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„Kings and governments may err. But never Mr. Baedeker“

Von Reise- und anderen Wegen einer Verleger-Familie

Schwarzwald, Odenwald, Bodensee. Handbuch für Reisende, von Karl Baedeker, Ausgabe von 1921, daraus die Karte von Badenweiler, Quelle: Badische Landesbibliothek Karlsruhe 80 A 4536 R https://t1p.de/5kvun, dort verfügbar als Digitalisat.

1835 veröffentlichte der Verleger Karl Baedeker (1801-1859) seinen ersten Reiseführer über den Rhein. Es war die grundlegende Überarbeitung eines literarisch angelegten Werkes des Historikers Johann August Klein und ein voller Erfolg. In den folgenden Jahren wurden die handlichen, rot eingebundenen Bändchen zum Inbegriff des Reiseführers schlechthin. Die Entwicklung spiegelt den aufkommenden bürgerlichen Tourismus im 19. Jahrhundert. Gestützt wurde die Reiselust durch neue, schnelle Verkehrsmittel wie Eisenbahn und Dampfschiff. Gefragt waren Reiserouten und Ziele, die in einer planbaren Zeit besucht werden konnten. Das bisher zweckgebundene Reisen sollte Vergnügen bereiten. Der Leserkreis erhielt Informationen zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten und verlässliche Fakten, etwa über die nötigen Papiere, örtliche Gepflogenheiten und Pläne. Die Reisenden sollten möglichst unabhängig agieren können. Auf diese Weise schaffte es Baedeker, in das Libretto der Operette „La Vie Parisienne“ einzugehen: „Kings and governments may err / But never Mr. Baedeker“. „Der Baedeker“ war kein deutsches Phänomen. Etwa zeitgleich erschienen in England von John Murray herausgegebene, ähnlich aufgemachte Büchlein für die ebenfalls reisefreudigen Angelsachsen. Ob diese frühen Veröffentlichungen einem Massentourismus Vorschub leisteten, wie teils behautet wird, mag dahingestellt sein. Karl Baedeker hatte dessen unschöne Auswirkungen bereits im Blick, als er schrieb, durch die Teilnehmer des „Dampf-Verkehres“ würde das Rheintal „heuschreckenartig überfluthet“. Während Karl Baedekers erste Veröffentlichungen dem Rhein galten, folgten in den 1850er Jahren Ausgaben für die Schweiz, Deutschland und Österreich sowie Oberitalien.

Die 1827 in Koblenz gegründete Verlagsbuchhandlung zog unter dem Sohn Fritz Baedeker (1844-1925) nach Sachsen um. 1936 trat der Urgroßenkel Karl Friedrich Baedeker in den Verlag ein und begann die Angaben für den im Aufstieg begriffenen Autoreiseverkehr auszuarbeiten. Zum traurigen Gegenstück des Operetten-Zitats wurde „Bomber’s Baedeker“, eine Liste mit deutschen Städten und ihrer Infrastruktur, die als Grundlage für die Luftangriffe der Royal Air Force diente. 1943 wurde das Verlagshaus in Leipzig zerstört. Während Hans Baedeker (1874-1959) 1948 seinen letzten Reiseführer über Leipzig veröffentlichte, begann Karl Friedrich Baedeker in Schleswig-Holstein damit, den Verlag neu aufzubauen. 1949 veröffentlichte er den ersten Reiseführer über seine neue Heimat, dessen Grundlagen er in Wanderungen erarbeitet hatte. 1956 kam der Sitz des Verlags nach Freiburg.

Neben der Reiseliteratur widmete sich Karl Friedrich Baedeker den Werken von Ernst Jünger, Robert Musil und Rudolf Kassner, mit denen er persönlich in Verbindung stand. Er rief das „Ernst-Jünger-Archiv“ ins Leben, das sich seit 1972 im Deutschen Literaturarchiv in Marbach befindet. Karl Friedrich Baedeker wurde am 21.08.1910 in Jena geboren und starb am 05.06.1979 in Freiburg. Seine ausführliche Biographie finden Sie auf LEO-BW.

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