pfarrei und übernahm die Seelsorge in den städtischen Krankenhäusern. Seinen Ruhestand verbrachte er ab 1962 im Zentrum der diözesanen Schönstattfamilie, der Liebfrauenhöhe bei Rottenburg-Ergenzingen, wo er noch viele Jahre als Hausgeistlicher fungierte.

Erst die intensivere Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus seit den 1960er Jahren bereitete den Boden für eine echte Würdigung von Weiß’ֺ Lebensleistung. 1970 schrieb ihm Bischof Carl Josef Leiprecht zu seinem 50. Priesterjubiläum: „Ihr unerschütterliches Eintreten für die Sache Gottes und der Kirche, für die Freiheit und die Würde des Menschen waren beispielhaft und verdienen unsere Anerkennung“ (DA Rottenburg G 1.7.1, Nr. 13). Bischof Georg Moser verlieh ihm 1976 schließlich als späte Ehrung die „Martinusmedaille“ seiner Diözese.

Quellen:

(Auswahl) DA Rottenburg Personalakte G 1.7.1, Nr. 13, Visitationsakten G 1.8, Nr. 628 undֺ Materialien im Nachlass Paul Kopf, N 72, Nr. 149; StA Ludwigsburg E 365g, Bü. 3083; HStA Stuttgart M 430/3, Bü. 12220; StadtA Ulm, G 2.

Nachweis: Bildnachweise: Foto (o. J., letzter Lebensabschnitt), DA Rottenburg N72, 271, in: Nachlass Kopf.

Literatur:

(Auswahl) Gerhart Binder, Irrtum undֺ Widerstand. Die deutschen Katholiken in derֺ Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus, 1968; Paul Kopf undֺ Max Miller (Hgg.), Die Vertreibung von Bischof Joannes Baptista Sproll von Rottenburg 1938–1945, 1971; Peter Rummel, Die Entstehung undֺ Entwicklung katholischer Pfarreien in Ulm undֺ Neu-Ulm vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zum Kriegsende 1945, in: Hans Eugen Specker undֺ Hermann Tüchle (Hgg.), Kirchen undֺ Klöster in Ulm, 1979, 254–322; Inge Aicher-Scholl undֺ Julian Aicher: „Die anderen kräftigen, daß sie sich nicht beugen“. Söflingens Pfarrer Franz Weißֺ trotzte derֺ braunen Gewalt, in: Südwestpresse Ulm vom 16.11.1985; Silvester Lechner, Das KZ Oberer Kuhberg undֺ die NS-Zeit in derֺ Region Ulm/Neu-Ulm, 1988; Ludwig Brandl, Die Weltkriegserfahrung des Klerus in seiner Bedeutung für das Dritte Reich. Beobachtungen zum Kirchenkampf, in: Communio 21. Jg., 1992, 273–282; Paul Kopf, Franz Weißֺ – Für Deutschland undֺ Christus, 1994; Joachim Köhler undֺ Jörg Thierfelder, Anpassung oder Widerstand? Die Kirchen im Bann der „Machtergreifung“ Hitlers, in: Thomas Schnabel (Hg.), Formen des Widerstandes im Südwesten 1933–1945, 1994, 53–94; Sigrid Brüggemann, Die Verfolgung katholischer und evangelischer Geistlicher, in: Ingrid Bauz, Sigrid Brüggemann undֺ Roland Maier (Hgg.), Die Geheime Staatspolizei in Württemberg undֺ Hohenzollern, 2013, 220–248.

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