Billigheimer, Samuel
Geburtsdatum/-ort: | 1889-08-03; Feudenheim |
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Sterbedatum/-ort: | 1983-05-17; Melbourne/Australien |
Beruf/Funktion: |
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Kurzbiografie: | 1907 Abitur am Gymnasium Mannheim 1907-1911 Studium der Sprachen Englisch, Französisch, Latein und Philosophie an der Universität Heidelberg 1911 Promotion an der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg 1912 Lehramtspraktikant an der Elisabethschule Mannheim 1920 Professor an der Lessingschule Mannheim 1933 Zurruhesetzung aus „rassischen“ Gründen 1933-1938 Leiter des Jüdischen Lehrhauses Mannheim 1938, 10.11.-14.12 Inhaftierung im KZ Dachau 1939 Emigration nach Melbourne/Australien 1939-1959 Lehrer an einer „grammar school“ in Melbourne 1970 Großes Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland |
Weitere Angaben zur Person: | Religion: isr. Verheiratet: 1920 Mannheim, Gertrud, geb. Feitler (1896-1988) Eltern: Vater: Karl, Kantor und Religionslehrer (1864-1931) Mutter: Caroline, geb. Hess (1869-1943) Geschwister: keine Kinder: 2 Adoptivsöhne |
GND-ID: | GND/1012399176 |
Biografie
Biografie: | Karl Otto Watzinger (Autor) Aus: Baden-Württembergische Biographien 1 (1994), 28-29 Die Lehrtätigkeit Billigheimers wurde im Ersten Weltkrieg durch seinen Dienst als Dolmetscher bei Kriegsgefangenen im Sennelager, einem Truppenübungsplatz im Münsterland, unterbrochen. Danach entfaltete er eine fruchtbare pädagogische Arbeit, die weit über die Grenzen seiner Fächer hinausging. So gestaltete er an der Lessingschule die Schul- und Landheimfeste, wofür er Sprechchöre und Theateraufführungen einstudierte. In Aufsätzen und Vorträgen befaßte er sich mit pädagogischen und philosophischen Fragen und gehörte dem Philologenverband an. Er war Mitglied der Deutsch-Demokratischen Partei und Vorsitzender der Mannheimer Liberal-Jüdischen Vereinigung, Mitglied des Synagogenrats und des Oberrats der Israeliten in Karlsruhe. Nach seiner zwangsweisen Zurruhesetzung übertrug ihm die jüdische Gemeinde die Leitung des Lehrhauses, das 1929 nach dem Vorbild des Frankfurter Lehrhauses von Franz Rosenzweig gegründet worden war. Nach 1933 erhielt das Lehrhaus die neue Aufgabe, die Jugend, für die es keine Zukunft mehr in Deutschland gab, auf die Auswanderung vorzubereiten, wozu vor allem Sprachkurse eingerichtet werden mußten. Billigheimer legte aber Wert darauf, die ursprüngliche Aufgabe des Lehrhauses, das Kenntnisse vom Wesen des Judentums vermitteln sollte, nicht zu vernachlässigen. Dazu hielt er selbst Kurse über jüdisches Denken und religionsphilosophische Fragen. Nach den Pogromen vom 9./10. November 1938 hörte auch die Arbeit des Lehrhauses auf. Billigheimer, vom 10. November bis 14. Dezember 1938 im Konzentrationslager Dachau inhaftiert, konnte im April 1939 nach Melbourne in Australien emigrieren, wo er neben seiner Lehrtätigkeit Themen deutscher und jüdischer Geistesgeschichte in Vorträgen und Aufsätzen behandelte. Seiner Lebensphilosophie gab er in gedankenreichen Gedichten in seiner Muttersprache poetischen Ausdruck. Im Jahre 1970 wurde ihm, als Vermittler jüdischer und deutscher Geistesgeschichte, das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Nach dem Krieg nahm er auch die Verbindung zu seiner Heimatstadt und seiner alten Schule wieder auf, starb aber in Australien, ohne seine geliebte Heimat wiedergesehen zu haben. |
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Werke: | Das religiöse Leben des Sully-Prudhommes genetisch dargestellt, Freiburg 1911; Karl Billigheimer, Mannheimer Hefte 1972, 1, 38 ff. |
Nachweis: | Bildnachweise: Stadtarchiv Mannheim |
Literatur + Links
Literatur: | Hans-Joachim Fliedner, Die Judenverfolgung in Mannheim 1933-1945, Stuttgart 1971, Bd. 1, 36, 56, 72, 89, 108; Bd. 2, 21, 24, 28 ff., 149 ff.; Günther Wüst, 75 Jahre Lessing-Gymnasium, Mannheim 1977, 181; Karl Otto Watzinger, Geschichte der Juden in Mannheim 1650-1945, Stuttgart 2. Aufl. 1987, 81 f.; ders., Samuel Billigheimer zum 100. Geburtstag, in: Mannheimer Hefte 1989, 2, 76 f. |
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