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Seegfrörne und die Eisprozession von Hagnau nach Münsterlingen

Seegfrörne und Eisprozession, 1963 [Quelle: Landesfilmsammlung Baden-Württemberg]
Ein ganz besonderes und äußert seltenes Winterereignis, das angesichts der milden Temperaturen immer unwahrscheinlicher erscheint, zeigt diese Aufnahme aus dem Jahr 1963. Zunächst lässt die Aufnahme nicht auf eine beinahe 500 Jahre alte religiöse Tradition schließen. Seit 1573 findet im Fall einer Seegefrörne, so wird das komplette Zufrieren des Bodensees genannt, eine Eisprozession von Hagnau nach Münsterlingen, das auf der gegenüberliegenden schweizerischen Uferseite liegt, statt. Dabei wird eine Büste des heiligen Johannes von Hagnau ins Kloster Münsterlingen über den zugefrorenen Bodensee getragen und im Verlauf der nächsten Seegefrörne wieder zurückgebracht. Da der riesige Bodensee nur unter bestimmten klimatischen Bedingungen zufriert, liegen zwischen den Prozessionen Jahrzehnte oder manchmal sogar ein ganzes Jahrhundert. Die langen Abstände machen es schwer, die Prozession am Leben zu halten und so wurde sie im Jahr 1880, als es wieder zu einer Seegfrörne kam, schlicht vergessen; die Hagenauer warteten vergebens darauf, dass eine Münsterlinger Prozession die Büste abholte. Im außerordentlich kalten Winter 1963 war es wieder so weit: Am 12. Februar brach eine Prozession von Münsterlingen nach Hagnau auf, um die Büste abzuholen. Mit dabei waren der katholische und evangelische Geistliche von Münsterlingen, ein Reiter, Ministranten, Schüler, drei Weinfässer sowie Fahnen- und Kreuzträger. Zur Sicherheit begleiteten Feuerwehrmänner und Ärzte den Zug, zudem waren die Pilger an Seilen festgebunden, denn das Unternehmen war durchaus riskant – während der Seegfrörne 1963 brachen mehrere Menschen im Eis ein und ertranken. Mehr über die Hagnauer Eisprozession und andere für den Südwesten typische Prozessionen können Sie in unserem neuen Themenmodul zur Alltagskultur im Südwesten nachlesen. (JH)
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