»Bargeldloser Zahlungsverkehr«

Eine Akte aus dem Stadtarchiv Wertheim

Der bargeldlose Zahlungsverkehr breitete sich aus: Spätestens ab 1924 hatte die Gemeindekasse Sachsenhausen ein Sparkassenkonto, wie dieses Dokument beweist. Quelle: Landesarchiv BW, StAWt S-S 8 Nr. 92.. Zum Vergrößern bitte klicken.
Der bargeldlose Zahlungsverkehr breitete sich aus: Spätestens ab 1924 hatte die Gemeindekasse Sachsenhausen ein Sparkassenkonto, wie dieses Dokument beweist. Quelle: Landesarchiv BW, StAWt S-S 8 Nr. 92. Zum Vergrößern bitte klicken.

Bargeldlosen Zahlungsverkehr betr. – so lautet der Titel einer Akte mit der Laufzeit 1917–1919 im Bestand Ortsarchiv Sachsenhausen. Ist die in den letzten Jahren propagierte Idee, das Bargeld möglichst abzuschaffen, doch kein so neuer Gedanke? Ein Blick in die Akte verrät: Nein, um die Abschaffung des Bargeldes geht es nicht. Wohl aber um die Reduzierung der Bargeldnutzung beim Warenverkehr.

Die Akte beginnt mit einem Schreiben des Bezirksamtes Wertheim, das im August 1917 ein Schreiben des Reichskanzlers an die Gemeinde Sachsenhausen weiterleitete. Darin heißt es: Im Interesse der Erleichterung des Geldverkehrs und der Lage der Reichsbanken ist es von großem Wert, dass die amtlichen Zahlungen aller Art möglichst auf dem bargeldlosen Überweisungswege erfolgen. Besonders die Verwaltungen werden gebeten, eigene Konten anzulegen, um Überweisungen und damit eine Bezahlung ohne reale Geldübergabe möglich zu machen.

Im folgenden Schreiben des Finanzamtes vom Juli 1918 wird ein weiterer Aspekt deutlich: Aber auch in der Übergangszeit nach dem Friedensschluss ist es angesichts der Bedeutung, welche dem bargeldlosen Zahlungsverkehr für die Aufrechterhaltung unserer Währung zukommt, dringende Pflicht, die Verbesserung der Zahlungssitten und die Nutzbarmachung zurückgehaltenen Bargeldes mit aller Kraft zu unterstützen. Denn im Juli 1918 befinden wir uns nicht nur am Ende des ersten Weltkrieges, sondern auch mitten in einer Zeit der Inflation. Die Einrichtung von Postscheck-, Bank- oder Sparkassenkonten durch möglichst viele Personen und Institutionen sollte diese Inflation ausbremsen. Durch die Möglichkeit des bargeldlosen Zahlungsverkehres per Überweisung sollte bisher gebundenes Bargeld wieder in den Zahlungskreislauf eingespeist werden. Hierfür sollten die Gemeinden mit gutem Beispiel vorangehen, sodass der bargeldlose Zahlungsverkehr auch bei der Bevölkerung anerkannt würde. Diese Bitte überzeugt die Sachsenhäuser Gemeindebeamten nicht: Es wurde kein Konto eingerichtet.

Erst das Schreiben des Bezirksamtes Wertheim vom 10. Juli 1919 an die Gemeinde zeigte Wirkung. Darin heißt es auf die Bedeutung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs ist seit Jahren hingewiesen worden. […] Die bargeldlose Zahlungsweise hat […] an ihrer Bedeutung nichts verloren, im Gegenteil, diese ist als Hilfsmittel zur Gesundung unserer Geld- und Volkswirtschaft von noch größerer Wichtigkeit geworden. Um diese Wichtigkeit zu unterstreichen und Zögernde zu locken, wird außerdem darauf hingewiesen, dass Zuschüsse an die Gemeinden nur noch bargeldlos zugewiesen werden. Ob nun dieses Argument die Meinung in Sachsenhausen änderte oder anderes den Ausschlag gab, wird aus der Akte nicht deutlich. Auf dem Schreiben findet sich nur der Vermerk Erl [edigt] 7.8.19 […] Postcheckkonto beantragt.

Im Bestand Ortsarchiv Urphar, dem Gemeindearchiv eines weiteren heutigen Wertheimer Ortsteiles, sind die beiden Schreiben von 1918 und 1919 ebenfalls erhalten. In Urphar wurde jedoch anders entschieden: Auf dem Schreiben von Juli 1919 findet sich der Vermerk Bericht über Ablehnung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs durch den jetzigen Gemeinderechner. Erl. 17.9.19.

Anna Berger

Quelle: Archivnachrichten 64 (2022), Seite 32-33.

Suche