Fleig, Paul 

Geburtsdatum/-ort: 06.07.1899; Straßburg
Sterbedatum/-ort: 01.04.1967;  Freiburg im Breisgau
Beruf/Funktion:
  • Pädagoge, Ministerialdirektor, Kommunalpolitiker BCSV/CDU
Kurzbiografie: 1918 Abitur am Freiburger Friedrich-Gymnasium
1918–1924 Studium d. Theologie, dann Altphilologie, Philosophie, Pädagogik u. Psychologie an d. Univ. Freiburg; 1922 Promotion bei Joseph Geyser: „Die Sinneserkenntnis nach Thomas von Aquin“
1924–1925 Vorbereitungsdienst am Freiburger Berthold-Gymnasium, 1926 Lehramtsassessor
1926–1929 Lehrer am Friedrich-Gymnasium Freiburg
1929–1945 Lehrer am Realgymnasium Freiburg, ab 1939 Gymnasialprofessor
1945–1947 Kreisoberschulrat in Freiburg
1945 Gründungsmitglied d. Bad. Christlich-Sozialen Volkspartei, BCSV, später CDU
1945–1965 Stadtrat in Freiburg, 1946 bis 1962 Vorsitzender d. CDU-Fraktion
1947–1952 Ministerialdirektor im Bad. Ministerium des Kultus u. Unterrichts
1952 Versetzung in den Wartestand bis zur Pensionierung 1961
1955 Wahl zum Präsidenten des Bundes Kath. Erzieher Deutschlands
1957–1967 Mitglied des Zentralkomitees d. dt. Katholiken
1963 Präsident d. Union Mondiale des Enseignants Catholique, U.M.E.C., Weltunion kath. Lehrer
1964 Laienauditor des II.Vatikanischen Konzils
1966 Großkreuz des Gregoriusordens
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: I. 1925 (Freiburg) Emma Maria Paula, geb. Bosch (1893–1945);
II. 1950 (Freiburg) Mathilda, geb. Weis (1910–1997)
Eltern: Vater: Mathias (1870–1944), Sanitätssergeant, Oberpostsekretär
Mutter: Pauline, geb. Fleig (1873–1946)
Geschwister: 3
Kinder: 4;
aus I. Bernd (geboren 1927), Gerd (geboren 1928), Ruth (geboren 1931);
aus II. Paul (geboren 1952)
GND-ID: GND/13599036X

Biografie: Tobias Wöhrle (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 6 (2016), 117-119

Fleigs Eltern stammten aus Oberschaffhausen im Kaiserstuhl. Sein Vater war zwölf Jahre lang beim Militär; an dessen Dienstort Straßburg wurde Fleig 1899 geboren. Kurz darauf schied sein Vater aus dem Dienst aus und trat eine Stelle bei der Post an. Die Familie zog nach Freiburg, wo Fleig mit drei Geschwistern im Stühlinger aufwuchs. Er besuchte das Friedrich-Gymnasium und legte im Mai 1918 sein Abitur ab. Bereits in jungen Jahren hatte er mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Während seine Klassenkameraden nach dem Abitur noch im letzten Jahr des I. Weltkrieges eingezogen wurden, war Fleig verwendungsunfähig.
Zum Wintersemester 1918/19 begann Fleig sein Studium in Freiburg. Er studierte zunächst kath. Theologie, dann Philosophie, Pädagogik und Psychologie, aber auch Altphilologie, also Latein und Griechisch, und als Nebenfach Deutsch. 1922 promovierte er beim Philosophen Joseph Geyser. Im Frühjahr 1924 bestand er das Staatsexamen für das höhere Lehramt und trat seinen Vorbereitungsdienst am Freiburger Berthold-Gymnasium an. Dort lernte er den Fachkollegen Leo Wohleb kennen, mit dem er in dieser Zeit eine „Einführung in die lyrischen Maße des Horaz und Catull“ verfasste, die 1926 erschien. Im gleichen Jahr wurde Fleig als Lehramtsassessor angestellt und wechselte an seine alte Schule, das Friedrich-Gymnasium. Drei Jahre später erhielt er eine außerplanmäßige Stelle und wurde an das Freiburger Realgymnasium versetzt, wo er bis 1945 unterrichtete.
Während seines Studiums spielte Fleig regelmäßig Klavier bei den Versammlungen des Kath. Gesellenvereins Freiburg-Stühlinger. Er engagierte sich auch als Organist im Freiburger „Krüppelheim“, wo er seine erste Frau, eine Lehrerin an dieser Einrichtung, kennenlernte.
Fleig widmete sich auch nach seinem Studium wissenschaftlichen Themen aus den Bereichen der Philosophie und der Theologie. Ende der 1920er- Jahre arbeitete er an einer Habilitationsschrift zur Sinneserkenntnis bei Johannes Duns Scotus, die an der Universität Freiburg von Martin Honecker betreut wurde. Nach der negativen Beurteilung durch Martin Heidegger zog Fleig im Mai 1930 sein Habilitationsgesuch zurück. Danach wandte er sich pädagogischen Themen zu. Er setzte sich mit der ganzheitlich-analytischen Methode des Lesenlernens von Artur und Erwin Kern auseinander. Fleig galt als streitbarer Pädagoge, der den Disput nicht scheute. Als Lehrer erhielt Fleig von seinen Vorgesetzten für seinen Unterricht und seinen Umgang mit den Schülern stets gute Beurteilungen, wurde aber meist als sehr streng bezeichnet.
Der überzeugte Katholik war von 1928 bis 1933 Mitglied der Zentrumspartei. Nach der NS- „Machtübernahme“ 1933 kam seine Karriere im Schuldienst ins Stocken; Fleig galt im Sinne der NSDAP als politisch unzuverlässig. Mehrfach wurde seine planmäßige Anstellung zurückgestellt; erst 1939 wurde Fleig Gymnasialprofessor. Mitte der 1930er-Jahre hatte er wieder stärkere gesundheitliche Probleme und musste sich körperlich schonen. Ein ärztliches Zeugnis schrieb ihm die Vermeidung jeglicher über das Berufliche hinausgehende Tätigkeiten vor. So konnte er sich weitgehend den erwarteten Diensten in NS-Organisationen entziehen. Er trat nie der NSDAP bei und war ausschließlich Blockwart des Reichsluftschutzbundes im Stadtteil Unterwiehre, wo die Familie seit 1928 lebte. Im Februar 1945 starb seine Frau an Herzversagen.
Nach der Besetzung Freiburgs durch französische Truppen sammelte der frühere badische Zentrumsführer Prälat Ernst Föhr in Freiburg ehemalige Zentrumsmitglieder zur Vorbereitung der Wiedergründung der Partei um sich, darunter auch Fleig Gleichzeitig gab es eine starke Bewegung, eine überkonfessionelle christliche Partei ins Leben zu rufen. Schließlich freundete sich Fleig mit dieser Idee an. Am 20. Dezember 1945 wurde in Freiburg die BCSV ins Leben gerufen; Fleig war eines der zwölf Gründungsmitglieder. Er gehörte dem vorläufigen Präsidium der Partei bis zur ersten Landestagung Ende Februar 1946 an. Von da an bis 1954 war er Beisitzer im erweiterten Landesvorstand. Seine Themenschwerpunkte lagen im Bereich der Bildungs- und Kulturpolitik. Fleig war auch zeitweise Vorsitzender des Kulturausschusses der südbadischen CDU.
Als der von der französischen Militärregierung eingesetzte Freiburger Oberbürgermeister Max Keller im Juni 1945 einen städtischen Beirat aus unbescholtenen Bürgern berufen durfte, gehörte Fleig dazu und bei den ersten freien Kommunalwahlen im September 1946 wurde er für die BCSV, später CDU, in den Freiburger Stadtrat gewählt und wurde Fraktionsvorsitzender. Fast 20 Jahre lang gehörte er zu den einflussreichsten Kommunalpolitikern der Stadt.
Schon bald nach Kriegsende wechselte Fleig in die Unterrichtsverwaltung. Er übernahm das Amt des Kreisoberschulrats für Freiburg und kümmerte sich um den Wiederaufbau des Schulwesens. Dabei stand er in engem Kontakt mit den Besatzungsbehörden und war oft deren Verhandlungspartner im Auftrag der südbadischen Unterrichtsverwaltung. Am 17. April 1947 wurde Fleig zum Ministerialdirektor im Kultusministerium ernannt. Da Kultusminister Wohleb neben dem Ministeramt die Regierung führte, spielte Fleig eine wichtigere Rolle als seine Kollegen in den anderen Ministerien; er war maßgeblich am Aufbau des Ministeriums beteiligt. Fleig kümmerte sich vor allem um die Schulpolitik, was dazu führte, dass er immer wieder Angriffen von Eltern, Lehrern und auch der Presse ausgesetzt war. Zwischen Fleig und der Erziehungsabteilung der französischen zivilen Besatzungsverwaltung gab es nicht selten Meinungsverschiedenheiten. Für aus französischer Sicht Fehlentwicklungen im Bildungsbereich wurde er in der Regel verantwortlich gemacht. Mehrfach erwog die französische Seite seine Ablösung. Anfangs stemmte Fleig sich gegen die Einführung des von den Franzosen verordneten Zentralabiturs, später verteidigte er es. Fleig war auch Befürworter der konfessionellen Lehrerbildung.
Nach der Gründung Baden-Württembergs wurde der Altbadener durch Beschluss der vorläufigen Landesregierung Ende Herbst 1952 in den Wartestand versetzt, in dem er bis zu seinem Ruhestand 1961 blieb. Seine Versuche, wieder im Land, in Bonn oder bei internationalen Organisationen unterzukommen, blieben erfolglos.
Umso stärker konzentrierte er sich auf seine Arbeit im Stadtrat. Er widmete sich daneben wissenschaftlichen und pädagogischen Themen und verfasste Beiträge. Nach seiner Wahl zum Präsidenten des Bundes Katholischer Erzieher Deutschlands 1955 meldete er sich auch in dieser Funktion immer wieder zu Wort. Er vertrat den Bund von 1957 bis zu seinem Tod im Zentralkomitee der deutschen Katholiken. 1963 wählte ihn die Weltunion katholischer Lehrer zu ihrem Präsidenten und 1964 ernannte ihn Papst Paul VI. zum Laienauditor (Gasthörer) des II. Vatikanums, wo Fleig sich vor allem an der Konzilserklärung „Gravissimum educationis“ über die christliche Erziehung engagierte.
Fleig war stets ein eigener, wenn nicht eigenwilliger Kopf. Er war selbstbewusst und keineswegs konfliktscheu, auch nicht seiner Partei gegenüber. 1965 verzichtete Fleig auf eine erneute Kandidatur bei der Kommunalwahl. Er starb im 68. Lebensjahr und wurde auf dem Bergäckerfriedhof beigesetzt.
Quellen: StAF T1, Nachlass Paul Fleig, D 180/2 Nr. 3606, Entnazifizierungsakte; HStAS E 3/125 Bü. 25, Personalakte.
Werke: Die Sinneserkenntnis nach Thomas von Aquin, Diss. phil. Freiburg, 1922; (mit Leo Wohleb) Römische Metrik. Einführung in die lyrischen Maße des Horaz u. Catull, 1926; Die hermeneutischen Grundsätze des Thomas von Aquin, 1927; Die Unmöglichkeit eines ganzheitlich-analytischen Lesenlernens: eine Besinnung über die Grenzen d. Unterrichtsmethodik, 1934; (mit F. Hirtler u. A. Ries) Wir lernen lesen. Eine Fibel für Stadt u. Land, 1946 (mehrere Aufl.); Die bad. CDU am Scheideweg, o. J. (ca. 1953); Die Kulturpolitik d. bad. CDU: Rückblick u. Ausblick, o. J. (ca. 1953); Das Elternrecht im Bonner Grundgesetz, 1953; Elternrecht in ev. Sicht, 1959; Vom Wissen zum Gewissen. Schulpolitisches ABC in Frage u. Antwort, 1961; Schulreformpläne u. die kath. Erziehungslehre, 1961; Die Eltern im Leben d. Schule, 1962; Das andersgläubige Kind in d. gemischten Klasse, 1963; Ist die Synthese tot? Eine notwendige Besinnung über das Lesenlernen, 1965, 2. Aufl. 1967.
Nachweis: Bildnachweise: Geier, 1985, 52; Badens Mitgift: 50 Jahre B-W, hgg. vom StadtA Freiburg, 2002, 144 (vgl. Literatur).

Literatur: Emil Geier, Paul Fleig – ein Freiburger d. ersten Stunde, in: 100 Jahre Stühlinger, 1985, 52-56; Tobias Wöhrle, Der Umgang mit dem bad. Ministerium des Kultus u. Unterrichts 1945–1952, in: Die Freiburger Philosophische Fakultät 1920–1960. Mitglieder – Strukturen – Vernetzungen, hgg. von Eckhard Wirbelauer, 2006, 829-850; ders., Treuhänder d. alten bad. Überlieferung. Leo Wohleb – Eine politische Biographie, 2008, 115, 263-267; Kurt Ludwig Joos, Schwieriger Aufbau. Gymnasium u. Schulorganisation des dt. Südwestens in den ersten drei Jahrzehnten nach dem II. Weltkrieg, 2012, 450-452, 641f.; Michael Quisinsky u. Peter Walter (Hgg.), Personenlexikon zum II. Vatikanischen Konzil, 2012, 107.
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