Facius, Friedrich Ernst Mathias 

Geburtsdatum/-ort: 17.08.1907; Winzlar
Sterbedatum/-ort: 10.02.1983;  Mannheim
Beruf/Funktion:
  • Historiker und Archivar
Kurzbiografie: 1914–1918 Volksschule in Mannheim
1918–1927 Karl-Friedrich-Gymnasium in Mannheim
1927–1932 Studium an den Univ. Heidelberg, Berlin u. Jena: Geschichte, Germanistik, Rechts- u. Staatswissenschaften
1932 VII. 28 Promotion zum Dr. phil. bei Willy Andreas, Heidelberg: „Staat, Verwaltung u. Wirtschaft in Sachsen-Gotha unter Herzog Friedrich II. (1691–1732)“
1934 I. 10 Staatsexamen für das wiss. Lehramt an Höheren Schulen
1933 VII.–IX. Archivvolontär am Thüring. HStA Weimar
1934 II. 15–1935 XI. 30 Archivreferendar am HStA Weimar mit Abschluss Archivalische Fachprüfung am 4. Nov.
1935–1945 Archivassessor, 1. Dez. 1935 bis 31. Mrz. 1939, dann Staatsarchivrat, 1. Apr. 1939 bis 1945, am HStA Weimar, gleichzeitig Leiter d. Außenstelle StA Altenburg
1937–1945 Schriftführer u. Mitglied d. Thüring. Hist. Kommission
1939 X.–1940 III. Kriegsdienst bei d. Luftwaffe, Flak. Reg. 43 als Soldat
1943 X.–1947 III. Kriegsdienst bis Nov. 1944 im Flak. Reg. 11, Gefreiter, dann amerikanische, schließlich französ. Kriegsgefangenschaft
1947–1952 Privatgelehrter, Mithilfe im elterlichen Gartenbaubetrieb in Mannheim
1952 VII. 7–1961 X. 31 Wiss. Angest. beim BA Koblenz, Archivrat, 1. Okt. 1952, Abteilungsleiter, seit 1. Juli 1960
1961 XI. 1–1972 XII. Archivdienst des Landes Baden-Württemberg, Erster Staatsarchivrat beim StA Ludwigsburg, Oberstaatsarchivrat, 14. Nov. 1962, Staatsarchivdirektor, 1. Nov. 1967, u. Leiter des StA Freiburg, damals Außenstelle des GLA Karlsruhe
1964–1983 Mitglied d. Kommission für geschichtl. Landeskunde in BW
1972 XII. 31 Versetzung in den Ruhestand; Bundesverdienstkreuz am Bande
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: 1937 (Heidelberg) Maria, geb. Kuhn, Dr. phil., Studienrätin (1911–1990)
Eltern: Vater: Alfred (1877–1959), Handelsgärtner
Mutter: Lina Barbara (Carolina), geb. Kocher, verw. Lehmann (1875–1965)
Kinder: Verena (geboren 1938)
GND-ID: GND/133809080

Biografie: Nicole Bickhoff (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 5 (2013), 97-98

Seinen Geburtsort Winzlar bei Hannover betrachtete er eher als Zufall. Bereits 1909 siedelte die Familie nach Mannheim über, wo sein Vater, ein gebürtiger Thüringer, in Feudenheim einen Gartenbautrieb begründete. Seine Mutter entstammte einer alteingesessenen Mannheimer Familie. Damit ist bereits der Radius seiner späteren Interessengebiete abgesteckt: Mannheim, die Gartenbaukunst sowie Thüringen, das väterliche Heimatland, in dem Facius seine erste berufliche Wirkungsstätte fand, wurden dominierende Themenbereiche, die ihn lebenslang beschäftigten. Nach der Reifeprüfung begann Facius sein Studium im benachbarten Heidelberg, wo er, nach Stationen in Berlin und Jena, auch seine Universitätsausbildung mit Promotion und Staatsexamen abschloss. Dort begegnete er dem Lehrer, dem er sein Leben lang verbunden blieb, dem Neuhistoriker Willy Andreas. An dessen Lehrstuhl lernte Facius auch seine spätere Frau kennen, die dort über „Wiederaufbauarbeit nach dem dreißigjährigen Krieg in Sachsen-Altenburg“ promovierte. Seine Dissertation ebnete Facius den Weg in die thüringische Archivverwaltung, und Altenburg sollte dann seine archivische Heimat werden. Nach der Ausbildung zum Archivar am HStA Weimar übernahm er, von Weimar aus, die Leitung der Außenstelle StA Altenburg. Seine Tätigkeit umfasste das gesamte Spektrum archivischer Aufgaben; auch der Aufbau von Archivausstellungen gehörte zu seinen Aufgaben wie zum Beispiel die „Entwicklung der Kartographie in Thüringen“ und „Hundert Jahre Eisenbahn in Sachsen-Altenburg“. Resultierend aus der Beschäftigung mit den Beständen bildete in dieser Zeit die neuere Verwaltungs- und Verfassungsgeschichte einen Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Interessen. Facius sei eine wissenschaftliche und archivarische Kraft, „die man nur in jeder Beziehung empfehlen kann, zumal er auch als Mensch ein nicht immer leichter, aber ausgezeichneter Charakter ist“, urteilte der Direktor des HStA Weimar.
Nach Kriegseinsatz und Kriegsgefangenschaft kehrte Facius aufgrund der politischen Verhältnisse nicht mehr nach Weimar zurück, auch wenn ihm seine Stelle noch zur Verfügung stand, sondern zog zu seinen Eltern nach Mannheim. Dort musste er sich aufgrund seiner Mitgliedschaft in der NSDAP und einigen NS-Organisationen einem Spruchkammerverfahren unterziehen, konnte aber zu seiner Entlastung geltend machen, dass er von 1934 bis 1938 infolge seiner Weigerung, der Partei beizutreten, in seinem beruflichen Fortkommen geschädigt und sein Eintritt 1938 nur durch Druck und die drohende Entfernung aus dem Dienst erzwungen worden sei. Das Verfahren endete mit seiner Einstufung als „Mitläufer“.
Bemühungen in den Nachkriegsjahren, eine Anstellung im GLA Karlsruhe oder im StadtA Mannheim zu erhalten, schlugen fehl, so dass Facius zunächst durch Mithilfe im elterlichen Gartenbaubetrieb und als Privatgelehrter seinen Lebensunterhalt zu sichern suchte. Eine Anstellung beim BA Koblenz als Referent für das Schriftgut der Wirtschaftsbehörden des Reiches und der Bundesrepublik 1952 ermöglichte ihm dann die Rückkehr in den Beruf. Neben der Erschließung der Bestände seiner Abteilung ist seine Beteiligung an der Bearbeitung der Beständeübersicht hervorzuheben. Auch durch seine wissenschaftlichen Arbeiten zur Wirtschaftsverwaltung der neuesten Zeit trug er dazu bei, die Kenntnis des Verhältnisses von Staat und Wirtschaft im 19. und 20. Jahrhundert zu fördern.
Die Erschließung und Auswertung der ihm anvertrauten Bestände betrachtete Facius stets als die wesentliche Aufgabe des Archivars. Für diese, von der Öffentlichkeit wenig beachtete Dienstleistung für den Benutzer setzte sich Facius auch nach seinem Übertritt in den Archivdienst des Landes Baden-Württemberg ein, zunächst in Ludwigsburg und seit 1967 als Leiter der damaligen Außenstelle des GLA Karlsruhe in Freiburg. Dort betrieb er außerdem den Ausbau und die Weiterentwicklung der Dienststelle. Auch in Baden-Württemberg führte er seine wirtschaftsgeschichtlichen Forschungen fort, deren Schwerpunkt nun auf der badischen Schifffahrtsverwaltung lag.
Facius war ein penibler und kritischer, gleichzeitig auch bescheidener und hilfsbereiter Wissenschaftler, mit ausgeprägtem Sinn für Fairness und Gerechtigkeit. Seine berufliche Tätigkeit war von großer Pflichtauffassung und Korrektheit, von Hingabe und Liebe zum Beruf des Archivars geprägt. Wo immer er wirkte, hinterließ er seine archivarischen Spuren in Form von Inventaren und Findbüchern.
Neben das Lebenswerk des Archivars, der dem Benutzer die Bestände erschloss, trat der Historiker, der Bücher und Aufsätze verfasste. Facius’ Veröffentlichungen waren oft das unmittelbare Ergebnis der Beschäftigung mit den Beständen und daher gewissermaßen „Nebenprodukt“ seiner dienstlichen Tätigkeit. Und ein weiteres Charakteristikum Facius’ tritt dabei zutage: Themenbereichen, denen er sich einmal zugewandt hatte, blieb er sein Leben lang treu.
Quellen: GLA Karlsruhe N Facius, Nachlass Friedrich Facius u. 465a/65 Nr. 34184, Spruchkammerakte; HStAS EA1/150 Büschel 68, Personalakte; StAL EL 17 I Büschel 14, Personalakte.
Werke: (Auswahl) Staat, Verwaltung u. Wirtschaft in Sachsen-Gotha unter Herzog Friedrich II. (1691–1732). Eine Studie zur Geschichte des Barockfürstentums in Thüringen, Diss. phil. Heidelberg 1932, 1933; Allstedt. Geschichte d. Stadtverfassung, 1935; Der Altenburger Schlossgarten. Zur Geschichte seiner künstlerischen Gestaltung 1592–1850, in: Thüring. Studien. FS d. Thüring. Landesbibliothek Altenburg, 1936, 80-104; Die Herrschaften Blankenhain u. Kranichfeld i.d. ernestinischen Politik vom 17. bis zum 20. Jh., in: Zs. für Thüring. Gesch., 1941, 49-100; Wirtschaft u. Staat. Die Entwicklung d. staatl. Wirtschaftsverwaltung in Deutschland vom 17. Jh. bis 1945, 1959; Die Österreichisch-Dt. Bodenseeflottille 1915–1918, in: ZWLG 26, 1967, 432-458; Staat u. Landwirtschaft in Württ. 1780–1920. Zur Entstehung u. Entwicklung d. agrarischen Interessenvertretung, Berufsorganisation u. Selbstverwaltung, in: Wege u. Forschungen d. Agrargeschichte, 1967, 288-313; Bad. Häfen am Oberrhein u. Bodensee in d. Frühzeit d. Dampfschifffahrt, in: Aus Stadt- u. Wirtschaftsgeschichte Südwestdeutschlands, 1975, 207-236; Stadt u. Fluss. Ihr Verhältnis zum Oberrhein zwischen Worms u. Straßburg im 19. u. 20. Jh., in: Die Stadt am Fluss, 1978, 125-140; Wegbereiter u. Gestalter d. Mannheimer Hafenanlagen im 19. u. 20. Jh., in: Mannh. Hefte, 1978, 94-110; Der sog. Mannheimer Neckarstapel. Baden u. Württ. im Ringen um d. freie Schifffahrt auf dem Neckar 1805–1842, in: Bausteine zur geschichtl. Landeskunde in B-W, 1979, 407-433.
Nachweis: Bildnachweise: StAF Bildersammlung.

Literatur: H. Schwarzmaier, Friedrich Facius zum Gedenken, in: Mannh. Hefte, 1985, 70-73.
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