Beyerle, Karl 

Geburtsdatum/-ort: 1839-04-08;  Konstanz
Sterbedatum/-ort: 1915-12-02;  Konstanz
Beruf/Funktion:
  • Rechtsanwalt, Mitglied des Bürgerausschusses Konstanz-Zentrum
Kurzbiografie: 1850–1859 Lyzeum in Konstanz
1859–1865 Studium d. Theologie, später d. Jurisprudenz in Freiburg, u. a. bei Behagel u. Ritter v. Buß
1865 I. jurist. Staatsprüfung, anschließend Vorbereitungsdienst bei den Amtsgerichten Konstanz u. Gernsbach, beim Bezirksamt Lahr, dort zuletzt Sekretariatspraktikant am Kreis- u. Hofgericht
1867 II. jurist. Staatsprüfung
1867–1869 Referendär bei den Bezirksämtern Lahr u. Emmendingen 1869–1875 Anwalt in Waldshut
1875 ff. Rückkehr nach Konstanz, Rechtsbeistand des kath. Klerus u. ständiger Vertreter des kath. Oberstiftungsrates
1876 Organisator großer kirchlicher Veranstaltungen, z. B. „900 Jahre St. Konradifest“
1878 Wahl in den Konstanzer Bürgerausschuss
1880 Mitorganisator d. „Generalversammlung d. Katholiken Deutschlands“ in Konstanz
1881–1883 Mitarbeit an d. Zeitschrift des Münsterbauvereins „Das alte Konstanz“
1887 ff. Mitbegründer u. langjähriger Direktor des Kath. Pressvereins Konstanz
1909 Orden vom Zähringer Löwen 1. Klasse mit Eichenlaub; Ritterkreuz des Sylvesterordens
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Auszeichnungen: Ehrungen: Orden vom Zähringer Löwen 1. Klasse mit Eichenlaub (1909); Ritterkreuz des Sylvesterordens (1909)
Verheiratet: 1870 (Konstanz) Clara, geb. Eggler (1845–1921)
Eltern: Vater: unbekannt
Mutter: Sidonia Bäuerle
Geschwister: nicht feststellbar
Kinder: 5; Konrad (➝ I 48), Hubert Gebhard (1878–1937), Karl Josef (1881–1963), Maria (BWB I 23) u. Nikolaus Franz Sales (BWB I 21).
GND-ID: GND/1012177092

Biografie: Michael Kitzing (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 6 (2011), S. 21-23

Als Beyerle Anfang Dezember 1915 verstarb, würdigte ihn Erzbischof Thomas Nörber (➝ III 197) als einen Mann, dessen Name auf das Engste mit allem verknüpft sei, was seit Jahrzehnten in Konstanz für Gott und die Kirche geleistet wurde. Tatsächlich hat sich Beyerle auch ohne Reichs- oder Landtagsmandat bleibende Verdienste um den Aufbau des kath. Milieus und die Organisation der Kath. Volkspartei bzw. des Bad. Zentrums in Konstanz erworben.
Beyerle kam außerehelich zur Welt. Seine Mutter entstammte einer Konstanzer Handwerkerfamilie. Er besuchte nach Abschluss des Lyzeums zunächst das erzbischöfliche Konvikt in Freiburg, gab jedoch nach zwei Jahren das Theologiestudium auf, um sich der Rechtswissenschaft zuzuwenden. Studiert hat er u. a. „Deutsche Rechtsgeschichte“ und „Deutsches Privatrecht“ bei den Professoren Franz von Woringen, Wilhelm Jakob Behaghel und Franz Josef Ritter von Buß.
Nach den erfolgreich abgelegten Staatsprüfungen 1865 und 1867 war Beyerle zunächst zwei Jahre als Referendär bei den Bezirksämtern in Emmendingen und Lahr tätig. Er spielte damals durchaus mit dem Gedanken, auf Dauer in den Staatsdienst einzutreten, durch den heraufziehenden Kulturkampf wurde der bekennende Katholik hiervon jedoch abgehalten und verband sich 1869 in einer Sozietät mit Rechtsanwalt Mündel in Waldshut. 1875 kehrte Beyerle schließlich in seine Heimatstadt Konstanz zurück. Bereits 1873 hatten der Vorsitzende der Kath. Volkspartei, Prälat Franz Xaver Lender (➝ II 187), wie auch sein Lehrmeister Buß Beyerle dazu aufgefordert, sich für ein Landtagsmandat zu bewerben. Dieser Aufforderung kam Beyerle jedoch damals wie später nicht nach. Er wählte stattdessen den Weg des Anwalts für den kath. Klerus und wurde auch ständiger Vertreter des kath. Oberstiftungsrates bei Prozessen der Kulturkampfära.
Auf diese Weise erwarb sich Beyerle über das kath. Lager hinaus großes Ansehen innerhalb des Anwaltsstandes, was durch seine Berufung in den Vorstand der Bad. Anwaltskammer, dem er lange Jahre angehörte, wie auch zum Vorstand des Konstanzer Anwaltsvereins dokumentiert wird.
Politisch hat Beyerle seit den 1880er Jahren als Vorsitzender und engagierter Wahlkampforganisator der Kath. Volkspartei bzw. des Bad. Zentrums im Seekreis wie auch in Konstanz gewirkt. Hierbei kam ihm die Aufgabe zu, Wahlkampfveranstaltungen zu organisieren, Rücksprache mit Vertrauensmännern der Partei zu halten und die Parteipresse mit Grundsatzartikeln zu versorgen. Enge Kontakte pflegte Beyerle dabei zunächst zu der seit 1865 in Radolfzell erscheinenden „Freien Stimme“, dem damals einzigen kath. Organ der Bodenseeregion.
Seit 1878 hat Beyerle dem Bürgerausschuss von Konstanz angehört, in dem er schon bald zum „geistigen Leiter“ der Zentrumsfraktion (Konstanzer Nachrichten vom 2. 12. 1915) aufstieg. Als Mitglied dieses kommunalen Gremiums hat Beyerle sich für eine sparsame Haushaltsführung sowie die Interessen der Handwerker und des Mittelstandes eingesetzt. Besonders am Herzen lagen ihm selbstverständlich die Belange kath. Institutionen, insbesondere die Förderung und der Erhalt des Lehrinstituts der Dominikanerinnen von Zofingen. Mit Bedauern musste er hinnehmen, dass auf Grund der starken Wanderungsbewegungen an der Wende zum 20. Jh. der kath. Charakter seiner Heimatstadt immer mehr verschwand und die Stadtverwaltung einen strikt neutralen, interkonfessionellen Standpunkt einnehmen musste.
Maßgeblich beteiligt war Beyerle 1889/90 am Kauf der ehemaligen Kirche St. Johann durch den kath. Männerverein und deren Ausbau zum kath. Vereinsheim. In gleicher Weise hat sich Beyerle um die Schaffung eines publizistischen Organs der Konstanzer Katholiken bemüht. Während der erste Versuch einer Zeitungsgründung 1873 nach kurzer Zeit fehlgeschlagen war, gelang es ihm 1886 durch die Gründung eines kath. Pressvereins, in dessen Vorstand Beyerle über Jahrzehnte tätig war, die finanzielle Grundlage für eine kath. Tageszeitung zu schaffen: die „Konstanzer Nachrichten“.
Hervorgetreten ist Beyerle zudem als Historiker, wobei sich seine Studien vor allem mit der Geschichte des römischen Lagers Vindonissa im Aargau beschäftigten; genauso hat er sich für die Geschichte des Bistums Konstanz im Frühen und Hohen Mittelalter interessiert. Die zahlreichen zu diesem Themenbereich vor politischen Gesinnungsgenossen gehaltenen Vorträge verfolgten selbstverständlich das Ziel, „in einer aufgeregten Zeit im Sinne der Kath. Volkspartei zu erziehen und zu belehren“, so sein Sohn Konrad im Nachruf auf seinen Vater (66 f.). Den Katholiken der Bodenseemetropole sollte in einer für sie tristen Zeit Glanz und Größe ihrer Kirche in den vergangenen Jahrhunderten vor Augen geführt werden.
Zur Stärkung des Selbstbewusstseins der Konstanzer Katholiken diente auch die 1876 von Beyerle mitinitiierte Feier des 900. Todestages des wohl bedeutendsten Konstanzer Bischofs und Diözesanheiligen Konrad und mit gleicher Intention organisierte Beyerle 1880 die „Generalversammlung der Katholiken Deutschlands“ in Konstanz sowie 1884 und 1897 die Säkularfeiern, in denen an den zweiten Konstanzer Heiligen, St. Pelagius, und an den seligen Gebhard, Gründer des Klosters Petershausen, erinnert wurde. Der Katholikentag von 1880 bildete schließlich für Beyerle den Anlass, zusammen mit Prälat Brugier und Münsterbenefiziat Schober die Sanierung des Konstanzer Münsters ins Auge zu fassen. Noch im gleichen Jahr wurde deshalb der Münsterbauverein gegründet, und in den folgenden drei Jahren die Zeitschrift „Das Alte Konstanz“ herausgegeben.
Bemerkenswert ist schließlich, dass Beyerle, der „Bahnbrecher in schweren Zeiten für den Katholizismus in Konstanz“ (Dor, 26) gleichwohl Kontakte über das kath. Milieu hinaus gepflegt hat, so beispielsweise mit Hofrat Ludwig Leiner (1830–1910), dem Gründer des Konstanzer Rosgartenmuseums, der politisch auf Seiten der Liberalen stand. Gleichwohl verband beide das lebhafte Interesse an der Geschichte des Bodenseeraumes. Beyerle hat ihm einen Nachruf gewidmet.
Zu Recht stand Beyerle im Ruf einer über die Rechts- und Geschichtswissenschaft hinaus interessierten und gebildeten Persönlichkeit. Er verfügte auch über eine ausgeprägte musische Begabung, trug eine umfassende mineralogische Sammlung zusammen und beschäftigte sich schließlich mit Fragen der Botanik und Geologie.
Beyerle starb im 76. Lebensjahr in seiner Heimatstadt. In mancherlei Hinsicht hat sein Sohn Konrad, der bedeutende Münchner Rechtshistoriker, Beyerles Werk fortgesetzt, auch durch seine Studien zur römischen und mittelalterlichen Geschichte der Stadt Konstanz.
Quellen: StadtA Konstanz, Personengeschichtliche Sammlung; Konstanzer Nachrichten 1886–1915.
Werke: Das Alte Konstanz, Bde. 1–3, 1881–1883; Nekrolog des Herrn Hofrat Leiner, in: Schriften des Vereins für die Geschichte des Bodensees 30, 1901, V–XIIII; Nekrolog des Herrn Dr. Gustav Brugier, ebd. 33, 1904, IX–XII.
Nachweis: Bildnachweise: Konstanzer Nachrichten vom 3.12.1915; Dor, 1920, nach 24 (vgl. Literatur).

Literatur: Konstanzer Nachrichten vom 3.12.1915; Konrad B.,
Karl Beyerle 1839–1915, in: Schriften des Vereins für die Geschichte 46, 1917, 57–88; Franz-Sales Dor, Karl Beyerle, Rechtsanwalt, in: ders., Edle Männer unserer Heimat, 1920, 16–26; Thomas Hense, Konrad Beyerle, 2002.
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