Blum, Anna
Geburtsdatum/-ort: | 1843-10-12; Heidelberg |
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Sterbedatum/-ort: | 1917-07-03; Heidelberg |
Beruf/Funktion: |
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Kurzbiografie: | Seit 1875 Schriftführerin des Bad. Frauenvereins, Zweig Heidelberg 1895 Gründung einer Flickschule 1898 Eröffnung des „Blumschen Freibades“, einer Schwimm- u. Badeanstalt am Neckar 1904 Vorsitz im „Ausschuss d. Vorbereitungen für den Kriegsfall“ 1901 70. Geburtstag von Wilhelm Blum, Heidelberger Ehrenbürger 1907 Stiftung des „Volksfrauenbades“ als Erweiterung d. Blumschen Schwimm- u. Badeanstalt 1913 Blum erste Heidelberger Ehrenbürgerin 1917 Stiftung eines Altersheimes für Frauen sowie eines Erholungsheimes für Frauen u. Kinder; Ehrenbürgerin d. Stadt Heidelberg 2010 Erinnerungstafel d. Stadt Heidelberg |
Weitere Angaben zur Person: | Religion: ev. Auszeichnungen: Ehrungen: Heidelberger Ehrenbürgerin (1913) Verheiratet: 1872 Wilhelm Blum (1831–1904), Kaufmann, MdR-Nationalliberale im Wahlkreis 12, Heidelberg 1874 –1884 Eltern: Vater: David Heinrich Helwerth, Gastwirt Mutter: Elisabeth, geb. Dürr Geschwister: keine Kinder: keine |
GND-ID: | GND/1012415465 |
Biografie
Biografie: | Ilona Scheidle (Autor) Aus: Badische Biographien NF 6 (2011), S. 32-35 Da ein persönlicher Nachlass fehlt, ist die Vita Blums allein durch ihr öffentliches Wirken rekonstruierbar, dessen Bedeutung durch die Verleihung der Heidelberger Ehrenbürgerwürde an Sie heraussticht. Blum entstammte einer Heidelberger Gastwirtsfamilie. 1846 verstarb ihr Vater, die verwitwete Mutter führte den „Badischen Hof“, weiter. 1848 fand dort, der vornehmsten Adresse der Stadt, die „Heidelberger Versammlung“ statt. Liberale und Demokraten debattierten über nationale Einheit und demokratische Rechte. Die finanziell unabhängige Stellung durch eigenes und erworbenes Vermögen des Ehemannes während der Gründerjahre erlaubten ihr einen unabhängigen Lebensstil. Ihr Mann gehörte zur Klasse der Höchstbesteuerten. Mit ihrem Ehemann, dem Nationalliberalen Reichstagsabgeordneten Wilhelm Blum, lebte sie ausgesprochen großbürgerlich in der Theaterstraße 10 und im Schloß Wolfsbrunnenweg 6; weltoffene Geselligkeit gehörten dazu. Entsprechend der liberalen Maxime, Gesellschaftsreformen dort anzusiedeln, wo soziale Verhältnisse fatal seien, förderten die Eheleute soziale Reformen, den Arbeiterbildungsverein und die Volksbibliothek. Dies verbanden sie mit der Auflage, Abstand zu revolutionären Bestrebungen zu halten. Blum trat zuerst mit ihrer Arbeit in der größten Organisation des Großherzogtums in die Öffentlichkeit, im „Bad. Frauenverein“. Als Schriftführerin des Zweiges Heidelberg koordinierte sie die ehrenamtlich geleistete Frauenarbeit der Universitätsstadt. Für die Abteilung III, Krankenpflege und Frauenheim, war Blum eine der über hundert Frauen des Bürgertums, die Kranke versorgten. 1897 unterzeichnete Blum mit dreiundsiebzig weiteren Frauen der Gesellschaft einen Aufruf zum Spenden für den zweiten Luisenbazar für kranke Kinder in Heidelberg. 1895 gründete Blum auf Anregung der Vereinsprotektorin Großherzogin Luise von Baden (➝ II 12) eine Flickschule, die für schulentlassene Mädchen der 8. Klasse ein zeitlich begrenztes Unterrichtsangebot in Handarbeiten organisierte. Vereinsintern wurde die Schule in der Abteilung für weibliche Arbeiten erfasst. Als Leiterin dieser Abteilung organisierte Blum diese Arbeit mit der Arbeits- und Gewerbeschule, der späteren Frauenarbeitsschule, bis 1904. Als der Verein die Personalkosten besonders für die Altersversorgung der Lehrerinnen nicht mehr aufbringen konnte, übernahm die Kommune den Betrieb. Damals wurde dieser Abteilung die neue Aufgabe eines Tuberkulose- Ausschusses gestellt, 1894 in Heidelberg die häufigste Todesursache. Organisatorisch wurden acht Bezirke gebildet, mit je einer Aufsichtführenden und einer Stellvertreterin, welche die Kranken in liebevoller Weise die möglichste Hilfe verabreichten. Als eine Kommission für die Kriegskrankenpflege eingerichtet wurde, waren es wieder die Frauen der Leitungsgremien des Bad. Frauenvereins, die dies organisierten. Zehn Jahre vor dem I. Weltkrieg formierte sich der Ausschuss unter Blums Vorsitz und traf Vorbereitungen für den Kriegsfall. Außerdem war die körperlich seit Geburt durch ein Fußleiden geschwächte Frau im „Fröbelverein“, im „Turnverein“, im „Roten Kreuz“, in der „Propaganda-Gesellschaft für Mutterschaftssicherung“ sowie im „Kriegernachmittagsverein“ engagiert. 1893 spendete das Ehepaar 30 000 Mark für die Errichtung einer eintrittsfreien Städtischen Schwimm- und Badeanstalt am Neckar. Das „Blumsche Bad“ war viel besucht, auch die hölzernen Flussbadewannen waren begehrt. Dann kam es zu öffentlichen Debatten über schlechte Nutzungszeiten für Frauen und Mädchen, die weniger und zu schlechteren Zeiten Zutritt hatten als die männlichen Nutzer. Eine Extraspende der verwitweten Blum im Gedenken an das Goldene Ehejubiläum des Großherzogspaares schaffte Abhilfe durch Erweiterung. Die Stadt erhielt den Auftrag, ein zusätzliches Schwimmbassin und weitere zehn bis zwölf Einzelkabinen zu errichten. Als der Spende von 10 000 Mark keine Taten folgten, erinnerte Blum im Interesse der weiblichen Arbeiterinnen den Stadtrat nochmals an das humane Motiv und an den Bedarf ihrer Gabe und forderte dazu auf, die Baumaßnahme voranzutreiben. Vor einer ersten Planbesprechung verlangte sie Einsicht in die Unterlagen des Tiefbauamtes. Diese Pläne wiesen bereits eine verdoppelte Endsumme, nämlich 20 000 Mark aus. Daraufhin setzte Blum genaue Verfahrensbedingungen fest und reklamierte die schriftliche Versicherung, dass die Bestellungen und Arbeiten für das Frauenbad sofort mit größter Energie betrieben würden. Sie sicherte weitere 10 000 Mark zu, die sie bis zur Fertigstellung des Bades zahlen wollte, drohte aber, die letzte Zahlung zu verzögern, falls sich die Fertigstellung des Bades verzögern sollte. Blum definierte auch Funktion und Stiftungsabsicht: es solle ein „Volksfrauenbad“ sein, kein „Damenbad“, wie es das Tiefbauamt vorgeschlagen hatte. Ausdrücklich äußerte sie den Wunsch, in der Öffentlichkeit darüber nicht zu debattieren, sondern stillschweigend rasche Arbeit zu liefern, da fertige Tatsachen für sich selbst sprächen. Ein Mai- Hochwasser zerstörte die Anlage 1931. In ihrem Testament verfügte Blum noch zwei Stiftungen für Frauen: ein Altersheim in der Theaterstraße, von ihr „Blums Hof“ genannt, und ein Erholungsheim im Schloß Wolfsbrunnenweg, die „Blümli-Alp“. Beide Anwesen sollten mit einem Angebot für Kinder ausgestattet werden. Blums Hof lag in der Stadt mit einem Solebad, die Blümli-Alp am Berg sollte eine Waldfreizeit im großen Garten werden. Blums Zielgruppe waren „Bedürftige“: Frauen, Mädchen und kranke Knaben. Ihr letzter Wille sah vor, das Altersheim einem Kuratorium unter dem Vorsitz des Oberbürgermeisters zu unterstellen, dem Ortsgeistliche und Ärzte angehören sollten, damit deren Kompetenz dem Heim nutzbar würden. So zielte der Stiftungsaufbau auf eine Integration der wichtigsten kommunalen Kräfte. Eingebunden wurden beide Kirchen, die Stiftung sollte überkonfessionell sein. Übergreifende Aufgabe aller Beteiligten sollte eine optimale Nutzung des Heimes gewährleisten. Blum grenzte ihre Stiftung auch von bestehenden Einrichtungen ab, dezidiert von der eines Armenhauses. Ein strenges Reglement sollte helfen, die Heimbewohnerinnen auf Reinlichkeit und Frieden hin zu lenken. Am Wichtigsten sei der gute Ruf, wäre dieser gefährdet, hätten die vorgesehenen Hierarchien zur Kündigung zu schreiten. Eine Wärterin sollte dem Haus vorstehen. Heidelberg beauftragte den Architekten Oswald Stritt, Entwürfe für den Umbau des Anwesens für das Frauenaltersheim auszuführen. Seine Entwürfe planten das Anwesen zu erhöhen und um einen dreigeschossigen Westseitenanbau zu erweitern. Im Juli 1920 entzog das städtische Bezirksbauamt die erteilte Baugenehmigung wegen der Not der Nachkriegsjahre. Abweichend vom Stiftungsgedanken der Erblasserin wurde das Anwesen anders genutzt. Erst als 1977 das „Anna-Blum-Haus“ vom Heidelberger Deutschen Frauenring e.V., als Nachfolgeverein des Bad. Frauenvereins bezogen und bis 2010 genutzt wurde, kam Blums Vorstellung wohltätiger Stiftungen für Frauen zum Tragen. Heute ist die Immobilie Teil der Theatererweiterung. Die von Not geprägten Nachkriegsjahre verhinderten ebenfalls Blums Traum eines Walderhohlungsheimes für Frauen. Wenigsten der Wille der Stifterin wurde respektiert, den großen Garten mit seiner glyzinienumrankten Gartenlaube nicht zu verbauen. |
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Quellen: | StadtA Heidelberg Meldekartei, AA, 2a/4, Anna Blum an OB Walz vom 15. Oktober 1913, AA, 311/11, das Vermächtnis d. Dr. Wilhelm Blum Wwe. an die Stadt Heidelberg, AA, 311/10, Baupläne Oswald Stritt Mai 1918 u. März 1919, H 251, Gedenkbuch, 252 g, Buch zum Kreuz im Eisen; StadtA Heidelberg: AA, 311/11, Nachruf Eugen von Jagemanns vom 4.7.1917; GLA Karlsruhe 69/1123, Rechenschaftsbericht des Heidelberger Zweiges 1894, 69/1094, Bazar zum Besten d. Luisenheilanstalt für kranke Kinder zu Heidelberg. |
Nachweis: | Bildnachweise: StadtA Heidelberg 7715734, Fotoportrait, u. 7715735, Anna Blum auf Reisen; Kurpfälzisches Museum Heidelberg G 2326, Ölportrait postum. |
Literatur + Links
Literatur: | Ruth Lutzmann, Anna Blum – ihr Lebenswerk. Typoskript, Heidelberg o.J.; Ilona Scheidle, „Fertige Tatsache spricht für sich“ Zum 90. Todesjahr des ersten weiblichen Ehrenbürgers Anna Blum, in: Heidelberger Geschichtsverein (Hg.), Heidelberg. Jahrb. d. Stadt Heidelberg, 2007, 69–98; dies., „Tu Gutes u. wirf es in Meer“. Die erste Ehrenbürgerin Anna Blum, in: Heidelbergerinnen, die Geschichte schrieben, 2006, 75–85; dies., „Weiß es d. Fisch nicht, so weiß es d. Herr“ Das Vermächtnis d. Anna Blum, erster weiblicher „Ehrenbürger“ Heidelbergs, in: Heidelberger Geschichtsverein (Hg.), Jahrb. zur Geschichte d. Stadt Heidelberg 1997, 181–189; dies., Vom landesmütterlichen Regiment zur bürgerlichen Massenorganisation: Der Bad. Frauenverein – Zweigverein Heidelberg, in: Stadt Heidelberg (Hg.), Die Vergangenheit ist die Schwester d. Zukunft – 800 Jahre Frauenstadtgeschichte in Heidelberg, 1996, 240–253; dies., Der Stadt zur Ehr’: Anna Blum – erste Ehrenbürgerin von Heidelberg, in: Frauengestalten, hgg. von Peter Blum, 1995, 11–25. |
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