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Ein Wald und seine Geheimnisse – die Gedenksteine im Schönbuch

Das „Schwedenkreuz“ am Langrückensträßchen im Gewann Bärloch bei Tübingen, Quelle Naturpark Schönbuch/Kleindenkmale.
Das „Schwedenkreuz“ am Langrückensträßchen im Gewann Bärloch bei Tübingen, Quelle Naturpark Schönbuch/Kleindenkmale

Wälder bergen viele Geheimnisse. Wer durch den Schönbuch wandert, ist zunächst beeindruckt von der Natur, dem ausgedehnten Forst, der einmal herrschaftlich-württembergisches Jagdgebiet war. Von Menschen hinterlassene Zeugnisse spielen eine nachgeordnete Rolle, zumal sich viele abseits der Wege befinden, verwittert oder überwachsen sind. Ab 2007 wurden Kleindenkmale wie Grenzsteine, Ehrentafeln, Flurkreuze, Bildstöcke oder Brücken und Quellfassungen auf Initiative des Fördervereins Naturpark Schönbuch systematisch erfasst und dokumentiert. Das Ergebnis ist über die Homepage des Naturparks online verfügbar. Die Angaben wurden in eine Datenbank übertragen, die die zugeordneten Gemeinden sowie eine Kategorisierung umfasst und können über eine interaktive Karte abgerufen werden. Besonders interessant sind die historischen Zusammenhänge und Hintergründe, wo diese sich nicht direkt aus den Objekten erschließen lassen. Die große Anzahl der Fundstücke aber auch die Vielschichtigkeit der Anlässe ihrer Errichtung überrascht. Im Lauf der Jahrhunderte gab es immer wieder Opfer von Unfällen, Kriegseinwirkung oder gar Mord. Zum heutigen Allerheiligentag seien einige Beispiele herausgegriffen, die neben klassischen Denkmälern für verdiente Verstorbene oder die Gefallenen der Weltkriege stehen.

Zu den ältesten Denkmälern gehört das Sühnekreuz am Härtlesberg bei Tübingen aus der ersten Hälfte des 16. Jh. Die Steinkreuze wurden neben anderen Leistungen als Wiedergutmachung bei Gewaltverbrechen errichtet. Hier soll ein Bauer aus Hohenentringen ums Leben gekommen sein. 

Einige Steine erinnern an die Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Das Schwedenkreuz bei Bebenhausen trägt die Jahreszahl 1634, als die kaiserliche Liga in der Schlacht von Nördlingen siegte. In den Tagen darauf zogen die siegreichen Soldaten plündernd durch das Land. Einer Chronik aus Weil ist zu entnehmen, dass viele der im Schönbuch ansässigen Protestanten ums Leben kamen. 

Das eine oder andere Ereignis bot Anlass für Spekulationen, selbst in jüngerer Vergangenheit. 1924 starb der Freiherr Walther von Tessin-Hochdorf während eines Jagdausflugs durch einen Schuss aus der Waffe seines Bruders. Die zunächst als Unfall deklarierte Todesursache wurde später angezweifelt, da der Bruder ein Auge auf seine verwitwete Schwägerin geworfen hatte, diese ihn jedoch abwies. Der Stein trägt die Inschrift "Im Walde war liebstes Leben / für mich / Mein Sterben auch - wie ich / das Wild beschlich / Nun Hubertus bitt! Ruh für mich“. 

Eine große Gruppe von Denkmälern ist den vielen Wald- und Forstarbeitern gewidmet, die hier einer gefahrvollen Tätigkeiten ausgesetzt waren. Sie starben durch herabstürzende Äste, gefällte Bäume oder Blitzschläge. So verunglückte 1889 Christiane Harrer aus Neuenhaus beim Holzsammeln. Die Zahl der auf diese Weise zu Tode Gekommenen dürfte die der Denkmäler weit überschreiten, was auch für die Zwischenfälle mit Wilderern gilt. 

Neben den traurigen stehen erfreuliche Geschichten, wie die des Schaichtal-Rettungssteins, als Bürger den Bau eines Rückhaltebeckens verhinderten. Insgesamt ergibt sich aus den Daten ein facettenreiches, lebendiges und detailliertes Bild des Schönbuch, das sich zu entdecken lohnt.

Alle Infos über das Projekt, die Datenbank mit Karte, Wandervorschläge und mehr finden Sie beim Naturpark Schönbuch

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