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Hugenotten in Württemberg

 

Katholische Kirche und Brunnen mit Standbild Eberhard Ludwigs am Marktplatz von Ludwigsburg, 1970. [Quelle: Landesmedienzentrum BW].
Katholische Kirche und Brunnen mit Standbild Eberhard Ludwigs am Marktplatz von Ludwigsburg, 1970. [Quelle: Landesmedienzentrum BW].

Zum barocken Erscheinungsbild von Ludwigsburg gehören die beiden Kirchen am Markplatz. Heute stehen sich hier die evangelische Stadtkirche und die katholische Kirche gegenüber. Schon in den Gründerjahren der einstigen württembergischen Residenz war religiöse Toleranz ein Thema. Doch wurde das zweite Gotteshaus ursprünglich nicht für Katholiken sondern reformierte Gläubige erbaut.

Als Ludwig XIV. 1685 das fast 90 Jahre zuvor in Frankreich erlassene Edikt von Nantes aufhob, kam es erneut zu Repressalien gegen Hugenotten. Einige flüchteten in die linksrheinische Besitzungen der Pfalz, die einem reformierten Fürstenhaus unterstand aber mit Karl II. (1651-1685) noch im selben Jahr ausstarb. Daraufhin nahmen andere deutsche Staaten die Emigranten auf. Zusammen mit Waldensern erhielten 1699 etwa 400 Personen die Erlaubnis, sich im lutherisch orientierten Württemberg niederzulassen. Sie sollten helfen den durch den Dreißigjährigen Krieg verursachten Bevölkerungsrückgang auszugleichen. Während die Waldenser Kolonien auf dem Land gründeten, durften sich die Hugenotten, gut ausgebildete Handwerker und Kaufleute, in der Nähe des Hofes niederlassen. Sie kamen zunächst in Cannstatt unter. Die folgenden, vom Spanischen Erbfolgekrieg überschatteten Jahre verliefen unruhig. Dem Wunsch, zusammen mit bereits ansässigen Reformierten in Stuttgart eine eigene Kirche zu errichten, begegnete Herzog Eberhard Ludwig mit der Anweisung, eine Niederlassung in der neuen Residenz Ludwigsburg zu errichten. Zur Fürsprecherin der kleinen Gemeinde wurde Henriette Marie aus dem Haus Brandenburg Schwedt, Gemahlin des Prinzen Friedrich Ludwig und selbst Angehörige der reformierten Kirche. Mit ihrer Unterstützung sollte ab den 1720er Jahren neben der schmucken zweitürmigen Stadtkirche eine weitere Kirche am Marktplatz entstehen, zu der Hofbaumesiter Paolo Retti nicht minder prächtige Entwürfe lieferte. Als der Erbprinz 1731 starb und Henriette Marie aus Württemberg fortzog, geriet das Projekt ins Stocken. 1733 kehrte der Hof nach Stuttgart zurück. Die um 1740 nur vorläufig fertiggestellte Kirche stand für mehrere Jahrzehnte leer, erhielt schließlich ein Türmchen und wurde um 1780 unter Herzog Carl Eugen als lutherische Garnisonskirche in Gebrauch genommen.

Die in Stuttgart verbliebenen Gemeindemitglieder bezogen in den 1720er Jahren ein gemietetes Landhaus in der Langen Straße im heutigen Hospitalviertel. Mitte des 18. Jh. schlossen sich die drei Gemeinden in Stuttgart, Ludwigsburg und Cannstatt, wo ebenfalls ein Betsaal eingerichtet war, zusammen. Die Mittel waren bescheiden und erst in den 1880er Jahren erfuhr das Stuttgarter Haus eine architektonische Aufwertung. Bis in die 1920er Jahre wurde hier der Gottesdienst teilweise in französischer Sprache abgehalten. 1944 fiel das gesamte Stadtviertel den Zerstörungen des Bombenkriegs zum Opfer.

Zum Weiterlesen:
Hugenotten und Waldenser im Themenmodul Alltagskultur
Die Geschichte der Evangelisch-Reformierten Gemeinde in Stuttgart
In Württemberg setzte sich nach der Reformation die lutherische Kirche durch
Die Kurpfalz als Zentrum der Reformierten

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