Hug, Wilhelm Gustav 

Geburtsdatum/-ort: 02.06.1880;  Endingen a. K.
Sterbedatum/-ort: 12.10.1966;  Tiengen am Hochrhein
Beruf/Funktion:
  • Landesforstmeister und Landesjägermeister, MdR-NSDAP
Kurzbiografie: 1887 Volksschule Endingen
1891 Bertoldgymnasium Freiburg
1903 Studium der Forstwissenschaft an der TH Karlsruhe
1907 Hochschulschlußprüfung und Ausbildung für den höheren Forstdienst in Baden
1911 Forstliche Staatsprüfung, dann Ausbildung in verschiedenen Stellungen der Forstverwaltung
1914-1918 Kriegsdienst als Offizier im Landwehr-Feldartillerie-Regiment 66/259
1918 Forstamtmann
1923 Forstmeister und Leiter des Forstamts Jestetten
1932 Versetzung in einstweiligen Ruhestand aus politischen Gründen
1933 Landesforstmeister und Landesjägermeister, Leiter der Forstabteilung des Badischen Finanz- und Wirtschaftsministerium
1945 auf Grund der von der Militärregierung erlassenen Vorschriften entlassen
1949 im Spruchkammerverfahren eingestuft als „Minderbelasteter ohne Sühnemaßnahme“
1951 Gewährung der Pensionsbezüge
Weitere Angaben zur Person: Religion: römisch-katholisch
Verheiratet: 1. Emma (verh. Märklin)
2. 1940 Hilde, geb. Frey
Eltern: Wilhelm, Kaufmann
Emma, geb. Loesch
Geschwister: Otto
Kinder: aus 1. Ehe Irmgard
GND-ID: GND/12779476X

Biografie: Karl Hasel (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 2 (1999), 233-234

Der Sohn eines Endinger Kaufmanns begann nach dem Besuch des Gymnasiums in Freiburg und nach dem Studium der Forstwissenschaft an der TH in Karlsruhe 1907 die Ausbildung für den höheren Staatsforstdienst in Baden, legte 1911 die Forstliche Staatsprüfung ab und war dann, unterbrochen durch vier Jahre Kriegsdienst, in verschiedenen Stellungen der Forstverwaltung tätig, bis er 1923 zum Forstmeister und Leiter des Forstamts Jestetten im Zollausschlußgebiet an der Schweizer Grenze ernannt wurde. Weit entfernt von der Zentrale in Karlsruhe tat er hier unauffällig, pflichtgetreu und fleißig seinen Dienst, ohne viel von sich reden zu machen, durch seine bescheidene und gerade Art in der Bevölkerung beliebt, den benachbarten Schweizer Kollegen ein Leben lang auch menschlich verbunden. Er stand schon früh der NSDAP nahe und wurde 1931 ohne eigenes Zutun Bezirksleiter im Kreis Waldshut, ohne selbst stärker nach außen hervorzutreten und ohne Einfluß auf seine dienstliche Tätigkeit. Ein vom Finanzministerium aus politischen Gründen gegen ihn eingeleitetes Verfahren vor der Dienststrafkammer Konstanz endete mit einem Verweis, der geringstmöglichen Strafe. Trotzdem wurde er auf Grund der Haushaltsnotverordnung von 1931 in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Als die NSDAP im Jahr 1933 die Macht übernommen hatte, wurde ihm die Leitung der Forstabteilung des Finanz- und Wirtschaftsministeriums in Karlsruhe übertragen, die er bis 1945 innehatte. Er war dafür in keiner Weise vorbereitet. Aber dank seiner praktischen Erfahrung, seinem Fleiß und seinem gesunden Blick ist er rasch in die Tätigkeit als Leiter einer großen Verwaltung hineingewachsen. Wie arglos Hug im politischen Bereich war, zeigt der Umstand, daß er im März 1933 als NS-Abgeordneter in den Reichstag gewählt, sogleich nach seiner Ernennung zum Landesforstmeister sein Mandat bereits im Juni „wegen Überlastung“ zur Verfügung stellte. Sein Handeln war bestimmt durch unbedingte Redlichkeit und einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn, der seinen persönlichen Erlebnissen entsprang. Niemand durfte in seinem Namen kleinliche Rache üben. In zahlreichen Fällen ist er für politisch Verfolgte oder Verdächtigte eingetreten, auch gegenüber höchsten Stellen und ohne Rücksicht auf die eigene Person. Er konnte nicht alles Ungute verhindern, hat aber viel Böses abgefangen oder gemildert. Alle Bemühungen von Parteidienststellen um bevorzugte Beförderung „verdienter“ Parteigenossen hat Hug beharrlich abgelehnt, mochten sie kommen, woher sie wollten. Maßgebend waren ihm berufliche Leistung und charakterliches Verhalten. Freiwerdende Referentenstellen hat er mit tüchtigen Fachleuten besetzt, die natürlich politisch tragbar sein mußten. So hat er um sich herum eine leistungsfähige Verwaltung aufgebaut. Seine Autorität war unbestritten. Er hat sich nie einen persönlichen Vorteil zu verschaffen versucht.
Seine menschliche Lauterkeit bestätigte auch der Schriftsteller Ernst Wiechert in seinen Erinnerungen ‚Der Totenwald‘ (1946), da Hug ihm unerschrocken half, wieder aus dem KZ Buchenwald herauszukommen. Durch engagierten Einsatz auch gegen hohe Parteifunktionäre konnte Hug 1942 die bereits zum Einschmelzen bestimmten Glocken seiner Heimatstadt Endingen, die teilweise aus dem 13. und 14. Jahrhundert stammten, dem Zugriff der Reichsstelle für Metalle entwinden und somit retten.
Hug hat sich, wo es notwendig war, ohne Rücksicht auf die eigene Person oder auf Parteiinteressen stets für den Wald, seine Erhaltung und Pflege eingesetzt. Das war im Jahr 1933 der Fall, als viele meinten, die durch die Forstgesetzgebung gesetzten Schranken nicht achten zu dürfen, oder als Reichsstatthalter Wagner öffentlich die Aufstockung allen Waldes in der Rheinebene zugunsten der „landwirtschaftlichen Erzeugungsschlacht“ forderte. Manche rigorose Anordnung des Reichsforstamts wurde einfach nicht durchgeführt oder stark abgemildert. Wo es in der Auseinandersetzung mit dem Reichsforstamt um die Verteilung der Mehreinschläge auf die Waldbesitzer oder um die Betreuung des Bauernwaldes ging, hat er hartnäckig die Interessen des Waldes (und damit der Zukunft) gewahrt. Es war gewiß ein einmaliger Vorgang, als er in der Mitte der 30er Jahre auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung mit dem Reichsnährstand um die Zuständigkeit für die Betreuung des Bauernwaldes unangefochten den staatlichen Forstämtern den dienstlichen Verkehr mit den Forstbeamten des Reichsnährstands untersagte. Hug ist in den Verhandlungen mit dem Reichsforstamt energisch dafür eingetreten, die noch im mittleren Dienst befindlichen Forstbetriebsbeamten in ihrer Besoldung ihren preußischen Kollegen gleichzustellen, da ihre Leistung bei gleicher Ausbildung ebenbürtig war. Die Forstgesetznovelle von 1939, welche Ausbildung und Bezahlung der Gemeindeforstbetriebsbeamten grundlegend verbesserte, wurde von ihm tatkräftig unterstützt. In der alten badischen Waldbautradition groß geworden, hatte er nichts übrig für die Einseitigkeiten und Übertreibungen der Philippschen Schule, ohne das Gute, das sie gebracht hatte, anzutasten.
Nach dem Zusammenbruch wurde Hug auf Grund der Vorschriften der Militärregierung entlassen. Es folgte für ihn eine bittere Zeit der Gefangenschaft. Später wurde er von der Forstverwaltung im Stundenlohn weiterbeschäftigt. Der Kampf um seine geordnete Versorgung zog sich lange hin. Bürokratische Hemmungen und unterschiedliche Interessen und Auffassungen zwischen den Ländern (Süd-)Baden und Württemberg-Baden verzögerten die Entscheidung. Erst 1951 wurde seine Rehabilitierung erreicht. Er lebte bis zu seinem Tod still und zurückgezogen in Tiengen am Hochrhein, in enger Verbindung mit den badischen und schweizerischen Kollegen.
Quellen: Akten der Forstdirektion Karlsruhe
Werke: Die forstlichen Verhältnisse Badens, Allgemeine Forst- und Jagdzeitung 1936 (112) 321-326; Die Landesgruppe Baden des deutschen Forstvereins, der Wald in Baden und seine Betreuer, ebd. 1939 (115), 237-245
Nachweis: Bildnachweise: Fotos in Literatur

Literatur: Ernst Wiechert, Der Totenwald, KZ-Bericht, 1946, S. 146; Karl Hasel, Wilhelm Hug, in: Biographie bedeutender Forstleute aus Baden-Württemberg, Schriftenreihe der Landesforstverwaltung Band 55 1980, 262-265 (mit Bild); Karl Kurrus, Die Glocken von Endingen, in: BH 1971, 188-198 (mit Bild); ders., Die Endinger Glocken, in: Geschichte der Stadt Endingen, 1988, 576-588 (mit Bild)
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