Brauer, Julius 

Geburtsdatum/-ort: 18.08.1889;  Stuttgart
Sterbedatum/-ort: 28.01.1944;  Stuttgart
Beruf/Funktion:
  • Kammermusiker
Kurzbiografie: Studium der Violine am Kgl. Württ. Konservatorium
1913 Kgl. Württ. Hoftheater
1915–1918 Kriegsdienst
Juli 1919 Festanstellung am Württ. Staatstheater als 2. Violinist
1935 Ablehnung der Aufnahme in die Reichsmusikkammer
31. Aug. 1936 Verabschiedung in den Ruhestand
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: Juli 1931 Wilhelmine, geb. Mager (geboren 14.5.1894)
Eltern: Vater: Julius Brauer, Kapellmeister
Mutter: Maria Anna, geb. Römer
Geschwister: Max Adolf (7.6.1891)
Kinder: Keine
GND-ID: GND/1152104063

Biografie: Sigrid Brüggemann (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 3 (2017), 28-29

Brauer entstammte einer musikalischen Stuttgarter Familie. Der Vater war Kapellmeister, der Bruder wurde Pianist und er selbst studierte Violine am Königlichen Konservatorium in Stuttgart. Nach Abschluss seines Studiums erhielt er 1913 einen Vertrag beim Orchester des Königlich Württembergischen Hoftheaters. Der Erste Weltkrieg unterbrach seine Karriere; 1915 wurde er zum Kriegsdienst einberufen, den er bis Dezember 1918 ableisten musste. Danach kam er wieder im Orchester seiner alten, nunmehr in Württembergisches Landestheater um benannten Arbeitsstelle unter. Bis dahin als Anwärter geführt, erhielt er im Juli 1919 eine Festanstellung als 2. Violinist. Im Juni 1922 wurde ihm der Titel „Kammermusiker“ verliehen. Mit seiner Frau wohnte Brauer in Stuttgart in der Wagenburgstraße 90.
Obwohl Brauer aufgrund seiner teilweise jüdischen Abstammung in der Terminologie der Nationalsozialisten als „Mischling ersten Grades“ galt, wurde er während der ersten zweieinhalb Jahre der Herrschaft der braunen Machthaber in seiner Berufsausübung nicht behindert. Als Weltkriegsteilnehmer war er von der nach dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ fälligen Versetzung in den Ruhestand zunächst nicht betroffen. Aufgrund dieser vom Reichspräsidenten Hindenburg ausbedungenen Sonderregelung, die bis 1935 Geltung hatte, konnte Brauer weiter am mitten im „Säuberungsprozess“ befindlichen Staatstheater als Musiker arbeiten. Dieser Aufschub währte jedoch nur rund zwei Jahre. 1936 wurde Brauers Aufnahmeantrag in die Reichsmusikkammer mit der Begründung abgelehnt, dass er die „nach der Reichskulturkammergesetzgebung erforderliche Eignung“ nicht besitze. Weiter hieß es in dem Schreiben: „Durch diese Entscheidung verlieren Sie mit sofortiger Wirkung das Recht zur weiteren Berufsausübung auf jedem zur Zuständigkeit der Reichsmusikkammer gehörendem Gebiete.“ Der Reichsmusikkammer hatte für ihre Entscheidung die dürftige, lediglich auf einer Karteikarte vermerkte Information „Halbjude, Kammermusiker“ genügt. Damit war für Brauer eine Weiterbeschäftigung als Musiker an den Württembergischen Staatstheatern und anderen öffentlichen Einrichtungen unmöglich geworden. Ein Erlass des Württembergischen Kultministeriums vom April 1936 gab Brauer jedoch die Möglichkeit, um seine Versetzung in den Ruhestand nachzusuchen und darüber seine Versorgungsbezüge zu sichern. Im Mai 1936 wurde seinem diesbezüglichen Antrag entsprochen und zum 31. August 1936 schied Brauer aus den Württembergischen Staatstheatern aus. Für weitere Verfolgungsmaßnahmen durch die Nationalsozialisten finden sich keine Hinweise. Am 28. Januar 1944 verstarb Brauer.
Seine Witwe und der Sohn seines Bruders erhielten 1960 vom Landesamt für die Wiedergutmachung eine kleine Entschädigung wegen „Schadens im beruflichen Fortkommen“ des Kammermusikers zugesprochen.
Quellen: StAL E 18 VI Bü 1748, E 18 VII Bü 360, EL 350 I Bü 31105.

Literatur: Ingrid Bauz/Sigrid Brüggemann/Roland Maier, „Sie brauchen nicht mehr zu kommen!“. Die Verdrängung der Künstlerinnen und Künstler jüdischen Glaubens und jüdischer Abstammung aus dem Stuttgarter Theater- und Musikleben durch die Nationalsozialisten. 2008, 40; Hannes Heer/Jürgen Kesting/Peter Schmidt, Die Vertreibung der „Juden“ aus der Oper 1933 bis 1945. Der Kampf um das Württembergische Landestheater Stuttgart. 2008, 109.
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