Benoit, Georg August Christian 

Geburtsdatum/-ort: 03.03.1868; Wesel
Sterbedatum/-ort: 20.10.1953;  Baden-Baden
Beruf/Funktion:
  • Maschinenbauingenieur
Kurzbiografie: 1886 Abitur am Kgl. Gymnasium Köslin in Pommern; Praktikum bei d. Maschinenbau AG Vulcan, Stettin
1887–1892 Maschinenbaustudium an d. TH Charlottenburg
1892 Regierungsbauführer; Tätigkeit bei d. Eisenbahnhauptwerkstätte in Erfurt u. bei den Eisenbahndirektionen Berlin-Halle u. Berlin
1895 Preuß. Regierungsbaumeister
1895–1897 Beurlaubt für Tätigkeit bei Siemens&Halske, Berlin
1897 Studienreise nach Amerika; dann Dirigent d. elektrotechn. Abteilung u. d. Maschinenbauwerkstatt d. Werft Danzig
1899–1901 Kommissarischer Direktor d. höheren Maschinenbauschule Hagen
1901–1935 Professor für Hebe- u. Transportmaschinen an d. TH Karlsruhe
1911–1912 (Pro-)Rektor
1921–1922 Rektor d. TH Karlsruhe
1912 Ernennung zum Geheimen Hofrat
1925 Dr. Ing. e. h. d. TH Danzig
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Auszeichnungen: Ehrungen: Ritterkreuz I. Klasse des Ordens vom Zähringer Löwen (1908); Kriegsverdienstkreuz (1916); Akad. Ehrenbürger d. TH Karlsruhe (1935); Goethe-Medaille für Kunst u. Wissenschaft (1943)
Verheiratet: 1900 (Danzig) Elisabeth, geb. Gelb (1880–1946)
Eltern: Vater: Eduard Wilhelm Franz (1826–1914), Bauingenieur, Preuß. Geheimer Baurat
Mutter: Emma Bernhardine Caroline, geb. Luyken (1837–1868)
Geschwister: Eine Schwester (geboren/gestorben 1877)
Kinder: 2; Walter (1901–1987) und Ernst (1902–1978)
GND-ID: GND/1012764605

Biografie: Tobias Seidl (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 5 (2013), 22-24

Benoit entstammte einer Hugenottenfamilie, die um die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert über Belgien nach Brandenburg eingewandert war. Nach dem Abschluss des Gymnasiums und ersten praktischen Erfahrungen bei der Maschinenbau AG Vulcan in Stettin begann Benoit 1887 sein Maschinenbaustudium an der TH Charlottenburg. Technische bzw. ingenieurwissenschaftliche Berufe entsprachen der Familientradition. Bereits Benoits Vater hatte sich als Wasserbauingenieur große Verdienste im preußischen Staatsdienst erworben. Während seines Studiums in Berlin genoss Benoit eine fundierte Ausbildung bei Kapazitäten seines Fachs wie Franz Reuleaux (1829–1905) und Alois Riedler (1850–1936). Sie legten den Grundstein für Benoits spätere Forschungsarbeit.
Nach dem erfolgreichen Abschluss seines Studiums war Benoit in verschiedenen Positionen im preußischen Staatsdienst tätig. Während seiner Beschäftigung bei der preußischen Eisenbahndirektion konnte er sich intensiv dem praktischen und theoretischen Studium des Transportwesens widmen. 1897 unternahm er eine Studienreise in die USA, die er durch Preisaufgaben und ein Stipendium finanzierte, das ihm aufgrund seines exzellenten Examens zugesprochen worden war. Benoits Reisejournal belegt, dass er sich auf den Stationen seiner Reise maßgeblich der Untersuchung und Beschreibung neuer Entwicklungen auf dem Gebiet des Transportwesens, besonders der Fördertechnik, und dem Studium der amerikanischen Ingenieursausbildung widmete. Zurück in Deutschland war Benoit zunächst in leitender Position bei der Danziger Werft tätig, bevor er 1899 die kommissarische Leitung der höheren Maschinenbauschule Hagen übernahm, die in den zwei Jahren seiner Leitung einen großen Aufschwung nahm, was Benoit für höhere Aufgaben empfahl.
1901 erhielt er einen Ruf auf den neu eingerichteten Lehrstuhl für Hebe- und Transportmaschinen der TH Karlsruhe. Benoits Wechsel dorthin legte den Grundstein für das weltweit erste Institut für Fördertechnik und war damit der Ausgangspunkt für die Entwicklung eines Kompetenzzentrums für Hebe- und Transportanlagen, das in den folgenden Jahren in Karlsruhe entstand und sich durch enge Zusammenarbeit zwischen Forschung, Industrie und Fachverbänden auszeichnete. Schüler Benoits, darunter sein Nachfolger Hans Overlach (1898–1978), der den Lehrstuhl bis 1945 innehatte, oder Richard Woernle (1882–1958), setzten seine Arbeit fort.
Benoits Forschungsinteresse galt vor allem der Entwicklung, Anwendung und Untersuchung von Drahtseilen und der Konstruktion neuartiger Förderanlagen. Bekanntheit über Fachkreise und Landesgrenzen hinaus erlangte er durch sein 1915 veröffentlichtes und in mehrere Sprachen übersetztes Standardwerk „Die Drahtseilfrage“, wodurch Karlsruhe zum internationalen Zentrum der Drahtseilforschung avancierte. Seine wissenschaftlichen Erkenntnisse konnte Benoit auch durch die Anmeldung zahlreicher Patente, z.B. auf Litzendrahtseile, praktisch verwerten.
In der Lehre war Benoit bemüht, die Verbindung zwischen Konstruktionstechnik und wissenschaftlicher Grundlagenforschung zu vertiefen und seine Studenten für die Synergieeffekte beider Gebiete zu sensibilisieren. Sein Unterricht war geprägt durch Strenge, große Fürsorge für seine Studenten und ausgeprägte Anschaulichkeit. Benoits Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge verständlich zu vermitteln, wurde auch in Wirtschaftskreisen und Fachverbänden hoch geschätzt.
Nicht nur als Lehrer zeigte Benoit großes Engagement für die Universität und die Studierenden. Als Mitbegründer und langjähriger stellvertretender Vorsitzender der Karlsruher Studentenvereinigung, dem Vorläufer des Studentenwerkes, bemühte er sich in der wirtschaftlich schwierigen Zwischenkriegszeit um das Wohl des akademischen Nachwuchses an der TH. Zweimal, 1911/12 und 1921/22, wurde ihm die Ehre des Rektorats der TH Karlsruhe zuteil; 1935 wurde er für seine Verdienste um die Hochschule deren akademischer Ehrenbürger.
Im I. Weltkrieg stellte Benoit sein Wissen und Können in den Dienst der deutschen Kriegsanstrengungen. Im Auftrag militärischer Stellen konzipierte er Feldseilbahnen für den Gebirgseinsatz, die den deutschen Truppen taktische Vorteile an der Alpenfront und in den Vogesen sicherten. Dafür erhielt er das Kriegsverdienstkreuz.
Mit Erreichen der Altersgrenze wurde Benoit 1935 emeritiert, verblieb jedoch bis 1936 in seiner Stellung. Auch nach seiner Emeritierung blieb er der Hochschule eng verbunden. 1943 wurde seine wissenschaftliche Lebensleistung mit der Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft ausgezeichnet. Benoit starb zehn Jahre später, 86-jährig, in Baden-Baden.
Als Ingenieur gelangen Benoit bahnbrechende Leistungen auf dem Gebiet der Seilbahntechnik. Wesentliche Neuerungen und Erfindungen im Bereich des Personentransports – insbesondere Kupplungen, Drahtseile und Fahrzeuge – sind mit seinem Namen verknüpft. So wurde z.B. unter seiner Federführung die weltweit erste Personenseilbahn mit Umlaufantrieb auf dem Schauinsland bei Freiburg errichtet, die jahrzehntelang in ihrer ursprünglichen Form in Betrieb war.
Quellen: GLA 235/ 1436 u. 466/ 5332; UA Karlsruhe 21011/29, 27029/1–10 u. 28002/23.
Werke: Auswahl: Bericht über eine Studienreise nach den Vereinigten Staaten (Manuskript), 1897; Betrachtungen über die Hebe- u. Fördertechnik, 1911; Verfassung u. Wirtschaftspolitik, Rede gehalten beim […] Rektoratswechsel an d. Grossherzogl. TH Fridericiana zu Karlsruhe am 30. November 1912 von dem antretenden Rektor, 1912; Contribution à l’ Étude de la Securité des Cables d’extraction en fils métalliques, 1913; Beitrag zur Beurteilung d. Sicherheit von Drahtseilen, in: „Glückauf“ Nr. 34 vom 23.8.1913, 1328-1330; Die Drahtseilfrage: Beanspruchung, Lebensdauer, Bemessung von Seilen, insbesondere von Aufzugseilen u. ihre experimentelle Erforschung, 1915; Zur Beurteilung von Förderantrieben mit starr oder durch Ausgleichgetriebe gekuppelten Treibscheiben, 1920; Die Schauinsland-Bahn, eine neuartige Personen-Seilschwebebahn mit Umlaufbetrieb, 1931; Zum Gedächtnis an W. A. Julius Albert u. die Erfindung seines Drahtseiles, 1935.
Nachweis: Bildnachweise: UA Karlsruhe Pb22, Pb 24 u. Pb 119.

Literatur: Familie Luyken (Hg.), Chronikblätter für die Familie Luyken u. ihre Anverwandten 1/ 1922, 1922, 68; Georg Benoit, in: Poggendorffs Biogr.-literar. Handwörterb. VIIa Teil 1, 1956, 192; S. Friedrich Wagner, Den Menschen von roher Arbeit entlasten, in: UNIKATH 2/2001, 72; Andreas Lehmann, Bad. Wissenschaftler im Kriegseinsatz (1914–1918), in: Arbeitsgemeinschaft für geschichtl. Landeskunde am Oberrhein e.V., ungedr. Protokoll d. Arbeitssitzung vom 11.5.2007.
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