Schelb, Josef 

Geburtsdatum/-ort: 14.03.1894;  Bad Krozingen (Breisgau)
Sterbedatum/-ort: 08.02.1977;  Freiburg i. Br.
Beruf/Funktion:
  • Komponist
Kurzbiografie: 1904 Schüler des Berthold-Gymnasiums, Freiburg bis zum Abitur: Klavierunterricht bei Hans Huber, Basel
1911 Musikstudium am Conservatoire in Genf, bei Bernhard Stavenhagen (Klavier), bei Otto Barblan (Kontrapunkt)
1914 Diplomprüfung mit Auszeichnung. Während des Krieges Militär-Ersatzdienst bei der Postüberwachungsstelle Freiburg
1919 Nach Kriegsende autodidaktische Kompositionsstudien, pianistische Lehrtätigkeit am Konservatorium in Freiburg, Konzertreisen mit dem Geiger Joan Manén
1924 Ruf an die Badische Hochschule für Musik Karlsruhe als Dozent für Klavier und Komposition
1932 Ernennung zum Prof.
1942 Beim Luftangriff auf Karlsruhe Anfang September Vernichtung fast aller Kompositionen
1954 Anläßlich des 80. Geburtstages Ehrung durch die Stadt Baden-Baden mit festlichem Konzert und Empfang
1959 Emeritierung: als freischaffender Komponist in Baden-Baden. Intensive kompositorische Tätigkeit bis ans Lebensende
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: 1936 Lotte, geb. Schuler
Eltern: Vater: Dr. Albert Schelb, Arzt (1857-1919)
Mutter: Luise, geb. Oestreicher (1865-1915)
Geschwister: 4 Brüder (3 früh gestorben), Dr. iur. Wilhelm Schelb, Senatspräsident am Bundesgerichtshof, zuletzt Landgerichtspräsident in Karlsruhe (1888-1957)
Kinder: 1 Sohn
GND-ID: GND/123084733

Biografie: Frithjof Haas (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 3 (1990), 234-235

Der Komponist Schelb war durch das alemannische Erbe väterlicherseits geprägt. In Bad Krozingen als fünfter Sohn eines Arztes geboren, fühlte er sich zeitlebens mit der Landschaft des Schwarzwaldes verbunden, wo seine Urahnen einen Hof am Belchen-Westhang besaßen. Der fränkisch-pfälzischen Herkunft seiner Mutter verdankte er sein fröhliches Naturell, das sich auch in sarkastischem Humor äußern konnte.
Im Elternhaus wurde viel musiziert, jedes Familienmitglied spielte ein anderes Instrument. Während der Schulzeit am Berthold-Gymnasium in Freiburg nahm er Klavierunterricht in Basel beim dortigen Leiter des Konservatoriums, dem bedeutenden Klavierpädagogen Hans Huber. Nach bestandenem Abitur ging er 1911 ans Genfer Conservatoire und studierte bei dem Liszt-Schüler Bernhard Stavenhagen Klavier, bei dem Organisten Otto Barblan Theorie und Kontrapunkt. 1914 schloß er mit dem „Diplôme de Virtuosité avec distinction“ ab.
In den ersten Jahren nach Kriegsende erwarb er sich einen guten Namen als Kammermusikspieler und Liedbegleiter. Mit dem Geiger Joan Manén unternahm er Konzerttourneen durch Europa, Südamerika und die USA. Als Klavierpädagoge lehrte er am Freiburger Konservatorium, bis er 1924 einem Ruf an die Badische Hochschule für Musik Karlsruhe folgte. Hier wirkte er bis zu seiner Emeritierung, zuerst als Dozent für Klavier, nach 1945 unterrichtete er vorwiegend Instrumentation und Komposition. 1932 wurde er zum Professor ernannt. Zu seinen Schülern zählten u. a. Franz Hirtler, Georg Meerwein, Erich Werner und Jenny Abel. Nach seiner Pensionierung lebte er als freischaffender Komponist in Baden-Baden und entfaltete eine noch intensivere schöpferische Tätigkeit.
Schelb sah im eigenen kompositorischen Schaffen seine künstlerische Berufung. Bereits im Kindesalter entstanden die ersten Versuche. Das etwa 150 Werke umfassende Gesamtopus liegt im Archiv der Witwe des Komponisten in Freiburg; nur einige kleinere Werke sind beim Verlag W. Müller, Heidelberg, erschienen. Die meisten vor 1942 entstandenen Kompositionen wurden im Zweiten Weltkrieg bei einem Bombenangriff auf Karlsruhe vernichtet.
Schelb war als Komponist Autodidakt; eine Klassifizierung in eine bestimmte Schule oder Stilrichtung lehnte er ab. Aus der Genfer Studienzeit hat er Züge des romanischen Wesens, vor allem Einflüsse des Impressionismus adaptiert. Seine Vorliebe für klangliche Phänomene wird von einer lateinischen Formklarheit gebändigt. Im Frühschaffen spielte der Einfluß Max Regers eine Rolle, später der von Paul Hindemith. Dies zeigt sich vor allem in der Bevorzugung klassischer Formen, wie Suite, Sonate, Konzert und Sinfonie. In seiner Harmonik geht Schelb bei den späteren Werken bis an die Grenzen der Tonalität, ohne jedoch das Prinzip der Dodekaphonie konsequent anzuwenden.
Das kompositorische Werk Schelbs umfaßt alle musikalischen Gattungen. In der Kammermusik dominieren die Werke mit Klavier, bei deren Aufführungen er als versierter Pianist meist selbst mitwirkte. Im Liedschaffen, das vorwiegend von seiner Frau, der Konzertsängerin Lotte Schuler, interpretiert wurde, gelangen ihm besonders die Vertonungen der Texte von Georg Trakl. Das umfangreiche orchestrale Schaffen wurde in den Spätjahren stimuliert durch die Aufführungen des SWF-Orchesters unter Hans Rosbaud. In den sinfonischen und konzertanten Werken verbinden sich neoklassizistische Tendenzen mit spätromantisch-impressionistischen Zügen. Bei den Bühnenwerken war Schelb am erfolgreichsten mit seinem Ballett „Die schöne Lau“, das in den Theatern von Saarbrücken (1951) und Karlsruhe (1954) ins Repertoire aufgenommen wurde. Die Oper „Die Falken“, nach Werner Bergengruens Novelle „Die drei Falken“, vom Sohn des Dichters als Libretto eingerichtet, ist das bedeutendste Spätwerk des Komponisten, wurde aber bisher nicht aufgeführt, wie auch die vom NS-Staat verbotene frühe Oper „Charlotte Corday“. Die Kammeroper „Elodie“ konnte in den letzten Lebensjahren des Komponisten nur noch als Klavierauszug ausgeführt werden.
Bei den Opern zeichnen sich die Grenzen von Schelbs Tonsprache ab, die aus der kammermusikalischen und sinfonischen Formenwelt gewachsen ist. Die hochentwickelte instrumentale Satzkunst von Schelb erweist sich in der dichten kontrapunktischen Durcharbeitung der Instrumentalwerke. Das tiefsinnige alemannische Naturell offenbart sich in der ausdrucksstarken Kantabilität der langsamen Sätze, die heitere Seite seines Wesens in der virtuosen Spielfreude der konzertanten Ecksätze.
Werke: (in Auswahl) Orchesterwerke: 3 Orchesterkonzerte (1941/42/45); Movimento I, II, III (1969/70/71); Musik f. Orchester I, II, III, IV (1963/65/72/72); 7 Sinfonien (1932/46/48/53/55/60/62).
Instrumentalkonzerte für Solostreicher u. Solobläser m. Orchester, 5 Klavierkonzerte, Konzert f. Orgel u. 2 Trompeten, Konzert f. 6 Solobläser m. Streichorchester u. Schlagzeug.
Opern: „Charlotte Corday“, Text Friedrich Baser (1943), „Die Falken“, Text Alexander Bergengruen (1967), „Elodie“, Text Isolde Fuhs/J. Schelb (1975).
Ballette: „Notturno“ (1941). „Die schöne Lau“ (1945) Kammermusik: Trios, Quartette, Quintette f. Bläser u. Streicher m. Klavier.
Klaviermusik: Einzelstücke, Suite u. Partita, zweihändig, vierhändig u. f. 2 Klaviere.
Vokalmusik: Lieder n. Texten v. Michelangelo, Hebbel, Storni, Rilke, Trakl, R. A. Schröder, Brecht u. a.; a capella Chöre.
Ein komplettes Werkverzeichnis bis zum Jahr 1963, siehe Ekkehart 1964 Nr. 10.
Nachweis: Bildnachweise: Ölporträt von Julius Bissier, (1942 verbrannt), 2 Porträts, Kohlezeichnungen von Wilhelm Schwarzenberger, (Privatbesitz und Augustinermuseum Freiburg i. Br.), Foto StAF, Bildnissammlung.

Literatur: Berthold Freudenberger J. Schelb, in: MGG XI, 1656 f.; Hans Joachim Moser in: Musiklexikon, Nachtrag z. 4. Aufl. 1958; F. B. in: Musica 1954 Heft 4, ...; Franz Hirtler in: Die Markgrafschaft 1954 Nr. 10 ...; ders. im Programmheft des Bad. Staatstheaters März 1955; Wilhelm Zentner in: Ekkehart 1964, 44-149; Emeran Wallner in „Musica“ 1974 Heft 2; Friedrich Baser, Erinnerungen an den Komponisten J. Schelb, in: BH 57, 1977, 69-70.
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