Hartlaub, Gustav Friedrich 

Geburtsdatum/-ort: 12.03.1884; Bremen
Sterbedatum/-ort: 30.04.1963;  Heidelberg
Beruf/Funktion:
  • Kunsthistoriker, Museumsdirektor
Kurzbiografie: Studium der Kunstgeschichte und Philosophie in Freiburg, Berlin, München, Wien und Göttingen
1910 Promotion in Göttingen: „Matteo da Siena und seine Zeit“
1912 Assistent des Kunstvereins Bremen
1914 Assistent von Fritz Wichert an der Mannheimer Kunsthalle
1923-1933 Direktor der Mannheimer Kunsthalle
1933 Zwangspensionierung
1933-1945 Mitarbeiter der „Frankfurter Zeitung“
1939 Umzug nach Heidelberg
1946 Vorsitzender des Heidelberger Kunstvereins; Lehrbeauftragter an der Universität Heidelberg; Gründer der Heidelberger Volkshochschule (gemeinsam mit Dolf Sternberger)
1949-1959 Honorarprofessor für Kunstgeschichte, Heidelberg
Weitere Angaben zur Person: Religion: evangelisch
Verheiratet: 1. 1912 Felicie Mathilde, geb. Meyer (1881-1930)
2. 1931 Erika, geb. Schellenberg (1903-1984)
Eltern: Vater: Carl Friedrich Ludwig Hartlaub, Kaufmann
Mutter: Clara Elisabeth Helene, geb. Wüste (gest. 1944)
Kinder: Gustav Adolf Felix (1913)
Genoveva Irene Luise (1915)
Michael (1918)
GND-ID: GND/116491051

Biografie: Meinhold Lurz (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 1 (1994), 129-130

Hartlaub wurde 1923 als Nachfolger von Fritz Wichert Direktor der Mannheimer Kunsthalle. Anders als Wichert schätzte Hartlaub den Wert der Kunstbetrachtung weniger idealistisch und stärker historisch ein. Wichert glaubte noch, man könne nicht nur zur Kunst, sondern auch durch Kunst die Menschen ästhetisch und moralisch erziehen. Hartlaub erachtete den Nutzen realistisch als Ausgleich zur Berufswelt, in der Spezialistentum und rationalistische Fachbildung im Vordergrund stehen.
Der Sammelschwerpunkt der Mannheimer Kunsthalle verschob sich unter Hartlaub hin zur Kunst der Gegenwart. Eine der besten Sammlungen zeitgenössischer Kunst entstand. In seinen Ausstellungen und Katalogen entdeckte Hartlaub kunsthistorisches Neuland. Das Spektrum war breit abgesteckt. Dazu gehörten die Kunst der Kinder und der Primitiven, der Höhlen und Felsen und Altamerikas. Hartlaub stellte die Kunst der Dürerzeit ebenso aus wie Entwürfe moderner Architektur und abstrakte Malerei. Er setzte sich aber auch für Randgebiete wie Kalenderblätter und Darstellungen der Fastnacht in der Kunst ein. Auf ihn geht der Ausdruck „Neue Sachlichkeit“ (1925) zurück. Noch reichhaltiger als das Ausstellungsprogramm war die Breite von Hartlaubs Veröffentlichungen. Sie behandelten die historische Spannweite von Hans Baldung Grien über Giorgione und die englische Malerei des 18. und frühen 19. Jahrhunderts bis hin zu Gustave Doré, Vincent van Gogh und den deutschen Expressionismus. Hartlaub interessierte sich ebenso für Randgebiete der Kunstgeschichte, wie die künstlerischen Fähigkeiten von Kindern, die durch ihn entdeckt und aufgewertet wurden, und den „Gartenzwerg und seine Ahnen“. Er engagierte sich sowohl als Kunsthistoriker wie als Kunstpädagoge und Journalist. Hartlaub publizierte Artikel in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und in der „Deutschen Zeitung“. Während des Dritten Reiches arbeitete er an einem Vergleich der Stile in Malerei, Musik und Literatur von der Antike bis Richard Strauß; von dem Buch wurden nur zwei bisher unveröffentlichte Kapitel fertig. Schließlich verfaßte Hartlaub auch wichtige Beiträge zu esoterischen Themen wie der Mystik und dem Hexentanz, dem Alchimismus und Okkultismus, den Rosenkreuzern und der Parapsychologie, ja sogar dem Leben auf anderen Sternen.
Wie sein Vorgänger Wichert hielt Hartlaub in der Mannheimer Kunsthalle an der Bedeutung des modernen Kunstmuseums für die Erwachsenenbildung und die kommunale Kulturpolitik fest. Der 1911 von Wichert gegründete „Freie Bund zur Einbürgerung der bildenden Künste in Mannheim“ geriet gegen Ende der zwanziger Jahre in eine Krise. Am Ende blieb von Wicherts breit angelegtem Programm kultureller Aktivitäten lediglich eine „Gemeinschaft von Freunden der Kunsthalle“ übrig, wie es Hartlaub formulierte. Einem ähnlichen Zweck diente die Gründung der Heidelberger Volkshochschule nach dem 2. Weltkrieg, nämlich der kulturellen Erwachsenenbildung.
Quellen: Nachlaß im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg und bei Frau Geno Hartlaub
Werke: Caspar David Friedrich und die Denkmalsromantik der Freiheitskriege, in: Zeitschrift für bildende Kunst Jg. 51 (NF Jg. 27) 1916, Heft 8, 201-213; Anregungen aus alter Zeit, in: Kriegergräber im Felde und daheim, hg. im Einvernehmen mit der Heeresverwaltung, München 1917, 59-63; Die neue deutsche Graphik, Berlin 1920; Mannheims Kunsthalle nach dem Kriege. Aus dem Tagebuch eines Heimgekehrten, in: Feuer Heft 1/1920; Der Genius im Kinde, in: Kunst und Jugend Jg. 1, 1921, Heft 3, 41-44; Vincent van Gogh, in: Junge Kunst Bd. 25/26, Leipzig 1922; Gustave Doré, in: Meister der Graphik Bd. 12, Leipzig 1924; Giorgiones Geheimnis. Ein kunstgeschichtlicher Beitrag zur Mystik der Renaissance, München 1925; Kunst und bürgerliche Gesellschaft, in: Die lebendige Stadt Jg. 1, 1929/30, Heft 1, 27-32; Kunsterziehung als Erwachsenenbildung, in: ebd., Heft 6, 168-171; Der Genius im Kinde. Ein Versuch über die zeichnerische Anlage des Kindes, Breslau 2. Aufl. 1930; Künstlerische Fürsorge der Kommunen, in: Die lebendige Stadt Jg. 2, 1930/31, Heft 3, 83-91; Die Graphik des Expressionismus in Deutschland, Stuttgart und Calw 1947; Die großen englischen Maler der Blütezeit 1730-1840, München 1948; Fragen an die Kunst, Studien zu Grenzproblemen, Stuttgart 1950; Bewußtsein auf anderen Sternen? Ein kleiner Leitfaden durch die Menschheitsträume von den Planetenbewohnern, in: Glauben und Wissen Nr. 5, Basel 1950; Bildwerke am Heidelberger Schloß, in: Mitteilungen zur Geschichte des Heidelberger Schlosses Bd. 7, Heft 2, 1951; Das Unerklärliche. Studien zum magischen Weltbild, Stuttgart 1951; Zauber des Spiegels. Geschichte und Bedeutung des Spiegels in der Kunst, München 1951; Die Impressionisten in Frankreich, Wiesbaden 1955; Der Gartenzwerg und seine Ahnen. Eine ikonographische und kulturgeschichtliche Betrachtung, Heidelberg 1962
Nachweis: Bildnachweise: Foto bei Albrecht Wechssler, a. a. O. und StAF, Bildnissammlung

Literatur: Albrecht Wechssler, in: Ruperto-Carola Bd. 34, 1963, 135-138; Hans Bender, in: Zeitschrift für Parapsychologie Bd. 7, 1964, 1-6; Georg Poensgen, in: Kunstchronik Heft 17, 1964, 51 f.; Jenns E. Howoldt, Der Freie Bund zur Einbürgerung der bildenden Kunst in Mannheim: kommunale Kunstpolitik am Beispiel der „Mannheimer Bewegung“, in: Europäische Hochschulschriften Reihe 28: Kunstgeschichte, Bd. 18, Frankfurt etc. 1982, 140 ff., 158 ff.; Petra Niemeyer-Florack, Gustav Friedrich Hartlaub, Dissertation Heidelberg (in Vorbereitung)
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