Palmer, Helmut 

Geburtsdatum/-ort: ..;  Stuttgart-Untertürkheim
Sterbedatum/-ort: 24.12.2004;  Tübingen
Beruf/Funktion:
  • Pomologe, Obsthändler, „Remstal-Rebell“
Kurzbiografie:

1945–1948 Volksschule, dann Lehre als Obstbauer in Fellbach

1948–1950 Ausbildung zum Pomologen, d. i. Obstbaumkundler, in Mettmenstetten bei Zürich

1950 Rückkehr nach Württemberg, Tätigkeit als Hilfsarbeiter in Fabriken und als Fahrer

1957 I. Bürgermeisterkandidatur in Hofen, Lkr. Ludwigsburg;

bis 1995 insgesamt 289 Kandidaturen als Bürger- oder Oberbürgermeister, meist in Altwürttemberg

1962–2000 423 Tage Haft wegen Beamtenbeleidigung und Tätlichkeiten gegen Beamte

1972–2001 Kandidaturen bei 13 Land- und Bundestagswahlen

1974 OB-Kandidatur in Schwäbisch Hall, im I. Wahlgang 41 Prozent, im II. Wahlgang mit einem noch etwas besseren Ergebnis dem parteilosen Gegner unterlegen

1983 Erfolgreichste Bundestagskandidatur im Wahlkreis Göppingen; 19,3 Prozent für Palmer

1995 Letzte OB-Kandidatur in Lörrach

2001 Letzte Landtagskandidatur in Schorndorf

Weitere Angaben zur Person: Religion: evangelisch
Verheiratet:

1969 Erika, geb. Körner (geb. 1940), Sekretärin


Eltern:

Vater: Siegfried Kilsheimer, Metzgermeister aus Pforzheim

Mutter: Emma Palmer, später verh. Strauß (geb. 1909), Metzgereiverkäuferin


Geschwister:

unbekannt


Kinder:

5; Boris Erasmus (geb. 1972), Oberbürgermeister von Tübingen, Patrick Jermolai (geb. 1974), sowie ein Sohn und 2 Töchter vorehelich

GND-ID: GND/124749135

Biografie: Michael Kitzing (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 7 (2019), 417-421

Der Sohn einer Metzgereiverkäuferin und eines jüdischen Metzgers wurde außerehelich geboren. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er beim Großvater mütterlicherseits in Geradstetten im Remstal. Aufgrund seiner jüdischen Abstammung sah er sich endlosen Schikanen ausgesetzt, er wurde verhöhnt und geprügelt. Ob wohl er seine Außenseiter-Rolle durch besonderen Eifer zu kompensieren suchte, immer der Beste sein wollte, hatte er stets unter einem fanatischen NS-Lehrer zu leiden.

Die Diskriminierungen während der NS-Zeit ließen Palmers Gefühl entstehen, dass auch die bundesrepublikanische Gesellschaft, vor allem öffentliche Ämter, noch durch ehemalige Nationalsozialisten geprägt seien, was teilweise bis zum Beginn der 1970er Jahre auch stimmte. An der Behauptung einer NS-Durchsetzung des gesamten Beamtenapparates hat Palmer jedoch noch festgehalten, als diese Generation im Ruhestand oder verstorben war. Sein Gefühl, überall von ehemaligen Nationalsozialisten umgeben zu ein, wurde auch dadurch verstärkt, dass er über Jahrzehnte antisemitische Drohanrufe und -briefe erhielt.

Vor dem Ende des II. Weltkrieges begann Palmer eine Lehre als Obstbauer in Fellbach und siedelte 1948 in die Schweiz. Dort lernte er den „Öschbergschnitt“ kennen, eine Schnitttechnik, die vier bis fünf Äste des Obstbaumes auswählt, die vom Stamm weg möglichst einen Trichter bilden und dem Baum starke Äste lassen mit viel Licht, die zwar weniger, aber gesunde Früchte tragen „ohne dass eine Stütze erforderlich wäre“ (Knauer, 2014, S. 46). Der Öschbergschnitt unterschied sich wesentlich vom damals in Württemberg üblichen Pyramidenschnitt mit nur einem Hauptast, der hochschoss und mit den oberen Fruchtkästen den unteren das Licht nahm. Das brachte zwar kurzfristig höhere Erträge, der Öschbergschnitt aber schuf langfristig höhere Qualität und hat sich inzwischen, auch dank Palmers Wirken, durchgesetzt.

Damals lernte Palmer auch die Schweizer Demokratie kennen, die für ihn zeitlebens Vorbild blieb. Besonders beeindruckt war er von der Möglichkeit des Schweizer Bürgers zur aktiven Teilnahme am Staatsgeschehen, zur Kritik an der öffentlichen Verwaltung und vom Wahlbeamtentum.

Letztlich zog ihn die Heimatliebe wieder zurück nach Württemberg, wo es früh zu Konflikten mit Behörden kam. Ausgangspunkt dafür war Palmers aggressives Eintreten für den Öschbergschnitt im Obstbau. Palmer drang wiederholt unbefugt in fremde Grundstücke ein und beschnitt nach seiner Überzeugung kranke Bäume. Fast zwangsläufig entstanden da Konflikte mit den Obstbauminspektoren, die an der überkommenen Schnittweise festhielten und in den von Palmer angebotenen Schnittkursen nur Unerwünschtes sahen.

Ende der 1950er Jahre plante Palmer, sich selbständig zu machen. Seine eigene Obstbauanlage in Köngen und Denkendorf scheiterte jedoch. Die Behörden verweigerten ihm nicht nur die Baugenehmigung, Grundstücke Palmers wurden auch für den Autobahnbau enteignet und aufgrund des Gutachtens eines ihm feindlich gesinnten Obstbauinspektors nur gering entschädigt, so dass er erst auf dem Gerichtsweg die Verdopplung der Summe erreichen konnte. Da überrascht es nicht, wenn sich Palmer fortan als Opfer von Behördenwillkür sah und eine lange und kaum überschaubare Prozessserie losbrach.

Da nun begann der eher cholerische Charakter Palmers einzuwirken, der schnell zu NS-Vergleichen griff, was bisweilen in Handgreiflichkeit endete. Beim Publikum fanden diese Prozesse schnell großes Interesse, denn sie hatten hohen Unterhaltungswert, wenn Palmer in einem Talar mit aufgenähtem Hakenkreuz erschien, mit „Sieg Heil“ grüßte als trete er vor NS-Justiz auf. Sowohl dieser Aufzug wie unbefugtes, lautstarkes Verlassen des Gerichtssaales provozierten Ordnungsstrafen gegen Palmer Wie Jan Knauer nachwies, wurden 70 Strafprozesse gegen Palmer geführt, die in 33 Bestrafungen endeten. Häufigster Grund waren Beleidigungen von Verwaltungsmitarbeitern, die mehrfach zu Haftstrafen führten. Insgesamt saß Palmer 423 Tage im Gefängnis ein, meist in Stammheim, Ludwigsburg oder auf dem Hohenasperg. Wiederholt angestrengte psychiatrische Gutachten darüber, ob er zurechnungsfähig und damit straffähig sei, empfand Palmer als Versuche, ihn zu entmündigen, was seine Gegenwehr noch anstachelte: Man trachte nur danach, seinen Ruf zu vernichten und ihn als Geschäftsmann wie Bürgerrechtler unmöglich zu machen.

Das führte dazu, dass sich Palmer immer stärker verfolgt sah, und noch aggressiver wurde, wenngleich auch Polizisten und Staatsanwälten ein größeres Maß an Gelassenheit im Umgang mit Palmer wohlangestanden hätte. Es ist Palmer einzuräumen, dass z. T. kleinlich mit ihm umgegangen wurde, wenn er etwa angezeigt wurde, weil er sich nicht hatte ausweisen können. Schon bei den Zeitgenossen schieden sich da die Meinungen. Palmer sei zwar impulsiv und habe oft in beleidigendem Ton auf Missstände hingewiesen, er sei dafür aber auch unverhältnismäßig hart belangt worden. Während seiner Haftaufenthalte erhielt er aber auch viele zustimmende, aufmunternde Schreiben. Kritiker hingegen äußerten, man habe Palmer viel zu oft „Narrenfreiheit“ eingeräumt und ihn oft zu mild behandelt. Ähnlich divergierend wurden die Haftbedingungen Palmers beurteilt. Einige Mithäftlinge sprachen von einer Sonderbehandlung, andere wollten Schikanen darin erkennen.

Fast regelmäßig griff Palmer die politischen Parteien an, denen er vorwarf, dass sie letztlich eine bundesdeutsche „Einheitspartei“ bildeten, um sich gegenseitig Ämter zuzuschanzen. Die CDU sei ganz von Nationalsozialisten durchsetzt, gegen Anliegen der Liberalen demonstrierte er regelmäßig im Umfeld der Dreikönigstreffen und in den Grünen sah er nur „Brennnesselgärtner“ (Knauer, 2013, S. 108); er habe sich lange vor Gründung dieser Partei für umweltpolitische Anliegen eingesetzt. Nur für die SPD entwickelte er etwas Sympathie.

Tatsächlich trat Palmer sehr früh dafür ein, wieder mit Körben einzukaufen, was er bei seinen Kunden auch förderte: Wer mit der Plastiktüte auf dem Markt erschien, den beschimpfte er, wer mit einem Korb kam, bekam Obst geschenkt. Selbstverständlich lagen ihm bei der Umweltpolitik Obstbaufragen besonders am Herzen. Im Größeren kämpfte Palmer gegen den Bau der Neckar- Alb-Autobahn, die das Remstal, zerschneide. Auch Verkehrssicherheit war ihm Thema. Wiederholt protestierte er gegen nicht abgesenkte Leitplanken, die im Straßenverkehr zum tödlichen Risiko würden. Besonders auf unübersichtliche Einfädelspuren wies er hin.

Dies geschah oft in Form spektakulärer Aktionen. Palmer rief auch seine Anhänger dazu auf, selbst mit der Spitzhacke und dem Vorschlaghammer Hand anzulegen, um gefährliche Leitplankenenden zu versenken oder Verkehrsschilder, die unnütz erschienen, zu beseitigen. Wiederholt rückte er mit dem Betonmischer an, um eine neue Einfädelspur statt einer gefährlichen anzulegen. Wenn Palmer dergestalt aktiv wurde, vergaß er nie den Hinweis, dass die Verwaltung wie üblich versagt habe! Die Kosten aber trage der Steuerzahler, Unternehmer seien haftbar.

Auch an anderer Stelle trat Palmer als öffentlicher Mahner mit durchaus ernsthaften Ideen auf. Palmer gehörte zu den Ersten, die an den lange Zeit verkannten Hitlerattentäter Georg Elser erinnerten. Er wollte auch der letzten Opfer des II. Weltkrieges in seiner Heimatgemeinde gedenken. Daneben scheute er aber auch keinen Klamauk, wenn er ein nicht abgeschlossenes Polizeifahrzeug „umparkte“ und den Schlüssel auf der nächsten Polizeiwache ablieferte.

Als Kandidat trat Palmer zwischen 1957 und 2001 bei 289 Bürgermeisterwahlen, 13 Bundes- und Landtagswahlen an. Das geschah zumal durch PR-Aktionen in Regionalzeitungen. In witzig-beißenden Inseraten für seinen Obsthandel verknüpfte er Einkaufs- und Ernährungstipps mit Angriffen auf politische Gegner. Bei den Kandidatenvorstellungen für das Bürgermeisteramt profilierte sich Palmer durch rhetorisch brillante, nicht selten aber auch beleidigende Ausfälle. Dennoch gelang es ihm zuweilen, das Publikum in seinen Bann zu ziehen. Bei 25 Bürgermeister- und Oberbürgermeisterwahlen hat er allein aus dem Stand über 18 Prozent der Stimmen gewonnen. Sein eloquentes Auftreten vermochte trotz Eintritts- und Rauchverbots samt Publikumsbeleidigungen Hallen mit mehreren Tausend Zuhörern zu füllen; denn durch Palmer erhielten Bürgermeisterwahlen Würze. Er polarisierte gezielt, machte auf Missverhältnisse aufmerksam. Dennoch fällt auf, dass er gerne da kandidierte, wo sonst nur der Amtsinhaber auftrat.

Seinen größten Erfolg hatte Palmer bei den OB-Wahlen 1974 in Schwäbisch Hall, als es ihm gelang, im I. Wahlgang 41 Prozent der Stimmen zu gewinnen. Dabei wurde er allerdings durch einen örtlichen Unternehmer unterstützt, der der Haller Kommunalpolitik der vorausgegangenen Jahre Fehlentscheidungen vorwarf. Die Stadt war schwer verschuldet, der scheidende Amtsinhaber hatte ein gestörtes Verhältnis zu Bürgern und Verwaltung hinterlassen und die rhetorisch schwachen CDU- und SPD- Kandidaten fanden wenig Zustimmung. Verbitterung der eingemeindeten Orte über die als undemokratisch empfundene Gemeindereform kam hinzu. Dieses Mal machte Palmer – dank Sponsor? – konkrete Aussagen, trat für die Beseitigung von Parkplatzproblemen durch ein Parkhaus oberhalb des Kochers ein und wollte die Altstadt durch eine Seilbahn mit dem höher gelegenen Erholungsgebiet verbinden. Palmers Wahlkampf polarisierte und fand Eingang in die überregionale Berichterstattung. Selbst ausländische Medien zeigten Interesse. Bisweilen reagierten die Medien auf Palmers Auftreten geradezu hysterisch und sein erfolgreiches Abschneiden im I. Wahlgang wurde als Ausdruck von Politikverdrossenheit gewertet, nachdem damals die Grenzen wirtschaftlichen Wachstums deutlich geworden waren und Umweltprobleme erkannt wurden. Der II. Wahlgang brachte zwar noch eine kleine Steigerung für Palmer, der bisherige Bürgermeister von Nellingen jedoch erreichte als Sammelkandidat der Parteien die absolute Mehrheit, was dann Tumult auf dem Haller Marktplatz auslöste.

Bemerkenswerte Erfolge konnte Palmer auch bei anderen Wahlen erreichen, obwohl er jedes Mal in einem anderen Wahlkreis auftrat. So erhielt er 1983 bei den Bundestagswahlen in Göppingen 19,8 Prozent der Stimmen, vier Jahre später in Waiblingen 19,2 Prozent. Auch wenn Palmer nie ein Bundes- oder Landtagsmandat erringen konnte, ist er nach Richard Freudenberg der bis heute erfolgreichste parteilose Kandidat bei Bundes- und Landtagswahlen im Lande. In der Zeit seiner größten Erfolge von den 1970er bis in die 1990er Jahre hatte er für viele Bürger eine Art „Kummerkasten- Funktion“. So zumindest lassen sich viele Briefe verstehen, worin Bürger Anliegen für den nächsten Wahlkampf vortrugen.

Obwohl letztlich aussichtslos, jagte Palmer den Vertretern der Parteien oft wichtige Prozentpunkte ab. Bei Bundestagswahlen konnte er die Gegenkandidaten zwar nicht gefährden, sofern sie über einen Listenplatz ihrer Partei abgesichert waren, es gelang ihm aber immer wieder, auf Mängel des politischen Systems hinzuweisen. 1983 beispielsweise fügte er dem Kandidaten der FDP im Kreis Göppingen, Georg Gallus, der nur 3 Prozent der Stimmen erhielt, eine blamable Niederlage zu. Gallus zog dennoch in den Bundestag ein. Mit seiner Kandidatur im Wahlkreis Kirchheim/Teck 1988 beendete Palmer die politische Laufbahn des damaligen parlamentarischen Geschäftsführers der SPD-Landtagsfraktion Gerhard Remppis. Vier Jahre später gewann Palmer bei der Landtagswahl in Nürtingen 15 Prozent der Stimmen, weswegen Winfried Kretschmann einstweilen in den Schuldienst zurückkehren musste. Bei all diesen Wahlen sammelte Palmer immer Protestpotential. 1992 ist es ihm wohl gelungen, dass der Anteil der Republikaner im Nürtinger Wahlkreis deutlich unter dem Landesdurchschnitt lag.

Mit seinen Parlamentskandidaturen vermochte Palmer auch die grundsätzliche Regelung der Wahlkampfkostenerstattung zu erreichen. Ab 1979 mussten Einzelkandidaten bei Bundestagswahlen mit mehr als 10 Prozent der Stimmen die Wahlkampfkosten erstattet werden. Parteien erhielten bereits ihre Erstattungspauschale pro Wählerstimme, wenn sie 0,5 Prozent der abgegebenen Zweitstimmen hatten. Auf Landesebene kam es 1985 gegen Widerstand aus Teilen der CDU zur Verabschiedung einer analogen Regelung. Im Land muss ein Einzelkandidat seither 10 Prozent aller gültigen Stimmen im Wahlkreis erreichen, um seine Kosten erstattet zu bekommen. Zur Wahl zugelassene Parteien erhalten Wahlkampfentschädigung ab einem Prozent der Stimmen. So kam es, dass Palmer von 1983 bis 1992 Wahlkampfkosten über 500 000 DM erstattet wurden, was ihm natürlich die Kritik einbrachte, aus jeder Kandidatur beachtlichen wirtschaftlichen Gewinn herausgeschlagen zu haben. Tatsächlich gab Palmer jedoch allein im Bundestagswahlkampf 1995 über 115 000 DM für Inserate aus, verschuldete sich massiv und ruinierte letztlich seinen florierenden Obsthandel, so dass er eines seiner beiden Häuser in Geradstetten verkaufen musste.

Die letzten Lebensjahre Palmers waren überschattet von einer weiteren Haft auf dem Hohenasperg im Jahr 2000. Nach Verbüßung von zwei Dritteln der Haftzeit wurde Palmer vom Justizminister begnadigt. Ministerpräsident Erwin Teufel hätte die Begnadigung des an Krebs Leidenden gerne früher vollzogen, konnte sich aber gegen seinen Koalitionspartner nicht durchsetzen. Palmer starb daran im 75. Lebensjahr.

Letztlich war Palmer gleichermaßen gesellschaftlicher Mahner, der rhetorisch brillant Missstände aufzudecken verstand und Querulant. Manche seiner häufig im Dialekt erfolgenden Beleidigungen wurden fast legendär und prägten sich ein: so als er einem Gegenkandidaten attestierte, er eigne sich für die Demokratie „wie ein Igel zum Arschputzen“ (zit. bei Michael Ohnewald, 2003, S. 80). Beim politischen Establishment war Palmer gefürchtet, auch wenn der Stuttgarter CDU-OB Manfred Rommel (1928–2013) und der Waiblinger SPD-Bundestagsabgeordnete Hermann Scheer (1944–2010) sich immer wieder für Palmer einsetzten und durchaus Hochachtung für ihn erkennen ließen.

Inzwischen ist Palmer Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen geworden. Zu seinen Lebzeiten hatte der Journalist Michael Ohnewald eine erste Biographie verfasst. Jan Knauer hat 2012 in seiner Tübinger Dissertation das Leben Palmers untersucht: Palmer sei eine durch und durch schwäbische Persönlichkeit gewesen, im Beruf ein „Schaffer“, immer ein ausgeprägter Individualist, der Obrigkeit gegenüber aber misstrauisch bis rebellisch, wie Menschen besonders im Remstal schon immer waren. Er hat auch betont, dass Palmer bei wachsender Politikverdrossenheit auf mehr Zuspruch stieß. Palmer habe aber immer wieder großen Mut zum eigenverantwortlichen Handeln und öffentlichem Engagement bewiesen, was ihm Unterstützung einer breiteren Öffentlichkeit sicherte.

Quellen:

Privat- A. Palmer, Remshalden - Geradstetten; StA Ludwigsburg EL 317 VII, Bü 399; EL 317 VII, Bü 400; EL 334 I, Bü 3580.

Werke: Neuzeitliche Schnittechnik der Obstbäume nach Oeschberg-Palmer, 1954; Der neue Leitfaden für den Intensiv- und Liebhaber Obstbau mit Beerenschnitt: kurz und konkret, 1970; Mein Kampf und Widerstand: Späth-Lese, 1979; Zur Liebe verdammt für‘s Schwabenland: Obstbau und Politik aus Passion, 1984; Der pomo-logische Palmer-Schnitt: die totale Kehrtwende vom Krüppel-, Kunstdünger-, Gift- und Chaotenobstbau zum Naturobstbau, 1986; Nicht weiter so, 1987; Ein Martyrium wider willen, 1988; Die natürliche Sprache der Obstbäume: Schaubilder und Leitlinien von Obstbäumen. 40-Jahres-Vergleich, Tragödien, Irrlehren und Kontraste speziell des württembergischen Obstbaus, 1991; Der Notenschlüssel der Natur, 1995.
Nachweis: Bildnachweise: Foto (1974) S. 408; Hans Kubach, StadtA Schwäbisch Hall FS 3124,

Literatur:

(Auswahl) Günter Wallraff, 13 unerwünschte Reportagen, 1969; Angela Weber, Vorgänge bei der Oberbürgermeisterwahl 1974 in Schwäbisch Hall (unter besonderer Berücksichtigung. des Kandidaten Helmut Palmer). Unveröff. Zulassungsarbeit, Schwäbisch Gmünd 1976, in: StAL EL 251 II, Bü 844; Hans-Peter Biege/Hans-Georg Wehling u. a. (Hgg.) Zwischen Persönlichkeitswahl und Parteientscheidung. Kommunales Wahlverhalten im Lichte einer Oberbürgermeisterwahl, 1978; Hans-Georg Wehling/H.-Jörg Siebert, Der Bürgermeister in Baden-Württemberg, 1984; Hermann Scheer, Die Politiker, 2003; Tina Fuchs, Doppelporträt Palmer, Landesschau Baden-Württemberg heute vom 2.6.2003; Michael Ohnewald, Helmut Palmer Lebensweg eines Rebellen, 2004; Gudrun Mangold, Obstbäume schneiden verblüffend einfach mit Helmut Palmer, 2005; Moritz Ege, Palmer, Helmut, in: Alexandra Kaiser/Jens Wietschorke, Kulturgeschichtliches Stadtlexikon Schwäbisch Hall, 2006, 182 f.; Jan Knauer, Bürgerengagement und Protestpolitik. Das politische Wirken des „Remstalrebellen“ Helmut Palmer und die Reaktionen seiner Mitmenschen, Diss. phil. Tübingen 2012, abrufbar auf: http://nbnresolving.de/urn:nbn:de:bsz:21–opus–61072, mit einem Verzeichnis von Presseartikeln von und über Helmut Palmer 350–372); ders., Helmut Palmer. Der „Remstal-Rebell“, in: Reinhold Weber (Hg.), Aufbruch, Protest und Provokation, 2013, 97–117; ders., Helmut Palmer Der Remstal-Rebell, 2014. – Rundfunk- und Fernsehpublikationen: SWR-A., Stuttgart, Fernsehen Reimund Marhold/Karl-Heinz Darweger, Protestwähler, in: Forum Südwest F: 74/5 vom 5.3.1974; Klaus Peter Senkel/Peter Seubert, Schwäbisch Hall. Nach der Wahl, in: Abendjournal, 5.3.1974; Tina Fuchs, Remstalrebell, in: Baden-Württemberg aktuell vom 10.5.1999; Edda Makeli, Mann der Woche (= Helmut Palmer), in: SR Ländersache vom 11.5.2000; Tina Fuchs, Helmut Palmer, in: Baden-Württemberg aktuell vom 21.8.2000; Harry Röhrle/Tina Fuchs, Palmer, in: Baden-Württemberg Aktuell vom 27.10.2000. – SWR-A., Stuttgart, Wort Siegfried Kaspar, Parteiloser „Rebell aus dem Remstal“ gewinnt Wahl zum Oberbürgermeister: Der Fall Helmut Palmer in Schwäbisch Hall, Chronik Baden-Württemberg. Aktuelles aus der Landespolitik vom 23.2.1974; Wolf Renschke, Obst und politische Bekenntnisse. Der „Rebell vom Remstal“: Helmut Palmer, SWF 3. Von zehn bis zwölf vom 13.4.1985; Jörg Holzwarth, Leute im Land – Obstbau und Politik: Helmut Palmer wird 65, SR Land und Leute vom 8.5.1995; Eberhard Reuss, Der große Frust – von Abenteurern, Aussteigern und Abzockern, SDR 3 Schaufenster vom 1.6.1997; Jürgen Waibel, Trojanisches Pferd – Remstalrebell Helmut Palmer geht in die SPD und Ute Vogt freut sich, SWR 4 Radio Stuttgart Nachmittagsmagazin vom 20.12.2002.Tina Fuchs, Der Remstalrebell. Helmut Palmer – Querdenker und Quertreiber, SWR 3– Baden-Württemberg vom 6.1.2004; Sabine Freudenberg, Nachruf zum Tod von Helmut Palmer, Gespräch mit Hermann Scheer, SWR 2 Kultur im Land vom 27.12.2004; Agathe Strübel, Boris Palmer: Vom Rebellenkind zum Rathauschef, SWR 1 Radioreport vom 11.1.2007.

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