Rosenfeld, Selma 

Geburtsdatum/-ort: 16.08.1892;  Eppingen
Sterbedatum/-ort: 03.11.1984; Los Angeles
Beruf/Funktion:
  • Lehrerin, Dozentin und Autorin
Kurzbiografie: 1899–1908 Volks- u. Realschule in Eppingen
1908–1912 VI Lehrerinnenseminar „Prinzessin-Wilhelmine-Stift“ Karlsruhe bis zur I. Lehramtsprüfung, dann Beamtin im badischen Schuldienst
1912–1914 Hilfslehrerin in Lahr u. Randegg
1914–1918 Übernahme d. dritten, mit einer Lehrkraft jüd. Glaubens besetzten Lehrerstelle in Bodersweier
1918–1924 Rückkehr in den Kraichgau; nach kurzer Unterrichtstätigkeit in Gemmingen ab Okt. 1918 Klassenlehrerin an d. Volkschule in Eppingen
1924 V 1 Beendigung des Schuldienstes unter Einbehaltung d. Dienstbezüge, für ein Jahr beurlaubt im Zusammenhang mit d. Ausreise in die USA
1924–1929 Bachelor- an d. University of California Los Angeles“ dann dort Master
1930–1958 Professorin für Deutsch am Foreign Language Department des Los Angeles City College
1930 X 21 Einbürgerung in die USA
1932 „Still u. Bewegt, Contemporary German Stories“ mit William Diamond
1933 mit dems. Ludwig Thoma „Cora: Vier Lausbubengeschichten“ Englisch, samt Vorwort
1951–1962 Mehrmaliger Besuch im Kraichgau
Weitere Angaben zur Person: Religion: isr.
Verheiratet: Unverheiratet
Eltern: Vater: Ludwig (1857–1922), Viehhändler
Mutter: Regina, geb. Freudenthaler (1862–1937)
Geschwister: 3; Mina (1889–1984), Adolf (1891–1937) u. Julius (1900–1995)
Kinder: keine
GND-ID: GND/126965080

Biografie: Lisa-Damaris Heitz (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 6 (2016), 417-419

Wenigen Frauen aus dem Kraichgau war es im 20. Jahrhundert im Ausland vergönnt, im akademischen Bereich erfolgreich zu sein und sich einen Namen zu schaffen. Die in Eppingen, wo sie auch ihre Kinder- und Jugendzeit verbrachte, in der Restauration Freundenthaler geborene Rosenfeld ist eine dieser Ausnahmen. Die Familie des Vaters stammte aus Hoffenheim und lässt sich dort bis ins 18. Jahrhundert zurückverfolgen. Der Familienname wurde im Rahmen des badischen neunten Konstitutionsediktes 1809 angenommen. Die Familie der Mutter stammte aus dem benachbarten Richen. Rosenfelds Großvater, Kaufmann Freudenthaler, übernahm 1876 den Ratskeller, damals die einzige Wirtschaft in Eppingen mit einem jüdischen Besitzer. Louis Maier berichtete 2010 in seinen Erinnerungen „The Innkeepers Daughter“, dass Rosenfeld in ihren Kindheitstagen oft aus der darüber liegenden Wohnung in die Gaststätte herunterkam und mit großem Interesse die „Stammtischreden“, Anekdoten und Witze der Gäste verfolgte. Diese erzählte sie, gespickt mit eigenen Kommentaren, am nächsten Tag ihrer Freundin Clara Weil, der Mutter von Louis Maier. Schon früh zeichneten sich ihre Schlagfertigkeit, ihr scharfsinniger Verstand und eigenwilliger Humor ab. Diese Charaktereigenschaften halfen ihr immer wieder, die durch frühkindliche Rachitis bedingte geringe Körpergröße zu kompensieren, und verschaffte ihr den nötigen Respekt und Anerkennung im Umfeld. Im Jahr 1902 wechselte Rosenfeld auf die Eppinger Höhere Bürgerschule. Rosenfeld galt als begabte Schülerin, war mehrmals Klassenbeste und besuchte vom Spätsommer 1908 an vier Jahre lang das Lehrerinnenseminar in Karlsruhe.
Nach dem Examen 1912 arbeitete die junge Beamtin zunächst als Hilfslehrerin in Lahr und Randegg, vom Schuljahr 1914 an bis zum Sommer 1918 als dritte Lehrkraft in Bodersweier. Zumindest nach Ausbruch des I. Weltkrieges unterstützte Rosenfeld die Kriegspolitik des Deutschen Reiches. Schülerinnen aus Bodersweier berichteten noch in den 1980er-Jahren über ihre Begeisterung während der ersten Kriegsmonate. Später stellte sich bei Rosenfeld wohl Ernüchterung ein, vielleicht weil ihr älterer Bruder Adolf, der im Februar 1907 in die USA ausgewandert war, nach dem Kriegseintritt der USA auf Seiten der Alliierten gegen die Mittelmächte kämpfte und Rosenfeld und ihrer Familie in Briefen ein ganz anderes Bild des Kriegsgeschehens vermittelte.
Nach dem Krieg war Rosenfeld begeisterte Republikanerin, kam aber, worauf Daniel Hennessy in „My illegitimate mother“ hinweist, bald zur Erkenntnis, dass die Radikalisierung durch rechte wie linke Parteien eine drohende Gefahr für die noch junge Republik darstellte. Nach dem Tode des Vaters 1922 traten wohl unüberbrückbare Spannungen mit der zweiten Ehefrau des Großvaters auf, die ab 1913 gemeinsam mit Rosenfelds Eltern die Gaststätte führte. Der bereits in den USA lebende ältere Bruder Adolf ermutigte Rosenfeld und die Familien angehörigen, dort ebenfalls den Neuanfang zu wagen. Neben den familiären Konflikten und der politischen Situation in Deutschland waren es wohl auch die besseren beruflichen Perspektiven, die bei Rosenfeld den Ausschlag gaben, im September 1924 in die USA auszuwandern. In der Eppinger Zeitung vom 11. September 1924 verabschiedeten sich die Auswanderer in liebevollen Worten von ihren Mitbürgern.
Am 19. September 1924 erreichte ihr Schiff „S. S. George Washington“ New York City. Wenige Tage später schrieb sie an ihre Freundin Elise Morlock: „Was mir besonders gut gefällt ist, dass sie hier gar nicht steif und sehr ungezwungen sind. Alle wollen einem helfen, damit man sich rasch und gut eingewöhnt.“ Die Anfangsjahre in den USA waren dennoch nicht einfach. Von New York aus zog die Familie weiter nach Los Angeles. Rosenfeld trug den wesentlichen Teil der finanziellen Absicherung ihrer Familie und arbeitete an ihrer akademischen Karriere. An der University of California in Los Angeles bestand sie zunächst das Examen als Bachelor, 1929 wurde sie dort Magistra. Der Titel ihrer Magisterarbeit „Women Writers in German Literature“ lässt bereits ihre Ambition erkennen, sich für die Interessen der Frauen einzusetzen.
1930, das folgende Jahr, markierte einen wichtigen Einschnitt im Leben Rosenfelds. Sie wurde amerikanische Staatsbürgerin und übernahm die Professur für Deutsch am „Foreign Language Department“ des Los Angeles City College, LACC, dem ersten städtischen College in den USA. In unmittelbarer Nähe der Filmstudios Hollywoods zog diese Lehranstalt während Rosenfelds Lehrtätigkeit immer wieder Studenten an, die später in der Filmindustrie zu Weltruhm gelangten, darunter die Oskarpreisträgerin Donna Reed, James Coburn, Clint Eastwood, Morgan Freeman und Jerry Goldsmith. Auch der kanadisch-US-amerikanische Architekt und Designer Frank Owen Gehry, der Musiker Herb Alpert sowie die afro-amerikanische Sängerin Odetta Holmes studierten in den 1940er und 1950er-Jahren am LACC.
Schon im ersten Jahr ihres Wirkens hatte Rosenfeld dort einen Mädchenchor gegründet, in dem sie sich jahrzehntelang engagierte. Sie war auch Mitglied im „Deutschen Verein – German Club“, einer der aktivsten Organisationen auf dem Campus. Zwei Jahre später veröffentlichte Rosenfeld gemeinsam mit ihrem Kollegen William Diamond das Buch „Still und Bewegt, Contemporary German Stories“. 1933 folgte die Übersetzung von Ludwig Thomas „Cora: Vier Lausbubengeschichten“ ins Englische, zu dem Rosenfeld ein Vorwort verfasst hatte. Neben ihrer Lehrtätigkeit hielt sie im Raum Los Angeles auch Vorträge über deutsche Schriftsteller, z. B. Ricarda Huch und Hermann Hesse.
Rosenfeld setzte sich auch für Studenten anderer ethnischer Herkunft ein, im beruflichen wie im privaten Umfeld. Über mehrere Monate unterrichtete sie ihre ehemalige afro-amerikanischen Studentin Ella Lee kostenlos in Deutsch und vermittelte ihr Kenntnisse über Deutschland. Rosenfelds Empfehlungsschreiben ermöglichte der späteren Opernsängerin, die u.a. an der Komischen Oper in Berlin wirkte, ein Stipendium am Bayreuther Festspielhaus. Noch 2010 lobte Ella Lee den großen Einsatz Rosenfelds für die Rechte von Minderheiten, die Gleichbehandlung von Frauen und gerechte Bildungschancen, was in den 1950er-Jahren keine Selbstverständlichkeit gewesen war, auch an kalifornischen Universitäten und Colleges.
Der Briefwechsel mit Freunden in der Geburtsstadt riss nie ab, auch nicht nach der NS-„Machtübernahme“. 1951, 1955 und 1962 bei Besuchen in der Bundesrepublik setzte sich Rosenfeld mit dem Erziehungswesen im Nachkriegsdeutschland auseinander und hielt anschließend darüber Vorträge in den Vereinigten Staaten. Bei Rosenfelds letztem Besuch in Deutschland im Mai 1962 fand ein Klassentreffen in ihrem Geburtshaus statt. Die erstaunlich große Teilnahme im Eppinger Ratskeller machte deutlich, welch Respekt und Wertschätzung Rosenfeld bei ihren ehemaligen Schülerinnen genoss. Rosenfeld starb nach kurzer Krankheit mit 92 Jahren in Los Angeles und wurde auf dem Mount Sinai Memorial Park in Los Angeles bestattet. Im September 2007 wurde die Eppinger Realschule auf Beschluss des Gemeinderats „Selma-Rosenfeld-Realschule“ benannt.
Quellen: StadtA Eppingen B 214, Erwerb d. Gaststätte durch Großeltern von Rosenfeld am 5.3.1876; GLA Karlsruhe 235/31697, Standesliste von Schullehrern; SchulA Hartmanni-Gymnasium Eppingen, Schülerlisten 1902–1908 Realschule Eppingen; Zeitzeugengespräch mit Ella Lee, Los Angeles, vom 27.5.2010; Auskunft von Karl Britz, Bodersweier, vom 13.4.2014.
Werke: (mit William Diamond) Still und Bewegt; Contemporary German Stories, 1932; (mit dems.) Ludwig Thoma, Cora: Vier Lausbubengeschichten. 1933.
Nachweis: Bildnachweise: Foto (1930), in: Baden-Württembergische Biographien 6, S. 416, Ausschnitt aus einem Familienbild. – 23 Fotos, 1904–1962, in: Digit. Fotoalbum d. Verfasserin.

Literatur: „Behüt euch Gott“, Anzeige d. Familie Rosenfeld: in: Eppinger Ztg. vom 11.9.1924; „What’s doing today: Lecture on Ricarda Huch“ in: Los Angeles Times vom 19.3.1931; „What’s doing today: Lecture on Hermann Hesse“, ebd. vom 17.4.1936; „German Songs will be presented“, ebd. vom 13.5.1938; „Professional women’s club will hear talk“, ebd. vom 21.9.1951; Louis Maier, Silver Spring, Maryland, The Innkeepers Daughter, unveröffentl. Artikel vom 2.2.2010; Daniel Hennessy, My illegitimate mother, in: Sam A. Eisenstein, Los Angeles City College celebrates 50 years of bringing forth 1929–1979, Los Angeles City College Foundation, 1979, 69; Karl Diefenbacher, Ortssippenbuch Eppingen im Kraichgau, 1984, 909.
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Kommentare

'' Wenigen Frauen aus dem Kraichgau war es im 20. Jahrhundert im Ausland vergönnt, im akademischen Bereich erfolgreich zu sein und sich einen Namen zu schaffen. ''

Woher sind die diese Kenntnisse?

'' Die in Eppingen, wo sie auch ihre Kinder- und Jugendzeit verbrachte, in der Restauration Freundenthaler geborene Rosenfeld ist eine dieser Ausnahmen. ''

Unverständlich: ''in der Restauration Freundenthaler geborene Rosenfeld''

Der Text ist viel zu detailreich mit uninteressanten und wohl auch kaum beweisbaren Details. Das Wesentliche eines Lebens darzustellen ist wichtiger.

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