Braun, Josef 

Geburtsdatum/-ort: 23.08.1889; Zeiskam bei Germersheim
Sterbedatum/-ort: 31.07.1955;  Mannheim
Beruf/Funktion:
  • Stadtrat – CDU, Oberbürgermeister
Kurzbiografie: 1904-1906 Mechanikerlehre in Neustadt an der Weinstraße
1907-1908 Arbeit als Mechaniker
1908-1911 Maschinenbaustudium an der privaten Ingenieurschule Mannheim
1913-1945 Ingenieur bei den Stadtwerken Mannheim, seit 1927 Stadtbaurat, seit 1944 Stadtoberbaurat
1915-1918 Kriegsdienst
1919-1933 Stadtrat – Zentrum
1945-1948 Oberbürgermeister der Stadt Mannheim
1946 Jan.-Jun. Mitglied der Vorläufigen Volksvertretung für Württemberg-Baden, Vizepräsident sowohl des Gremiums selbst als auch des Ständigen Ausschusses
1946 Mitglied der Verfassunggebenden Landesversammlung für Württemberg-Baden
1948-1949 Mitglied des Wirtschaftsrats für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet (Bizone)
1951-1955 Stadtrat – CDU
1954-1955 Mitglied des Aufsichtsrats der Oberrheinischen Eisenbahngesellschaft (OEG)
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Auszeichnungen: Ehrensenator der Wirtschaftshochschule Mannheim (1949)
Verheiratet: 1919 (Viernheim) Berta, geb. Rudershausen (1896-1968)
Eltern: Vater: Georg Jakob (1854-1891), Landwirt
Mutter: Katharina, geb. Zoller (1857-1931)
Geschwister: 5:
Georg (geb. 1880)
Katharina Franziska (geb. 1882)
Anna (1885-1886)
Michael (geb. 1886)
Jakob (geb. 1891)
Kinder: 3:
Maria (geb. 1920)
Gertrud (geb. 1926)
Aloisius (geb. 1927)
GND-ID: GND/117752584

Biografie: Andrea Hoffend (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 4 (2007), 29-30

Bei Kriegsende 1945 überraschend zum ersten Mannheimer Nachkriegsoberbürgermeister berufen, war Braun vor eine schwierigere Aufgabe gestellt als wohl alle, die ihm in diesem Amt vorausgingen oder noch nachfolgen sollten.
Im vorderpfälzischen Zeiskam wuchs Braun zusammen mit vier Geschwistern vaterlos auf. Von 1908 bis 1911 bildete sich der gelernte Mechaniker an der damals noch privaten Ingenieurschule Mannheim im Fach Maschinenbau aus. Nach seinem Abschluss wurde er bei den Stadtwerken Mannheim tätig, wo man ihn 1927 zum Stadtbaurat und noch 1944 zum Stadtoberbaurat beförderte. In dieser Funktion war er für die Bauabteilung und für den Rohrnetzbetrieb verantwortlich. Als Mitglied der katholischen Zentrumspartei war Braun 1919 knapp 30-jährig in den Mannheimer Stadtrat gewählt worden, dem er bis zur NS-„Machtergreifung“ 1933 angehören sollte. In dieser Funktion widmete sich der strenggläubige Katholik vor allem kirchlichen Angelegenheiten, Schulfragen und den Aufgaben des kommunalen Wohlfahrtswesens.
Innerlich gegen die „braune“ Ideologie resistent und nach dem 20. Juli 1944 wie viele als Regimegegner bekannte Persönlichkeiten für kurze Zeit inhaftiert, war und blieb Braun nach 1933 wegen seiner Fachkenntnisse dennoch auch für die neuen NS-Machthaber unentbehrlich. Als NSDAP-Oberbürgermeister Renninger im März 1945 vor den herannahenden US-Truppen nach Sinsheim auswich, setzte er den seit nunmehr über drei Jahrzehnten bei der Stadt Mannheim beschäftigten Braun sogar als Mitglied einer Art Übergangsverwaltung ein.
Wenig später sollte Braun unvermittelt ins Licht der Öffentlichkeit treten: Nachdem der katholische Stadtdekan Prälat Josef Bauer ihn den in die zerstörte Stadt einrückenden US-Truppen als integre Persönlichkeit mit langjähriger Verwaltungserfahrung empfohlen und man ihn anderthalb Tage lang eingehend befragt hatte, verpflichtete der US-Stadtkommandant den ehemaligen Zentrumspolitiker am 31. März 1945 als kommissarischen Oberbürgermeister – eine Entscheidung, die angesichts der politischen Mehrheitsverhältnisse im traditionell „roten“ Mannheim für viele überraschend kam.
Dringlichste Aufgabe des Stadtoberhaupts war es, das materielle Überleben der Bevölkerung in der schwer zerstörten Stadt zu gewährleisten und jenen zehntausenden von Menschen, die in Trümmern, Baracken und Bunkern hausten, schnellstmöglich menschenwürdige Unterkünfte zu verschaffen. Neben der Schaffung von Wohnraum rückte aber auch die Wiederinstandsetzung der städtischen Infrastruktur in den Blickpunkt, so insbesondere die des Verkehrsnetzes einschließlich der von den abrückenden deutschen Truppen zerstörten Rhein- und Neckarbrücken sowie der Hafenanlagen. All diese Aufgaben ging Braun in sehr resoluter Weise an. Unterdessen Mitglied der nach dem Krieg von Angehörigen beider christlicher Konfessionen gegründeten CDU und für diese auch im Vorparlament des Nachkriegslandes Württemberg-Baden in maßgeblicher Funktion, wurde Braun vom Ende Mai 1946 gewählten ersten Mannheimer Nachkriegsgemeinderat trotz SPD-Dominanz mit überwältigender Mehrheit für weitere zwei Jahre im Amt bestätigt – eine Gegenleistung dafür, dass zuvor im Karlsruher Stadtparlament, in dem ein umgekehrtes Kräfteverhältnis herrschte, die CDU den Sozialdemokraten Hermann Veit unterstützt hatte. Allerdings konnte die SPD fortan nicht zuletzt über den Braun an die Seite gestellten Ersten Bürgermeister Jakob Trumpfheller massiven Einfluss auf die städtische Politik nehmen.
Im schweren „Hungerwinter“ 1946/47 noch im gemeinsamen Kampf um eine Sicherstellung wenigstens minimaler Nahrungsversorgung geeint, sollte das den Mannheimer Oberbürgermeister stützende Bündnis aus CDU, SPD und liberaler DVP später mehr und mehr auseinanderdriften. Die Gemeinderatswahl vom Dezember 1947, die eine deutliche Schwächung der CDU bei leichter Stärkung der SPD erbracht hatte, trug ebenso wie die gesamtpolitische Entwicklung dazu bei, dass sich vor allem in der Wohnungsbaupolitik zunehmend Divergenzen ergaben.
Als am 1. Februar 1948 die erste Direktwahl des Mannheimer Oberbürgermeisters anstand, stellte die SPD den anerkannten Finanzfachmann Fritz Cahn-Garnier als Kandidaten auf, der von der DVP, aber ebenso auch von der KPD mitgetragen wurde, die in der Stadt über ein stabiles Wählerpotenzial von über 17 % verfügte. Gleichwohl entschloss sich die CDU, den aus ihrer Sicht hoch bewährten Braun nochmals ins Rennen zu schicken. In einem sehr polarisierten Wahlkampf stellte sie mittels eines „Volksausschusses Braun“ die Verdienste ihres Kandidaten als „Retter von Mannheim“ heraus und suchte Cahn-Garnier zu diskreditieren, während umgekehrt vor allem die KPD die CDU zur Partei des Kapitals stempelte. Mit immerhin 43,4 Prozent der abgegebenen Stimmen unterlag Braun, und statt seiner rückte nun Cahn-Carnier ins Amt des Stadtoberhaupts ein.
Ein zentraler Kritikpunkt von SPD und KPD an Brauns Amtsführung war die Wohnungsbaupolitik gewesen: Denn wenn auch die Möglichkeiten eines forcierten Wiederaufbaus in den ersten Nachkriegsjahren begrenzt waren, so warf man Braun dennoch vor, dass er selbst diesen engen Rahmen nur unzureichend ausgeschöpft habe, indem er ganz auf private Initiative setze. Unter Cahn-Garnier sollten die Akzente auf diesem Politikfeld dann in der Tat anders gesetzt werden.
Wenige Monate nach seinem Ausscheiden aus dem Amt des Oberbürgermeisters wurde Braun in den Wirtschaftsrat des Vereinigten Wirtschaftsgebiets (Bizone) berufen, seit 1951 gehörte er dem Mannheimer Gemeinderat an. 1954 in dieser Funktion in den Aufsichtsrat der Oberrheinischen Eisenbahngesellschaft (OEG) gewählt, erlag Braun noch vor Vollendung des 66. Lebensjahrs einer schweren Krankheit. Das „Josef-Braun-Ufer“ am Neckar erinnert heute in Mannheim an den Christdemokraten, der sich seiner Kommune in schwerster Zeit aufopfernd zur Verfügung gestellt hatte.
Quellen: StadtA Mannheim, Nachlass J. Braun u. Bestand OB; Joachim Irek, Mannheim in den Jahren 1945 bis 1949 (Dokumentenband), 1983.
Nachweis: Bildnachweise: StadtA Mannheim, Bildsammlung.

Literatur: Hermann Heimerich, Oberbürgermeister i. R. J. Braun †, in: Mannh. Hefte 1955, 4, 36 f.; Joachim Irek, Mannheim in den Jahren 1945 bis 1949 (Darstellung), 1983.
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