Maier-Leibnitz, Hermann 

Andere Namensformen:
  • bis April 1910: Maier
Geburtsdatum/-ort: 18.06.1885;  Schorndorf
Sterbedatum/-ort: 11.08.1962;  Stuttgart
Beruf/Funktion:
  • Bauingenieur
Kurzbiografie:

1892–1903 Volks- und Lateinschule in Schorndorf bis 1898, dann Realgymnasium in Stuttgart bis Abitur im Sommer 1903

1903–1909 Studium des Bauingenieurwesens an der TH Stuttgart und an der TH Danzig (SS 1905 oder 1906); während des Studiums halbjähriges Praktikum bei der Baugesellschaft Friedrich Buchner in Würzburg; I. Staatsprüfung im Frühjahr 1908 in Stuttgart; anschließend von Mai bis Dezember 1908 Arbeit bei Prof. Dr. Ing. J. J. v. Weyrauch (1845–1917) und von Januar bis Juni 1909 Vorbereitungsdienst bei der Kgl. Württembergischen Staatseisenbahn

1909 VII Eintritt in die Maschinenfabrik Esslingen, ME, als Statiker (Eisenkonstrukteur)

1912 V? II. Staatsprüfung, Fachrichtung Eisenbahnbau; Regierungsbaumeister

1912–1914 Oberingenieur der Abteilung für Stahlbau bei der ME; 1914 Prokurist

1914 VIII–1916 III Militärdienst

1917 X 11 Promotion mit Auszeichnung an der TH Stuttgart zum Dr.-Ing.: „Berechnung beliebig gestalteter einfachiger und mehrfachiger Rahmen“

1918 X ordentlicher Vorstandsmitglied bei der ME

1919 XI–1954 III ordentlicher Professor für konstruktiven Ingenieurbau B, für Stahlbau, Holzbau und Industriebau, sowie Statik B an der TH Stuttgart; SS 1954–WS 1955/56 Vertreter seines Lehrstuhls

Weitere Angaben zur Person: Religion: evangelisch
Auszeichnungen: Ehrungen: Dr.-Ing. h. c. der TH Darmstadt (1953); Großes Bundesverdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (1955); Goldener Nagel des VDI (1960)
Verheiratet:

1909 (Schorndorf ) Marianne, geb. Leibnitz (1887–1969)


Eltern:

Vater: Gottlieb Maier (1847–1924), Bauunternehmer

Mutter: Anna Sophie, geb. Kornbrust (1857–1930)


Geschwister:

4; Hedwig Julie (1888–1974), verh. Blank, Reinhold (1889-1971), Politiker, Selma (1892–1990), und Emma Sofie (1896–1942), verh. Liebendörfer, beide Pharmazeutinnen


Kinder:

3; Heinz (1911–2000), Physiker; Susanne (1913–1942) und Magdalene (1916–1941)

GND-ID: GND/140039341

Biografie: Alexander Kipnis (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 7 (2019), 367-371

Maier-Leibnitz wurde als erstes Kind eines Schorndorfer Bauunternehmers geboren. Sein Vater, „das Musterbild eines fleißigen und sparsamen Schwaben“ (Matz, 1989, S. 27), genoss Ansehen in dem Städtchen. Bis 1896 war er auch Schorndorfer Stadtbaumeister, dann gab er dieses Amt zugunsten seines Geschäftes ab. „Mein Vater kannte in seinem Leben nur eine Leidenschaft, das Arbeiten“ (HStA Stuttgart J1, Q 1/8, Nr. 448, S. 15), bezeugte Maier-Leibnitz’ Bruder Reinhold, der erste Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Das väterliche Unternehmen mit über 50 Mitarbeitern florierte; er selbst verbrachte seine Zeit hauptsächlich am Zeichenbrett und über Bauplänen. Als „sehr tüchtiger Patriarch“ (Matz, ebd.) herrschte er in der Familie, die Erziehung der Kinder aber oblag der Mutter. Maier-Leibnitz „schlug im Aussehen und in seinen Neigungen dem Vater nach“, so Reinhold Maier. (ebd. S. 28).

Nach der Volks- und Lateinschule in Schorndorf kam Maier-Leibnitz mit 14 Jahren in die 6. Klasse des renommierten Realgymnasiums Stuttgart, heute Dillmann- Gymnasium, und bezog eine Schulpension. Der Gründer des Gymnasiums, Christian von Dillmann (1829–1899), ein bedeutender Schulreformer, leitete seine Schule seit ihrer Gründung 1871 bis zu seinem Tod und war ein erfolgreicher Förderer mathematisch-naturwissenschaftlicher Bildung, was den Neigungen Maier-Leibnitz’ ganz entsprach. „Er war ein außerordentlich guter Schüler“, erinnerte sich sein Bruder (HStA Stuttgart J1, Q 1/8, Nr. 448, S. 89). Strebsam und souverän war der älteste seinen Geschwistern immer Ansporn, vielleicht auch Last. Jedoch blieb er „unzweifelhaft der Bahnbrecher der Familie“ (ebd.), ohne ihn hätten vielleicht nicht alle eine höhere Bildung erhalten.

Nach dem Abitur 1903 begann Maier-Leibnitz, nach dem Vorbild seines Vaters Bauingenieurwesen an der TH Stuttgart zu studieren. Ein Semester, entweder SS 1905 oder SS 1906, verbrachte er an der 1904 eröffneten TH Danzig, wo er bei Reinhold Krohn (1852–1932) Vorlesungen über Brückenbau und Statik hörte. Im Frühjahr 1908 bestand er die I. Staatsprüfung. Danach arbeitete Maier-Leibnitz von Mai bis Dezember an der TH bei Jacob J. von Weyrauch (1845–1917), Professor für Ingenieurmechanik, wo er die analytische Theorie der Ingenieurkonstruktionen erlernte. Maier-Leibnitz hielt Weyrauch für seinen wichtigsten Lehrer (1948, Vorlesungen […] I, Vorwort). Anschließend absolvierte Maier-Leibnitz bis Juni 1909 den Vorbereitungsdienst bei der Württembergischen Staatseisenbahn, wonach er sich als Bauingenieur bewerben konnte.

Im Juli 1909 begann seine Tätigkeit bei der Maschinenfabrik Esslingen GmbH, anfangs als Statiker bei der Brückenbauabteilung. Bereits im folgenden Jahr publizierte Maier-Leibnitz seine erste Arbeit, die durch eine elegante Berechnung von Dreigelenkbögen besticht. Sie lässt „seinen aus der industriellen Praxis des Bauingenieurs resultierenden Hang zur Rationalisierung des statischen Rechnens erahnen“ (Kurrer, 2005, S. 625). Mit dieser Arbeit wurde er als Mitglied des VDI, Verein Deutscher Ingenieure, dem er dann lebenslang angehörte. Mehrmals referierte er für die Vereinszeitschrift und für das -jahrbuch.

Im Frühjahr 1912 bestand Maier-Leibnitz in Stuttgart die II. Staatsprüfung als Bauingenieur, jetzt mit der Fachrichtung Eisenbahnbau, was die Prüfung zum Regierungsbaumeister einschloss. Nun stieg Maier-Leibnitz bei der ME zum Oberingenieur der Brückenbauabteilung auf, und wurde Leiter des Büros dieser Abteilung. Im Mai 1914 erhielt er die Prokura der Firma und wurde Vorstand der Eisen- und Hochbauabteilung.

Bald wurde die erfolgreiche Karriere durch den Krieg unterbrochen. Im August 1914 wurde Maier-Leibnitz ins 4. Bataillon des 13. Regiments der Fußartillerie einberufen und war von November 1914 bis August 1915 an den West- und Ostfronten eingesetzt. Bereits Anfang 1916 aber wurde er als Unteroffizier der Reserve vom Kriegseinsatz beurlaubt und rückte der kriegswichtigen Produktion wegen wieder in seine Position als Oberingenieur und Prokurist bei der ME ein.

Der Umfang seiner damaligen Bautätigkeit ist aus seiner Beschreibung „Eisenhochbauten des neuen Werkes der Maschinenfabrik Esslingen in Mettingen“ von 1917 ersichtlich. 1916 entwarf er das Tragsystem der Gießereihalle mit einer Grundfläche von ca. 10 000 qm. die als Maier-Leibnitz’ „industrielles Meisterstück“ gilt (Kurrer, 2005, S. 625). Er führte drei miteinander zusammenhängende Innovationen ein, die den Eisenhallenbau revolutionierten, benutzte er doch statt Eisenbetonteilen eiserne Rahmenträger, entwickelte auf der Grundlage der Arbeiten von Otto Mohr (1835–1918) effektive Berechnungsmethoden für jene Rahmen und veränderte die Ausführung des Baus, indem er die Teile des Rahmensystems vorfertigen ließ und ein Verfahren für deren Montage ersann. Die 12 Tage, in denen die Halle errichtet wurde, waren eine Rekordleistung.

Im Dezember 1916 legte Maier-Leibnitz der TH Stuttgart seine theoretischen und praktischen Ergebnisse als Dissertation vor. Über das Promotionsverfahren sind keine Dokumente bekannt, nur der Gutachter der Dissertation, Emil Mörsch (1872–1950), ist belegt.

Danach wurde Maier-Leibnitz als ordentliches Vorstandsmitglied der ME mit der technischen Oberleitung der Fabrik und der Oberaufsicht über die Werkstätten betraut. Diese Funktion erstreckte sich auf alle Geschäftszweige, einschließlich der Elektrotechnischen Abteilung. Nur die Konstruktion von Lokomotiven- und Zugbau waren ausgenommen. „Wir haben Herrn Dr. Maier-Leibnitz als in Theorie und Praxis aufs beste bewanderten Ingenieur und als einen in jeder Hinsicht zielbewusst arbeitenden, geschäftsgewandten Herrn mit ausgeprägtem Verständnis für allgemein-wirtschaftliche und organisatorische Fragen kennen und schätzen gelernt“ (HStA Stuttgart EA 3/150Nr. 1419), charakterisierte ihn der Vorsitzende des Aufsichtsrats der Esslinger Firma.

Maier-Leibnitz bevorzugte jedoch eine akademische Laufbahn, wozu vermutlich auch die Verhältnisse in der Industrie des Jahres 1919 beitrugen; denn im ganzen Land wurde gestreikt. Als Maier-Leibnitz im Juli 1919 den Ruf der TH Stuttgart erhielt, den neuen Lehrstuhl für Konstruktiven Ingenieurbau B und Statik B ab November des Jahres zu leiten, nahm er an. Es ist zu bezweifeln, ob ein Habilitationsverfahren dieser Berufung vorausging; Hinweise dafür finden sich nicht. Vermutlich waren seine glänzende Dissertation und weitere Publikationen als ausreichend erachtet worden.

Mit 34 Jahren war Maier-Leibnitz damals einer der jüngsten Ordinarien an Deutschlands Technischen Hochschulen. Er verfügte aber bereits über reiche praktische Erfahrung, die ihm ermöglichte, mit einer klaren Lehrkonzeption zu beginnen, um „den Studierenden durch Vortrag, Übungen und Seminare das Rüstzeug zu vermitteln, welches man in der Praxis von einem Diplomingenieur des Bauingenieurwesens verlangt.“ (1954, S. 98) Ganz großes Gewicht legte Maier-Leibnitz auf die Ausbildung in der Einzel- und Gesamtgestaltung von Bauwerken im Industriebau, wobei Betriebsbedürfnisse im Mittelpunkt standen. Danach rangierten die statischen Grundlagen, vom Entwurf an bis zur Realisierung der Bauwerke. Denn anders als der Lehrstuhl für Statik A unter Emil Mörsch, der sich auf die Statik der massiven Tragwerke, gewölbten Brücken und Eisenbetonbau konzentrierte, war Maier-Leibnitz’ Lehrstuhl fast ausschließlich auf den Eisenbau ausgerichtet, obwohl Maier-Leibnitz auch kombinierte Bauweise (in den Vorlesungen über Industriebau) las und auch Holzbauweise unterrichtete.

Themen von Maier-Leibnitz’ Vorlesungen waren seit dem WS 1919/20 „Eiserne Brücken“ und „Eisenbau und Industriebau“. Mit dem Kursus „Grundlagen des Eisenbaus“ im WS 1922/23 begann er den allgemeineren Kursus über die Statik der Baukonstruktionen vorzubereiten, den er vom WS 1924/25 an hielt. Danach änderten sich die Themen seiner Vorlesungen kaum noch. Eisenbau und Industriebau aber behandelte er seit 1923 getrennt. Immer wurde der Inhalt durch neuere Erkenntnisse aktualisiert. Der Aufbau seiner Kurse fand auch seinen Niederschlag in zahlreichen Artikeln in der neuen Auflage vom Luegers Lexikons für die gesamte Technik (1926–1929).

Gleichzeitig pflegte Maier-Leibnitz seine Verbindungen zur Baupraxis und war Prüfingenieur und Berater bei vielen Bauprojekten, was er wiederum in seine Forschungsarbeiten einbrachte; denn er strebte nach theoretischer Verallgemeinerung, um die Lösung praktischer Aufgaben zu erleichtern. Besonders wichtig waren 1927 bis 1930 seine Pionierversuche zur Ermittlung der Tragfähigkeit von Profilträgern im plastischen Bereich. Daraus bildete sich eine neue Forschungsrichtung, die sich bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts noch weltweit weiterentwickelte. Maier-Leibnitz selbst erarbeitete aufgrund seiner Messungen einfache Formeln für die Berechnungen von Trägerkapazitäten.

1932 publizierte Maier-Leibnitz die bedeutende Monographie Industriebau: Die bauliche Gestaltung von Gesamtanlagen und Einzelgebäuden. Zum ersten Mal in der Fachliteratur der Welt wurde darin der Industriebau als wissenschaftliche Disziplin behandelt. Diese bahnbrechende Monographie Maier-Leibnitz’ diente als wichtiges Lehrbuch und fand auch im Ausland große Anerkennung.

Nach der NS-„Machtübernahme“ blieb der „Arier“ Maier-Leibnitz zwar weiter ordentlicher Professor, scheint aber, in seiner TH zumindest, fast matt gesetzt gewesen zu sein, galt er doch als politisch unzuverlässig, zumal als Bruder Reinhold Maiers, der als liberaler Politiker all seine Mandate verloren hatte. Tatsächlich war Maier-Leibnitz nur ein gänzlich unpolitischer, rastloser Arbeiter. Er gehörte aber keiner NS-Organisation an, obwohl er dadurch kein berufliches Fortkommen hatte und all seine Anträge auf Genehmigung von Staatsmitteln auf Ablehnung stießen. Im November 1937 wurde er sogar durch die „Deutsche Rechtsfront“ als Sachverständiger nicht mehr zugelassen, was für ihn, so er selbst, „eine wesentliche Behinderung in der Ausführung meines Berufs“ (UA Stuttgart 57/372, Brief Maier-Leibnitz’ vom 27.2.1953) bedeutete. Seine letzte große Arbeit als Prüfingenieur und Berater war die maßgebende Mitwirkung der damals größten Brücke Deutschlands, der Rheinbrücke Köln-Rodenkirchen gewesen.

In die Zeit des „Dritten Reichs“ fielen zwei Familientragödien: Die Ermordung seiner jüngeren Tochter Magdalene im April 1941 durch „Euthanasie“ und der Selbstmord der älteren Tochter Susanne im nächsten Jahr, die die Frau des aus rassischen Gründen verfolgten Professors P. Misch gewesen war.

Nach Kriegsbeginn allerdings war der Fachmann wieder stärker gefragt: Maier-Leibnitz erhielt zwei Forschungsaufträge der „Organisation Todt“ und einen Auftrag der IG Farben, Werk Ludwigshafen. Dies ermöglichte ihm 1940/41 grundlegende Versuche über das Zusammenwirken von stählernen Profilträgern mit der aufliegenden Eisenbetonplatte durchzuführen. Diese Versuche und die entsprechenden Berechnungsvorschläge Maier-Leibnitz’ „gaben den Anstoß zur Entwicklung der heute weitverbreiteten Verbundkonstruktionen“ (Pelikan, 1963, S. 104).

Im Herbst 1944 wurden Maier-Leibnitz’ Diensträume in der TH, seine Bibliothek, die Lehrmittelsammlung und mit ihr fast alle Forschungsdaten bei einem Luftangriff vernichtet. Danach konnte er nur noch in seiner Wohnung rechnen und zeichnen. Gleich nach dem Zusammenbruch widmete sich Maier-Leibnitz mit Nachdruck der Wiederbelebung seiner Hochschule, ab Dezember 1945 als einer von fünf unbelasteten Professoren, die durch die Militärregierung in den Ausschuss zur Vorbereitung der Wiedereröffnung der TH berufen waren. Seine „Entnazifizierung“ im Februar 1947 war reine Formsache. Die Stuttgarter Spruchkammer bestätigte ihm, dass er vom „Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus vom 5. März 1946 nicht betroffen“ sei (UA Stuttgart, 57/372).

Die Wiedereröffnung der TH fand am 23. Februar 1946 statt. Während der ersten drei Semester musste Maier-Leibnitz die Lehrstühle Statik A und B vertreten und noch kommissarisch das Institut für Bauforschung und Materialprüfung des Bauwesens leiten. Er las und führte Übungen über Baustatik A und B, über Stahlbetonbau, Massivbrückenbau und über Stahlbrücken und Stahlhochbau durch. Außerdem wirkte er als ehrenamtliches Mitglied des Brückenbeirats des Staatsministeriums und beteiligte sich trotz herrschender Baustoffnot maßgeblich an Entwürfen und Ausführung mehrerer Brückenbauten: zwei Stabbogenbrücken in Holzbauweise mit lastverteilenden Querverbindungen, eine Straßenbrücke, deren Hauptträger im Fachwerksystem aus Stahlrohren bestanden; eine stählerne Stabbogenbrücke und „drei Verbundträgerbrücken, bei deren Bemessung die lastverteilende Wirkung der unmittelbar befahrbaren Betonplatte berücksichtigt, aber auf besondere lastverteilende Querverbindungen verzichtet wurde“ (1954, S. 98)

Erst im WS 1947/48 konnte Maier-Leibnitz zu seinem normalen Arbeitsbereich zurückkehren. Seine Lehrtätigkeit wurde 1948 bis 1953 in drei Bänden zusammengefasst: „Vorlesungen über Statik der Baukonstruktionen“, die seine langjährigen Unterrichtserfahrungen veranschaulichen. Das Werk ist sehr klar geschrieben, lässt allmähliche Übergange von einfacheren zu komplizierteren Problemen erkennen und ist reich an Bildern und Übersichtstabellen. In der Rezension des letzten Bandes steht: „Alle drei Bände zusammen stellen ein Lehrbuch der Stabstatik dar, wie es in dieser Form wohl schwerlich übertroffen werden kann“ (G. Worch, Die Bautechnik 31, 1954, S. 96). Es ist für den Studierenden wie die Praxis des Ingenieurs geeignet. Die „Vorlesungen“ blieben jahrzehntelang Standardwerk, auch wenn Maier-Leibnitz’ Berechnungsansätze durch den Elektronikrechner überholt wurden.

Nach seiner Emeritierung im SS 1954 blieb Maier-Leibnitz noch vier Semester lang Vertreter seines Lehrstuhls. Er starb mit 77 Jahren.

Mit seinen ca. 95 Publikationen trug Maier-Leibnitz bedeutend bei zur Umwandlung des bisher nahezu rein empirischen Industrie- und Eisenbaus in einen wissenschaftlich begründeten Bereich des Bauwesens. Als Hochschullehrer erzog er eine ganze Generation von Bauingenieuren. Maier-Leibnitz’ Werk lässt aber auch in der Praxis bedeutende Verdienste erkennen. Zahlreiche Projekte, die er entwarf und ausführte, machten ihn zum „Wegbereiter des fordistischen Industriebaus“ (Kurrer, 2004, S. 146).

Quellen:

StadtA Schorndorf, Geburtsregister Nr. 70/1885, Heiratsregister Nr. 37/1909, Eheschließung Maier-Leibnitz; WirtschaftsA Baden-Württemberg, Stuttgart, Bestand B 250, Maschinenfabrik Esslingen, Akten Maier-Leibnitz; HStA Stuttgart EA 3/150, Nr. 1419, Personalakte Maier-Leibnitz, J1 Q 1/8 Nr. 252, Nr. 433 und Nr. 448, Nachlass Reinhold Maier; UA Stuttgart 57/372, Personalakte Maier-Leibnitz. Auskünfte des A des Dillmann-Gymnasiums Stuttgart vom 13.3.2017, des StadtA Schorndorf vom 13. und 17.3.2017, des StadtA Esslingen vom 15.3.2017 und des WirtschaftsA Baden-Württemberg Stuttgart vom 21.3.2017.

Werke: Beitrag zur Dimensionierung von Dreigelenkbögen, in: Mitteilungen über Zement, Beton- und Eisenbetonbau 7, 1910, 46–48; Die Eisenhochbauten des neuen Werkes der Maschinenfabrik Esslingen in Mettingen, in: Industriebau 8, 1917, 49–73; Dreischiffige Halle mit vollwandigen eisernen Rahmenbindern, in: Eisenbau 8, 1917, 167–174, 238; Beitrag zu der Theorie des beliebig gestalteten einfachigen Rahmens, ebd. 9, 1918, 145–152; Berechnung beliebig gestalteter einfachiger und mehrfachiger Rahmen. Ausführungsbeispiele von Rahmenträgern des Eisenhochhaus, 1918; Auflager von Ingenieurbauwerken, in: Luegers Lexikon der ges. Technik, 3. vollst. neu bearb. Aufl. 1926, Bd. 1, 281–285; Belastungsgrenze, ebd. 540; Biegungspolygone von Fachwerkträgern, ebd. 663–668; Blechträger, ebd. 691–695; Bogensehnenträger, ebd. 778; Bogenzwickelträger, ebd. 780; Cremonascher Kräfteplan, ebd. Bd. 2, 1926, 193 f.; Culmanns Verfahren zur graphischen Berechnung der Stabkräfte, ebd. 195; Dachkonstruktionen, eiserne, ebd. 198–209; Dreieckträger, ebd. 313; Einflusslinien und Einflusszahlen der Baustatik, ebd. 599–604; Eingeschossbauten, industrielle, ebd. 605–609; Eisenbauweise, ebd. 678–698; Elastizitätsgleichungen der Baustatik, ebd. 755–758; Ellipsenträger, ebd. Bd. 3, 1927, 9 f.; Fachwerkträger, ebd. 79–102; Fachwerkwände, eiserne, ebd. 103–105; Formänderungswinkel, ebd. 390; Gelenke bei Ingenieurbauwerken, ebd. 513–517; Gelenkträger, ebd. 518; Genietete Träger, ebd. 521; Gerberträger, in Fachwerksystem, ebd. 541–543; Gitterträger, ebd. 623; Glasdächer, ebd. 638–641; Grenzwerte in der Theorie der Ingenieurbauwerke, ebd. 701; Halbparabelträger, ebd. 761 f.; Hallenbauten, industrielle, ebd. 763–770; Hängewerke und unterspannte (armierte) Balken, ebd. 807–810; Hauptsystem eines Fachwerkträgers, ebd. 825; Industriebau, ebd., Bd. 4, 1928, 145–152; Kette, ebd. 342–346; Ketten, Kettenlinien, ebd., 349; Knickfestigkeit, ebd. 399–403; Mehrgeschossbauten, ebd., Bd. 5, 1928, 30–34; Naviersche Kettenlinie, ebd. 221 f.; Nebenspannungen, ebd. 224–228; Normalbedingungen für die Lieferung von Eisenbauwerken, ebd. 263; Parabelträger, ebd. 381 f.; Parallelträger, ebd. 389 f.; Paulische Träger, ebd. 399 f.; Polonceauträger, ebd. 484 f.; Schwedlerträger, ebd. Bd. 6, 1929, 129f.; Spannweite ebener Träger, ebd. 269–271; Sprengwerke, ebd. 307–309; Stabkraft, ebd. 318; Stoß von Stäben, ebd. 414; Streben, ebd. 430; Träger, 623–627; Träger, zusammengesetzte, ebd. 627; Überhöhung von Trägern, ebd. 692; Untergurt, ebd. 735; Verschiebungsplan, ebd. 779–781; Walzeisennormalprofile, ebd. 802–811; Zulässige Beanspruchung bei Ingenieurwerken, ebd. 1025–1027; Zusatzspannungen, ebd. 1028; Zwischensystem von Fachwerkträgern, ebd.1033–1035; Zwischenträger, ebd. 1035; Beitrag zur Frage der tatsächlichen Tragfähigkeit einfacher und durchlaufender Balkenträger aus Baustahl St 37 und aus Holz, in: Bautechnik 6, 1928, 11–14, 27–31; Der Einsturz der Stuttgarter Stadthalle, ebd. 7, 1929, 121–123; Versuche mit eingespannten und einfachen Balken von I-Form aus St 37, ebd., 313–318; Ein Entwurf für die Rheinbrücke bei Ludwigshafen, in: Festschrift der TH Stuttgart zur Vollendung ihres ersten Jahrhunderts, 1929, 231–235; Über die Bemessungsgrundlagen des amerikanischen Stahlhochbauten, in: Stahlbau 3, 1930, 214 f., 240; Industriebau: Die bauliche Gestaltung von Gesamtanlagen und Einzelgebäuden, 1932; Amerikanische Praxis im Industriebau, in: Zs des VDI, 76, 1932, 193–201; Stand der Stahlbauweise. Theorie und Ausführung, ebd. 81, 1937, 319–324; Die Schwabenhalle in Stuttgart. Ein bemerkenswerter Holzhallenbau, ebd. 82, 1938, 87–90; Holztraggerippe der Stuttgarter Schwabenhalle, in: Zentralblatt für Bauverwaltung 58, 1938, 463–468; Versuche über das Zusammenwirken von ⌶-Trägern mit Eisenbetondecken, in: Die Bautechnik 19, 1941, 265–270; Grundsätzliches über Modellmessungen der Formänderungen und Spannungen von verankerten Hängebrücken, ebd.,508–515, 522–526; Vorlesungen über Statik der Baukonstruktionen, I, 1948; II, 1950, III, 1953; Der Lehrstuhl für konstruktiven Ingenieurbau B und Statik B, in: Die Technische Hochschule Stuttgart 1954: Bericht zum 125–jährigen Bestehen, 1954, 98 f.
Nachweis: Bildnachweise: Foto (1929), UA Stuttgart, Bildersammlung, Hermann Maier-Leibnitz – HStA Stuttgart J1 Q 1/8, Nr. 433, und Nr. 252; UA Stuttgart, Bildersammlung, Hermann Maier-Leibnitz, Fotos 1940 und ca. 1954 (vgl. Literatur).

Literatur:

NDB 15, 1987, 699 f.; Poggendorffs Biographisch-literarisches Handwörterbuch VII a, Teil 3, 1959, 185 f., VIII, Teil 3, 2004, 1844; B. Fritz, Hermann Maier-Leibnitz 65 Jahre alt, in: Bauingenieur 25, 1950, 355; Worch, Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. e. h. Hermann Maier-Leibnitz 70 Jahre, in: Die Bautechnik 32, 1955, 244; W. Pelikan, Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. e. h. Hermann Maier-Leibnitz 75 Jahre, in: VDI-Nachrichten, 14, 1960, Nr. 14, 14 (mit Bildnachweis); Anonym, Hermann Maier-Leibnitz †, ebd. 16, 1962, Nr. 38, 22; W. Pelikan, Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. e. h. Hermann Maier-Leibnitz †, in Stahlbau 31,1962, 349 f. (mit Bildnachweis); ders., Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. e. h. Hermann Maier-Leibnitz †, in: Bauingenieur 27, 1962, 399 (mit Bildnachweis); ders., Hermann Maier-Leibnitz zum Gedenken, in: TH Stuttgart, Reden und Aufsätze 28, 1963, 103–106 (mit Bildnachweis); Anonym, Hermann Maier-Leibnitz †, in: Dillmann-Blätter Nr. 13, 1964, 215 f.; Erhard Fischer, Lebensbilder aus Schorndorf, 1988, 61–63 (mit Bildnachweis); Klaus-Jürgen Matz, Reinhold Maier (1889–1971), 1989, 25–33; K.-E. Kurrer, Ein vergessener Wegbereiter des fordistischen Industriebaus in Württemberg – Hermann Maier-Leibnitz, in: Die Universität Stuttgart nach 1945, 2004, 146–152 (mit Bildnachweis); ders., Hermann Maier-Leibnitz (1885–1962): Wegbereiter des Industriebaus der klassischen Moderne, in: Stahl 74, 2005, 623–634 (mit Bildnachweis); Gudrun Silberzahn-Jandt, Esslingen am Neckar im System von Zwangssterilisation und „Euthanasie” während des Nationalsozialismus. Strukturen – Orte – Biographien. 2015, 125, 175 (mit Bildnachweis, Familienfoto 1919, 127).

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