Trunk, Richard 

Geburtsdatum/-ort: 1879-02-10;  Tauberbischofsheim
Sterbedatum/-ort: 1968-06-02; Herrsching
Beruf/Funktion:
  • Komponist und Dirigent
Kurzbiografie: 1889 Gymnasium Tauberbischofsheim
1894 Hoch'sches Konservatorium Frankfurt a. M.
1896-1899 Akademie der Tonkunst München
1899 Abschlußexamen (mit Auszeichnung)
1900 Musiklehrer, Pianist (Begleiter), Dirigent des Münchener Volkschors Union und der Bürgersängerzunft
1912 Leiter des Chor- und Orchestervereins Arion New York
1914 Rückkehr nach München, Liedbegleiter, Musikschriftsteller, Chordirigent
1925 Dirigent des Kölner Männergesangvereins, Mitdirektor der Rheinischen Musikschule
1927 Prof. an der Staatlichen Hochschule für Musik in Köln
1929 Ehrenbürger von Tauberbischofsheim
1934-1945 Präsident der Münchener Akademie der Tonkunst, 1935-1939 Dirigent des Münchener Lehrergesangvereins und Leiter der Chorkonzerte der Musikalischen Akademie des Bayrischen Staatsorchesters
1945 Komponist in Riederau am Ammersee
1953 Ehrenbürger von Riederau
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: 1. 1909 Fanny, geb. Echter (geschieden 1923)
2. 1925 Maria, geb. Delbran
Eltern: Vater: Heinrich Trunk, Kaufmann (1847-1923)
Mutter: Elisabeth, geb. Henn (1846-1922)
Geschwister: 1
Kinder: keine
GND-ID: GND/117427292

Biografie: Horst Ferdinand (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 2 (1987), 285-287

Nur die ersten fünfzehn seiner fast neunzig Lebensjahre hat Trunk in seiner Heimat im badischen Frankenland verbracht, aber die Jugendjahre im Taubertal formten nicht nur seine Persönlichkeit, sondern waren auch bestimmend für sein musikalisches Oeuvre. Den in gleicher Weise bodenständigen wie weltoffenen jungen Badener zog es schnell in die Ferne, wo er das Glück hatte, bedeutenden Meistern zu begegnen: in München studierte der Frühbegabte – von dem schon seit seiner Kindheit feststand, daß die Musik sein Lebensberuf werden würde – neben anderen vorzüglichen Lehrern bei dem berühmten Kompositionsprofessor Joseph Rheinberger, dessen eher konservativer Tonsprache er zeitlebens verpflichtet blieb. Unter den Sängern, mit denen er während seiner Aufbaujahre zu Beginn des Jahrhunderts in Verbindung kam, ist an erster Stelle der Wagnersänger Eugen Gura (1842-1906, erster Bayreuther Donner und Günther) zu nennen, der ihn zum ständigen Klavierbegleiter erwählte. Auch die von der Zusammenarbeit mit einem derart überragenden Sänger ausgehenden Impulse entdecken wir in Trunks späterem Werk: natürliche Sanglichkeit der vokalen wie instrumentalen Schöpfungen sowie Kraft und Geschmeidigkeit – nicht Glätte – des insbesondere an Schubert und Hugo Wolf orientierten Melos. Dabei wußte Trunk dank der Unmittelbarkeit seines Empfindens, aber auch der Meisterschaft seiner Satztechnik, die Gefahr des Epigonentums stets zu vermeiden.
Neben der frühen Begegnung mit bedeutenden Meistern erwies sich als ein weiterer glücklicher Umstand die sich von vornherein klar abzeichnende Bestimmung Trunks zur abgegrenzten musikalischen „kleinen Form“: Klavierlied, Chorlied, Serenade, Divertimento, Suite, Romanze, Ballade, Impression. Titanisches Ringen mit einem an die Pforten pochenden Schicksal war ihm ebenso fremd wie eine zwingenden mathematischen Abläufen folgende Kompositionsweise. Er erkannte intuitiv, daß in der Gestaltung der lyrischen Szene, des Genre- und Charakterstücks die Mitte seiner Begabung lag. „Das Volksliedhafte, das Balladische, gesunder Humor, das Graziöse, aber ebenso das naturhaft empfundene Pathos sind sein Gebiet“ (H. Unger). Zentners Beschreibung, „als liederfroher Musikant sang er, wie ihm der Schnabel gewachsen war“, trifft Wesentliches in Trunks Schaffen; die spätromantische Delikatesse seiner Liedkunst, insbesondere die oft „wie mit dem Silberstift gezeichnete“ (A. Ott) Harmonik, sind jedoch danebenzustellen.
Der zwanzigjährige Preisträger der Münchener Akademie stellte zunächst einen tragfähigen Lebensunterhalt sicher, indem er sich schon bald als Klavierbegleiter vieler Gesangsgrößen jener Epoche, aber auch als Musikrezensent und Dirigent bedeutender Chorvereinigungen einen Namen machte. Sein Ruf drang schnell über die Grenzen Münchens hinaus bis in die neue Welt: Hoffnungsvolle und erfolgreiche Jahre als Chordirigent in New York wurden durch den Ausbruch des Weltkriegs jäh beendet. Nach der Rückkehr in die bayrische Wahlheimat folgte ein reiches Jahrzehnt des musikpraktischen, aber auch kompositorischen Wirkens, ehe der auf der vollen Höhe seiner Lebenskraft und künstlerischen Reife Stehende an einen zentralen Ort der deutschen Musikpflege berufen wurde, nach Köln als Dirigent des berühmten Männergesangvereins. Wieder war der – hart erarbeitete – Erfolg, auch sonst sein treuer Weggenosse, auf seiner Seite; bald wurde er zum Professor an der Kölner Musikhochschule ernannt, und letzte und krönende Station seiner außergewöhnlichen Laufbahn war schließlich die Präsidentschaft an der Staatlichen Akademie für Tonkunst in München. Ganze Generationen von Musikern, Musikerziehern und Chorsängern verdanken Trunk nicht nur die auf festen Fundamenten ruhende handwerkliche Vorbildung – er war wie sein Lehrer Rheinberger ein gestrenger Meister –, sondern auch Entfaltung und Gestaltung der Persönlichkeit. In München wußte er darüber hinaus in den Jahren von 1934 bis 1945 eine Atmosphäre zu schaffen, „in der Lehrer und Schüler, unbehelligt von der damaligen Gewaltpolitik, frei atmen konnten“ (A. Ott). Er konnte sich allerdings leisten, solche Freiräume zu schaffen; denn Trunk ist unter den ersten deutschen Künstlern gewesen, die sich bereits vor dem Umbruch mannhaft zu nationalsozialistischem Denken, Fühlen und Handeln bekannt ... haben (W. Zentner 1938). Nach Kriegsende zog er sich nach Riederau zurück, wo ihm noch reiche und erfüllte Jahre des Ausklangs und der Ernte beschieden waren.
Der äußeren Laufbahn parallel lief die innere des Komponisten, die ihn auf die Höhen tonschöpferischer Kunst führte. Über das imponierende musikalische Lebenswerk – 94 Opera – kann hier nur ganz summarisch berichtet werden: 200 Klavierlieder zeugen von der breit gefächerten Skala seiner musikalischen Ausdrucksfähigkeit; die Namen der Textdichter von Eichendorff bis Paul Verlaine zeigen die Weite seines umfassenden Geistes. Freilich, auch der offenbar unumgängliche Tribut an den Zeitgeist mußte entrichtet werden, und er fiel bei Trunk spezifisch aus: in den Jahren 1932 und 1940 vertonte er Textvorlagen von Baldur von Schirach („Feier der neuen Front“, „Adolf Hitler, dem Führer gewidmet“) und Hanns Johst; das erstgenannte op. 65 mit seinen Teilen („1. Hitler, 2. Des Führers Wächter, 3. O, Land, 4. Horst Wessel“) wurde vielfach aufgeführt, u. a. von Karajan in Aachen (1935). Wie eine Reihe anderer Komponisten der Epoche stellte auch Trunk seine Talente zeitweise in den Dienst der NS-Ideologie. Unter den instrumentalen Werken seien die bedeutende Ammersee-Suite op. 85 und das Quintett op. 10 sowie das Streichquartett op. 80 genannt. In Otts Werkverzeichnis (siehe Werke) sind 37 meist zu Zyklen zusammengeschlossene Kompositionen für Männer- und Frauenchor, gemischten und Jugendchor genannt; viele davon werden wegen der innewohnenden Volkstümlichkeit noch heute gesungen.
Eine rege Konzerttätigkeit begleitete die Ausübung der offiziellen Funktionen. Neben den Werken der großen Klassiker und Romantiker, aber auch Bachs und Händels, führte Trunk sehr oft seine eigenen Schöpfungen auf, wobei Maria Trunk-Delbran als berufene Nachgestalterin seiner Kunst auftrat, neben vielen anderen bekannten Interpreten wie Sigrid Onegin, Maria Ivogün, Lauritz Melchior, Paul Bender, Karl Erb, Heinrich Schlusnus, später Ingeborg Hallstein, Hanna Scholl, Karl Schmitt-Walter und Franz Fehringer.
„Trunks Lebenswerk dokumentiert sich in einem Instrumentalschaffen voll farbiger Leuchtkraft, in einer Liedkunst, deren weitgespannter Bogen die Polarität von Volkslied und Kunstgesang zur Einheit bindet, und in einer Chorlyrik von elementarer Kraft und Natürlichkeit. Mit Pfitzner und R. Strauß hat er die romantisch geprägte Liedform eigenständig weiterentwickelt“ (A. Ott).
Nachweis: Bildnachweise: in: A. Ott, R. Trunk, Leben und Werk (s. o.), Vorblatt, Ekkhart 1959, 139; BH 1968, 397, und Portrait (Radierung von Sepp Frank) in: Ekkhart 1930, 41.

Literatur: Alfons Ott, R. Trunk, Leben und Werk (München 1964), dort Werkverzeichnis S. 77-87 – die NS-Opera 65, 66, 67, 69, 73 fehlen – und ein chronologisch geordnetes Literaturverzeichnis (S. 88); ergänzend: Hermann Unger, R. Trunk, ein deutscher Lyriker, in: Ekkhart 1930, 39-44; Wilhelm Zentner, R. Trunk, ein Sänger des Herzens, in: Mein Heimatland 1938, 409-411; ders., R. Trunk, zum 80. Geburtstag des Komponisten, in: Ekkhart 1959, 139-143; ders., Erinnerungen von und an R. Trunk, in: BH 1968, 397-401; Alfons Ott, Trunk, R., in: MGG 13, 1966, 856 f., MGG 16, 1979, 1882 f.; Fred K. Prieberg, Musik im NS-Staat, Frankfurt a. M. 1982.
Suche
Durchschnitt (0 Stimmen)