Bucerius, Walter 

Geburtsdatum/-ort: 14.08.1875; Kolbe/Saale
Sterbedatum/-ort: 26.05.1946; München
Beruf/Funktion:
  • Direktor des badischen Landesgewerbeamtes
Kurzbiografie: 1893 Abitur
1893-1896 Praktische Ausbildung
1896-1900 Studium an der Technischen Hochschule Karlsruhe
1900-1902 Arbeit in der freien Wirtschaft
1903-1937 Tätigkeit beim badischen Landesgewerbeamt Karlsruhe
1923 Direktor des Landesgewerbeamtes
1934 Lehrauftrag an der Technischen Hochschule Karlsruhe
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: 1906 Elisabeth, geb. Reps
Eltern: Vater: Friedrich Wilhelm Bucerius, Kaufmann
Mutter: Caroline, geb. Schilüter
GND-ID: GND/1012179834

Biografie: Frank Haverkamp (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 1 (1982), 85-86

Nach einer umfassenden praktischen Ausbildung in Bernburg und Straßburg, begann Bucerius im Wintersemester 1896 mit seinem Studium des allgemeinen Maschinenbaus und der Brennstofftechnik an der Technischen Hochschule in Karlsruhe. Während der Studienzeit arbeitete er bei drei verschiedenen Professoren: zuerst bei Prof. Lindner als Assistent für mechanische Technologie und allgemeinen Maschinenbau, anschließend bei Prof. Brauer für theoretischen Maschinenbau und zuletzt bei Prof. Bunte, dem berühmten Lehrer für chemische Technologie. Hier, im chemisch-technischen Labor, verweilte Bucerius am längsten und befaßte sich besonders mit den Problemen der Feuerungstechnik. Dieser dreimalige Wechsel in knapp drei Jahren verdeutlicht sein Bestreben, die Ingenieurwissenschaften möglichst vielseitig zu erfassen. Nach seinem wissenschaftlichen Ingenieurexamen gab Bucerius im Jahr 1900 seine Assistentenstelle bei Prof. Bunte auf, um in der Praxis weitere Erfahrungen zu sammeln.
Seine Tätigkeit in der freien Wirtschaft sollte aber nicht lange dauern, denn schon Ende 1902 bot ihm Prof. Heinrich Meidinger, der Leiter der Landesgewerbehalle in Karlsruhe, an, die Schriftleitung der Badischen Gewerbezeitung zu übernehmen. Am 2. Februar 1903 wurde Bucerius als „wissenschaftlich gebildeter Assistent“ an der Landesgewerbehalle in Karlsruhe angestellt. Hier, auf dem Gebiet der Gewerbeförderung, sollte während der kommenden Jahrzehnte sein Betätigungsfeld liegen.
Die ersten Jahre waren erfüllt von der Arbeit an der Badischen Gewerbezeitung, die Bucerius nicht nur redigierte, sondern für die er auch zahlreiche Aufsätze und Berichte über Neuerungen der Handwerkstechnik und deren Anwendung für das Kleingewerbe schrieb. Nebenher hielt er Vorlesungen an der Baugewerkschule in Karlsruhe über Feuerungstechnik und Heizungswesen. Durch die zeitweilige Krankheit des zweiten Beamten der Landesgewerbehalle (ab 1905 Landesgewerbeamt), Karl Mattenklott, mußte Bucerius in zunehmendem Umfang auch technische Aufgaben übernehmen und kam durch Beratungstätigkeit, Ausstellungen und Fortbildungskurse in engen Kontakt mit dem Handwerk.
Mit dem Tode Mattenklotts trat Bucerius am 1. April 1907 an dessen Stelle als zweiter Beamter des Landesgewerbeamtes und übernahm neben der Schriftleitung der Badischen Gewerbezeitung hauptamtlich die technischen Aufgaben. Die vorangegangenen Jahre hatten ihm die Möglichkeit gegeben, sich in die Probleme der Einführung moderner Technologien in das Handwerk und die durch die Industrialisierung hervorgerufene Strukturkrise des Handwerks einzuarbeiten. Als technischer Referent konnte Bucerius jetzt initiativ tätig werden; in der Zeit bis zum Kriegsausbruch galt seine besondere Aufmerksamkeit der Veranstaltung von Spezialausstellungen für bestimmte Handwerksgruppen.
Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde Bucerius die Leitung des Landesgewerbeamtes als stellvertretender Direktor übertragen. Die Kriegszeit drängte die Aufgaben der Gewerbeförderung zurück und Bucerius konnte so sein organisatorisches Talent unter Beweis stellen. Neben Problemen der Rohstoffbeschaffung widmete er sich besonders den Umschulungsmaßnahmen für Kriegsgeschädigte, um ihnen die Wiedereingliederung in das Berufsleben zu ermöglichen. Aufgrund seiner Verdienste wurde Bucerius am 24. November 1927 zum Regierungsrat und ordentlichen Mitglied des Landesgewerbeamtes ernannt.
In die Kriegszeit fällt auch die erste Beschäftigung mit den Problemen der rationellen Betriebsführung im Handwerk, ein Problemkreis, der ihn bis zu seinem Tod beschäftigen sollte. Ihm ging es dabei um die kritische Anwendung der amerikanischen Versuche zur Rationalisierung der Betriebsführung nach dem Taylor-System auf die Verhältnisse des deutschen Handwerks. Sein Ziel war die wirtschaftliche Besserstellung der Handwerker über die Verbesserung ihrer Arbeitstätigkeit. Bucerius beschritt damit neue Wege auf dem Gebiet der Gewerbeförderung. Am 24. Oktober 1919 gründete er in Karlsruhe das „Forschungsinstitut für rationelle Betriebsführung im Handwerk“. Er hoffte, durch Intensivierung der Forschungstätigkeit anhaltend auf die Verhältnisse des Handwerks einwirken zu können, und die Übernahme seines Instituts 1921 durch den „Reichsverband des Deutschen Handwerks“ vergrößerte die von ihm angestrebte Wirkungsmöglichkeit. Nach der offiziellen Übernahme der Leitung des so vergrößerten Forschungsinstituts 1922, gründete Bucerius im selben Jahr die Zeitschrift „Betriebsführung, Mitteilungen des Forschungsinstituts für rationelle Betriebsführung im Handwerk e. V. in Karlsruhe“. Die Arbeitsergebnisse des Instituts sollten mit Hilfe dieses Organs dem gesamten deutschen Handwerk vermittelt werden, um so auf die Hebung des wirtschaftlichen Erfolges des Kleingewerbes einzuwirken. Schon vor dem Ersten Weltkrieg hatte Bucerius versucht, mit der Herausgabe einer Schriftenreihe „Neuerungen in der Technik des Handwerks“ (1. Folge 1905, 2. Folge 1913) einen Beitrag zur Hebung des Handwerks in Baden zu leisten.
Neben zahlreichen Aufsätzen in der „Badischen Handwerker- und Gewerbezeitung“, setzte sich Bucerius auch in zwei grundlegenden Büchern mit den Problemen und Möglichkeiten der modernen Gewerbeförderung auseinander. (Grundlagen der rationellen Betriebsführung mit besonderer Berücksichtigung des Handwerks, Karlsruhe 1924, insgesamt 8 Auflagen; Die technische Führung des Handwerksbetriebes, Berlin 1930). Gegen seinen Willen wurde 1927 das Forschungsinstitut in Karlsruhe aufgelöst und mit der bis dahin in Hannover bestehenden „Arbeitsgemeinschaft für die Handwerksstruktur“ und dem „Wirtschaftswissenschaftlichen Institut“, zu einem einzigen „Institut für Handwerkswirtschaft“ in Berlin verschmolzen. Bucerius hatte in den vorangegangenen zehn Jahren wichtige Vorarbeiten für die Gründung dieses deutschen Handwerksinstituts geleistet.
Die Beschäftigung mit Rationalisierungsproblemen im Handwerk standen in engem Zusammenhang mit seiner Tätigkeit beim Landesgewerbeamt in Karlsruhe. Die provisorische Stellung als Leiter des Amtes wurde 1923 durch seine Ernennung zum Oberregierungsrat und Direktor der Behörde gefestigt. Unter seiner Leitung konnte sich das Landesgewerbeamt von einer anordnenden in eine beratende Gewerbeförderungsbehörde wandeln. Die Entwicklung der gewerblichen Organisationen in Baden führte dazu, daß die eigentlichen Gewerbeförderungsmaßnahmen von der staatlichen Dienststelle immer mehr in die selbständige Organisation des badischen Handwerks übergeleitet wurde. Diese Überleitung, die zum Vorteil des badischen Kleingewerbes sein sollte, ist ein Verdienst von Bucerius. Er stand während der Jahre nach dem Weltkrieg dem badischen Handwerk beratend, anregend und ermahnend zur Seite und versuchte durch seine Forschungstätigkeit neue Wege der Gewerbeförderung zu beschreiten. Die 1933 erfolgte Gleichschaltung aller Handwerkerorgane wirkte sich auch auf die Arbeit von Bucerius hemmend aus. Trotzdem führte er seine Forschungsarbeiten weiter und veröffentlichte 1936 sein drittes Buch. (Die Wirkung des technischen Fortschritts auf das Handwerk in den letzten zwei Jahrhunderten, München 1936.) Im Jahr 1937 wurde er aus politischen Gründen gegen seinen Willen vorzeitig pensioniert.
Auch während des Zweiten Weltkrieges, den er größtenteils in München verlebte, behielt Bucerius den 1934 übernommenen Lehrauftrag an der Technischen Hochschule Karlsruhe bei und hielt bis 1946 Vorlesungen über Betriebswirtschaftslehre. Da er wenige Monate vor seinem 71. Geburtstag einem Herzschlag erlag, konnte die zu diesem Tag geplante Ernennung zum Honorarprofessor der Technischen Hochschule Karlsruhe, die Würdigung seiner großen Verdienste um die badische Gewerbeförderung, nicht mehr vollzogen werden.
Werke: Über rationelle und rauchfreie Heizung von Backöfen, München 1905; Raumheizung und Feuerungstechnik mit besonderer Berücksichtigung der Ofenheizung, 1. Teil, Die Vorgänge bei der Wärmeerzeugung und Wärmeabgabe. Karlsruhe 1920; Grundlagen der rationellen Betriebsführung mit besonderer Berücksichtigung des Handwerks, Karlsruhe 1924; Der Rationalisierungsgedanke im Handwerk (Wirtschaftliche Betriebsführung), Karlsruhe 1926; Die technische Führung des Handwerksbetriebes, Berlin 1930; Die Wirkung des technischen Fortschritts auf das Handwerk in den letzten zwei Jahrhunderten, München 1936.
Nachweis: Bildnachweise: GLAK
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