Hesselbacher, Martin Leopold 

Geburtsdatum/-ort: 28.09.1908;  Karlsruhe
Sterbedatum/-ort: 03.06.1983;  Freiburg im Breisgau
Beruf/Funktion:
  • Architekt und Denkmalpfleger
Kurzbiografie: 1928 Abitur an d. Realschule in Baden-Baden, Architekturstudium in Karlsruhe (Wulzinger) u. Dresden (Reuter)
1934 Examen zum Dipl. Ing., dann praktische Tätigkeit bei einem Mannheimer Großbauunternehmen u. bei d. Bauleitung eines Luftwaffenflugplatzes in Stendal
1939 Große Staatsprüfung zum Regierungsbaumeister in Berlin, dann Hochbauabteilung des Badischen Finanzministeriums in Karlsruhe
1942 Kriegsdienst, schwere Verwundung, danach wieder Kriegsdienst
1946 Entlassung aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft
1946/47 Planung einer ev. Kirche mit Gemeindezentrum in Kappelrodeck, Wiedereintritt in die Staatl. Hochbauverwaltung in Freiburg
seit 1948 Bausachverständiger d. ev. Kirchengemeinden Freiburg
1949–1955 Ehrenamtl. Kreisdenkmalpfleger für den Landkreis Freiburg
1950 Leiter des Staatl. Klinikbaubüros Freiburg
1956 Leiter des Badischen Landesamtes für Denkmalpflege u. Heimatschutz, später Staatl. Amt für Denkmalpflege, dann Außenstelle Freiburg des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg als Nachfolger von J. Schlippe
1962 Erinnerungsmedaille des Regierungspräsidiums Freiburg, erster Empfänger
1967 Heimatpreis des Landkreises Lahr
1973 Eintritt in den Ruhestand
1974 XII. 5 Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens d. Bundesrepublik Deutschland
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: 1936 (Baden-Baden) Margarete, geb. Martens (1905–1993)
Eltern: Vater: Karl Eduard Ludwig (1871-1943), ev. Pfarrer u. Schriftsteller
Mutter: Emmy oder Emmi, geb. Leichtlen (1872–1969)
Geschwister: 2; Elsbeth, verh. Haller (1900–1977), u. Arnold (1904–1996), ev. Dekan
Kinder: 3;
Marianne, verh. Trautvetter (1937–1985),Oberstudienrätin,
Erika, Ärztin (geboren 1940),
Karl Heinz, Dr. rer. nat., Physiker (geboren 1941)
GND-ID: GND/116771763

Biografie: Wolfgang Stopfel (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 5 (2013), 169-172

Hesselbacher stammte aus einem geschichts- und heimatkundebegeisterten Pfarrhaus. Der Vater, Dorfpfarrer, Arbeiterpfarrer und schließlich Ehrendoktor und Dekan in Baden-Baden, verfasste neben vielen volkstümlichen Erzählungen und theologischen Fachbüchern Biographien von Johann Sebastian Bach, Katharina von Bora, Paul Gerhardt und Matthias Claudius. Er war auch Präsident des Vereins für heimatliche Kunstpflege in Karlsruhe. Neben der Neigung zu Kunst und Geschichte hat Hesselbacher von seinem Vater sicher auch die Überzeugung übernommen, dass volkstümliche Publikationen und Vorträge in der Lage sein müssten, einen großen Personenkreis für Ideale zu begeistern oder wenigstens zu interessieren. Über 50 Aufsätze und Berichte – neben ungezählten Vorträgen – haben Hesselbacher zum Verfasser und erschienen zum großen Teil im „Nachrichtenblatt der Denkmalpflege“, dem Hesselbachers ganz besondere Vorliebe galt. Nicht nur als Autor, auch als Organisator des rechtzeitigen und kontinuierlichen Erscheinens dieser in der deutschen Denkmalpflege über lange Zeit einmaligen Zeitschrift unterstützte er mit Hilfe seiner ganzen Familie über viele Jahre deren Redakteur. Die bereits mehrere Generationen umfassende Pfarrertradition setzte der Bruder fort, aber auch Hesselbacher hielt als Kirchenältester, Bauberater und Bezirkssynodaler enge Verbindung zur evangelischen Kirche, die er sich weltoffen und ökumenisch dachte.
Nach der Entlassung aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft arbeitete Hesselbacher als Architekt in Mannheim, ab 1948 in Freiburg. Von 1946 stammen die Pläne für eine evangelische Kirche mit Gemeindezentrum in Kappelrodeck, ausgeführt aber erst 1957, und 1949 für ein Wohnhaus in Freiburg. Nach dem Wiedereintritt in die Staatliche Hochbauverwaltung wurde er 1950 Chef des Staatlichen Klinikbaubüros unter Horst Linde. Seine katholische Klinikkirche mit einer unmittelbar mit den Stationen verbundenen Bettenempore (Hesselbacher mit Horst Linde und Hans Kaufmann) wurde international berühmt. Sie wurde 1956 in einer Wanderausstellung deutscher Nachkriegsarchitektur in England gezeigt. Aus der gleichen Zeit stammt auch die evangelische Klinikkapelle. In der Bauberatung der evangelischen Kirchengemeinden Freiburgs hatte Hesselbacher maßgeblichen Einfluss auf Gestaltung neuer Kirchen und Gemeindezentren in den Freiburger Außenbezirken (Thomas-, Lukas-, Markus- und Petrus-Pfarrei) und der evangelischen Kapelle in Günterstal. Neben der Kirche in Kappelrodeck entwarf Hesselbacher auch die Johanneskirche mit Gemeindezentren in Weil am Rhein (1954/56) und hatte die künstlerische Oberleitung oder Beratung bei den Kirchen- oder Gemeindebauten in Allensbach, Litzelstetten und auf der Reichenau. Auch für katholische Bauherren war er tätig, so für das Kinderheim auf der Mambacher Höhe und die Kapelle in Präg. Er beteiligte sich außerdem 1951 am internen Wettbewerb für die Ludwigskirche in Freiburg.
Der Berufung in das Amt des Leiters des Freiburger Denkmalamtes 1956 ging bereits eine schon 1949 begonnene ehrenamtliche Tätigkeit als Kreisdenkmalpfleger voraus. Hesselbacher betreute eine ganze Reihe größerer Bauvorhaben im Kreisgebiet, vor allem aber beim Wiederaufbau der stark kriegszerstörten Stadt Breisach. Angesichts der Tatsache, dass ein Freiburger „Denkmalamt“ damals nur mit einer oder zwei Personen besetzt war, leuchtet die Wichtigkeit der Kreisdenkmalpfleger ein. So war es eigentlich nur folgerichtig, Hesselbacher die Leitung des Denkmalamtes anzuvertrauen, das für das inzwischen zum Regierungsbezirk Freiburg des Landes Baden-Württemberg gewordene Land (Süd-)Baden zuständig war.
Trotz Hesselbachers guten Voraussetzungen für das neue Amt war der Anfang nicht leicht. Aus einem wohlorganisierten Büro zog er in zwei Dachräume, in denen die Drei-Personen-Behörde damals untergebracht war. Mehrere Umzüge illustrieren die Erweiterung und den Ausbau des Amtes während der folgenden Jahre.
Für Hesselbacher war Denkmalpflege nicht nur Berufsausübung; er stand hinter seiner Aufgabe mit seiner ganzen vitalen Persönlichkeit. Impulsiv, aber überlegend, bescheiden, immer bereit, die Leistungen auch seiner Kollegen zu würdigen – so erinnern sich aus vielen Begegnungen Besitzer und Verwalter von Baudenkmalen an ihn. Die gewinnende Volkstümlichkeit Hesselbachers und sein Sinn für Situationskomik überwanden manchen Widerstand.
Das Badische Denkmalschutzgesetz von 1949 mit seiner Betonung des Heimat- und Erziehungsgedankens entsprach ganz Hesselbachers Auffassung. Dass dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Bestimmungen jede schematische und rigorose Anwendung widerspricht und dass die Tätigkeit des Denkmalpflegers darauf abgestimmt sein muss, die Beteiligten von der Notwendigkeit der Denkmalpflege zu überzeugen, das war für Hesselbacher eine Selbstverständlichkeit. Dabei war er immer ein Lernender; neue Entwicklungen in der Denkmalpflege, Entdeckungen der Kunstgeschichte hat er mit Interesse verfolgt und in die Praxis seines wachsenden Amtes umgesetzt. Seinem Einsatz ist die Erhaltung vieler Kulturdenkmäler im Regierungsbezirk Freiburg zu verdanken. Viele schon zur Selbstverständlichkeit gewordene Positiva im kulturellen Bild des Regierungsbezirkes kamen dank Hesselbachers Wirken zustande. Es galt der Restaurierung der entstellten und verwahrlosten ehemaligen Stiftskirche St. Cyriak in Sulzburg, dem Wiederaufbau der Gerichtslaube in Freiburg nach jahrelangen Bemühungen eines Kuratoriums, dem Hesselbacher angehörte, der Rettung und Restaurierung von Fachwerkhäusern in Städtchen und Dörfern der Oberrheinlandschaft, wie Opfingen, Bahlingen, Kiechlinsbergen, Vörstetten, des Koger-Hauses in Weil am Rhein-Ötlingen und der „Arche“ in Istein. Hesselbacher betreute die Versetzung des Kreuzes des Nikolaus Gerhaert von 1467 in die Stiftskirche in Baden-Baden, die Fels- und Mauersicherung an der Burgruine Hohengeroldseck, die Restaurierung vieler evangelischer Kirchen von der romanischen in Lahr-Kuhbach bis zur Barockkirche in Meißenheim mit ihrer Silbermannorgel.
An seinem Freiburger Amt baute Hesselbacher eine beispielhafte Orgeldenkmalpflege mit ehrenamtlichen Orgelsachverständigen auf. Auch dem sehr bedrohten Bestand der Schwarzwaldhöfe galt seine Aufmerksamkeit. Neben vielen Erfolgen bei der Erhaltung und Restaurierung am Ort stand die Bemühung um ein Schwarzwälder Freilichtmuseum mit den typischen Hausformen beim Vogtsbauernhof in Gutach. Dieses erste Freilichtmuseum in Baden-Württemberg gehört noch heute zu den meistbesuchten. In Hesselbachers Dienstzeit wurden die historischen Ortsbilder von 13 Kleinstädten in allen Kulturlandschaften des Regierungsbezirks durch Rechtsverordnung geschützt und von den Gemeinden selbst eingetragen. Jahrelange Überzeugungsarbeit des Denkmalpflegers ging diesem Vorgang voraus. Auch das traditionell ausgezeichnete Verhältnis der Denkmalpflege zu den kirchlichen Bauverwaltungen beider Konfessionen und der Staatlichen Hochbauverwaltung ist Hesselbacher zu verdanken und unter völlig veränderten politischen, wirtschaftlichen und administrativen Verhältnissen trägt Hesselbachers Wirken Früchte bis in die Gegenwart.
Die erste Erinnerungsmedaille des Regierungsbezirks Freiburg, der Heimatpreis des Kreises Lahr, eine Reihe von kommunalen Auszeichnungen und die an traditionellen Hausinschriften orientierte Bauinschrift des Hippenseppenhofes im Freilichtmuseum Vogtsbauernhof sind Ausdruck der Würdigung der Verdienste Hesselbachers.
Quellen: Regierungspräsidium Freiburg, Ref. 25 Denkmalpflege, Amtsakten u. Pläne, dort auch Pläne privater Bauplanungen Hesselbachers.
Werke: (Auswahl): Die Klopfsäge in Holz im Wiesental, in: Nachrichtenblatt d. öff. Kultur- u. Heimatpflege im Regierungsbezirk Südbaden 1956, 70f.; Otto Linde zum 85. Geburtstag, ebd., 77; Ein Kleinod d. Renaissance in Baden, in: Nachrichtenblatt d. Denkmalpflege in B-W 1957, 1-4; Die Rettung des Turmes d. ev. Pfarrkirche (St. Michael) in Denzlingen, ebd., 1957, 45-47; Das Wohnhaus Franz Unser in Endingen am Kaiserstuhl, ebd., 48-50; Freiburg im Br. u. sein Münster, in: Das Staatstechnikum, Heft 10, 1957, 6ff.; Das von Landeck´sche (später von Pfirt´sche) Schlößchen in Bad Krozingen, in: Nachrichtenbl. d. Denkmalpflege in B-W 1957, 58-67; Denkmalpflege an ländlichen Bauten im Breisgau, ebd., 1957, 63ff.; Das Schloss d. Grafen von Kageneck in Munzingen, ebd., 69-80; Die Talvogtei, das Schloss von Kirchzarten, ebd. 1958, 53-56; Denkmalpflege an Bauwerken, die besondere Bedeutung im Ortsbild haben. Erste Folge, ebd., 60-62; Der Mons Brisiacus (Münster-, Stadt- u. Burgberg von Breisach) unter Denkmalschutz gestellt, ebd. 1959, 29-44; Die Baudenkmale d. Stadt Gengenbach, in: Gengenbach. Vergangenheit u. Gegenwart, 1960, 195ff.; Die Stadtbefestigungen von Gengenbach, in: Nachrichtenbl. d. Denkmalpflege in B-W 1960, 60-62; Der Wiederaufbau des Wagsauterturmes in Überlingen am Bodensee, ebd. 1961, 57-63; Die Kapelle des Peterhofes zu Freiburg im Br.: Ein kostbarer Innenraum d. Süddt. Renaissance, in: Bewahren u. Gestalten. FS zum 70. Geburtstag von Günther Grundmann, 1962, 69ff.; Sicherungsmaßnahmen an d. Burgruine Hohengeroldseck bei Lahr/Schwarzwald, in: Nachrichtenbl. d. Denkmalpflege in B-W 1963, 1-9; Das fürstbischöfl. Neue Schloss in Meersburg am Bodensee: Bericht über seine Wiederherstellung […], in: BH 1963, 255ff.; Die Silbermann-Orgel in d. ev. Kirche zu Meißenheim, in: Geroldsecker Land VI, 1963/64, 63ff.; Bericht über die Vorgeschichte d. Instandsetzung d. ottonischen Klosterkirche St. Cyriak in Sulzburg, in: Karl List, St. Cyriak in Sulzburg 993-1964, 1964, 7ff.; Die Baudenkmale im Kreis Wolfach, in: Der Kreis Wolfach, 1966, 77ff.; Bewahren u. Gestalten d. Väter Erbe, in: Geroldsecker Land 10, 1967/68, 12ff.; Denkmalpflege im Kreis Lahr, in: BH 1968, 160ff.; Denkmalpflege in d. Schweiz, in: Nachrichtenbl. d. Denkmalpflege in B-W 1968, 93-104; Emil Baader †. Dem Schöpfer d. Heimatstuben ein Dankesgruß, ebd. 111f.; Das Kruzifix des Nikolaus Gerhaert von Leyden in Baden-Baden. Seine Translokation vom Alten Friedhof in den Chor d. Stiftskirche, ebd. 1969, 1-19; Der Burgturm von Oberstaad bei Öhningen im Hegau. Seine Betrachtung im Zusammenhang mit d. Kultur- u. Baugeschichte des Mittelalters am Hochrhein, ebd. 1969, 62-74; Karl Hesselbacher, Dichterpfarrer u. Volksschriftsteller, in: Ekkhart 1971, 190ff.; Die Stadtbefestigung von Zell am Harmersbach, Kreis Wolfach, in: Denkmalpflege in B-W 1, Heft 1, 1972, 19-26; Schiltach im Schwarzwald. Schutz einer alten Fachwerkstadt, ebd. Heft 3, 1972, 23-30.
Nachweis: Bildnachweise: Denkmalpflege in B-W 1, 1972, 7 u. ebd. 7, 1978, 192; BH 2008, 630.

Literatur: Die teutonische Grazie, in: Der Spiegel 20, 1956 vom 16.5.1956, 58; Neue Architektur in Freiburg. 127 Bauten nach 1945, 2. erw. Aufl., zusammengest. von Klaus Humpert u.a., Nr. 11, 1992; Martin Hesselbacher, Dipl. Ing., Leiter d. Außenstelle Freiburg, in: Denkmalpflege in B-W 1, Heft 1, 1972, 7 f.; Personalia, ebd. 2, Heft 4, 1973, 23f.; Wolfgang Stopfel, Martin Hesselbacher zum 70. Geburtstag, ebd. 7, 1978, 192; Ein großer Freund des Geroldseckerlandes. Hauptkonservator i. R. Martin Hesselbacher im Alter von 75 Jahren verstorben, in: Lahrer Zeitung vom 13.6.1983 u. Lahrer Anzeiger vom 13.6.1983; Wolfgang Stopfel, Martin Hesselbacher †, in: Dt. Kunst u. Denkmalpflege, 1984, 95f.; ders., Denkmalpfleger Martin Hesselbacher (28.9.1908–3.6.1983), in: BH 2008, 629f.; ders., Denkmalpfleger Martin Hesselbacher (28.9.1908–3.6.1983), in: Denkmalpflege in B-W38, 2009, 49.
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