Sammt, Karl Albert 

Geburtsdatum/-ort: 24.04.1889;  Niederstetten
Sterbedatum/-ort: 21.06.1982; Bad Soden, Taunus, begraben in Niederstetten
Beruf/Funktion:
  • Luftschiffkapitän
Kurzbiografie:

1895–1903 Volksschule in Niederstetten

1903–1906 Seilerlehre im väterlichen Betrieb

1906–1909 Höhere Handelsschule in Calw

1910–1911 Einjährig-Freiwilliger Militärdienst beim 122. Infanterieregiment Bad Mergentheim, Gefreiter der Reserve; danach wieder Tätigkeit in der väterlichen Seilerei

1912 II Beginn bei der Deutschen Luftschiffbau AG, DELAG; erster Einsatzort Frankfurt am Main, Schulschiff LZ

11 „Viktoria Luise“; bald Zellenpfleger und Seitensteurer

1914–1918 Einsatz in Berlin-Staaken

1924 X 12 Höhensteuermann von Reparationsluftschiff LZ 126 (amerikanisch: ZR, Zeppelin Rigid III mit Namen „Los Angeles“ ) bei der ersten Atlantiküberquerung eines deutschen Luftschiffs von Friedrichshafen nach Lakehurst; USA; dort mehrmonatiger Aufenthalt als Ausbilder von Navy-Besatzungen

1927 Versetzung nach Friedrichshafen, Höhensteuermann, dann Navigationsoffizier auf LZ 127 „Graf Zeppelin“; ab 1931 auch regelmäßiger Südamerikaverkehr

1936 III Versetzung nach Frankfurt, Rhein-Main; Erster Offizier auf der LZ 129 „Hindenburg“; am 6. Mai 1937 schwere Verletzung beim Hindenburg-Unglück in Lakehurst

1937 IX 15 Luftfahrerschein; im gleichen Jahr Ehrenbürger von Niederstetten

1938 XI 5–1940 III Kommandant des LZ 130 Graf Zeppelin (II), des letzten, 1940 auf Hermann Görings Befehl in Frankfurt Rhein-Main abgewrackten deutschen Luftschiffs; danach von der Deutschen Zeppelin-Reederei eingesetzt zu Bau und Wartung von Sperrballonen

1945–1966 nach Auflösung der Deutschen Zeppelin-Reederei Beschäftigung bei der Raab-Karcher Tochter „Kohle-Union“ als Betreuer von Industriebetrieben zwischen Mannheim und Kassel

1967–1982 wohnhaft in Überlingen, dann Umzug zur Tochter nach Bad Soden im Taunus; unmittelbar nach seinem Tod „Albert-Sammt-Zeppelin-Museum“ in Niederstetten eröffnet

Weitere Angaben zur Person: Religion: evangelisch
Verheiratet:

1917 (Baden-Baden) Johanna, geb. Glasstetter, Gastwirtstochter


Eltern:

Vater: Eduard (1858–1929), Seilermeister und Kaufmann

Mutter: Luise, geb. Schönmann oder Schönemann (1862–1911)


Geschwister:

9; Luise Hermine Rosa (geb. 1884), Karoline Wilhelmine (geb. 1886), Karl Friedrich (Fritz, 1887–1961), Seilermeister, dann Takelmeister bei der DELAG, Friederike (geb./gest. 1890), Anna Marie (geb. 1892), Mina Bertha (geb. 1885), Karoline Emma (geb. 1896) und Karl Gottlob (geb. 1902)


Kinder:

2; Ingeborg (geb. 1919) und Rolf (geb. 1922)

GND-ID: GND/123038766

Biografie: Fred Ludwig Sepaintner (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 7 (2019), 453-461

Die Luftschifffahrt mit Zeppelinen stand bereits in einigen Biographien im Zentrum: beim Grafen Ferdinand von Zeppelin natürlich, dem Namensgeber der Luftschiffe in Deutschland und unermüdlichen Promotor, der den Starr- oder Gerüstluftschiffen zum Durchbruch verhalf, und bei Hugo Eckener, der Zeppelins Werk entscheidend mitprägte und zum Höhepunkt führte. Der dritte Beitrag handelt von Ludwig Dürr, dem Chefkonstrukteur aller Zeppeline. In allen drei Fällen wurden also Persönlichkeiten behandelt, die leitende Funktionen im Unternehmen Zeppelin einnahmen. Im Beitrag über Karl Lanz klingt der bedeutendste Konkurrenzansatz im Lande wenigstens an, entworfen von Johann Heinrich Schütte (1873–1940) und realisiert mit Hilfe der Produktionskapazitäten des berühmten Mannheimer Traktorenherstellers Lanz. Sammts Vita nun gibt Einblicke in die Luftfahrt mit Starr- oder Gerüstluftschiffen, wie Zeppelin sie baute, und eröffnet über die einzelnen Stationen von Sammts Werdegangs zwischen 1912 bis zu Ende der Luftschifffahrt 1940 einen Überblick über den bedeutendsten Abschnitt der Geschichte der Zeppelinwerft und ihrer sich wandelnden Luftschiffe. Auch der technische Aspekt, der dort, wo man ihn eigentlich erwartete, im Beitrag über den Chefkonstrukteur, kaum aufscheint, erfährt hier und in der Vita von Karl Maybach, dem Konstrukteur vieler Zeppelinmotore, seine Vertiefung.

Sammt hatte nach der Volksschule, in der er als wissbegieriger und interessierter Schüler aufgefallen war und extra Violin- und Zeichenunterricht erhielt, im väterlichen Betrieb den Beruf des Seilers gelernt, besuchte danach die Höhere Handelsschule in Calw und war nach dem Einjährig-Freiwilligen Militärdienst wieder als Seiler in Niederstetten tätig. Im Spätjahr 1911 erhielt er einen Brief seines Bruders Fritz, damals Takelmeister bei der DELAG. Sammt bewarb sich und wurde von dem boomenden Unternehmen angestellt. Im Januar 1912 begann in Frankfurt sein „Leben für den Zeppelin“, wie die Erinnerungen des später letzten deutschen Luftschiffkapitäns überschrieben sind.

Wie der Anfang verlief, lässt erkennen, dass das Unternehmen sich noch in der Aufbauphase befand und improvisierte. Lerninhalte mussten erst noch fixiert werden, einstweilen wurde nach Bedarf gearbeitet, „learning by doing“. Sammt fand sich gut ein, wie sich herausstellte. Zufällig durfte er schon nach ein paar Wochen beim Wechseln eines etwa 80 cm großen, durch Spannringe und Schnur gehaltenen Überdruckventils helfen, was schnell erledigt sein musste, um möglichst wenig Luft in die Gaszelle eindringen zu lassen. Die Schnur knotete Sammt, wie im väterlichen Betrieb gelernt, mit einem Paketknoten, der einmal festgezogen, kaum mehr aufgeht. Damit fiel er erstmals auf, das wurde Sammts erster Beitrag an einem Zeppelin, in den kommenden 32 Jahren sollten noch viele folgen.

Genauso zufällig kamen Sammts erste meteorologischen Kenntnisse zustande. Wetterstationen gab es noch nicht. Die Luftschiffer mussten Wetterdaten selbst sammeln. Pilotballone wurden dazu per Theodolit beobachtet und so Erkenntnisse über Richtung und Geschwindigkeiten der Höhenwinde gesammelt. Die bei den einzelnen Luftschiffhallen gemessenen Daten wurden per Telefon nach Frankfurt gemeldet. Diesmal wurde Sammt vom Meteorologen des Luftschiffs „Viktoria Luise“ eingeführt. Von ihm lernte er, wie man Wetterkarten zeichnet, eine weitere Aufgabe, die ihm danach bald zuwuchs und wieder ein Vorgang, der Sammts Geschick und Eigeninitiative zeigt.

Die DELAG wollte damals etwa sechs weitere Luftschiffe einsetzen. So verwundert es nicht, dass der wissbegierige, selbständig handelnde Sammt zu denen gehörte, die in die vom Leiter des Unternehmens, Hugo Eckener, neugeschaffene Ausbildung nach Friedrichshafen gerufen wurden. Als Nicht-Seemann musste er auch seemännisches Grundwissen nachlernen. Die übrigen Ausbildungsfächer kreisten um Statik und Dynamik, Festigkeits- und Trimmlehre, Meteorologie und natürlich Navigation. Im Winter wurde am Objekt gearbeitet: Schiffe inspiziert und überholt. Seine praktische Ausbildung erhielt Sammt auf dem neuen Luftschiff LZ 11 „Viktoria Luise“.

Dieses Luftschiff markiert mit den um die gleiche Zeit in Betrieb genommenen Schwesterschiffen LZ 10 „Schwaben“ und LZ 17 „Sachsen“ den Durchbruch der Zeppeline in der zivilen Luftfahrt. Nach der Experimentierphase begann gerade die Ausbau- und Blütezeit, sichtbar an regelmäßig befahrenen, expandierenden Strecken, bald auch international. In Deutschland war Zeppelin damit marktbeherrschend. Schütte-Lanz war keine Konkurrenz, trotz aller technischen Innovation waren deren Luftschiffe nie auch nur annähernd so effizient wie die des Grafen und blieben allein auf militärischen Einsatz konzentriert.

Verlockend, wenn auch jenseits des biographischen Themas, wäre der technische Vergleich von S-L 1 vom Ende 1911 mit der „Viktoria-Luise“ von 1912. Der leichte, strömungsgünstige, aber weitaus weniger stabile S-L war eine Sperrholz-Konstruktion, wies aber bereits ein Kreuzleitwerk auf und eine weitaus strömungsgünstigere Form, während der Zeppelin noch die Form der „fliegenden Zigarre“ hatte; 15 ihrer 18 polygonalen Alu-Gerüst-„Ringe“ hatten den Durchmesser von 14 m. Das begründete Sammt damit, dass für Polygonalringe in wechselnden Größen die technischen Vorrichtungen, vor allem aber auch das Geld dazu bei Zeppelin fehlten.

Mit 510 PS – LZ 1 hatte nur 32 PS! – erreichte LZ 11 bei 1100 km Reichweite 80 km/h Geschwindigkeit. Wichtiger noch, LZ 11 war in der Gesamtkonzeption ausgereifter als alle Vorgänger seit LZ 1 im Jahr 1900, konnte er weit mehr Nutzlast aufnehmen und bot den Passagieren neben Sicherheit leidlich Komfort. Mit 1292 Fahrten blieb dieses Luftschiff für lange Zeit Rekordhalter unter den Zeppelinen in Zivilluftverkehr.

Im Sommer 1912 erlebte Sammt seine erste Fahrt. Das Luftschiff hatte Passagiere von Hamburg nach Hannover befördert. Sammt war vorausgeschickt worden, um die Haltemannschaft zu instruieren. Für die Rückfahrt wurde er kurzerhand an Bord genommen; denn das ging schneller als die entsprechende Menge Wasserballast einzupumpen. Bald konnte er als Zellenpfleger, dann Seitensteurer bis zum Herbst 1912 gleich mehrere deutsche Städte besuchen, u. a. Baden-Oos, wo er seine spätere Frau kennenlernte. Auf Station Düsseldorf erreichte ihn die Anweisung aus Friedrichshafen, sich unverzüglich nach Hamburg zu begeben, um dort bei der Fertigstellung einer im Bau befindlichen Halle zu helfen. Es eilte, Graf Zeppelin wollte mit dem Luftschiff erste Versuchsfahrten auf See unternehmen und u. a. Daten über die Seitenabdrift bei Querwind sammeln. Da auf See Orientierungspunkte fehlten, wurden erstmals sogenannte „Peilbomben“ eingesetzt, die beim Aufschlag auf das Wasser leuchteten und Rauch entwickelten, also Bezugspunkte für die Drift schufen.

Bei Kriegsausbruch 1914 hatten die DELAG-Schiffe, die in Deutschland kreuzten, 1558 Fahrten absolviert, fast 179 000 km zurückgelegt und über 34 000 Passagiere befördert. Die „Viktoria Luise“ wurde sogleich von Frankfurt nach Leipzig gefahren und als Militär-Schulschiff eingesetzt. In Frankfurt trafen im Gegenzug vorgefertigte Bauteile aus Friedrichshafen ein, aus denen Sammt und Kameraden das einzige dort gebaute Schiff mit etlichen Verbesserungen montierten: „Natürlich waren von der Friedrichshafener Werft einige Leute da, die das beaufsichtigten, aber unsere DELAG-Leute verstanden inzwischen auch schon sehr viel vom Luftschiffbau“ (Mein Leben für den Zeppelin, 3. Aufl. 1994, S. 26). LZ 26 wies erstmals ein Dur-Aluminium-Gerüst auf. Als Z x11 wurde es an der Front eingesetzt und operierte in 2000 m Höhe anfangs völlig ungefährdet. Es gab noch keine Kanonen, die solche Höhen bestreichen konnten. Der Zeppelinbau erlebte nun seinen Boom mit 26 Schiffen 1915, 23 im darauffolgenden Jahr und noch einmal 24 im Jahr 1917, während das Volumen der Kriegsluftschiffe von 20 000 Kubikmeter mehr als verdreifacht wurde. Inzwischen aber waren die gegnerische Flugabwehr und die Flugzeuge deutlich leistungsfähiger geworden, so dass das deutsche Heer den Zeppelineinsatz im Frühjahr 1917 einstellte. Anders bei der Marine, wo Zeppeline erfolgreich Aufklärung betrieben und, wie zuvor auch beim Heer, geringe, handgezündete Bombenlasten abwarfen, vor allem über britischen Zielen. Marine-Zeppeline wurden nur noch in Friedrichshafen produziert.

Graf Zeppelin nahm in Staaken auch den Flugzeugbau auf, der von den G-Maschinen der Gothaer Waggonfabrik ausging, deren Lizenz er erworben hatte. Unter seinen Konstrukteuren befand sich damals übrigens der junge Claude Dornier. Aus der „G“ wurde das viermotorige „Riesenflugzeug“, das sehr schwer geriet, wenig Nutzlast hatte und der Bombenlast wegen nur wenig Treibstoff aufnehmen konnte. Zur geringen Reichweite kam noch der Nachteil, dass die Leistungskraft der Motoren in größerer Höhe nachließ. Man unternahm darum erste Versuche mit Brown-Boveri-Kompressoren, die mit den Mercedes-Motoren gekoppelt wurden. Die technischen Schwierigkeiten waren immens, die Maschine so schwer, dass Sammt vorzeitig Überdruck einsetzte, so dass die Maschine am Startbahnende doch noch abhob. Sammt hatte nämlich die heikle Aufgabe, beim ersten Testflug am 15. August 1918 die Kompressoranlage zu bedienen. Durch Schräglage waren zwei Zündkerzen verölt worden. Ein Motor setzte aus und während die Maschine gerade 200 m absackte, musste Sammt die Zündkerzen wechseln. Er verbrannte sich die Hände, konnte den Motor aber rechtzeitig wieder ankurbeln. Der Versuch wurde dann sogar sehr erfolgreich: das „Riesenflugzeug“ erreichte 5000 m Höhe. Dann konnte Sammt die glühendheiße Anlage bei kochendem Kühlwasser abdrehen. Viel mehr wurde nicht daraus; der Krieg stand vor dem Ende.

Sammt war nach der Fertigstellung von LZ 26 zunächst als Spezialist für Gaszellen und Gasversorgung sowie Bespannung der Luftschiffe nach Friedrichshafen beordert worden, wurde kurz darauf aber nach Potsdam in die Luftschiffwerft versetzt und entwickelte im Zellenbaubetrieb Tempelhof Zellen und Betriebsstoffe, wobei der Seiler einmal mehr auf Berufserfahrung zurückgreifen konnte.

Einen guten Einblick in die Anforderungen, denen Sammt damals ausgesetzt war, bietet die Reparatur von LZ 72. Die Alulegierung der Träger dieses Luftschiffes hatte sich als zu weich erwiesen. Sie wurden durch starke Belastung geweitet, obwohl sie bereits aus härterem Dur-Aluminium bestanden. Auch auf diesem Gebiet wurde bis zuletzt experimentiert, um die ideale Legierung zu finden. Düsseldorf war Reparaturort für LZ 72, weil die alte Halle dort noch ein Segeltuchtor hatte und die Arbeiten am gasgefüllten Zeppelin bei nur teilweise zurückgeklappter Hülle ausgeführt wurden. Die Gaszellen wurden natürlich extra abgedeckt, als die schwachen Träger mit aufgenieteten Profilen aus kräftigerem Material verstärkt wurden. Nach etwa sechs Wochen war die Arbeit fertig, der Gasverlust durch die lange Liegezeit aber hoch. Das Luftschiff musste zur Wasserstoffaufnahme nach Hannover fahren, wo es bei Dunkelheit aufgefüllt wurde und gleich wieder Richtung Dresden aufstieg. Über dem Harz musste die Fahrt in größerer Höhe stattfinden. Das Schiff geriet in dicke Wolken, Blindfahrt begann. Als die Besatzung – mit Sammt jetzt am Höhensteuer – wieder Orientierung fand, war sie in der Gegend von Halberstadt und konnte von da an der Bahnlinie folgen. Da verschwand der Zug in einem Tunnel. Das Schiff drohte gegen einen Höhenzug zu prallen. Der Kapitän ließ schnellstens Wasserballast ab und Sammt steuerte nach oben: Problem gemeistert!

Nach dem Ende des I. Weltkrieges wurden dem Luftschiffbau alliierte Beschränkungen auferlegt. Neue Schiffe durften nur maximal 30 000 Kubikmeter Volumen umfassen. Da die Zivilluftfahrt aber unter anderen Gesichtspunkten funktionierte als sie bei der Konstruktion von Kriegsluftschiffen gegolten hatten und vor allem in geringeren Höhen verlief, ließ Eckener sogleich aus Materialbeständen mit dem LZ 120 „Bodensee“ einen Zeppelin bauen, der die alte DELAG-Dimension von 20 000 Kubikmeter aufwies, nun aber aerodynamisch besser gestaltet war und darum schneller fahren konnte. Die zwangsweise Kriegs-Kooperation mit der Schütte-Lanz Produktion machte sich dabei positiv bemerkbar. Technisch war Zeppelin längst genauso weit gewesen. Ludwig Dürr hatte schon 1900 einen ersten Windkanal für Luftwiderstandsmessungen bauen lassen und ab 1909 verfügte die Werft in Friedrichshafen über den ersten größeren Windkanal, in dem neben Luftschiffmodellen auch Lokomotiven und Rennwagen getestet wurden, auch wenn aus Kostengründen an der „Zigarrenform“ festgehalten wurde.

Das erste Nachkriegsluftschiff, die LZ 120 „Bodensee“, war im August 1919 fertiggestellt und nahm gleich den Passagierverkehr wieder auf. Sie pendelte mit 2 Mannschaften – Sammt war Höhenruderer einer Mannschaft – an 104 Tagen mit ca. 130 km/h 37mal in meist 800 m Höhe zwischen Friedrichshafen und Berlin und beförderte Post und 2250 zahlende Gäste. Die Fahrgastkabine, die eigentlich nur für 20 Passagiere vorgesehen war, war fast immer überbesetzt, aber so großzügig dimensioniert, dass die Unterbringung komfortabel blieb, was angesichts des für damalige Zeit stattlichen Preises von 400 Mark für die einfache Fahrt wichtig war. Bald wurde das Schwesterschiff, die LZ 121 „Nordstern“, in Betrieb genommen, die die gleiche Route befuhr und sie später auf Skandinavien ausdehnen sollte.

Da traten Ereignisse ein, die den Neuanfang zunichte machten: Nachdem Matrosen am 26. Juni 1919 in Scapa Flow stationierte Schiffe der deutschen Hochseeflotte kurzerhand versenkt hatten, um die bevorstehende Auslieferung an die Entente zu verhindern, taten es ihnen Marinestreitkräfte in den Luftschiffhäfen Nordholz und Wittmundshafen zwei Tage später gleich und lösten aufgehängte, entleerte Zeppeline aus ihren Verankerungen, wodurch neun zerbrachen. Daraufhin forderten die Alliierten die sofortige Auslieferung der verbliebenen Luftschiffe. Als Strafmaßnahme mussten 1921 auch die neuen Zeppeline „Bodensee“ und „Nordstern“, die seit 1920 Fahrverbot gehabt hatten, ausgeliefert werden.

Damit stand das ganze Unternehmen wieder in Frage. Sammt war zunächst arbeitslos, erhielt dann aber übergangsweise die Beschäftigung, in Staaken die Hallen zu beaufsichtigen. So kam er mit einem ganz anderen Metier in Berührung: dem Film; denn die Hallen eigneten sich bestens zur Filmproduktion. Sammt wirkte sogar bei der Gestaltung der großen Maschine in Fritz Langs (1890–1976) berühmtem Stummfilm „Metropolis“ mit.

Dieses Zwischenspiel wurde 1924/25 unterbrochen, als Sammt wieder Höhensteuermann der Besatzung des Reparationsluftschiffs LZ 126 war, das in die USA überführt wurde. Es war eine fünfmotorige, 70 000 Kubikmeter große, auf 201 m gestreckte größere Ausgabe der „Bodensee“, das erstmals einen Kreiselkompass aufwies. Sammt hatte damit aktiven Anteil an der ersten Atlantiküberquerung eines deutschen Luftschiffes, das in meist ca. 1000 m Höhe fahrend die ca. 8000 km von Friedrichshafen nach Lakehurst in 81 Stunden zurücklegte. Das erregte nicht nur Begeisterung in New York mit einer rekordverdächtigen Konfettiparade, es verbesserte auch die politischen Verhältnisse: „Von diesem Tage an haben sich viele Deutsch-Amerikaner wieder getraut, ihre deutsche Muttersprache zu sprechen, was seit dem Krieg verpönt gewesen war.“ (Leben, 3. Aufl. 1994, S. 61)

Sammt, der nach eigenem Bekunden „leidlich Englisch“ (Lebenslauf, Personalbogen, in: LZA 5/71) sprach, blieb anschließend noch ein paar Monate als einer von denen in den USA, die die amerikanischen Marinesoldaten auf dem Zeppelin einlernten. Unter dem Namen „Los Angeles“ war LZ 126 dann 13 Jahre erst als Passagier-, hernach als Versuchsluftschiff im Einsatz.

1927 wurde Sammt nach Friedrichshafen zurückgerufen, um am Bau des LZ 127 mitzuwirken, dem bisher größten, mit 17 180 Fahrtstunden erfolgreichsten Luftschiff, das zum 90. Geburtstag des 1917 verstorbenen Grafen Ferdinand von Zeppelin am 8. Juli 1928 von seiner Tochter Hella auf den Namen „Graf Zeppelin“ getauft wurde. Für dieses Projekt hatten erst enorme finanzielle Hürden genommen werden müssen: 2,3 Mio. RM hatte Eckener über die „Zeppelin-Eckener-Spende“ zusammengebracht, 1,1 Mio. steuerte nach langem Verhandeln das Reich bei, den Rest von 0,8 Mio. RM die Zeppelin GmbH.

Die Größe von LZ 127 diktierte die Dimension der Friedrichshafener Produktionshallen: 237 m Länge, 30 m Durchmesser und ein Volumen von 105 000 Kubikmeter. Das Luftschiff wurde von 5 Maybach-V 12-Motoren mit jeweils 570 PS angetrieben, die die 59 t Last auf bis zu 128 km/h beschleunigen konnten. Sie wurden alternativ mit Benzin betrieben oder – anfangs vor allem – mit dem neu entwickelten, Kraftstoff sparenden Antriebs-Gasgemisch, das nach seinem Entwickler „Blau-Gas“ hieß und aus Propylen, Butylen und Aethan bestand, Gase die schwerer, versetzt mit Azetylen, Methan und Wasserstoff aber leichter als Luft sind. Später kamen andere Gasgemische zum Einsatz. Durch Gaseinsatz wurde der Gewichtsverlust verringert, der durch den Kraftstoffverbrauch entstand, was die Landung erschwerte und mit Ballast ausgeglichen werden musste. Die Reisegeschwindigkeit des LZ 127 betrug etwa 115 km/h, die Reichweite 13 000 km. Sammt war bei der Herstellung wieder für den Einbau der Zellen und die Rumpfbespannung verantwortlich. Die zylindrischen Zellen dieses Zeppelins mit 105 000 Kubikmeter Inhalt waren erstmals zweigeteilt: die oberen zwei Drittel waren mit dem Traggas Wasserstoff gefüllt und hatten obenliegend gesteuerte Manövrier- und unten automatische Überdruckventile. Neu war im unteren Zellendrittel der Raum für das alternative Antriebsmedium „Blau-Gas“. Die Zellen bestanden aus Baumwolle als Stoffhaut und mehreren Schichten sogenannter „Goldschlägerhaut“, übereinander geklebter Rinderblinddärme mit hoher Gasdichte. Die Außenhaut des Luftschiffs bildeten Baumwollbahnen.

Die LZ 127 war gleichermaßen als Passagier- wie Versuchsschiff konzipiert. Fraglos eine zeppelintypische Besonderheit dieses Schiffes stellte die unmittelbar am vorderen Schiffsrumpf unten angefügte langgezogene Gondel dar, vorne mit Steuer- und Navigationsraum, daran angeschlossen Funkraum und Küche. Dann kamen erstmals luxuriöse Passagierräume: ein gut 25 Quadratmeter großer Aufenthalts- und Speiseraum, ausgestattet vom gleichen Kölner Möbelhersteller, den das Berliner Nobelhotel Adlon gehabt hatte. Serviert wurde im eigenen, blau-goldenen Zeppelin-Porzellan. Die Passagierkabinen, Toiletten und Waschräume befanden sich dahinter. Die Mannschaftsstärke der LZ 127 schwankte zwischen 40 und 50 Mann.

Am 28. Oktober 1928 ging die „Graf Zeppelin“ auf ihre erste Amerikareise. Die Route führte wieder über Frankreich, dann entlang der spanischen Ostküste und Gibraltar auf den Atlantik. Schon als Sammt seine Wache als Navigationsoffizier übergeben hatte, war er auf eine „riesige Wolkenbank“ (Leben, 3. Aufl. 1994, S. 63) aufmerksam geworden. Durch diese Wolkenwalze fuhr das Schiff nun, mit einem jungen, unerfahrenen Ingenieur am Höhenruder. „Das Schiff wurde in die Höhe gerissen, und Sekunden später ging es wieder steil nach unten“ (ebd.). Schon erging der Ruf nach vorne an Sammt: Eckener brauchte den Erfahrenen in dieser gefährlichen Situation am Höhenruder. Sammt durchquerte nun die Wolkenwand, bemüht, das Schiff möglichst „auf ebenem Kiel zu halten“ (ebd.) und Schräglagen wegen Turbulenzen auszugleichen. Hinterher stellte sich heraus, dass backbord die Bespannung der waagrechten Stabilisierungsfläche zu zwei Drittel geplatzt war und in meterlangen Fetzen über dem Höhenruder die Navigation erschwerte. Da es sonst keiner tat, kletterte Sammt kurzerhand hin und schnitt sie ab. Später wurden Decken mit Seilen über den Schiffsrumpf gebunden und Risse verklebt. Fünf Stunden dauerte die Reparatur mit Bordmitteln während das Schiff langsam weiterfuhr, dann war die Bespannung gerettet. Das havarierte Luftschiff durchquerte, nun immer mit Sammt am Höhenruder, sogar ein weiteres Schlechtwettergebiet, landete sicher in Lakehurst und wurde saniert. Später musste Sammt dem Chefkonstrukteur das Lenkverhalten des Schiffes detailliert schildern. Versuche im Windkanal mit dem LZ 127–Modell bestätigten seine Angaben.

In ähnlich brenzlige Situation war der LZ 127 bei seiner zweiten Amerikafahrt am 16. Mai 1928 geraten. Die Kraftübertragung zwischen Motoren und Propellern wurde inzwischen über neue Kurbelwellen geführt. Was alle Tests bestanden hatte, bewährte sich in der Praxis aber nicht: die erste Welle brach, bald fielen drei weitere aus. Auch diese Gefahrensituation endete glimpflich, das Luftschiff erreichte mit nur einem Motor die Halle in Toulon, wo die schadhaften Teile ausgetauscht wurden. Die Fahrt konnte fortgesetzt werden. Der Nordamerikaverkehr wurde fortan regelmäßiger, bald kam die Südamerikalinie hinzu.

Zu Höhepunkten in der Geschichte der gesamten Luftfahrt – wieder unter Eckener als Kommandant und Sammt jetzt als Navigationsoffizier – gerieten fraglos die 35-tägige Weltumrundung vom 1. August bis zum 4. September 1929 und die Polarfahrt vom 24. bis 31. Juli 1931 unter der wissenschaftlichen Leitung des russischen Polarforschers Rudolf Lasarewitsch Samoilowitsch (1881–1939). Dabei gab es ein kurzes Zusammentreffen der „Graf Zeppelin“ mit dem sowjetischen Eisbrecher „Malygin“, auf dem der italienische Luftschiffpionier Umberto Nobile (1885–1978) mitfuhr, um nach den auf seiner Polarexpedition von 1928 verschollenen Mitgliedern des Luftschiffs „Italia“ zu suchen. Wissenschaftlicher Ertrag der Polarfahrt waren Ergebnisse magnetischer und elektrostatischer Messungen und photogrammetrische Vermessungen der Erdoberfläche mit Hilfe automatischer Aufnahmen der in das Schiff eingebauten Reihenbildgeräte.

Als bedeutender noch darf das öffentliche Interesse an all diesen Fahrten eingestuft werden, die der Luftschifffahrt nicht nur außerordentliche Popularität bescherte, sondern ihr unschätzbarer Beitrag zur Völkerverständigung war, wie rasche internationale Hilfeleistungen erkennen lassen.

Bei Sammt trat hierzu noch ein sehr persönliches Moment: Er vermochte sich immer von neuem daran zu erfreuen, was er sah und wie er es erleben konnte, wenn das majestätische Luftschiff in langsamer Fahrt nahezu geräuschlos über Landschaften und Städte Deutschlands oder die Schweizer Alpen glitt, die endlose Tundra und Taiga Sibiriens kreuzte, über Insellandschaften oder tosenden Ozean schwebte und über Metropolen wie New York oder Tokio kreiste. Solche Erlebnisse haben sein berufliches Ethos weiter angestachelt.

Mit dem 1936 in Betrieb genommenen LZ 129 „Hindenburg“ sollte der Erfolg der LZ 127 fortgesetzt werden, die eine wirkliche Innovation in der Luftschiffentwicklung darstellte. Sie war mit 245 m zwar nur 8 m länger, hatte aber mit 41 m einen, deutlich größeren Durchmesser als der Vorgänger und erreichte damit ein Gesamtvolumen von 200 000 Kubikmeter. Auch seine Leistungsdaten waren optimiert: Erstmals lieferten vier Dieselmotoren 3600 PS, was sich allerdings in der Höchstgeschwindigkeit des Gewichts wegen kaum niederschlug; denn die „Hindenburg“ war mit 119 t fast doppelt so schwer, ihre maximale Reichweite mit 16 000 km nur um ein knappes Viertel größer als beim Vorgänger. Völlig neu war die Beschichtung der Hindenburg-Gaszellen: nicht mehr aus „Goldschlägerhaut“, sondern mit einer gelatineartigen Masse überstrichen, einer Substanz, die bei amerikanischen Luftschiffen schon verwandt worden und noch höhere Gasdichte aufwies. Von außen fiel eine weitere Änderung ins Auge: Beim LZ 127 hatten Führergondel und Passagierraum noch eine große Einheit gebildet, beim LZ 129 dagegen war nur noch die kleine Führergondel unten an Bug sichtbar. Der wesentlich größere, auf zwei Decks verteilte Raum für anfangs 50, ab 1936/37 sogar 72 Passagiere war bei der „Hindenburg“ ins Innere des Luftschiffs gerückt, mit übereinander gelagerten Betten aber eher bescheiden geraten. Viele Kabinen hatten auch keine Fenster. Großzügig dagegen und wie gehabt luxuriös waren die vermehrten Aufenthaltsräume gestaltet. Dem Speisesaal vorgelagert verlief sogar eine Promenade mit relativ großen, auch während der Fahrt zu öffnenden Fenstern. Eine Neuerung beim Landen bildeten unter der Führergondel und am Kiel der unteren Heckflosse Landeräder anstelle von Luftpuffern. Das ermöglichte aus der Bewegung heraus zu landen. Unverändert blieb allerdings Wasserstoffgas als Tragemedium. Die USA, damals allein Hersteller des nicht brennbaren Edelgases Helium, hatten es Hitlers Politik wegen nicht nach Deutschland geliefert.

Die Anfangszeit der „Hindenburg“ bestätigte die daran geknüpften Erwartungen. Die Fahrten waren ausgebucht, die Nord- und auch die Südamerikaroute wurden bedient, der Atlantik im ersten Jahr 34-mal überquert. Die „Hindenburg“ absolvierte 337 000 km auf insgesamt 63 Fahrten.

Sammt stand als erster Offizier nun unmittelbar unter dem Kommandanten, dessen Funktionen er zeitweise wahrnahm, auch zum Zeitpunkt der Katastrophe, mit der der Name dieses Luftschiffes verbunden bleibt: Spätnachmittags am 6. Mai 1936, die LZ 129 schwebte auf den Landemast in Lakehurst zu, da schlug plötzlich eine Feuersäule aus dem Heck der vollausgetrimmten „Hindenburg“. Das ganze Schiff war binnen einer halben Minute von Flammen verzehrt. 36 Menschen kamen bei diesem größten Unglück der zivilen deutschen Luftschifffahrt ums Leben. Mit schweren Verbrennungen war Sammt einer der 62 Überlebenden; er hatte sich durch einen Sprung aus dem Fenster des Navigationsraums in 5 m Tiefe gerettet. Der Wendepunkt in der Luftfahrtgeschichte war erreicht.

Trotz aller Untersuchungen blieb die Ursache der Katastrophe ungeklärt. Weder der amerikanische noch der deutsche Bericht lieferten ein Resultat. Aus Friedrichshafen war eine hochkarätige Delegation mit Eckener an der Spitze vor Ort. Er besuchte auch Sammt im Krankenhaus und versicherte zuversichtlich, jetzt werde er vom amerikanischen Präsidenten für LZ 130 Helium bekommen. Franklin D. Roosevelt gab ihm auch diese Zusage. Sammt blieb skeptisch. Die Verwaltung, voran der amerikanische Innenminister, verhinderte die Lieferung.

Sammt war der kommandierende Offizier bei der Unglückslandung gewesen, was allein schon widerlegt, dass Eckener den Kapitän wegen Fehlern bei der Landung beschuldigt habe, wie aus den USA noch heute zu vernehmen ist. Wäre da nur ein Körnchen Wahrheit daran, hätte er Sammt nachher gewiss nicht zum Kapitän von LZ 130 gemacht. Die Bemerkungen des Verantwortlichen zu den Erklärungshypothesen des Unglücks haben besonderes Gewicht. Sammt entkräftet z. B. die bis heute geisternde These, es sei zu einer Entladung über die ausgeworfenen nassen Halteleinen gekommen: „die Hanftaue, die wir heruntergaben, waren vollkommen trocken“ (Leben, Sammt 148). Er widerlegt auch den Ansatz, es habe sich durch atmosphärische Elektrizität Spannung aufgebaut und bei Funkenflug entladen, indem er auf die Messergebnisse der LZ 130 verweist in Anwesenheit von Wissenschaftlern unter ihm als Kapitän.

Die deutsche zivile Luftschifffahrt wurde sogleich eingestellt. Der erfolgreiche LZ 127 „Graf Zeppelin“, der während des Unglücks auf Fahrt gewesen war, hing bald, einem Symbol gleich, entleert am Haken in der Halle in Frankfurt Rhein-Main, war nur noch Besichtigungsobjekt, das so Viele sehen wollten, dass es hieß, jetzt brächte es mehr Geld als mit Passagieren.

Doch die Zeit der großen Zeppeline war noch nicht ganz vorüber. In Friedrichshafen lag das fast fertige Schwesterschiff der „Hindenburg“, die LZ 130, und in Frankfurt wurden Vorkehrungen für den künftigen Heliumbetrieb getroffen, der aber wie die Wiederaufnahme des Personenverkehrs Illusion blieb. Dennoch hat dieser letzte große Wasserstoffgas-Zeppelin, den Eckener im Alleingang auf den Namen „Graf Zeppelin (II)“ getauft hatte und damit der NS-Einwirkung zuvorkam, im September 1938 Probefahrten begonnen. Er wurde Ende Oktober nach Frankfurt überführt und stand vom 5. November 1938 an dauernd unter Sammts Kommando. Mit der „Hindenburg“ weitgehend identischen Daten lässt LZ 130 weitere Innovationsansätze erkennen, zumal die Ballastwassergewinnung aus Auspuffgasen und geänderte Motorgondeln mit Zugpropellern. Die Genehmigung des Reichsluftfahrtministeriums vom 14. November 1938 aber blieb auf 9 1/2 Monate befristet, Personenbeförderung und Tropenfahrten waren verboten.

Seine 30 Fahrten über 36 550 km mit einer Gesamtdauer von 409 Stunden verliefen ohne Beanstandungen und zeigten, dass das Motorengeräusch durch die erfolgreich arbeitende Ballastwassergewinnung aus den Abgasen verringert war. Erwähnt seien die „Funkhorch- und -ortungsfahrten“, die mit Hilfe angehängter Spähkörbe aus dem I. Weltkrieg realisiert wurden und Erkenntnisse über den Stand der englischen Funkanlagen bringen sollten. Auch auf die Fahrt vom 28. September 1938 über 2500 km sei verwiesen; denn eines ihrer Ziele war es, die Frage elektrostatischer Aufladungen zu klären. Sammt steuerte deswegen bewusst in eine Gewitterfront hinein, Blitze zuckten, das Schiff stampfte, aber: „Trotz der enormen Feldstärken in der Atmosphäre konnte das Team von Professor Diekmann damals keine Anhaltspunkte dafür finden, dass das Luftschiff nur durch elektrische Entladungen in der Atmosphäre entzündet werden könnte.“ (Ernst Breuning, in: Leben, S. 166).

Im Übrigen fällt nur auf, wie ungeniert das NS-Regime sich noch immer der Werbewirkung des beliebten Großluftschiffs bediente, etwa bei der „Volksabstimmung“ im Sudetenland nach dem „Münchner Abkommen“, als Hakenkreuzfahnen an Fallschirmen aus der „Graf Zeppelin (II)“ zu werfen waren, um die Inszenierung eines Hitler-Auftritts zu garnieren.

Eine ganze Reihe dieser letzten Fahrten dienten der Eigenwerbung; denn das Erscheinen des Zeppelins bildete noch immer den Höhepunkt bei den beliebten und überall stark besuchten Flugveranstaltungen. Sammt spricht von 60 bis 80 000 Menschen, die jeweils zusammenkamen; tatsächlich mögen es teilweise über 100 000 gewesen zu sein. In diese Kategorie fiel auch die Fahrt nach Essen und Mülheim an der Ruhr am 28. August 1939, die letzte von LZ 130 und ihres Kommandanten Sammt Vier Tage später brach der II. Weltkrieg aus.

LZ 130 wurde abgelassen und aufgehängt. Bald sickerte nach Frankfurt Rhein-Main durch, dass die beiden eingelagerten Luftschiffe abgewrackt werden sollten, was im März 1940 in kalter Hast geschah. Kaum ein Museumsstück konnte gerettet werden. Ausgerechnet am 6. Mai 1940, dem 3. Jahrestag des Hindenburg-Unglücks, wurden die Frankfurter Hallen gesprengt.

Die übrigen fünf Kriegsjahre wurde Sammt vom nun ganz zum Rüstungsbetrieb umgestellten Zeppelinwerk in Friedrichshafen mit dem Bau und der Wartung von Sperrballonen zur Luftverteidigung beschäftigt. Als die Reederei nach Kriegsende aufgelöst wurde, verlor der 56-jährige seine Arbeit. Es spricht für ihn, dass er nicht aufgab. Mit dem ihm eigenen Fleiß baute er sich nicht nur eine neue Existenz bei der „Kohlenunion“ als Betreuer von Industriebetrieben auf, sondern diese Tätigkeit setzte er bis in sein 77. Lebensjahr hinein fort. Sein Wirkungsbereich lag zwischen Mannheim und Kassel; dennoch blieb er in Überlingen wohnen. Erst kurz vor seinem Tod mit 93 Lebensjahren verließ er die gewohnte Bodensee-Umgebung und zog zur Tochter in den Taunus.

Quellen:

A Zeppelin Museum Friedrichshafen LZA 005/071 Personalakte Albert Sammt, 016/141 bis 145, Fahrtberichte LZ 130, LZ 2013/005.001 Kurzinformation zu LZ 130, LZM Mediensammlung 0005 bis 0009 Erinnerungen (Interview) Albert Sammt, LZM 0015 bis 0017 90 Geburtstag Albert Sammts mit Reden und Zeppelinertreffen 1979; Mitteilungen des Archivs Zeppelin Museum vom 23.6., 3.7. und 12.7.2017, der Stadt Niederstetten, Kulturamt, vom 30.6. und 29.7.2017, des StadtA Baden-Baden vom 10.7.2017 und der Entnazifizierungsakten von Sammt wegen mit den StA Sigmaringen vom 7.7.2017 und Freiburg vom 10.10.2017, Fehlanzeige in beiden Fällen, der evangelischen Kirchengemeinde Niederstetten wegen der Geschwister vom 24.7.2017 und 9.8.2017, sowie des LKAS vom 31.7.2017.

Werke: Mein Leben für den Zeppelin, bearb. und ergänzt von Wolfgang von Zeppelin und Peter Kleinhans, 1. Aufl. 1980 bis 3. Aufl. 1994.
Nachweis: Bildnachweise: Foto S. 446; Archiv Zeppelin-Museum LZ 2013/005, Bilder von Albert Sammt und LZ 209/020.012 bis LZ 2009/020.111, Fotosammlung, darin auch Trauerfeier Sammt.

Literatur:

25 Jahre Zeppelin Luftschiffbau, 1924; Rolf Italiaander, Ein Deutscher namens Eckener, Luftfahrtpionier und Friedenspolitiker, 1981; F. Gütschow, Das Luftschiff. Geschichte, Technik, Zukunft, 1985; Peter Kleinhans, Die großen Zeppeline. Die Geschichte des Luftschiffbaus, 1988; ders., Albert Sammts 100 Geburtstag, Festvortrag in Niederstetten am 25. Mai 1989, Sonderdruck der Stadt Niederstetten; Dieter Ackermann, Der Luftschiffkapitän Albert Sammt, in: 650 Jahre Niederstetten, Veröffentlichungen zur Ortsgeschichte und Heimatkunde in Württemberg Franken 4, 1991, 614 f.; Ernst Breuning, Mit LZ 130 auf Funkhorch- und Funkortungsfahrt, in: Albert Sammt, Mein Leben für den Zeppelin, 31994, 156–170; Peter Kleinhans, Entwicklung der Luftfahrttechnik, ebd. 179–206; Sebastian Wetzler, Die Schütte-Lanz Innovation. Techn. Neuerungen des Luftschiffbaus Schütte-Lanz in den Jahren 1909–14 im Vergleich zum Luftschiffbau Zeppelin, 2000 (mit ausführlichem Literaturverzeichnis); Peter Kleinhans, Wolfgang Meighörner (Hgg. ), Die großen Zeppeline, 32005; Christian R. Salewski/Klaus Saul, Der Luftfahrtpionier Johann Heinrich Schütte, in Einblicke, hgg. von der Universität Oldenburg, Frühj. 2007; Christian R. Salewski, Ein Luftschiffpionier aus Nordwestdeutschland: Biografische Studie über Johann Heinrich Schütte (1873–1940), Diss. phil. Oldenburg 2006, in: Wissenschaftliches Jahrbuch des Zeppelin- Museums Friedrichshafen, 2007, 44–321.

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