Bredereck, Hellmut Johannes Friederich 

Geburtsdatum/-ort: 1904-05-29; Frankfurt am Main
Sterbedatum/-ort: 1981-05-02;  Stuttgart
Beruf/Funktion:
  • Chemiker
Kurzbiografie:

19101922 Bornheimer Mittelschule bis 1913; danach Goethe-Gymnasium bis Abitur Ostern 1922

1922 V1927 II Studium der Chemie an den Universitäten Frankfurt, SS 1922–WS 1924/25, und Greifswald; 1925 Diplom-Examen

1927 II 14 Promotion „summa cum laude“ zum Dr. phil. bei Burkhardt Helferich (1887–1982): „Halogenhydrine der Glucose“; Diplom vom 18. März 1927

1927 II1930 III Assistent am Chemischen Institut der Universität Greifswald

1930 IV1941 IV Assistent am Chemischen Laboratorium der Universität Leipzig

1933 XI Habilitation: „Zur Konstitution der Hefe Nucleinsäure“; Probevorlesung „Nucleinsäuren und Co-Fermente“ am 11. Nov. 1933

1933 XI1939 XI Privatdozent für Chemie

1939 XI1941 IX apl. Professor

1941 X1945 V Vertreter, ab September 1942 planmäßiger außerordentlicher Professor und Direktor des Instituts für Organische Chemie und Biochemie an der Universität Jena

1948 I1972 IX ordentlicher Professor und Direktor des Instituts für Organische Chemie und Organisch-chemische Technologie an der TH, seit 1967 Universität Stuttgart; WS 1972/73–WS 1973/74 Vertreter seines Lehrstuhls

19561958 Dekan der Fakultät für Natur- und Geisteswissenschaften

19591961 Rektor

19611963 Vorsitzender der baden-württembergischen Rektorenkonferenz

Weitere Angaben zur Person: Religion: evangelisch
Auszeichnungen: Ehrungen: Emil-Fischer-Medaille der Gesellschaft Deutscher Chemiker (1966); Präsident der Gesellschaft Deutscher Chemiker (1968–1970); Großes Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland (1969)
Verheiratet:

1933 (Leipzig) Elisabeth, geb. Niedergerke ( 1905)


Eltern:

Vater: Friedrich Wilhelm Richard (1870–1945), städtischer Beamter in Frankfurt

Mutter: Ottilie Elise, geb. Weber (geb. 1882)


Geschwister:

Elise Friderika Johanna (geb. 1907)


Kinder:

3; Karl (geb. 1935), Hans-Joachim (geb. 1938) und Peter Michael (geb. 1943)

GND-ID: GND/125280580

Biografie: Alexander Kipnis (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 7 (2019), 64-69

Über Familie und Jugend des bedeutenden Chemikers und Wissenschaftsorganisators Bredereck ist wenig bekannt. Er wurde in Frankfurt als Sohn eines städtischen Beamten geboren, der zuletzt zum Oberverwaltungsdirektor befördert wurde. Bredereck besuchte die Bornheimer Mittelschule und danach das Goethe-Gymnasium, das 1897 als Reform-Gymnasium gegründet worden war und Reform-Modell für das Gymnasialwesen wurde. Ostern 1922 bestand er sein Abitur und im SS 1922 begann er das Chemiestudium an der Universität seiner Heimatstadt. Ostern 1923 erhielt er einen Arbeitsplatz am Chemischen Institut. Die Verbandsexamina in der Anorganischen und in der Organischen Chemie bestand er im Mai 1924 und Februar 1925.

Von der Organischen Chemie, wie sie Burkhardt Helferich betrieb und unterrichtete, war Bredereck so begeistert, dass er bei Helferich Doktorand werden wollte. Als Helferich zum SS 1925 Ordinarius für Chemie und Direktor des Chemischen Instituts der Universität Greifswald wurde, wechselte auch Bredereck dorthin. Auf Anregung Helferichs schrieb er seine Doktorarbeit auf dem experimentell sehr schwierigen Gebiet der Kohlenhydratchemie. Ende 1926 war er fertig und legte seine Dissertation im Januar 1927 vor. In seinem Gutachten würdigte Helferich Brederecks „ausgezeichnetes Verständnis für die theoretischen Fragen und Aufgaben seiner Arbeit“ sowie „die unermüdliche Zähigkeit, die sich durch Misserfolge nicht zurückschrecken lässt“ (UA Greifswald, Phil. Diss. II–321) und bewertete die Dissertation mit „sehr gut“; auch die mündliche Prüfung in Chemie, Physik und Geologie bestand Bredereck mit „sehr gut“.

Noch vor dem Doktorexamen erhielt er auf Helferichs Antrag eine planmäßige Assistentenstelle am Chemischen Institut. Als dessen Privatassistent hat er sich „in die ihm zugewiesenen Arbeiten so ausgezeichnet eingearbeitet, dass es für das Institut ein außerordentlich schwerer Verlust wäre, ihn […] zu verlieren“ (UA Greifswald, K 559), begründete Helferich seinen Antrag, die Beschäftigungszeit Brederecks um weitere zwei Jahre zu verlängern. Fünf Artikel über Zuckerchemie, die Helferich und Bredereck zusammen publizierten, verleihen diesen Worten Gewicht.

Zum SS 1930 wurde Helferich an die Universität Leipzig berufen. Bredereck folgte auch dorthin. Neben der Kohlenwasserstoffchemie, also der Arbeit auf Helferichs Gebiet, begann Bredereck bald auch selbständige Untersuchungen. Er griff das damals noch wenig erforschte Gebiet der Nukleinsäuren auf und erarbeitete einfache, effektive chemische und vor allem enzymatische Abbaumethoden, die zu Bausteinen der Nukleinsäuren, d. h. zu Nukleotiden und weiter zu Nukleosiden, führten. Für die Nukleoside gelang ihm die sog. Furanosestruktur zu beweisen, was einen bedeutenden Fortschritt in der Aufklärung von deren Konstitution darstellte. Seine Ergebnisse dazu legte Bredereck im Juni 1933 als Habilitationsschrift vor, die Helferich in seinem sehr positiven Gutachten wertet als einen „sehr wertvollen Beitrag zur Chemie der Nucleinsäuren […] Dies ist ihm dank seiner klaren Problemstellung und der klaren Beantwortung, besonders aber dank seiner ungewöhnlichen chemischen Experimentierkunst gelungen“ (UA Leipzig, PA 347, Bl. 17 f.). Der zweite Gutachter, Max Le Blanc  schloss sich dem Urteil an und unterstützte die Empfehlung, Bredereck zur Habilitation zuzulassen.

Um die Genehmigung des Sächsischen Kultusministeriums für das Habilitationsverfahren zu erhalten, musste Bredereck schriftlich versichern, dass er keiner Freimauerloge angehöre und in die SA eintreten. Nach zwei Jahren schied er „wegen einer Fußverletzung“ wieder aus. Sie war vermutlich nicht ernst, nach dem Krieg jedenfalls hat er Fußball gespielt. Zu seiner politischen Einstellung fehlen nähere Hinweise. Die Machthaber hielten ihn für zuverlässig und erhoben nie Einwendungen bei Beförderungen. Er folgte den Spielregeln und wurde automatisch Mitglied des NS-Lehrerbundes, trat aber nie in die NSDAP ein. Kurzum Bredereck handelte pragmatisch, um ungehindert arbeiten zu können.

Anfang November kam die ministerielle Genehmigung. Das Habilitations-Kolloquium fand sofort statt; Bredereck trug über „Optische Aktivität ohne asymmetrische Zentralraum“ vor und „machte mit seinem Vortrag und seinem Eingehen auf die Diskussionsfragen auf die ganze Kommission einen ausgezeichneten Eindruck“ (ebd., Bl. 22). Nach dem bestandenen Kolloquium folgte am 11. November die Probevorlesung „mit sehr guten Erfolg“ (ebd., Bl. 30): Noch am selben Tag erteilte ihm die Fakultät die Venia legendi.

Als Privatdozent las Bredereck ausgewählte Kapitel der organischen Chemie. „Sein Vortrag ist ruhig, wissenschaftlich klar, auch bei komplizierten Fragen. Die Studenten gehen gern in seine Vorlesung“, urteilte Helferich im Herbst 1937 (UA Leipzig, PA 347, Bl. 47 f.). Bredereck wurde nun Unterrichtsassistent und leitete Arbeiten von Studenten im Praktikum für Organische Chemie. Schwerpunkt seiner Tätigkeit waren weitere Untersuchungen über Nukleinsäuren. Mehrere Doktoranden konnte er für diesen Bereich begeistern. Bredereck hat auch entscheidend zur Aufklärung der Ring-Struktur von Ribonukleosiden und Ribonukleotiden beigetragen. Neue Forschungsergebnisse, besonders nach dem Erscheinen zweier wichtiger Übersichtsaufsätze 1938, brachten ihm Anerkennung in der Fachwelt.

Anfang 1939 beantragte Helferich den Professorentitel für Bredereck wegen „Brederecks Persönlichkeit, seiner Eignung und Erfolge als akademischer Lehrer und der für sein Alter außergewöhnlichen wissenschaftlichen Leistungen.“ (UA Leipzig, PA 347, Bl. 78) Nach sechs Jahren als Privatdozent erhielt er im November 1939 den Titel eines außerplanmäßigen außerordentlichen Professors und hielt im Mai 1940 seine Antrittsvorlesung über „Fermente, Hormone und ihre Beziehungen zueinander“. Nach wie vor betreute er viele Doktoranden bei der Erforschung der Nukleinsäure.

Im August 1941 erhielt Bredereck einen Ruf als planmäßiger außerordentlicher Professor und Direktor des Instituts für Organische Chemie an der Universität Jena, den er annahm. Begründet mit Kriegsbedürfnissen wurde das alte Chemische Laboratorium der Jenaer Universität 1941/42 aufgelöst und in die Institute für Technische, Anorganische, Physikalische Chemie sowie Organische Chemie und Biochemie aufgespalten. Brederecks Aufgabe war, das letztere Institut neu aufzubauen. Auch in Jena bemühte er sich, sein geliebtes Forschungsfeld weiter zu bearbeiten. Die letzten Mitteilungen über Nukleinsäure-Experimente, die Nummern XX. und XXI., erschienen 1942. Danach musste Bredereck sich ausschließlich „Kriegsbedürfnissen“ widmen, seiner eigentlichen Jenaer Aufgabe. Vor allem ging es um die Koffeinsynthese, was des Mangels an Kaffee wegen als „kriegswichtig“ galt. Dank seiner Erfahrungen mit Bausteinen von Nukleinsäuren gelang es ihm, Koffein aus Harnsäure zu synthetisieren. Als Rohstoff dienten an Harnsäure sehr reiche Schlangenexkremente aus den zoologischen Gärten. Wegen dieses Erfolges erhielt er das Kriegsverdienstkreuz I. Klasse.

Mitte April 1945 wurde Jena durch amerikanische Truppen besetzt und die Universität geschlossen. Ende Juni, wenige Tage vor der Übergabe von Sachsen und Thüringen an die Sowjettruppen, transportierten die Amerikaner Bredereck samt Familie zusammen mit anderen Wissenschaftlern der Jenaer Universität nach Heidenheim an der Brenz. Dort gelang es Bredereck, mit einigen Mitarbeitern eine chemische Firma aufzubauen, die zuletzt eine 180-köpfige Belegschaft hatte. In einer neuen Halle nördlich von Aalen produzierte das Unternehmen, das er bis 1949 leitete, monatlich bis 12 t Saccharin, ein damals sehr begehrter Süßstoff.

Trotz wirtschaftlich günstiger Umstände wollte Bredereck aber zu einer akademischen Tätigkeit zurückkehren. Anfang 1948 hatte er die Wahl zwischen Kiel, Aachen, Braunschweig und Stuttgart. „Überall waren nur Trümmer, […] so dass ich die Trümmer wählte, die der bescheidenen Wohnung in Heidenheim mit zweieinhalb Zimmern am nächsten lagen“, erinnerte sich Bredereck etwa fünfzehn Jahre später (UA Stuttgart, 4/192, undat. Interview Brederecks). Er hatte in Stuttgart für sein Institut das nur teilweise zerstörte Gebäude des ehemaligen Kultusministeriums gefunden und vereinbarte mit dem damaligen Kultusminister Theodor Heuss, dass die TH dieses Gebäude für das Institut für Organische Chemie zehn Jahre lang verwenden darf. Bredereck wurde Mitglied der Baukommission der TH und verstand es, unter schwierigen Verhältnissen seine Ziele zu erreichen. Nach zwei Jahren konnte das Institut einziehen. Es war der erste Chemieneubau in Westdeutschland.

In Stuttgart las Bredereck viersemestrig über Organische Chemie, die immer von spektakulären lehrhaften Demonstrationen begleitet war. Zum vierten Teil waren nur Studenten nach dem Vordiplom zugelassen. Bredereck leitete auch persönlich Arbeiten im Praktikum für Fortgeschrittene. Außerdem dozierte er über „Organisch-chemische Tagesfragen“, insgesamt 14 bis 16 Stunden jedes Semester, als honorarfreie Veranstaltung, in der er mit Studenten aktuelle Neuheiten in der organischen Chemie besprach.

1950 setzten dann Forschungsarbeiten ein. Mit schwerem Herzen sah sich Bredereck dabei gezwungen, die Nukleinsäure-Forschung, „für die wir nicht unwichtige Grundlagen gelegt hatten“ (UA Stuttgart, 4/192, undat. Interview Brederecks), nicht fortzusetzen; denn inzwischen waren in England und den USA entscheidende Fortschritte gemacht worden, gekrönt von der Entdeckung der berühmten „doppelten Helix“. Es machte kein Sinn, hierzu etwas Wesentliches nachtragen zu wollen.

Eine Kompensation fand Bredereck u. a. in ausführlichen Untersuchungen zur Chemie von Purinen, die wichtige Bausteine der Nukleinsäuren sind. Arbeiten über die Purinen-Chemie bildeten nur die erste von vielen Forschungsrichtungen des Instituts. Besonders fruchtbar erschienen Untersuchungen von Reaktionen des Formamids und anderer Säureamide, die besonders zu Synthesen von heterozyklischen Verbindungen führten. Diese Arbeiten fanden ihren Niederschlag in über 50 Publikationen. Weitere Arbeitsgebiete waren Synthesen von heterozyklischen Verbindungen und Synthesen von Oligosacchariden. 1953 begann die Erforschung von Polymerisationsreaktionen, besonders von Polymerisationskatalysatoren.

Bredereck verstand es, begabte junge Leute heranzuziehen. Bereits 1954 arbeiteten im Institut etwa 40 Personen, einschließlich Diplomanden und Doktoranden. Sehr geschickt verteilte er unter Doktoranden, Diplomanden und eigenen Assistenten Arbeiten, so dass in jeder Forschungsrichtung Dutzende von Publikationen entstanden. Seit der Jenaer Zeit schon pflegte Bredereck intensive Kontakte zur Pharmazeutischen und Chemie-Industrie. Seine Schüler fanden dort problemlos Stellen. Mit den Firmen patentierte er auch für die Praxis bedeutsame synthetische Methoden. Viele seiner Patente beziehen sich auf Polymerisationsverfahren und -katalysatoren.

Er organisierte auch die vorbildliche Zusammenwirkung seines Instituts mit den beiden anderen, dem Institut für Anorganische Chemie unter Josef Goubeau und für Physikalische Chemie unter Theodor Förster. Regelmäßig fand ein gemeinsames Chemisches Kolloquium statt.

Die ausgezeichneten organisatorischen Fähigkeiten Brederecks, die sich bereits in der Baukommission gezeigt hatten, blieben nicht unbemerkt: 1956 wurde Bredereck zum Dekan, anschließend 1958 zum Rektor gewählt und als erfolgreicher, aktiver Rektor 1960 wiedergewählt. In seinem Rektoratsbericht nannte Bredereck „eine stattliche Reihe fertiggestellter und im Bau befindlicher Institute“ (1961, S. 11); denn: „Universitäten und Hochschulen, und damit Lehre und Forschung, waren lange Jahren Stiefkinder ihrer Zeit“ (ebd., S. 12). Seine Vision war die Errichtung technischer und wissenschaftlicher Institute und damit die Möglichkeit naturwissenschaftlich-technischer Forschung; denn das bedeute „man verzeihe mir die Pointierung – einen Beitrag für die notwendige Sicherung der wirtschaftlichen Zukunft unseres Volkes und damit der Erhaltung der uns eigenen Lebensformen.“ (ebd.) Mit dieser Grundeinstellung engagierte sich Bredereck auch im deutschen Hochschulleben. 1961 bis 1963 als Prorektor war er Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz Baden-Württemberg und wirkte in der Westdeutschen Rektorenkonferenz mit. 1964 wurde er Vorsitzender der Wissenschaftlichen Kommission des Wissenschaftsrats und Mitglied einiger Ausschüsse. Er gehörte den Gründungsausschüssen der Universitäten Konstanz und Ulm und der Medizinischen Hochschule Hannover an und saß im Organisationsausschuss zur Erweiterung der Universität Mannheim und im Kuratorium des Heidelberger Krebsforschungszentrums.

Auch in der Gesellschaft Deutscher Chemiker war Bredereck aktiv. Von 1948 bis 1952 war er Vorsitzender in Nord-Württemberg, von 1951 bis 1953 und von 1966 bis 1973 gehörte er dem Vorstand an und 1968 bis 1969 war er Präsident dieser Gesellschaft. Außerdem wirkte er seit 1968 als Vorsitzender des Deutschen Zentralausschusses der Chemie, der als Dachorganisation von zwölf der Chemie verpflichteten Gesellschaften und Verbänden die deutschen Interessen in der IUPAC vertrat, der International Union of Pure and Applied Chemistry.

Anfang Oktober 1968 hielt Bredereck in Heidelberg vor der Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte den Vortrag „Die Zukunft unserer Universitäten“. Er artikulierte als Hauptprobleme der Hochschulen die wachsende Studentenzahl, lange Studienzeiten und die große Zahl von Studienabbrechern und erwies sich in seinen Lösungsansätzen als weitsichtiger Bildungsplaner. Seine drei Vorschläge stießen auf lebhaftes Echo: Nicht alle Abiturienten, sondern nur solche, die zusätzliche Aufnahmebedingungen erfüllen, dürften studieren. Zweitens solle stetiger Austausch zwischen Hochschulen und der Wirtschaft stattfinden, um wandelnden Bedürfnissen folgen zu können; Bedarfsanalyse müsse zur permanenten Einrichtung werden. Drittens solle eine „Auflockerung unserer bisherigen Ausbildungsgänge“ (ebd., S. 371) stattfinden. Bredereck sprach dabei vom Bakkalaureat wie Diplom als Abschlüssen neben der Promotion.

Bald nach diesem Vortrag bot die Landesregierung ihm die Stelle eines Staatssekretärs für Hochschulfragen im Stuttgarter Kultusministerium an, was er ablehnte: Er habe genug Verpflichtungen und wollte sein Institut nicht verlassen. Sogar als Rektor hatte er immer Zeit für Besprechungen der Forschungsaufgaben seiner Mitarbeiter.

Nach seiner Emeritierung war Bredereck noch drei Semester lang Vertreter seines Lehrstuhls und blieb seinem Institut auch danach verbunden. Die letzten Arbeiten aus seinem Institut, an denen er beteiligt war, wurden 1980 veröffentlicht. Bredereck starb unerwartet drei Wochen vor seinem 77. Geburtstag.

Von mindestens 275 Publikationen und ca. 50 Patenten Brederecks gehört der größte Teil zum Bereich Experimentalarbeiten auf verschiedensten Gebieten der organischen Chemie. Für zusammenfassende Aufsätze hatte er offensichtlich keine Zeit und keine Neigung. Eine Ausnahme bildeten nur zwei Veröffentlichungen über Nukleinsäuren von 1938. Ein bedeutender Teil von Brederecks Lebenswerk aber schlug sich nicht in Publikationen nieder. Es war die organisatorische Tätigkeit als Hochschulreformer, womit er „maßgeblich die Entwicklung der deutschen Hochschullandschaft mitbestimmt“ hat (Anonym, 1981, S. 8).

Bredereck war eine bedeutende, durchaus unterschätzte Figur in der Entwicklungsgeschichte der Chemie und des deutschen Hochschulwesens.

Quellen:

UA Greifswald Phil. Diss. II-321 ,Promotionsakte Bredereck, K 559, Assistenten des Chemischen Instituts, K 5979, Vorschläge zur Neubesetzung des Lehrstuhls für Organische Chemie, 1940; UA Leipzig PA 347, Personalakte Bredereck; UA Stuttgart: 57/26, Personalakte Bredereck, 4/192, Biographische Sammlung, Bredereck; Auskünfte StadtA Frankfurt vom 16. und 22.6.2017 sowie des StA Leipzig vom 22.6.2017.

Werke: (mit B. Helferich), d-Glucose-6-chlorhydrin und seine Derivate, in: Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft 60, 1927, 1995–2001; Zur Konstitution der Trehalose, ebd. 63, 1930, 959–965; (mit B. Helferich), Über Emulsin, in: Zs. für physiolog. Chemie 189, 1930, 273–279; Zur Acetylbestimmung nach Freudenberg, in: Angewandte Chemie 45, 1932, 241 f.; Nucleinsäure: Ringstruktur der Pyrimidin-nucleoside, in: Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft 65, 1932, 1830–1833; Über isomere Dinitrophenyl-hydrazone, ebd., 1833–1838; Zur Konstitution der Hefe-Nucleinsäure, 1933; Nucleinsäuren. IV. Die Konstitution der Pyrimidin-nucleotide, in: Zs. für physiolog. Chemie 224, 1934, 79–85; Nucleinsäuren, in: Angewandte Chemie 47, 1934, 290–293; Ergebnisse der Vitamin und Hormonforschung, Chemie und Technik der Gegenwart, Bd. XV, 1. Teil, 1936; Nucleasen, in: Ergebnisse der Enzymforschung 7, 1938, 105–117; Nucleinsäuren, in: Fortschritte der Chemie organischer Naturstoffe 1, 1938, 121–158; (mit G. Caro), Zur Konstitution der Thymonucleinsäure, in: Zs. für physiolog. Chemie 253, 1938, 170–184; (mit E. Geyer) Über die Phosphoamidasen in Emulsin und Trypsin, ebd. 254, 1938, 223– 226; (mit G. Lehmann, E. Fritzsche und Chr. Schönfeld) Berylliumchlorid in der organischen Chemie, in: Angewandte Chemie 52, 1939, 445 f.; (mit M. Köthnig und Eva Berger), Über die d-Ribose, Darstellung einer kristallisierten Anhydroribose, in: Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft 73, 1940, 956–962; (mit Ingeborg Jochmann), Über das Tetranucleotid der Thymonucleinsäure, Nucleinsäuren, XX. Mitteil., ebd. 75, 1942, 395–400; (mit Eva Hoepfner), Über das Tetranucleotid der Hefe- und Thymonucleinsäure, ebd., 1086–1095; (mit Annelise Martini), Über methylierte Nucleoside und Purine und ihre pharmakolog. Wirkungen, I. Mitteil., in: Chemische Berichte 80, 1947, 401–405; (mit H. Haas und A. Martini), Über methylierte Nucleoside und Purine und ihre pharmakolog. Wirkungen, II. Mitteil., in: Chemische Berichte. 81, 1948, 307–313; (mit H.-G. von Schuh und A. Martini), Neue Synthesen von Xanthin, Coffein und Theobromin, ebd. 83, 1950, 201–211; (mit G. Theilig), Imidazolsynthesen mit Formamid, Formamidreaktionen I., ebd. 86, 1953, 88–96; (mit I. Hennig und W. Pfleiderer), Synthesen in der Purinreihe, II., ebd., 321–333; (mit E. Bäder), Darstellung von α-Oxy- und α-Aminosulfonen sowie von sulfinsauren Salzen organischer Basen, I. Mitteil. über Polymerisationen und Polymerisationskatalysatoren, ebd. 87, 1954, 129–139; Das Institut für Organische Chemie und Organisch- chemische Technologie, in: Die TH Stuttgart: Bericht zum 125-jährigen Bestehen, 1954, 46–49; (mit R. Sieber und L. Kamphenkel), Esterspaltungen mit Diazomethan, in: Angewandte Chemie 67, 1955, 347; Zur Entwicklung der Chemie der Kohlenhydrate und der Glykosid-spaltenden Enzyme. Burckhardt Helferich zum 70. Geburtstag, in: Angewandte Chemie 69, 1957, 405–412; (mit R. Gompper, H. G. von Schuh und G. Theilig), Synthesen mit Säureamiden, insbes. mit Formamid, in: Angewandte Chemie 71, 1959, 753–774; Entwicklungslinien der Chemie in Vergangenheit und Zukunft, Antrittsrede des neuen Rektors am 2. Mai 1959, in: TH Stuttgart, Reden und Aufsätze 26, 1959, 27–40; Bericht des abgehenden Rektors über die Studienjahre 1959/60 und 1960/61, in: TH Stuttgart, Reden und Aufsätze 27, 1961, 3–20; (mit F. Effenberger und A. Hofmann), Säureamid-Reaktionen XXXVI. Thermische Zersetzung von Trisformaminomethan und Bildung von s-Triazin, in: Chemische Berichte. 96, 1963, 3260–3264; (mit F. Effenberger, A. Hoffmann und M. Hajek), Synthesen von s-Triazin und substituierten s-Triazinen, in: Angewandte Chemie 75, 1963, 825–830; (mit F. Effenberger und H. G. Österlin), Synthesen in d. Purin-Reihe, XVIII. Purin-Synthesen mit 4-Amino-5-alkyl (aryl) aminopyrimidinen, in: Chemische Berichte 100, 1967, 2280–2291; (mit G. Sünchen u.a.), Säureamid-Reaktionen, L. Darstellung und Eigenschaften d. Amidacetate und Aminalester, ebd. 101, 1968, 41–50; Hochschulreform – Reform des Chemiestudiums, in: Schriftreihe „Chemie und Fortschritt“ Heft 4, 1968, 25–45; Die Zukunft unserer Universitäten (Auszüge), in: Nachrichten aus Chemie und Technik 16, 1968, 370 f.; (mit P. Menzel, R. Argosino und W. Bihlmaier), Polymerisationen und Polymerisationsinitiatoren, 16: Einfluss von Thioxogruppen in Barbitursäurederivaten auf die Polymerisationsauslösung von Methacrylsäure-methylester, in: Makromolekulare Chemie 176, 1975, 1713–1723; (mit W. Katlehner u.a.), Orthoamide, 34: Synthesen mit Vinylidendiamin, in: Liebigs Annalen für Chemie 1980, 372–388.
Nachweis: Bildnachweise: Foto (ca. 1954) S. 66; UA Stuttgart, Bildersammlung, Hellmut Bredereck – Weitere Fotos, ca. 1964 und ca. 1969 ebd.; Nachrichten. aus Chemie, Technik und Laboratorium 27, 1979, 212 (vgl. Literatur); www.chemgeo.uni-jena.de/chegemedia/.../14_2+Hellmut+Bredereck.pdf (Foto aus dem UA Jena).

Literatur:

Poggendorffs Biographisch-literarisches Handwörterbuch VIIa, Teil 1, 1956, 260f; VIII, Teil 1, 1999, 526–530; Anonym, Prof. Dr. Hellmut Bredereck, Stuttgart, 60 Jahre, in: Dt. Apotheker-Ztg. 104, 1964, 758 f.; R. Kuhn, Hellmut Bredereck zum 60. Geburtstage, in: Nachrichten aus Chemie und Technik 12, 1964, 218 f.; Anonym, Hellmut Bredereck, ebd. 14, 1966, 412 (mit Bildnachweis); Anonym Hellmut Bredereck †, in: Stuttg. Uni-Kurier, Juni 1981, 8 (mit Bildnachweis); G. Wilke, W. Frische, Hellmut Bredereck †, in: Nachrichten aus Chemie, Technik u. Laboratorium 29, 1981, 396 f.; K. Bredereck, F. Effenberger, Ein hervorragender Wissenschaftler, Pädagoge und profilierter Reformer – Hellmut Bredereck, in: Die Universität Stuttgart nach 1945, 2004, 190–193 (mit Bildnachweis); Uwe Hoßfeld u. a. (Hgg.) „Im Dienst an Volk und Vaterland“. Die Jenaer Universität in der NS-Zeit, 2005, 100.

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