Biesenberger, Hermann Oskar 

Geburtsdatum/-ort: 26.04.1892;  Stuttgart
Sterbedatum/-ort: 20.10.1960;  Oberkirch
Beruf/Funktion:
  • Chefredakteur und Verleger
Kurzbiografie: 1912 Abitur in Donaueschingen nach Besuch des Karlsgymnasiums in Stuttgart u. d. Auslandsschule in Davos; Studium d. Rechtswissenschaft in Tübingen, SS 1913 bis SS 1914 u. SS 1915 bis WS 1915/16, dazwischen in Freiburg; SS 1919 bis WS 1919/20 u. SS 1921 bis WS 1921/22 Staatswissenschaft in Tübingen
1916–1919 Soldat in d. Presseabteilung des DRK-Stuttgart bis 1915 u. 1916, dazwischen freiwilliger Krankenpfleger im Kriegslazarett 58 in Longwy
1921 Promotion in Tübingen bei Carl Johannes Fuchs: „Geschichte des zünftigen Handwerks in d. Stadt Stuttgart“, dann Redaktionsvolontariate in Stuttgart u. Dresden
1922 X. 1–1959 XII. 31 Tätigkeit im „Schwarzwälder Boten“; 1923 Prokura; Hauptschriftleiter ab 1. Juli 1933, 1929 Geschäftsführer u. persönlich haftender Gesellschafter (Komplementär d. Familien-KG), zus. mit dem kaufmänn. Geschäftsführer Wilhelm Elben; 1933 Chefredakteur u. Verleger bis zum Ruhestand
1929–1933 Mitglied des Gemeinderats Oberndorf-Zentrumsfraktion als Parteiloser, Mitglied im Verband Württ. Zeitungsverleger
1939 XI. 1 Mitglied d. NSDAP
1935–1939 Präsident d. Narrenzunft Oberndorf
1949–1960 Vorsitzender des Oberndorfer DRK-Ortsvereins
1952–1957 stellvertr. Präsident d. Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte
1950–1960 Mitglied d. IHK Rottweil
1956 Gründungspräsident des Lions Clubs Rottweil
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Auszeichnungen: Ehrungen: Goldene Ehrennadel des Dt. Roten Kreuzes (1956); Ehrenpräsident d. Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (1957); Bundesverdienstkreuz I. Klasse (1959)
Verheiratet: 1922 Else, geb. Ilg (1898–1987)
Eltern: Vater: Julius Alexander (1862–1938), Präsident d. Landesversicherungsanstalt Württemberg, Vorsitzender des Aufsichtsrats bzw. Gesellschafterausschusses des „Schwarzwälder Boten“
Mutter: Thekla Malvina, geb. Wolf (1870–1951), Enkelin des Gründers des Schwarzwälder Boten Wilhelm Brandecker
Geschwister: Otto (1896–1995), Geschäftsführer d. Schwabengarage Stuttgart, Vorsitzender des Gesellschafterausschusses d. Schwarzwälder-Bote-KG
Kinder: Hortolf (geboren 1923), Dr., Journalist, Foto-Reporter
GND-ID: GND/1012177351

Biografie: Claus-Jürgen Peter Wolf (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 5 (2013), 30-34

Wenn der „Schwarzwälder Bote“ 2010 sein 175- jähriges Bestehen feiern konnte und noch heute die Erben des Gründers Wilhelm Brandecker Eigentümer der Familien-KG dieser württ. Traditionszeitung sind, dann ist das mit ein Verdienst der Verlegerpersönlichkeit Biesenberger. Er hat den Boten als eigenständige private Zeitung über die Zeit des NS-Regimes gelenkt und verstand es dann, sie unter der französischen Besatzungsmacht wieder zu einer führenden Regionalzeitung werden zu lassen.
Biesenbergers Mutter Thekla war die Enkelin des Gründers Wilhelm Brandecker. Dessen Frau Amelie und ab 1893 Theklas Bruder Wilhelm Wolf prägten als dessen Nachfolger die Geschichte der Zeitung über mehr als vier Jahrzehnte. Sein Vater Julius Biesenberger gehörte seit 1892 dem Aufsichtsrat der „Schwarzwälder-Bote-AG“ an; nach der Umwandlung der Familien-AG in eine Kommanditgesellschaft 1920 war er bis zu seinem Tod 1938 Vorsitzender des Gesellschafterausschusses.
Der geborene Stuttgarter Biesenberger besuchte dort die Volksschule und wechselte dann an das humanistische Karls-Gymnasium. Die dabei erworbene Bildung prägte ihn zeitlebens. Aus gesundheitlichen Gründen setzte er seine Schulausbildung in Davos fort, bevor er 1912 in Donaueschingen sein Abitur machte. Sein Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Tübingen und Freiburg wurde durch den I. Weltkrieg unterbrochen, den Biesenberger als Soldat in einer DRK-Einheit erlebte. Seine lebenslange Bindung an die Organisation des Roten Kreuzes gründet hier. 1919 nahm Biesenberger sein Studium wieder auf und schloss es 1921 mit der Promotion ab.
Mit Redaktionsvolontariaten in Stuttgart und Dresden bereitete Biesenberger sich dann auf seine künftigen Aufgaben im Oberndorfer Familienunternehmen vor, wo er am 1. Oktober 1922 begann und bis zum Ruhestand 1959 arbeitete. Bereits nach 15 Monaten erhielt er Prokura. 1929 übernahm er gemeinsam mit seinem Vetter Wilhelm Elben die Geschäftsführung der Familien-KG. Elben war kaufmännischer, Biesenberger vom 1. Juli 1933 an Leiter der Redaktion. Er hatte als junger Redakteur schon miterleben müssen, wie die Zahl der Abonnenten im Inflationsjahr 1923 von über 30000 auf unter 8000 abstürzte. Aber bereits 1924 schrieb die Zeitung wieder schwarze Zahlen. Bis 1929 stieg die Auflage dann kontinuierlich, erholte sich auch das Anzeigengeschäft. Die nächste Krise trat mit dem „schwarzen Freitag“ im Oktober 1929 ein. Nach dem Börsenkrach in New York stürzten die Kurse weltweit ab. Die Weltwirtschaftskrise führte zur Massenarbeitslosigkeit, die 1932 mit über 6Mio. ihren Höhepunkt erreichte. Wieder gingen Leserzahlen und Anzeigengeschäft drastisch zurück. Damals engagierte sich Biesenberger in Oberndorf auch kommunalpolitisch; 1929 wurde er in den Gemeinderat gewählt.
Mit der NS-„Machtergreifung“ am 31. Januar 1933 begannen für Biesenberger und seine Zeitung weitere zwölf schwierige Jahre. Schon den vom Redaktionsleiter Biesenberger verantworteten kritischen Kommentar zur „Machtergreifung“ am 2. Februar 1933 quittierten die neuen Machthaber mit der Warnung, solches künftig zu unterlassen. Die NS-Regierung beteuerte zwar unablässig, eine selbstständige, liberale Presse dulden zu wollen; dennoch geriet der „Bote“ immer mehr unter den Druck durch Partei und Zensur. Werber für die NS-Presse verbreiteten, es lohne sich nicht mehr, die Zeitung zu abonnieren, da sie bald eingestellt werde. Biesenberger setzte sich zur Wehr, zitierte Hitler und Goebbels und ihre Lippenbekenntnisse zum Erhalt einer freien, selbstständigen Presse. Dann verfügte der „Bezirksleiter für Wirtschaft und Presse“ für die bürgerlichen Zeitungen den sofortigen Verlust des Amtsblattscharakters. Dem „Schwarzwälder Boten“ wurde ein „Übernahmeangebot“ gemacht: Er könne der Vernichtung entgehen, wenn er unentgeltlich (!) 51 Prozent der Geschäftsanteile der „NS-Presse Württemberg GmbH“ übergebe. So sei auch eine lebenslange Arbeitsplatzgarantie für alle Mitarbeiter sicher. Die beiden Geschäftsführer Biesenberger und Elben beriefen eine außerordentliche Gesellschafterversammlung ein, die am 5.August 1933 in Stuttgart tagte und das Ansinnen einstimmig ablehnte.
Der „Schwarzwälder Bote“ war nicht die einzige Zeitung, die sich diesem Druck ausgesetzt sah. Wie Biesenbergers Sohn Hortolf in seiner Dissertation „Der Schwarzwälder Bote in den Jahren 1930 bis 1950“ darlegt, wurden bis November 1933 allein in Württemberg an die 70 bürgerliche Zeitungen in GmbHs umgewandelt, wobei jeweils die Majorität der Anteile der „NS-Presse Württemberg GmbH“ übertragen wurde. 55 Zeitungen hatten sich erfolgreich dagegen wehren können. Unter den sechs württ. Zeitungen mit einer Auflage von mehr als 20000 blieb der „Schwarzwälder Bote“ die einzige ohne direkten wirtschaftlichen und redaktionellen NS-Einfluss. Und die Leser blieben ihrer Heimatzeitung treu; die Auflagenzahlen gingen kaum zurück, ungeachtet aller Maßnahmen des Regimes, wie dem dreitägigen Erscheinungsverbot, das dann auf einen Tag herabgesetzt wurde.
1935 feierte der „Schwarzwälder Bote“ seinen 100. Geburtstag. Das Geleitwort zur Festschrift gleicht angesichts des politischen Drucks einem diplomatisch formulierten Meisterwerk: Es betonte die Aufgabe, in Unabhängigkeit der Heimat zu dienen, Huldigungen an die NS-Machthaber unterblieben. Dann gelang es der NSDAP offenbar, einen politischen Redakteur als Spitzel zu gewinnen, der die persönliche und publizistische Einstellung Biesenbergers der örtlichen Parteileitung zu berichten hatte. Biesenberger musste sich vor dem Gaupresseamt in Stuttgart verantworten. Folgen blieben aus. Die Zeitung aber musste im Lauf der Jahre immer weiter ausufernde Bekanntmachungen der NS-Behörden abdrucken, was viel Platz einnahm und nie bezahlt wurde. Den Lokalmitarbeitern in den Dörfern, häufig Lehrern, wurde bedeutet, sie sollten ihre Tätigkeit für das „staatsfeindliche“ Blatt beenden. Um der NS-Konkurrenz überlegen zu bleiben, baute Biesenberger das Informations- und Serviceangebot aus. Auch die Sportberichterstattung und der schon 1930 eingeführte Sonntagsbote wurden erweitert, ungeachtet aller Einschränkungen, zumal ab 1938 geringerer Papierzuteilung. Noch schwieriger wurde es während des Krieges, gegen die bevorzugte NS-Presse zu bestehen. 1941 wurde der Wochenumfang per Dekret auf 48 Seiten, dann auf 34, 32, 26 und schließlich 24 Seiten reduziert, immer unter der Maßgabe, Siege der Wehrmacht mit größeren Überschriften zu verkünden. Die Verteilung der Seiten war genau vorgeschrieben, während der Raum für Anzeigenseiten von sechs auf ein- bis zweieinhalb Seiten und später noch weiter heruntergefahren wurde. Dennoch gelang es, den Verlag über die Runden zu bringen, vor allem weil die Leser ihrer Heimatzeitung treu blieben. Die Auflage hielt sich fast stabil, ging von 27000 (1943) bis gegen Kriegsende nur auf 24500 zurück. Nach drei großen Schließungswellen von deutschen Zeitungen 1941, 1943 und 1944 gehörte der „Bote“ zu den 18 deutschen Zeitungen mit einer Auflage bis 30000 Exemplaren, in denen die Nationalsozialisten nicht das Sagen hatten. Insgesamt waren noch 623 Zeitungen mit einer Gesamtauflage von 4,3 Mio., nur rund 17,5 Prozent der deutschen Gesamtauflage, in Privatbesitz.
Um der durch die Monopolisierung der Agenturen im Prinzip gleichgeschalteten Berichterstattung wenigstens bei der Auslandsberichterstattung ein gewisses Gegengewicht entgegenzusetzen, hatte der „Schwarzwälder Bote“ mit anderen Zeitungen den „Dienst mittlerer Tageszeitungen“, DIMITAG, gegründet. Seine Auslandskorrespondenten versorgten die angeschlossenen Zeitungen mit Nachrichten und vertraulichen Berichten über die außenpolitische Lage. Zu den DIMITAG-Informanten gehörten mehrere Botschafter und Mitarbeiter im Auswärtigen Amt. Mit welcher Gefahr diese Tätigkeit verbunden war, zeigen Beispiele. Die Warschauer Korrespondentin des „Schwarzwälder Boten“, Ilse Stöve, wurde 1942 in Berlin verhaftet, in ein Konzentrationslager eingeliefert und dort ermordet. Auch der Mitarbeiter des „Schwarzwälder Boten“ Walter Sinn endete im KZ.
Ab 1939 und vor allem nach dem Ausbruch des II. Weltkriegs war der Druck der Reichspressekammer auf die Herausgeber privater Zeitungen immer größer geworden. Die Drohung eines Biesenberger vorgesetzten kommissarischen NS-Verlagsleiters stand im Raum. Wie viele sah er sich damals genötigt, den Kompromiss einzugehen: er trat in die NSDAP ein, letztlich um Herr im eigenen Hause zu bleiben. Der Oberndorfer Bürgermeister Paul Fritz, ein strammer NS-Parteisoldat, befürwortete seine Aufnahme, auch wenn ihm klar gewesen sein mochte, dass der bekennende Katholik sich nicht leicht in die weltanschauliche Front der Partei hineinfinden werde. NS-Mitarbeiter in der Zeitung und Oberndorfer Bürger schwärzten ihn immer wieder an, er trüge sein Parteiabzeichen nicht, grüße statt „Heil Hitler“ immer noch mit „Grüß Gott“. Die Parteimitgliedschaft also markierte kaum einen Gesinnungswandel.
Das Entnazifizierungsverfahren durch die französische Militärverwaltung in Tübingen am 14.August 1947 brachte für Biesenberger dann auch den Vermerk: „keinerlei Berufsbeschränkung“. Der „Schwarzwälder Bote“ war während des NS-Regimes sicher kein Sprachrohr des Widerstands gewesen. So hätte er kaum überlebt. Biesenberger hatte aber immer versucht, dem Blatt das eben mögliche Maß an Eigenständigkeit zu erhalten. Zwischendurch erlaubte man sich sogar kleine Nadelstiche gegen die Machthaber. So eröffnete ein Sportredakteur, zugleich Mitglied der Verlegerfamilie, in der Ausgabe vom 4. Mai 1939 seinen Ausblick auf einen Boxkampftag in Stuttgart mit dem Satz: „Mit dem am Samstag dieser Woche in der Stadthalle vor sich gehenden Boxkampftag, der als Parade der Mittelgewichtler aufgezogen ist, geht der Auftakt für das Großereignis dieses Sommers mit dem Zusammentreffen von Adolf Hitler mit Max Schmeling vonstatten.“ Mächtiges Donnergrollen ertönte aus Stuttgart und Berlin.
Nachdem am 19. April 1945 die letzte Kriegs- Ausgabe erschienen war, galt es für Biesenberger, der sich noch zuvor erfolgreich gegen eine Sprengung des Maschinenparks gewehrt hatte, und seine Mitstreiter, den Neuanfang vorzubereiten. Die in ein Schwarzwaldtal verlagerte Rotationsmaschine wurde nach Oberndorf zurückgebracht, ein in einem Heustadel verstecktes Fahrzeug wieder hergerichtet. Zuerst aber musste der Verleger eine französische Zeitungslizenz erhalten. Das geschah in Etappen: nach mehreren Anträgen wurde zunächst erlaubt, ein kleines Nachrichtenblatt für Oberndorf und Umgebung zu vertreiben. Am 30.August 1945 erschien die erste Ausgabe der „Oberndorfer Nachrichten“. Inzwischen hatte das französische Gouvernement in Tübingen Vorstellungen für eine Neuordnung der Presse in seiner Zone entwickelt. Biesenberger präsentierte Ende August 1945 ein daran orientiertes Konzept. Nach Vorlage einer Nullnummer erhielt er Ende September die Erlaubnis, den „Schwarzwälder Boten“ wieder herauszugeben; sie wurde aber tags darauf wieder zurückgezogen. Biesenberger war erkrankt, als ihn Oberst Loutre, Chef der Direction de l’Information Baden-Baden, am 29. September abends besuchte und ihm erklärte, dass es streng verboten sei, eine Zeitung unter demselben Titel wie während des „Dritten Reichs“ herauszugeben. Auf Loutres Vorschlag wurde der ähnlich klingende Name „Schwarzwälder Post“ gewählt, die herkömmliche Titelgestaltung aber weitgehend beibehalten. Auf einem Stenogrammblock schrieb Loutre: „Hiermit wird dem Verlag Hermann Biesenberger die Genehmigung erteilt, die Schwarzwälder Post erscheinen zu lassen.“ Am 2. Oktober 1945 erschien in einer Auflage von 40000 die erste Ausgabe der „Schwarzwälder Post“ im Berliner Format mit vier Seiten. Bereits einen Monat später wurden die beiden Wochenausgaben mit 60000 gedruckt. Die Auflage stieg rasant: über 83000 Ende 1945 auf rund 154000 Ende 1946, wobei der Einzelverkauf mit knapp 50000 Exemplaren das große Interesse an der Zeitung weit über ihr eigentliches Verbreitungsgebiet hinaus dokumentierte.
Dann kam die französische Vorgabe, dass nur noch Parteiblätter als Tageszeitungen erscheinen dürfen. Da sich die französischen Behörden für das Tübinger „Schwäbische Tagblatt“ als einzige überparteiliche Tageszeitung in Württemberg-Hohenzollern entschieden hatten, verwandelte der Verleger Biesenberger die „Schwarzwälder Post“ ab 2. August 1947 vorübergehend in eine Wochenzeitung; vom 2. August 1948 an erschien die „Schwarzwälder Post“ wieder als unabhängige Tageszeitung, an drei, ab 25. November 1949 an vier Wochentagen. Wie viele Mitbewerber hatte auch Biesenberger die steigende Bedeutung des lokalen Geschehens und Anzeigenmarkts für eine Heimatzeitung erkannt und diesem Trend mit der Entwicklung von Lokalausgaben, u.a. für Oberndorf, Rottweil, Freudenstadt und Schwenningen, Rechnung getragen. Der Zusammenschluss mit dem „Gesellschafter“ in Nagold stärkte die Position der „Schwarzwälder Post“, die nach Wegfall der Lizenzpflicht seit 1. Oktober 1950 wieder „Schwarzwälder Bote“ heißt. Zum Jahresbeginn 1951 zählte die Zeitung bereits 26 Lokalausgaben, dazu kamen die zwei Hauptausgaben „Schwäbische“ und „Badische Heimatpost“. War der „Schwarzwälder Bote“ bis zum Kriegsende eine Regionalzeitung mit Konzentration auf das überörtliche Geschehen, so konzipierte Biesenberger das Blatt nun neu: Die Zeitung sollte den lokalen Nachrichten mehr Augenmerk schenken, dabei aber im kommunal- wie landespolitischen Teil die Tradition als Heimatzeitung mit pointierten politisch-freiheitlichen Standpunkten fortführen. In der Festschrift zum 125-jährigen Bestehen der Zeitung kommentierte Biesenberger den Wandel nach dem „Dritten Reich“ so: „Die Tageszeitung musste wieder zu ihrer ursprünglichen Hauptaufgabe, der aktuellen und zuverlässigen Berichterstattung zurückfinden, wobei allerdings die Nachricht immer in größerem Zusammenhang gesehen werden muss, um durch ihre Erläuterung und Wertung zur persönlichen Meinungsbildung beitragen zu können.“
Biesenberger konzentrierte sich nach dem II. Weltkrieg auf seine Aufgaben als Verleger und Herausgeber und zog sich aus der redaktionellen Tagesarbeit weitgehend zurück, so dass sich nach 1948 nur noch wenige mit seinem Namen gezeichnete Artikel finden. Zeitzeugen versichern aber, dass er die wichtigen politischen Fragen mit den Redakteuren diskutiert habe. Auch viele mit „SB“ als Namenskürzel der Zeitung gezeichnete Kommentare habe er verfasst. Biesenberger und der im Württembergischen, Badischen und Hohenzollerschen gleichermaßen verbreitete „Schwarzwälder Bote“ gehörten begreiflicherweise zu den Vorkämpfern für den Südweststaat: „Die Bundesrepublik braucht den Südweststaat als Präzedenzfall einer sinnvollen innergebietlichen Neuordnung“ war im Kommentar am 13. Dezember 1951 als Reaktion auf den Volksentscheid vier Tage zuvor zu lesen.
Mit unternehmerischer Weitsicht, Ausdauer und Bedachtsamkeit hatte Biesenberger nicht allein sein Ziel erreicht, den „Schwarzwälder Boten“ durch die schweren 1930er- und 1940er-Jahre zu führen und die eigenständige Tageszeitung als Familienunternehmen zu erhalten, auch der Verlag hatte eine zukunftsfähige Struktur. Als Biesenberger zum 31. Dezember 1959 in den Ruhestand trat, war der „Schwarzwälder Bote“ eine bedeutende Regionalzeitung in Südwestdeutschland und die Grundlage für den Erfolg dieser 2013 im 179. Jahrgang erscheinenden Zeitung gelegt.
Biesenbergers Lebensleistung wurde durch das Bundesverdienstkreuz gewürdigt. Dem begabten Liedersänger, der junge musische und schriftstellerische Talente förderte, lag neben seiner Zeitung auch das große, traditionelle Heimatfest der Oberndorfer Fasnet am Herzen. Unter ihm als Präsidenten der Narrenzunft Oberndorf hatte 1936 das fast legendäre Narrentreffen der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte in Oberndorf stattgefunden. Der Humanist, der miterleben musste, welche Not zwei Weltkriege über die Menschen gebracht hatten, fühlte sich gleichermaßen dem Dienst am Nächsten verpflichtet. Auf seine Initiative wurde 1956 der Lionsclub Rottweil gegründet, dem auch Oberndorf und Schramberg angehörten und dessen Gründungspräsident Biesenberger war. In der Redaktion, wo Biesenbergers Menschlichkeit geschätzt war, legte er großen Wert auf guten Schreibstil in verständlichem Deutsch. Bezeichnend seine Anweisung für Kommentare und Glossen, die bei aller sachlich fundierten Kritik der gegnerischen Meinung immer mit Respekt begegnen solle. Das mag dazu beigetragen haben, dass der immer zugängliche, joviale Grandseigneur sehr beliebt war, nicht zuletzt, weil er mit den Menschen auf der Straße in Oberndorf gerne sprach. Seinen Ruhestand konnte Biesenberger nicht lange genießen. Bei einem Autounfall bei Oberkirch erlitt er am 16.Oktober 1960 schwerste Verletzungen, und verstarb vier Tage darauf im Oberkircher Krankenhaus.
Quellen: StAS WÜ13 T Nr. 2512/ 027; StadtA Oberndorf XII Bc 13; UA Tübingen 258/ 1390, Studentenakte; A des „Schwarzwälder Boten“ 1835–1960; Aufzeichnungen von Dr. Werner Heyd, Günter Wolf; Auskunft des UA Tübingen an den Herausgeber vom Mai 2013.
Werke: Geschichte des zünftigen Handwerks in d. Stadt Stuttgart, Diss. phil. Tübingen, 1921; Im Dienste d. Heimat, 1950; Hausschatz 1950–1959; zahlreiche Leitartikel u Geleitworte, z.B. zur NS-„Machtergreifung“ am 2.2.1933; nach 1945 Verfasser zahlreicher mit „SB“ gezeichneter Kommentare.
Nachweis: Bildnachweise: „Schwarzwälder Bote“ vom 21.10.1960.

Literatur: Eugen Feederle, Der Schwarzwälder Bote 1835 bis 1935, 1935; Hortolf Biesenberger, Der Schwarzwälder Bote in den Jahren 1930 bis 1950, Diss. phil. München, 1953; Schwarzwälder Bote 1835-1985, eine Chronik aus 150 Jahren, 1985; Würdigungen zum 60. u. 65. Geburtstag Biesenbergers in: „Schwarzwälder Bote“ vom 20.4.1952 u. 20.4.1957; Nachrufe ebd. ab 21.10.1960.
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