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Der große Stadtbrand von Reutlingen im September 1726 und seine Folgen

Flugblatt, gedruckt anlässlich des Reutlinger Stadtbrands von 1726 zur Erhebung von Spendengeldern, Quelle Heimatmuseum Reutlingen/Wikimedia Commons
Flugblatt, gedruckt anlässlich des Reutlinger Stadtbrands von 1726 zur Erhebung von Spendengeldern, Quelle Heimatmuseum Reutlingen/Wikimedia Commons

Zu den ständigen Bedrohungen des vorindustriellen Zeitalters gehörten Feuersbrünste, die neben Kriegen regelmäßig für die Zerstörung ganzer Städte sorgten, so auch im Südwesten. Die vorwiegend mit Lehm und Stroh erbauten Fachwerkhäuser waren leicht entflammbar. So erwischte es 1690 Kirchheim unter Teck, 1728 Schwäbisch Hall und 1750 Nürtingen, um nur einige Beispiele zu nennen. 

Der große Reutlinger Stadtbrand brach in den Abendstunden des 23. September 1726 aus, vermutlich im Haus eines Schusters. Das Feuer griff schnell um sich und wuchs am folgenden Tag zu einem Feuersturm. Erst am 25. September kamen die Flammen zum Erliegen. Löschversuche hatten sich als völlig wirkungslos erwiesen, desgleichen Schneisen, die mit dem Abbruch von Häusern geschlagen wurden. Währenddessen herrschte ein riesiges Durcheinander aus Flüchtenden, Obdachlosen, Trümmern und herrenlosem Hausrat. Am Ende waren mehr als drei Viertel aller Gebäude zerstört, darunter auch die Marienkirche und das Rathaus, außerdem die in diesem Jahr reichlich vorhandenen Ernteerträge. Erfreulicherweise gab es fast keine Todesopfer.

Wie ging es weiter in einer Zeit vor der Einführung der Gebäudebrandversicherung? Die Kirche sah in Katastrophen Gottes Wille und brachte das üblicherweise in Predigten zum Ausdruck, so auch in Reutlingen. Die überlieferte Ansprache des Spitalpfarrers Michael Fischer prangert allerlei Fehlverhalten an, von der sonntäglichen Arbeit über Spiel-, Tanz- und anderen Vergnügungen bis zu mangelnder Frömmigkeit. Offenbar herrschte ein gewisser Wohlstand und die Menschen ließen es sich gut gehen. Damit war es nun vorbei. Der Wiederaufbau musste über Spenden finanziert werden. Die Auseinandersetzungen um deren Verteilung erinnern an Vorkommnisse der jüngsten Vergangenheit. Das Geld reichte indessen nicht aus um den alten Zustand wiederherzustellen. Die Kassen der Stadt und vieler Einwohner belastete ein Schuldenberg. Ganz schlecht erging es dem Schuster, in dessen Haus der Brand entstanden war. Überdies eines liederlichen Lebenswandels beschuldigt, mussten er und seine Familie Reutlingen verlassen.

Erst im 19. Jh. sorgte ein ganzer Katalog von Maßnahmen für einen wirkungsvolleren Feuerschutz. Dazu gehörte die professionelle Ausbildung von Feuerwehrleuten und ihre Ausstattung mit besseren Geräten, die Einführung eines Versicherungswesens und das Verputzen der Häuser gegen Funkenflug.

Der Beitrag entstand auf der Grundlage eine Vortrags von 2006 zur Erinnerung an den Stadtbrand, veröffentlicht auf den Seiten der Feuerwehr Reutlingen.

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