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„Nobelgusch“ oder die Jenischen in Hohenlohe

Gruppe von „Fahrenden“ mit hölzernem Reisewagen in den Dolomiten, aufgenommen von Willy Pragher, o.D., Quelle: Landesarchiv BW, StAF W 134 Nr. 000320

Nobelgusch bedeutet im Jenischen „Edles Haus“. So nannten die um 1730 in Pfedelbach angesiedelten „Fahrenden“ ihre neue Heimat. Nach dem Aussterben des evangelischen Zweiges Hohenlohe-Pfedelbach versuchten die erbenden katholischen Linien Hohenlohe-Schillingsfürst und Hohenlohe-Bartenstein den katholischen Bevölkerungsanteil zu erhöhen. Ferdinand zu Hohenlohe-Bartenstein brachte die Ankömmlinge auf dem unweit von Pfedelbach gelegenen Heuberg unter. Es heißt, sie waren Korbmacher, Scherenschleifer, Maurer, Spiel- und Zimmerleute oder Taglöhner. Viel ist nicht über die Jenischen bekannt. Sie sehen sich als eigene Volksgruppe in Abgrenzung zu Sinti und Roma. Möglicherweise entstanden sie als Zusammenschluss umherziehender Gruppen während der Kriege des 17. Jh. Die Bezeichnung erscheint im 18. Jh. für nicht Sesshafte oder Verarmte am Rand der Gesellschaft. Als wichtiger Bestandteil ihrer Kultur gilt die Sprache. Es handelt sich um ein Gemisch von deutschen, französischen und anderssprachigen Ausdrücken sowie speziellen Wortschöpfungen, die sich auf Geschäftsgepflogenheiten oder kleine Gaunereien beziehen. Auch die Jenischen wurden Opfer von Verfolgungen während der NS-Zeit. Dennoch hielten sich Ausprägungen des Jenisch in der Gegend von Pfedelbach bis in die 1960er und 70er Jahre. Außer in Pfedelbach ließen sich Jenische in den Orten der hohenlohischen Gemeinde Fichtenau nieder. Vermutlich reichen deren Anfänge zurück bis in die Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg, als viele verlassene Dörfer wiederbelebt werden sollten. Ende des 19. Jh. wies das Oberamt Crailsheim die meisten Hausierhändler in Württemberg auf. Lange Zeit fristeten sie ein kärgliches Leben, zogen während eines Großteils des Jahres über Land, kamen dabei weit herum und blieben unter sich.

Die Überlebenden der NS-Zeit hielten sich bedeckt, was Herkunft und sogar den Wohnsitz betraf. Erst in neuerer Zeit wurden die Fichtenauer als geschäftstüchtige Markt- und Volksfestbeschicker bekannt und sind teils zu Wohlstand gekommen. In Pfedelbach bemühen sich die Einwohner, das im Verschwinden begriffene Jenisch zu bewahren. Schulen, Vereine und Initiativen greifen mit Projekten und Theaterstücken darauf zurück und so erhielt die neue Gemeindehallte den Namen „Nobelgusch“. Das Hohenloher Freilandmuseum konzipierte zusammen mit Angehörigen der Jenischen erstmals eine Ausstellung, die dem in der Region sesshaft gewordenen Volk „Auf der Reis“ gewidmet ist. Dazu gehört auch der traditionelle hölzerne Reisewagen mit Runddach. Doch nicht nur die Jenischen hielten sich mit „mobilen Berufen“ über Wasser. Mehr dazu im Themenmodul Alltagskultur auf LEO-BW https://t1p.de/9x24e

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