Knecht, Friedrich Justus Heinrich 

Geburtsdatum/-ort: 07.10.1839;  Bruchsal
Sterbedatum/-ort: 31.01.1921;  Freiburg i. Br., beigesetzt 3. 2. 1921 Heimhoferkapelle im nördlichen Chorumgang des Freiburger Münsters
Beruf/Funktion:
  • Pädagoge, Weihbischof in Freiburg i. Br.
Kurzbiografie: 1845-1849 Volksschule Bruchsal
1849-1856 Gymnasium Bruchsal
1856-1858 Lyzeum Rastatt, mit Abitur
1858-1861 Studium der katholischen Theologie Freiburg
1861-1862 Priesterseminar St. Peter, mit Priesterweihe
1862-1864 Vikar Durmersheim, Rastatt, Freiburg St. Martin
1863-1864 Repetitor Knabenseminar Freiburg; zugleich Religionslehrer höhere Bürgerschule
1864-1866 Kuratieverweser Emmendingen
1866-1869 Pfarrer Buchholz
1869-1871 Benefiziatsverweser Gengenbach
1871 Pfarrverweser Seelbach
1871-1877 Pfarrer Reichenbach bei Lahr
1874 Erzbischöflicher Schulinspektor
1877-1879 Pfarrverweser Erlach
1878 Dr. theol. Universität Tübingen
1879-1882 Pfarrer Schuttertal
1882 Domkapitular Freiburg
1893 Päpstlicher Geheimkämmerer
1894 Titularbischof von Nebo i.p.i. (in partibus infidelium) und Weihbischof in Freiburg, Offizial bis 1921
1896 Domdekan
1896-1898 Kapitularvikar
1903 Päpstlicher Thronassistent, Comes Romanus
1919 Ehrenbürger Bruchsal
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev., später rk.
Eltern: Vater: Heinrich, Schneidermeister
Mutter: Katharina, geb. Schmeer
Geschwister: 4
GND-ID: GND/116251263

Biografie: Clemens Siebler (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 2 (1987), 164-166

Vergegenwärtigt man sich, daß Knecht von seinen 58 Priesterjahren fast vier Jahrzehnte in den Dienst der obersten Diözesanleitung gestellt hat, dann erscheint es naheliegend, den eigentlichen Schwerpunkt seiner geistlichen Laufbahn in der langjährigen Amtszeit als Domkapitular, Domdekan und Weihbischof zu suchen. In besonderer Weise macht diese Zeitspanne sichtbar, welches hohe Ansehen Knecht in den führenden Kreisen der katholischen Kirche genoß. Gleichzeitig sind es die Jahrzehnte, in denen er wegen seiner konsequenten, bisweilen starren Verteidigung kirchlicher Interessen immer wieder heftiger staatlicher Kritik ausgesetzt war. In diesem Spannungsfeld ist er zu einer wahrlich frommen und verehrungswürdigen Priestergestalt, politisch aber ungemein kämpferischen und daher nicht selten angefeindeten Persönlichkeit von überregionaler Bedeutung herangereift.
Daß der 1839 in Bruchsal geborene Knecht einer kirchlichen Mischehe entstammte, ist angesichts seines steilen Aufstiegs in der Hierarchie keineswegs belanglos. Mit Rücksicht auf die Konfession des Vaters waren die fünf Kinder der Ehe evangelisch getauft und im lutherischen Glauben erzogen worden. Dem Bekenntnis der Mutter folgend, traten jedoch der Vater und die Kinder 1855 zur katholischen Kirche über.
Früh schon faßte Knecht den Entschluß, in den geistlichen Stand einzutreten. Nach bestandenem Abitur studierte er in Freiburg katholische Theologie. Ein weiteres Studienjahr schloß sich im Priesterseminar St. Peter an, wo er am 5. 8. 1862 aus der Hand von Erzbischof Hermann von Vicari die Priesterweihe erhielt.
Knecht hatte bereits als junger Seelsorger Schwerpunkte gesetzt, die für seinen weiteren Werdegang von tragender Bedeutung werden sollten. An erster Stelle stehen seine großen Verdienste um den Religionsunterricht; diese ließen ihn alsbald zu einem bedeutenden, weit über die Grenzen des deutschen Sprachraumes hinaus bekannten Pädagogen werden. Nachdrücklich hat er sich zum Grundsatz bekannt, daß der Bibelunterricht der Katachese dienstbar sein müsse. Nicht, daß Knecht den Eigenwert biblischer Unterweisung verkannt hätte; doch blieb für ihn die Schulbibel in erster Linie Hilfsmittel zur Begründung, Belebung, Erweiterung und Fruchtbarmachung des Katechismusunterrichts. Es war unübersehbar, daß er mit dieser Auffassung bewußt in Gegensatz zur protestantischen exegetischen Methode trat.
Knecht, der seine pädagogische Praxis alsbald mit einer ausgedehnten schriftstellerischen Aktivität verband, hat in den von ihm herausgegebenen Unterrichtswerken die traditionell kirchliche Katechese nachhaltig zur Geltung gebracht. Bereits 1882 trat er mit seinem „Praktischen Kommentar zur Biblischen Geschichte“ an die Öffentlichkeit; dieser hat noch nach dem Tode seines Verfassers eine 25. Auflage (1925) erlebt. Ebenfalls 1882 erschien erstmals Knechts „Kurze biblische Geschichte für die unteren Schuljahre der katholischen Volksschule“. Noch etliche Jahre nach dem 2. Weltkrieg im Religionsunterricht verwendet, hatte dieses Unterrichtswerk nicht nur in den deutschsprachigen Ländern außergewöhnlich hohe Auflagen erfahren, sondern es wurde auch in rund 20 fremde Idiome, darunter einige außereuropäische, übersetzt. Dieser weit verbreiteten Schulbibel war schließlich 1907 die Edition der größeren „Biblischen Geschichte für Schule und Haus“ gefolgt, die fortan dem „Kommentar“ als Grundlage diente.
Christliche Glaubensunterweisung wollte Knecht in einem weiteren Sinne verstanden wissen, als sie ein auf wenige Wochenstunden beschränkter Religionsunterricht vermitteln kann. Daher strebte er eine umfassende religiöse Erziehung der Jugend an. Zwar brauchte sie nicht ausschließlich durch die Schule gegeben zu werden; dafür hatte Knecht der christlichen Familie eine zu wichtige Rolle zuerkannt. Aber er verlangte von der Schule, daß ihre Bildung, Belehrung und Erziehung den ganzen Menschen erfasse. So wird begreiflich, daß er christliche Erziehung auch im Gymnasium und in der Hochschule forderte. Dieses hohe Postulat muß auf dem Hintergrund des badischen Schulstreites gesehen werden, an dessen Ende die obligatorische christliche Gemeinschaftsschule stand. Knecht, der fortwährend bemüht war, den kirchlichen Ursprung der Volksschule herauszustellen, hat die staatlich verordnete Simultanschule konsequent abgelehnt.
Knecht wollte dem christlichen Erziehungsideal nicht nur als pädagogischer Schriftsteller und Schulpolitiker dienen. Da er ein praxisbezogener Mensch war, schritt er selbst zur Tat. So sind seiner persönlichen Initiative die Gründung des katholischen Instituts und das katholische Kindergärtnerinnenseminar in Freiburg zu verdanken.
Bis ins hohe Alter hatte Knecht seine Rückkehr zur katholischen Kirche als ein besonderes Gnadengeschenk Gottes betrachtet. Man wird daher leicht begreifen, daß er an der geschichtlichen Tatsache eines im Glauben gespaltenen Volkes nicht achtlos vorübergehen konnte. Die Sorgen und Nöte der eigenen Glaubensbrüder in der Diaspora machte er seit frühen Jahren zu seinem ganz persönlichen Anliegen. Es war sicher kein Zufall, daß gerade er in der evangelischen Amtsstadt Emmendingen, in der seit den Tagen der Reformation katholisches Glaubensleben nahezu erloschen war, mit der Sammlung der wenigen Katholiken und mit dem Aufbau einer katholischen Pfarrgemeinde beauftragt wurde. Durch die örtlichen Probleme mit den größeren Aufgaben des Bonifatiuswerkes in enge Berührung gekommen, widmete er dieser Einrichtung nunmehr seine ganze physische und finanzielle Unterstützung. Er selbst hat das Bonifatiuswerk im Erzbistum Freiburg als Diözesaninstitut neu organisiert und durch seinen persönlichen Einsatz immer wieder belebt. Das gesamte Honorar für seinen „Kommentar zur Biblischen Geschichte“ gab er für die Zwecke des deutschen Diasporawerkes; und die Erträge aus der „Biblischen Geschichte für Schule und Haus“ ließ er ohne jeden Abzug den Diözesan-Bonifatiusvereinen zufließen. In solch tatkräftiger Unterstützung sah Knecht nicht nur eine wirksame materielle und moralische Hilfe für die Diasporakatholiken; sie war für ihn zugleich Dienst an einer noch größeren Sache: der allmählichen Überwindung der Glaubensspaltung, die nach seinem subjektiven und dem objektiven katholischen Selbstverständnis seiner Zeit jedoch nur durch eine Rückkehr in den Schoß der römischen Kirche erreicht werden konnte.
Nicht nur als Prediger und Religionspädagoge hatte Knecht immer wieder die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. Auch als politischer Schriftsteller und Redner hat er sich häufig zu Wort gemeldet, um seine Kritik am liberalen Staat zu artikulieren. Gerade während der spannungsgeladenen Jahre des Kulturkampfes nahm er die Gelegenheit der in Freiburg (1875) und Konstanz (1880) stattfindenden Deutschen Katholikentage wahr, um den vermeintlich allmächtigen Staat in die Schranken zu weisen. Da er die Freiheit der Kirche stets nachdrücklich und bedingungslos forderte, konnte es nicht ausbleiben, daß er den Regierungsbehörden als höchst unliebsam erschien. Wenn dies schon für die Jahre galt, in denen er als einfacher Religionslehrer und Landpfarrer wirkte, dann noch mehr, nachdem er 1882 in das Freiburger Domkapitel berufen und dort mit dem Referat „Religionsunterricht“ betraut worden war. Für die Regierung Grund genug, seine schon im selben Jahr von Rom ins Auge gefaßte Ernennung zum Weihbischof zu verhindern. In seiner Eigenschaft als Domkapitular hatte Knecht an nicht weniger als vier Erzbischofswahlen teilgenommen. Er selbst wurde 1886 als der Regierung minder genehme Person aus der Kandidatenliste gestrichen, die dem Staatsministerium vom Domkapitel vorzulegen war. 1894 schließlich doch zum Weihbischof ernannt, wurde er 1896 für eine fast zweijährige Sedisvakanz zum Kapitularvikar gewählt. Obwohl seine Wahl zum Erzbischof in weiten kirchlichen Kreisen begrüßt worden wäre, scheiterte sie auch diesesmal am Widerstand der Regierung.
Nahezu 27 Jahre lang hatte Knecht das Amt des Weihbischofs inne, und er war als solcher hinsichtlich der ihm übertragenen Weihegewalt der wichtigste Helfer an der Seite des Erzbischofs. Darüber hinaus hatte er als Schulreferent, Domdekan und auch als Offizial maßgeblichen Anteil an der obersten Kirchenleitung. Es zeugt von seiner ungemeinen Schaffenskraft, daß er auch die anderen ihm nahegehenden Anliegen nie aus den Augen verlor. Noch als Weihbischof nahm er direkten Einfluß auf die Entwicklung der Katechese und besorgte weitere Auflagen seiner Unterrichtswerke. Auch im Kampf für die kirchliche Freiheit blieb er an vorderster Front, wenn auch die Nachwehen des Kulturkampfes mit dem neuen Jahrhundert merklich nachließen und seit dem Ende der Monarchie praktisch verebbten.
Seinen Zeitgenossen erschien Knecht als ein schweigsamer und zurückhaltender Mensch, der aber doch immer von großer innerer Freude erfüllt schien. Mit hohen geistlichen Würden ausgestattet, versagte ihm auch die weltliche Öffentlichkeit die geschuldete Anerkennung nicht. Schon Großherzog Friedrich I. hatte ihm das Kommandeurkreuz des Zähringer Löwenordens und den Orden Bertholds I. verliehen. Anläßlich des 80. Geburtstages ließ ihm der Stadtrat von Bruchsal das Ehrenbürgerrecht zuteil werden. Aber ohne Zweifel konnte Knecht immer dann die schönsten geistigen Früchte ernten, wenn er segnend durch die weite Erzdiözese zog, um Kirchen und Altäre zu weihen, junge Christen zu firmen und jungen Klerikern die Hände aufzulegen. Weit über das Erzbistum hinaus wurde sein Tod betrauert. Als Zeichen immerwährenden Dankens an den langjährigen Weihbischof und Domdekan ließen Erzbischof, Domkapitel und Geistlichkeit eine Gedächtnistafel vor seiner Grabkapelle anbringen.
Werke: Eine Bibliographie liegt nicht vor; zufriedenstellender, nicht vollständiger Zugang zum umfangreichen Gesamtwerk in: Gesamtverzeichnis des deutschsprachigen Schrifttums (GV); 1700-1910, Bd. 77, München 1983; 1911-1965, Bd. 70, München 1978.
Nachweis: Bildnachweise: Fotos: StAF, Bildnissammlung; EAF.

Literatur: W. Burger, Weihbischof Dr. F. J. Knecht zum Gedächtnis, in: Katechetische Blätter, hg. v. J. Göttler, 47: Jg. (Nf 22. Jg.), München 1921; ders., F. J. Knecht, in: Lexikon der Pädagogik der Gegenwart, Bd. 2, hg. v. Deutschen Institut für wiss. Pädagogik Münster, Freiburg 1932; B. Dreher, Zur Gestaltung einer künftigen Schulbibel, in: Theologische Quartalschrift, Bde. 137/38, Stuttgart 1957/58; H. Kreutzwald, Zur Geschichte des Biblischen Unterrichts und zur Formgeschichte des biblischen Schulbuches, in: Untersuchungen zur Theologie der Seelsorge, hg. v. F. X. Arnold, Freiburg 1957; J. Mayer, F. J. Knecht, in: Necrologium Friburgense 1921, FDA 54 (NF Bd. 27), 1926; E. Roloff, Weihbischof Dr. F. J. Knecht, in: Pharus. Kath. Monatsschrift für Orientierung in der gesamten Pädagogik, hg. Pädagogische Stiftung Cassianeum, 12. Jg. Heft 5/6, Donauwörth 1921; S. Weber, Gedächtnisrede auf Weihbischof Dr. F. J. Knecht, Freiburg 1921.
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