Bender, Karl Ludwig 

Geburtsdatum/-ort: 1881-02-28;  Karlsruhe
Sterbedatum/-ort: 1961-03-21;  Karlsruhe
Beruf/Funktion:
  • Oberkirchenrat
Kurzbiografie: 1887-1899 Volksschule (bis 1890) und Gymnasium in Heidelberg
1899-1904 Studium der evangelischen Theologie in Heidelberg und Halle (Sommersemester 1900)
1904-1911 Vikariat in Neckarau (1904), Gernsbach und Rastatt (1905), Nonnenweier (1905/06), Karlsruhe (1906) und Bruchsal (1907-1911)
1911-1933 Pfarrer in Schatthausen (bis 1919), Donaueschingen (bis 1924) und Mannheim (bis März 1933)
1912-1935 Vorsitzender des Kirchlich-sozialen Bundes in Baden
1912-1933 Vorstandsmitglied der Evangelischen Konferenz bzw. der Kirchlich-positiven Vereinigung in Baden
1914-1933 Abgeordneter der General- bzw. Landessynode bis zu seinem Amtsantritt als Oberkirchenrat am 01.04.1933
1924-1933 Synodales Mitglied der Evangelischen Kirchenregierung (seit 1925 als Landeskirchenrat)
1933-1945 Oberkirchenrat; von Juli 1933 bis zu seiner Zurruhesetzung im November 1945 ständiger Stellvertreter des Landesbischofs
1934 Dr. theol. h. c. der Universität Heidelberg
Weitere Angaben zur Person: Religion: evangelisch
Verheiratet: 1. 1908 Neumecklenburg, mit der Pfarrerstochter Klara Maria Dorothea Katharina (Käthe), geb. Fiehn (1886-1918)
2. 1919 Leutershausen, mit der Pfarrerstochter Marie Charlotte Luise Wilhelmine, geb. Teutsch (1895-1995)
Eltern: Ernst Ludwig Bender (1852-1944), Eisenbahnzugmeister
Luise Christine, geb. Baier (1851-1931)
Geschwister: Erwin (1883-1953)
Erna Rosine Eva (1887-1974)
Berta Elsa (1889 -1970)
Anna Kathinka (geb./gest. 1889)
Luise (1892-1974)
Kinder: aus 1. Ehe Ernst Gerhard (1909-1932), Gisela Luise (geb. 1910), Irmgard Klara (geb. 1913), Friedhilde (geb. 1916)
aus 2. Ehe Waltraud (geb. 1921), Hadwig (1923-1998), Gertrud Christa (geb. 1924), Karl Friedrich (geb. 1926), Luitgard (geb. 1928), Ernst Gerhard (1933- 1981)
GND-ID: GND/1012577481

Biografie: Günter Opitz (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 2 (1999), 35-37

„Cum Deo pro ecclesia“ – Bender, der dies als seinen Wahlspruch über Erinnerungen aus seinem Leben schrieb, wuchs seit 1883 in Heidelberg in bescheidenen kleinbürgerlichen Verhältnissen in einem Elternhaus auf, dessen tiefe, schlichte Frömmigkeit ihn nachhaltig prägte; hier besuchte er die Schule, hier bekam er sehr früh durch seine Eltern eine Verbindung zu der kleinen kirchlich-positiven Minderheitsgemeinde um die Evangelische Kapelle, die sich gegen die herrschende liberale Richtung der Landeskirche gebildet hatte und die er Zeit seines Lebens als seine geistliche Heimat betrachtete. Seine langjährige Tätigkeit als Helfer in der „Sonntagsschule“ der Gemeinde, seine Zugehörigkeit zum CVJM und zum Schülerbibelkreis prägten ihn entscheidender als die humanistische Bildung des Gymnasiums und als das Studium der Theologie, das er mit Ausnahme eines Semesters mit großem Fleiß und Arbeitseinsatz in Heidelberg absolvierte, in dem er die wissenschaftliche Bildung für seinen Beruf erwarb, das aber seine biblizistische Grundhaltung nicht mehr veränderte.
Noch während seines Vikariats erhielt er durch ein Stipendium die Möglichkeit, von Oktober 1906 bis März 1907 in Berlin vor allem bei Reinhold Seeberg zu studieren. In diesen Monaten knüpfte er die in den folgenden Jahren immer enger werdenden Verbindungen zum Kirchlich-sozialen Bund. In dessen Berliner Hauptvorstand wurde er 1910 gewählt; den Vorsitz des Kirchlich-sozialen Bundes in Baden übernahm er 1912. Auch seine Tätigkeit für die kirchlich-positive Sache – Bender hatte sich schon als Kandidat der Theologie der Evangelischen Konferenz angeschlossen – intensivierte sich während seines Vikariats, ebenso seine für ihn freilich immer nur periphere politische Tätigkeit, die er im christlich-sozialen Sinne vor allem in Wahlzeiten für die badische Konservative Partei ausübte.
Ein so dezidiert konservativer, positiv-orthodoxer junger Geistlicher hatte es damals in der badischen Landeskirche nicht leicht. Bender bekam das in seiner Bruchsaler Zeit zu spüren, wohin er nach seiner Rückkehr von seinem Berliner Studienaufenthalt von Kirchenpräsident Helbing geschickt worden war. Trotz bester Voraussetzungen gelang es ihm erst nach langen und intensiven Bemühungen, seine erste Pfarrei durch die Berufung auf eine Patronatsstelle in Schatthausen zu erhalten, und obwohl er dort kaum am richtigen Ort war und sich aus vielerlei Gründen nach einiger Zeit um eine Stadtpfarrei bemühte, gelang ein Wechsel erst im Zusammenhang mit den durch die Erfolge der Kirchlich-Positiven bei den Wahlen zur außerordentlichen Generalsynode und zur 1. Landessynode eingeleiteten tiefgreifenden kirchenpolitischen Veränderungen in der badischen Landeskirche zu Beginn der Weimarer Republik.
Hatte Bender 1918 noch bei der Gründung der badischen DNVP mitgewirkt – 1924 schied er aus dieser Partei aus, nachdem sich die Christlich-sozialen in der DNVP nicht im gewünschten Maße durchgesetzt hatten –, so konzentrierte er nun seine Tätigkeit neben seinem Pfarramt auf die Arbeit in der Kirchlich-positiven Vereinigung. Bei der durchgreifenden Umgestaltung der Führungsstruktur der evangelischen Landeskirche im Jahre 1924 übernahm er kurz nach seiner Wahl als Pfarrer in die Nordpfarrei der Mannheimer Friedenskirche den Vorsitz der Kirchlich-Positiven Fraktion in der Landessynode und wurde als synodales Mitglied in die Evangelischen Kirchenregierung gewählt. 1930-1933 hatte er den Vorsitz der Kirchlich-Positiven Vereinigung inne. Eine Berufung in den Oberkirchenrat lehnte er 1932 zunächst ab, entschied sich aber unter dem Eindruck eines tragischen familiären Ereignisses im November dieses Jahres für die Übersiedlung von Mannheim nach Karlsruhe und für die Kandidatur für den Evangelischen Oberkirchenrat, an der Kirchenpräsident Wurth wiederum so interessiert war, galt es doch, einen überzeugenden Gegenkandidaten gegen den von seiten der Evangelischen Nationalsozialisten, der späteren Deutschen Christen, für die Stelle vorgeschlagenen Pfarrer Voges zu präsentieren. Da sich die gegen Benders Wahl opponierenden Nationalsozialisten gegen die breite Front der Kirchlich-Positiven nicht durchsetzen konnten, wurde er auf der Sitzung der Kirchenregierung am 16.12.1932 als geistliches Mitglied des Oberkirchenrates ernannt.
Sein Amt trat er am 1. April 1933 unter schwierigen Verhältnissen an; es war vorauszusehen, daß die badische Landeskirche nicht umhinkommen würde, die Struktur der Kirchenregierung den neuen politischen Verhältnissen anzupassen. Daß diese Umstrukturierung nicht in Opposition gegen den neuen Staat erfolgen sollte, war zunächst auch Benders Überzeugung. So trat er Anfang Mai 1933 der NSDAP bei, freilich nicht ohne gegenüber höchsten Parteistellen und gegenüber der kirchlichen Öffentlichkeit klarzustellen, daß er im Falle eines Loyalitätskonfliktes auf der Seite der Kirchlich-Positiven und der Kirche stehen würde. Daß dieser Eintritt in die NSDAP bei einem so hervorragenden Taktiker, als der Bender bekannt war, auch das Ziel hatte, ihn für die Deutschen Christen, wie sich die Evangelischen Nationalsozialisten inzwischen auch in Baden nannten, beim Umbau der Verfassung der evangelischen Landeskirche Badens als Kandidaten für das Amt des ständigen Stellvertreters des Landesbischofs akzeptabel erscheinen zu lassen, liegt auf der Hand.
Bender selbst aber stellte das neue Amt, das er am 1. Juli 1933 antrat, sehr bald in Konflikte mit der Kirchenpolitik des Dritten Reiches, weil er häufig den Landesbischof bei Konferenzen der Kirchenführer vertrat. So protestierte er zum Beispiel Mitte Juli 1933 in Berlin für die badische Landeskirche gegen die den Kirchen zugemuteten Wahlmodalitäten für die Neuwahlen nach der neuen evangelischen Kirchenverfassung. Zusammenstöße mit dem Reichsbischof u. a. wegen der Eingliederung des Evangelischen Jugendwerkes in die Hitler-Jugend und später bei den Versuchen zur Erhaltung der Freiheit des kirchlichen Frauenwerkes folgten. 1937 und 1938 machte er energisch Front gegen die Einrichtung der Finanzabteilung beim Evangelischen Oberkirchenrat, weil „durch diese staatliche Maßnahme die Substanz der Kirche angegriffen“ sei, wie er bei dem Parteigerichtsverfahren im März 1939 erklärte, das zu seiner Entlassung aus der NSDAP führte. Ein Versuch des Vorsitzenden der Finanzabteilung, Benders Entlassung aus der Partei dienstlich gegen ihn in Berlin zu verwenden, schlug aber fehl.
Nach dem Kriege freilich nutzte ihm die Tatsache, daß er „nach Maß seiner Kräfte aktiv Widerstand geleistet hat“ – wie es im Spruchkammerurteil 1947 hieß – nichts; die amerikanische Militärregierung ordnete im September 1945 seine sofortige Entlassung aus dem Dienst an, und nur der Initiative des Landesbischofs war es zu verdanken, daß er wegen seiner erheblich angegriffenen Gesundheit Ende Oktober zur Ruhe gesetzt werden konnte.
Quellen: Karl Ludwig Bender, Aus meinem Leben (hektographiertes Exemplar eines Manuskriptes aus dem Besitz von Karl Friedrich Bender, Heidelberg); LkAK Personalia 3479; Die Evangelische Landeskirche in Baden im „Dritten Reich“. Quellen zu ihrer Geschichte, hrsg. von Hermann Rückleben und Hermann Erbacher. Band I-III. 1991-1995
Werke: Geschichte des Dorfes Nonnenweier bei Lahr in Baden, 1908; Die Reformation in Gengenbach, in: Beiträge zur badischen Kirchengeschichte (Sammelband I), 1962. In den Jahren 1947 bis 1951 erschienen in den im Evangelischen Presseverband in Karlsruhe herausgegebenen Periodika zahlreiche kurze Artikel und Rezensionen aus Benders Feder, für die die folgenden Titel als exemplarisch gelten können: Le dernier repas de Jésus fut-il un repas pascal? (War das letzte Mahl Jesu ein Passahmahl?) in: Für Arbeit und Besinnung. Kirchlich-theologische Halbmonatsschrift 2, 1948, 298-302; Die Tauflehre des Neuen Testaments. Erwachsenen- und Kindertaufe, ebd. 3, 1949, 23-34; Zur Textüberlieferung des Neuen Testaments, ebd. 5, 1951, 198-200
Nachweis: Bildnachweise: bei Lorenz, Literatur

Literatur: Hermann Erbacher, Die Evangelische Landeskirche in Baden in der Weimarer Zeit und im Dritten Reich 1919-1945, 1983; Eckehart Lorenz, Kirchliche Reaktionen auf die Arbeiterbewegung in Mannheim 1890-1933, 1987; Hermann Erbacher (Hg.), Beiträge zur kirchlichen Zeitgeschichte der Evangelischen Landeskirche in Baden, 1989
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