Die Entstehung Baden-Württembergs - der Weg zum Südweststaat

Konferenz der Regierungschefs zum Südwest-Staat in Wildbad 1950: Reinhold Maier, Dr. Kaufmann, Gebhard Müller, Leo Wohleb – Quelle LMZ BW
Konferenz der Regierungschefs zum Südwest-Staat in Wildbad 1950: Reinhold Maier, Dr. Kaufmann, Gebhard Müller, Leo Wohleb – Quelle LMZ BW
Als die „Stunde Null" schlug, tickten die Uhren im Südwesten Deutschlands ungleich. Dies lag an den verschiedenen Verwaltungstraditionen sowie den unterschiedlichen Konfessionen und politischen Mentalitäten der Einheimischen und der Neubürger. Vor allem aber divergierten die Gesellschaftskonzepte der Besatzungsmächte.

 

Demokratischer Neubeginn unter alliierter Kontrolle

Nach der alliierten Eroberung des Südwestens entstanden drei neue Länder. Die Franzosen saßen in (Süd-)Baden und Württemberg-Hohenzollern, dem „Land des Zufalls" (Carlo Schmid). Die Amerikaner regierten Württemberg-Baden, das durch die alte Grenzziehung in zwei Landesbezirke unterteilt war. Die Besatzer orientierten sich in ihrer Politik an den vier D (Demokratisierung, Denazifizierung, Demilitarisierung und Demontage), interpretierten diese aber anders. Die Franzosen intendierten zwar einen gesellschaftlichen Neuanfang von unten nach oben, setzten bei der Demokratisierung aber auf das vertraute Mittel staatlicher Lenkung, das langwierige Parteilizensierungsverfahren und späte zonale Wahlen nach sich zog. Die Amerikaner dagegen setzten auf ein rascheres und stärkeres Engagement der Deutschen am demokratischen Wiederaufbau.

Döschen aus Konservenbüchsen, gefertigt im Interniertenlager Ludwigsburg-Oßweil (StAL EL 904 Bü 187)
Döschen aus Konservenbüchsen, gefertigt im Interniertenlager Ludwigsburg-Oßweil (StAL EL 904 Bü 187)

Bei der Denazifizierung allerdings wichen die Alliierten von ihren Generallinien ab. So verzichteten die Amerikaner bei der Bestrafung von NS-Verantwortlichen weitgehend auf eine Beteiligung der Besiegten. Die rigiden Grundsätze der Amerikaner, deren Sektor der arrestintensivste im Westen war, riefen harte Urteile der Spruchkammern hervor. Die Franzosen wiederum, die wegen ihres unzulänglichen Organisationsgrades auf deutsche Stellen zurückgreifen mussten, favorisierten eine Selbstreinigung („auto-épuration") der Nachkriegsgesellschaft; sie betrieben die Entnazifizierung aber so nachlässig, dass ihre Zone als ein „Eldorado der Duldsamkeit" galt. Während die Spruchkammern in Württemberg-Baden 99 Prozent der behandelten Fälle mit Sühnemaßnahmen belegten, kam es in Baden nur in 45 Prozent der Verfahren zu erstinstanzlichen Verurteilungen.

Plakat der Werbekampagne von 1949 für das als Marshallplan bekannt gewordene Wiederaufbauprogramm (StAS Wü 82 T 1 Nr. 452)
Plakat der Werbekampagne von 1949 für das als Marshallplan bekannt gewordene Wiederaufbauprogramm (StAS Wü 82 T 1 Nr. 452)

Wiederaufbau des öffentlichen Lebens

Kreistagswahlen in der französischen Besatzungszone Baden, November 1946 (StAF W 113 Nr. 189)
Kreistagswahlen in der französischen Besatzungszone Baden, November 1946 (StAF W 113 Nr. 189)

Nach dem Zusammenbruch der Zentralgewalt bildeten die Landräte die Pfeiler deutscher Staatlichkeit. Bereits sechs Wochen nach der Kapitulation trafen sich die württembergischen Landräte der US-Zone zu Landrätekonferenzen, die das Fundament der späteren Parlamentarisierung bildeten. Aus diesem „einzigartigen Verbindungsorgan zwischen Exekutive und kommunaler Verwaltung" ging die Vorläufige Volksvertretung für Württemberg-Baden hervor. Eine besondere Herausforderung war die Integration der bis 1961 über 1,5 Mio. Flüchtlinge und Vertriebenen. Da die Franzosen ihre Zone gegen den Vertriebenenzuzug abriegelten, kamen 1946 rund 560.000 Vertriebene allein nach Württemberg-Baden. Erst im April 1949 durften Vertriebene aus der Bi-Zone in die französisch besetzten Länder umsiedeln. Bis 1950 nahm der Südwesten insgesamt 861.526 Neubürger auf (13,4% der Bevölkerung, in Nordwürttemberg 18,1%, in Südbaden 7,3%).

Politische Willensbildung und Parteienzulassung

Bedingt durch die abweichende Lizensierungspraxis der Besatzungsmächte kam es im Südwesten zu unterschiedlichen Parteigründungen. Die US-Militärregierung strebte eine übersichtliche Parteienlandschaft an und wollte in Württemberg-Baden rasch eine politische Willensbildung ermöglichen. Auf Landesebene waren Anfang 1946, auf Kreisebene schon im Sommer 1945, vier Parteien zugelassen.

Im Süden dagegen verzögerte der Wille der französischen Militärbehörden, länderspezifische Parteien ins Leben zu rufen, die Zulassungen der Parteien. In Baden wurde die Badisch Christlich-Soziale Volkspartei (BCSV) am 8. Februar 1946 zugelassen. Den landesübergreifenden Namenswechsel in CDU im April 1947 genehmigte die Militärregierung erst am 28. November 1947. Gleichwohl verstand sich die Partei Leo Wohlebs als Trägerin des badischen Staatsgedankens und benannte sich 1951, auf dem Höhepunkt der Debatte um den Südweststaat, daher erneut um – in „Badische CDU". Die Sozialistische Partei Badens (SPB) wurde im Februar 1946 zugelassen. Nach der Gründung der stalinistischen KP richtete sie sozialdemokratisch aus und benannte sich am 10. November 1946 um in SPD. In Württemberg-Hohenzollern schließlich genehmigten die Franzosen erst am 18. März 1946 die Bildung von Landesparteien (CDU, SPD und KPD).

Karikatur zur Volksabstimmung über die Gründung des Südweststaats am 9. Dezember 1951 (GLAK J-H Nr. S 3)
Karikatur zur Volksabstimmung über die Gründung des Südweststaats am 9. Dezember 1951 (GLAK J-H Nr. S 3)

Während die Sozialdemokraten, Kommunisten und Liberalen an ihre Organisationsstruktur und Mitgliederbasis der Weimarer Zeit anknüpfen konnten, war die neugegründete Union die parteipolitische Personifizierung des demokratischen Wiederanfangs. Zwar knüpfte sie – vor allem in den katholischen Gebieten – an das Zentrum an, freilich war die CDU ein genuines Kind der Besatzungszeit. Durch die limitierende Lizensierungspraxis, die eine Reorganisation des katholischen Zentrums und des protestantischen Bauernbunds untersagte, das liberale Lager auf eine Partei begrenzte und die Gründung einer Flüchtlingspartei verbot, formierte sich das bürgerliche Lager neu und strebten viele Vertriebene in die Union.

Erste Formen politischer Partizipation seit 14 Jahren

Plakat zur Volksabstimmung am 9. Dezember 1951 (StAF W 110/2 Nr. 161)
"So geht‘ s nicht weiter": Plakat zur Volksabstimmung am 9. Dezember 1951 (StAF W 110/2 Nr. 161)

Die frühesten zonalen Wahlen, die Gemeinderatswahlen und die Wahlen zu den Kreistagen bzw. Kreisversammlungen 1946, waren die ersten freien, allgemeinen, gleichen, unmittelbaren und geheimen Urnengänge seit der Reichstagswahl vom 6. November 1932. Die Wahlen zu den Verfassunggebenden bzw. Beratenden Landesversammlungen 1946 sowie die mit einer Volksabstimmung über die Verfassung verbundenen ersten Landtagswahlen 1946/47 stellten einen weiteren Meilenstein dar zur Parlamentarisierung und zu einer – freilich durch die Militärregierung eingeschränkten – Volkssouveränität.

Auf dem Weg zum Land Baden-Württemberg

Mit dem Kriegsende waren die Pflöcke für die Debatte um die Gründung eines Südweststaats gesteckt. Bereits bei den Verfassungsberatungen 1946/47 war indes der Bruderzwist aufgebrochen. Während die Verfassunggebende Landesversammlung Württemberg-Baden ihre Hoffnung „auf eine baldige Vereinigung der Länder" ausdrückte, stieß die Vereinigung in Baden, das sich „als Treuhänder der alten badischen Überlieferung" sah, auf Missfallen. Umgekehrt lehnte die Tübinger Regierung den badischen Vorschlag ab, beide Länder zu vereinigen, um die erhoffte Wiederherstellung Württembergs nicht zu gefährden.

Nachdem das Grundgesetz 1949 den Auftrag zur Neugliederung formuliert hatte (Art. 29 und 118), stimmte bei der Volksbefragung am 24. September 1950, die als Probeabstimmung nur informativen Charakter besaß, die Mehrheit in Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern (76,7 bzw. 92,5%) für einen Südweststaat, während das Land Baden für die Wiederherstellung der alten Länder votierte (59,6%, Gesamtbaden 51,1%).

Straßenbahnwagen mit Südweststaatsparole "Heimat bleibt Heimat", 1951 (StAF W 134 Nr. 019355)
Straßenbahnwagen mit Südweststaatsparole "Heimat bleibt Heimat": Aktion in Freiburg im Breisgau vor der Volksabstimmung am 9. Dezember 1951 (StAF W 134 Nr. 019355)

Da die Länder sich über eine Neuordnung nicht einigen konnten, musste der Bundestag diese per Gesetz (gem. Art. 118 GG) regeln. Das von der Tübinger Regierung eingebrachte Zweite Neugliederungsgesetz (25. April1951) lieferte die juristische Grundlage der Volksabstimmung vom 9. Dezember 1951, bei der, begleitet von einer leidenschaftlichen Kontroverse und einer beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Klage Badens, eine Mehrheit in Württemberg-Hohenzollern (91,4%) sowie in Württemberg-Baden (Landesbezirk Württemberg 93,5%, Landesbezirk Baden 57,1%) den Südweststaat wünschte, während die meisten Wähler in Baden den Freistaat wieder aufgerichtet sehen wollten (62,2%).

Als das Bundesverfassungsgericht am 30. Mai 1956 feststellte, dass der Wille der badischen Bevölkerung durch die Entwicklung nach 1945 „überspielt" worden sei, und ein Volksbegehren für die Wiederherstellung des früheren Freistaats zuließ (3.-16.9.1956), hatte der Anteil der Anhänger des alten Landes bereits abgenommen (Nordbaden 8,7%, Südbaden 15,6%). Als am 7. Juni 1970 endlich der 1956 angestrebte Volksentscheid im badischen Landesteil abgehalten wurde, fiel die Zustimmung für die Restituierung Badens gering aus (Nordbaden 15,3%; Südbaden 20,9%, gesamt 18,1%).

Tondokument: Reinhold Maier verkündet am 25. April 1952 die Bildung einer vorläufigen Landesregierung (Quelle: Landesarchiv AV-Archiv); Bild: Reinhold Maier 1950 (Quelle: Landesarchiv HStAS Q 1/35 Bü 837).
 

Die vorläufige Landesregierung unter Reinhold Maier (FDP/DVP) konstituierte sich am 25. April 1952. Durch das Überleitungsgesetz vom 15. Mai 1952 gingen die Vorgängerländer in Baden-Württemberg auf, dessen Name zuerst vom Generallandesarchiv Karlsruhe vorgeschlagen wurde. Die Verfassung des neuen Bundeslandes trat am 19. November 1953 in Kraft.

Wer stimmte für den Südweststaat?

Entscheidend für die Gründung des Südweststaats war letztlich der Auszählungsmodus von 1951, nach dem drei Abstimmungsbezirke für den Südweststaat votiert hatten. Hartnäckig hält sich die These, das für das Wahlergebnis das Stimmverhalten der vielen Flüchtlinge in Württemberg-Baden verantwortlich war. Schließlich fühlten sich die Neubürger von dem Wahlkampf der Freiburger Regierung abgestoßen, da diese ihren badischen Landsleuten die Neugliederung als einen Verlust der Heimat deutete, was vielen Vertriebenen aufstieß, hatten doch gerade sie ihre Heimat im Osten unter Gewalt aufgeben müssen.

Geht man von der These aus, dass alle Flüchtlinge den Südweststaat befürworteten, empfiehlt sich bei den Urnengängen 1950 und 1951 ein Blick auf badische Kreise mit einem hohen Vertriebenenanteil, wie sie in Nordbaden bestanden. Bei der Probeabstimmung 1950 sprachen sich die Landkreise Sinsheim, Mosbach, Buchen und Tauberbischofsheim für die Vereinigung der drei Nachkriegsländer aus (79,4%, 78,5%, 62,1% und 60,4%). Sie übertrafen damit teils den Landesdurchschnitt sowie das Mittel im Landesbezirk Baden (57,4%). In keiner Kommune dieser Kreise wünschten die Wähler die Wiederherstellung Badens. Bei der Volksabstimmung vom 9. Dezember 1951 begrüßten in den badischen Bezirken Mosbach und Sinsheim (74,4 und 78,2%) wiederum überdurchschnittlich viele Wähler die staatliche Neugliederung, und in den Landkreisen Buchen und Tauberbischofsheim votierte eine einfache Mehrheit von jeweils 56% für den Südweststaat.

Persiflage auf das Landeswappen (HStAS EA 99/002 Bü41)
Ein Landeswappen für Baden-Württemberg: Zwei Jahre nach seiner Gründung erhielt der junge Südweststaat im Frühjahr 1954 ein Landeswappen. An der Gestaltung des Hoheitszeichens war auch der Stuttgarter Kunstmaler Immanuel Knayer beteiligt. Mit feinsinnigem Witz entwarf er eine österliche Persiflage auf das Staatssymbol (HStAS EA 99/002 Bü41)

Badischerseits sah man den Grund für dieses Abstimmungsverhalten in der hohen Flüchtlingsquote (1950: Sinsheim 26,8%, Mosbach 26,4%, Buchen 25,9%, Tauberbischofsheim 24,5%). Im badischen Kernland, in den Kreisen Bühl und Rastatt, wollte dagegen die überwiegende Mehrheit der Wähler das alte Land Baden wiedererrichtet sehen (89,6% und 84,2%). Tatsächlich fiel der Prozentsatz der Vertriebenen hier mit 6,2 und 5,2 Prozent gering aus und lag noch unter dem des Landesbezirks Baden (7,3%). Hängt man nun der Ansicht an, dass alle Vertriebenen den Südweststaat befürworteten, und legt in den nordbadischen Kreisen einen vergleichbaren Vertriebenenanteil wie in Mittelbaden zugrunde, indem man die um rund 20 Prozentpunkte höhere Flüchtlingsquote herausrechnet, so erhält man in den Bezirken Mosbach und Sinsheim allerdings immer noch eine absolute Mehrheit für den Südweststaat gegenüber den nordbadischen Kreisen. Die Vertriebenen allein konnten dieses Wahlergebnis demnach nicht herbeigeführt haben. Es muss sich also auch die Mehrheit der Einheimischen für den attraktiven Entwurf des Südweststaats ausgesprochen haben.

Wichtige Daten im Überblick

1945

März/April
Militärische Besetzung Südwestdeutschlands; Amerikaner errichten im badischen und württembergischen Teil ihres Gebiets Regional Military Governments (RMG)
28. April
Massenentlassungen von Beamten und Angestellten wegen Mitgliedschaft in NSDAP und ihren Gliederungen in der US-Zone
8. Mai
Bedingungslose Kapitulation Deutschlands; Kriegsende
2. Juni
Frz. Militärregierung errichtet in Karlsruhe eine Landesverwaltung für Baden (Mitglieder tragen die Amtsbezeichnung "Ministerialdirektoren")
5. Juni
Gemeinsame Erklärung der vier Siegermächte zur Übernahme der Regierungsgewalt in Deutschland
8. Juni
US-Militärregierung (RMG) errichtet in Mannheim ein Landeskommissariat unter der Leitung von Karl Holl (em. Professor an der TH Karlsruhe), der die Amtsbezeichnung "Oberpräsident" führt
20. Juni
Erste Konferenz der nordwürttembergischen Landräte in der US-Zone; den folgenden Landrätekonferenzen sitzt Wilhelm Keil (SPD) als ständiger Präsident vor
8. Juli
Auf Druck der Amerikaner wird die Zonengrenze an die Grenzen der Kreise entlang der Autobahn Karlsruhe-Ulm verschoben. Die Franzosen räumen Stuttgart, der Sitz der frz. Militärregierung wird von Karlsruhe nach Freiburg verlegt (10. Juli)
29. Juli
Gründung des Gewerkschaftsbunds Württemberg-Baden in Kornwestheim
14. August
US-Militärregierung ernennt Dr. Reinhold Maier (DVP) zum Präsidenten einer kommissarischen Regierung in der US-Zone
10. September
Die Amerikaner setzen Heinrich Köhler in Karlsuhe als Präsidenten des Landesbezirks Nordbaden ein. Zulassung der Gewerkschaften in Baden auf Kreisebene, auf Landesebene als Badischer Gewerkschaftsbund am 1./2.3.1947.
19. September
US-Militärregierung (Proklamation General Eisenhowers) bildet das Land Württemberg-Baden aus dem badischen und württembergischen Teil ihrer Besatzungszone
24. September
Das Kabinett von Württemberg-Baden wird vereidigt; Dr. Reinhold Maier (DVP) wird Ministerpräsident, Heinrich Köhler (CDU) wird sein Stellvertreter
16. Oktober
Frz. Militärregierung richtet in Tübingen ein Staatssekretariat für das französisch besetzte Gebiet Württembergs und Hohenzollerns mit sechs Landesdirektionen in Tübingen ein; Präsident wird Prof. Dr. Carlo Schmid (SPD), der zugleich das Amt eines Staatsrats von Württemberg-Baden (als beratendes Mitglied der Stuttgarter Regierung) bekleidet

1946

18. Januar
Die Vorläufige Volksvertretung für Württemberg-Baden tritt in Stuttgart zusammen
27. Januar
Gemeinderatswahlen in Württemberg-Baden
5. März
Gesetz zur Befreiung des deutschen Volkes von Nationalsozialismus und Militarismus in Württemberg-Baden; Einrichtung von Spruchkammern
28. April
Wahlen zum Kreistag in Württemberg-Baden
30. Juni
Wahlen zur Verfassunggebenden Landesversammlung von Württemberg-Baden; Ergebnis: CDU 41 Sitze, SPD 32, DVP 17, KPD 10
15. Juli
Die Verfassunggebende Landesversammlung für Württemberg-Baden tritt in Stuttgart zusammen
15. September
Gemeinderatswahlen in der französischen Zone (Baden und Württemberg-Hohenzollern)
13. Oktober
Wahlen zur Kreisversammlung in der französischen Zone (Baden und Württemberg-Hohenzollern)
24. Oktober
Verfassunggebende Landesversammlung von Württemberg-Baden nimmt in ihrer Schlussabstimmung nahezu einstimmig die neue Verfassung an
17. November
Wahlen zu den Beratenden Landesversammlungen in der französischen Zone (Baden und Württemberg-Hohenzollern); Ergebnis in Baden: BCSV 37 Sitze, SPD 11, DemP 9, KPD 4; in Württemberg: CDU 40 Sitze, SPD 14, DVP 7, KPD 4
22. November
Die Beratenden Landesversammlung treten zusammen (für Baden in Freiburg, für Württemberg-Hohenzollern in Bebenhausen)
24. November
Landtagswahlen in Württemberg-Baden; Ergebnis: CDU 38,4%, SPD 31,9%, DVP 19,5%, KPD 10,3%. Zugleich Volksabstimmung über die Verfassung, Ergebnis: 90% der Wähler stimmen für deren Annahme
3. Dezember
Frz. Militärregierung richtet in Freiburg ein Staatssekretariat für den französisch besetzten Teil Badens in Freiburg ein; Präsident wird Leo Wohleb (BCSV)
9. Dezember
Staatssekretariat von Württemberg-Hohenzollern wird erweitert. Mitglieder tragen nun die Amtsbezeichnung "Staatssekretär"
10. Dezember
Der 1. Landtag von Württemberg-Baden tritt zusammen; Ministerpräsident Dr. Reinhold Maier (DVP) bildet eine Allparteienregierung
16. Dezember
Landtag von Württemberg-Baden spricht der von Dr. Reinhold Maier (DVP) neu gebildeten Allparteienkoalition mit 71 von 86 Stimmen das Vertrauen aus. Die KPD tritt 1948 aus der Regierungskoalition aus.

1947

1. Januar
Bildung der Bi-Zone aus am. und brit. Besatzungsgebiet
18. Mai
Landtagswahlen in der französischen Zone (Württemberg-Hohenzollern und Baden). Ergebnisse Baden: BCSV 55,9%, SPD 22,4%, DemP 14,3%, KPD 7,4%; Württemberg-Hohenzollern: CDU 54,2%, SPD 20,8, DVP 17,7%, KPD 7,3%. Zugleich Volksabstimmungen über die Verfassungen: in Baden stimmen 67,5%, in Württemberg-Hohenzollern 69% der Wähler für die Annahme der Verfassung
20. Mai
Landtag von Württemberg-Hohenzollern nimmt die neue Verfassung an
22. Mai
Landtag von Baden nimmt die neue Verfassung an. Darin wird das "badische Volk, als Treuhänder der alten badischen Überlieferung" definiert. Zudem werden hier erstmals in Deutschland in politischen Parteien zu Verfassungsorganen erhoben
24. Juni
Landtag von Baden wählt Leo Wohleb zum Staatspräsidenten, der einer Koalitionsregierung aus BCSV und SPB vorsteht
8. Juli
Landtag von Württemberg-Hohenzollern (CDU) wählt Dr. Lorenz Bock zum Staatspräsidenten (†4.8.1948); Koalitionsregierung von CDU, SPD und DVP

 

1948

2. Juni
Erweiterung der Bi-Zone um das frz. Besatzungsgebiet zur Tri-Zone
20. Juni
Währungsreform (Wechselfaktor zwischen DM und RM 1:10)
1. Juli
Die drei westl. Militärgouverneure überreichen den westdeutschen Regierungschefs die Frankfurter Dokumente, die den Rahmen einer zukünftigen Verfassung Westdeutschlands abstecken. Dokument 1 enthälft die Aufforderung, bis zum 1.9.1948 eine Verfassunggebende Versammlung (Parlamentarischer Rat) für die drei Westzonen einzuberufen; Dokument 2 fordert die Staats- und Ministerpräsidenten auf, präzise Vorschläge für eine Neugliederung der Bundesländer zu unterbreiten, um nach Fläche und Einwohnerzahl möglichst ausgewogene Länder zu schaffen (entscheidender Impuls für die staatliche Neugliederung des deutschen Südwestens)
8. / 9. Juli
Der Landtag von Württemberg-Baden beschließt, das Land nicht mehr zu teilen.
24. Juli
Der badische Landtag wählt Leo Wohleb (BCSV) zum Staatspräsidenten Badens
2. August
Die Regierungschefs der drei südwestdeutschen Länder verhandeln auf dem Hohenneuffen erstmals über die Gründung eines Südweststaates: ein Staatsvertrag soll ausgehandelt werden.
6. August
Rücktritt der Regierung Gebhard Müller in Württemberg-Hohenzollern wegen der französischen Demontagen
9. August
Generalstreik in der französischen Zone gegen die rigide Demontagepolitik (Maschinenentnahmen, Requisitionen, Besatzungskosten); von den Gewerkschaften organisiert)
13. August
Der Landtag von Württemberg-Hohenzollern wählt Dr. Gebhard Müller zum Staatspräsidenten
31. August
Ministerpräsidentenkonferenz befürwortet die Neugliederung des Südwestens, will diese aber an eine Volksabstimmung gebunden wissen.
1. September
Konstituierende Sitzung des Parlamentarischen Rates in Bonn; Beginn der Ausarbeitung des Grundgesetzes; Neun Abgeordnete vertreten die drei südwestdeutschen Länder
16. und 28. September
Konferenzen der drei südwestdeutschen Regierungschefs in Bühl und Bebenhausen; Einigung über Abhaltung, aber Uneinigkeit über die Modalitäten einer Volksabstimmung

1949

8. April
Das Dreimächte-Kommuniqué zum Abschluß der Außenministerkonferenz in Washington verschiebt die Volksabstimmung auf die Zeit nach der Bildung der Bundesregierung
8. Mai
Der Parlamentarische Rat beschließt das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
12. Mai
Der Parlamentarische Rat billigt eine Sonderregelung für die staatliche Neuordnung im Südwesten und gliedert sie als Art. 118 dem Grundgesetz an.
16 ./ 22.Mai
Die Volksvertetungen der Länder nehmen das Grundgesetz an (Baden und Württemberg-Baden am 18.5., Würtemberg-Hohenzollern am 21.5.)
23. Mai
Feierliche Verkündigung des Grundbesetzes; Art. 29 und 118 betreffen die Neufestsetzung der Ländergrenzen im Allgemeinen und im Südwesten im Besonderen
14. August
Wahlen zum 1. Deutschen Bundestag
22. Oktober
Die in der Union heftig umstrittene Südweststaatfrage findet in den Freudenstädter Beschlüssen einen Kompromiss der vier CDU-Landesvorsitzenden, der die Voraussetzung für die Volksabstimmung am 9. Dezember 1951 bildete. Danach sollte die Neugliederungsfrage alternativ gestellt werden (Vereinigung der drei Länder oder Wiederherstellung der neuen Länder) und nach den alten Ländern getrennt ausgezählt werden. Die Regierung Württemberg-Badens besteht auf einer Auszählung nach den vier Bezirken.

 

1950

2. Januar
Baden lehnt die Vorschläge Württemberg-Badens zum Abstimmungsmodus ab.
15. April
Die Staats- und Ministerpräsidenten Badens (Wohleb), Württemberg-Badens (Maier) und Württemberg-Hohenzollerns (Müller) vereinbaren in Freudenstadt, eine informatorische Volksbefragung abzuhalten. Leidenschaftlicher Wahlkampf in allen drei Ländern.
24. September
Volksbefragung über die Neugliederung des Südwestraums als Probeabstimmung: In Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern stimmt die Mehrheit (76,7 bzw. 92,5%) für einen Südweststaat; im Land Baden wünscht die Majorität (59,6%) die Wiederherstellung der alten Länder, in Gesamtbaden knapp die Hälfte der Wähler (51,1,%).
8. Oktober
Errichtung des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe
12. Oktober, 7. November
Konferenzen der drei südwestdeutschen Regierungschefs in Wildbad und Baden-Baden: keine Einigung über die Bewertung der Probeabstimmung.
19. November
Wahlen zum 2. Landtag von Württemberg-Baden: Ergebnis: SPD 33%, CDU 26,3%, DVP 21,1%, DG-BHE 14,8%, KPD 4,9%. Regierungskoalition (SPD, FDP/DVP) unter Dr. Reinhold Maier

1951

15. März
1. Neugliederungsgesetz: Bundestag beschließt die Verlängerung der Wahlperiode der Landtage von Württemberg-Hohenzollern und Baden bis zum 31. März 1952 gemäß Art. 118 GG
25. April
2. Neugliederungsgesetz: Bundestag legt auf Initiative der Tübinger Regierung die Abstimmungsfrage (Südweststaat oder Wiederherstellung der alten Länder) und den Modus der Volksabstimmung über den Südweststaat fest: Bildung von vier Abstimmungsbezirken (die Länder Baden, Württemberg-Hohenzollern sowie die beiden Landesbezirke des Landes Württemberg-Baden); Südweststaat wird gebildet, wenn in mindestens drei der vier Abstimmungsbezirke eine Mehrheit für die Vereinigung der Länder stimmt, sonst sollen die alten Länder Baden und Württemberg (inkl. Hohenzollern) wiederhergestellt werden. Zwei konträre Entwürfe der FDP und des südbadischen CDU-Abgeordneten Hilbert waren zuvor in den Ausschussberatungen gescheitert.
4. Mai
Die beiden Neugliederungsgesetz treten in Kraft
25. Mai
Klage Badens beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gegen die Neugliederungsgesetze des Bundes (Das BVerfG ist noch nicht konstituiert).
9. September
Nach einer einstweiligen Anordnung des BVerfG muss die Volksabstimmung auf unbestimmte Zeit verschoben werden
28. September
Offizielle Konstituierung des BVerfG in Karlsruhe
23. Oktober
Der Bundestag lehnt den Gesetzesantrag Badens ab, die Neugliederung auszusetzen. Das BVerfG erklärt das 1. Neugliederungsgesetz für nicht verfassungskonform, lehnt aber eine Beschwerde gegen das 2. Neugliederungsgesetz ab. Darüber hinaus entscheidet es, dass die Volksabstimmung spätestens am 16. Dezember 1951 stattfinden muss.
9. Dezember
Volksabstimmung über die Bildung des Südweststaats: in drei Bezirken stimmt die Mehrheit für die Bildung des Südweststaates in Württemberg-Hohenzollern (91,4%) sowie in beiden Bezirken Württemberg-Badens (Württemberg 93,5%, (Nord-)Baden 57,1%), während in (Süd-)Baden die Majorität für die Wiederherstellung des alten Landes votiert (62,2%); in Gesamtbaden entscheiden sich 52,2 % der Wähler für die Wiederherstellung. Im Südwesten insgesamt stimmen 69,7% für die Bildung eines neuen Bundeslandes. Auf der Grundlage des Neugliederungsgesetzes ist die Entscheidung zugunsten des Südweststaates gefallen.
14. Dezember
Die badische Regierung fordert vom Bundestag, den Vollzug des 2. Neugliederungsgesetzes auszusetzen, bis die Neufestsetzung der Ländergrenzen im gesamten Bundesgebiet nach Art. 29 GG vollzogen ist

1952

16. Januar
Bundestag lehnt es ab, die Bildung des Südweststaats auszusetzen
9. März
Wahlen zur Verfassunggebenden Landesversammlung von Baden-Württemberg; Ergebnis:CDU 50 Sitze,SPD 38, FDP/DVP 23, BHE 6, KPD 4
23. März
Konstituierende Sitzung der Verfassunggebenden Landesversammlung unter dem Vorsitz von Dr. Carl Neinhaus (CDU) in Stuttgart
2. April
Bildung eines Verfassungsausschusses in der Landesversammlung
Vorschlag des Namens Baden-Württemberg für den Südweststaat kommt aus dem Generallandesarchiv Karlsruhe
25. April
Bildung der 1. Vorläufigen Regierung (nach §11 des 2. Neugliederungsgesetztes der Gründungsakt des Landes): Die Landesversammlung wählt Dr. Reinhold Maier zum 1. Ministerpräsidenten Baden-Württembergs, der eine Koalitionsregierung von FDP/DVP, SPD und BHE führt.
15. Mai
Gesetz über die vorläufige Ausübung der Staatsgewalt im südwestdeutschen Bundesland (Überleitungsgesetz)
17. Mai
Landesversammlung von Baden-Württemberg beschließt die Auflösung der Landtag seiner Vorgängerländer
19. Mai
Rundfunkansprache der badischen Landesregierung unter Leo Wohleb ("Abschiedsbotschaft" im Südwestfunk)
27. Mai
Regierungserklärung von Ministerpräsident Dr. Reinhold Maier
15. Oktober
Gründung des "Heimatbund Badenerland"; Wohleb spricht im Zusammenhang mit der Gründung Baden-Württembergs von einer "Vergewaltigung des Volkswillens", vom "morbus badensis" und sieht Baden als "Opfer einer Verfassungsverletzung"

1953

2. Juli
Dr. Gebhard Müller (CDU) und Dr. Alex Möller (SPD) verabreden eine landespolitische Zusammenarbeit (Grundlage für eine große Koalition)
6. September
Bundestagswahlen: Erhebliche Verluste für die FDP/DVP und große Stimmengewinne der CDU: Ministerpräsident Dr. Reinhold Maier erklärt seinen Rücktritt (30.9.)
7. Oktober
Landesversammlung wählt Dr. Gebhard Müller zum 2. Ministerpräsidenten Baden-Württembergs, der einem Allparteienkabinett von CDU, SPD, FDP/DVP und BHE vorsteht (2. Vorläufige Regierung).
11. November
Landesversammlung nimmt mit 102 von 114 Stimmen die Verfassung für Baden-Württemberg an, die am 19.11. in Kraft tritt (5 Nein-Stimmen, 7 Enthaltungen).
19. November
Landesverfassung tritt in Kraft. Landesversammlung wählt Dr. Gebhard Müller erneut zum Ministerpräsidenten Baden-Württembergs und setzt dessen Allparteienkabinett als erste verfassungsmäßige Regierung Baden-Württembergs ein

1954

17. Mai
Leo Wohleb bezeichnet in Freiburg die Rechtskränkung Badens als "morbus badensis"

1955

12. März
Leo Wohleb stirbt in Frankfurt/M.,
16. März
Staatsbegräbnis Wohlebs in Freiburg

1956

24. Januar
Das BVerfG lehnt den Antrag des "Heimatbund Badenerland" ab, im Gebiet des alten Landes Baden ein Volksbegehren zuzulassen
30. Mai
Das BVerfG gibt dem Antrag des "Heimatbund Badenerland" statt, in Baden ein Volksbegehren zur Wiederherstellung des alten Landes Baden auszurichte mit der Begründung, "dass der Wille der badischen Bevölkerung durch die politisch-geschichtliche Entwicklung nach 1945 'überspielt'" worden sei. Begründung: "Bei der Abstimmung am 9. Dezember 1951 haben... 'zwei Bevölkerungen', die badische und die württembergische, in der Weise gemeinsam abgestimmt, daß die zahlenmäßig stärkere die zahlenmäßig schwächere majorisieren konnte. Es war also eine Abstimmung, in der die badische Bevölkerung gerade nicht selbst bestimmen konnte, in welchem staatlichen Verbande sie künftig leben will; mit anderen Worten, sie lebt noch immer in einem Gebiet, das 'ohne Volksabstimmung' seine Landeszugehörigkeit geändert hat." Für das erforderliche Quorum tragen sich in Nordbaden 8,7%, in Südbaden 22,1% der Wahlberechtigten in die Listen ein.
3.-16. September
Das Volksbegehren bestätigt tendenziell die Resultate von 1951, allerdings auf niedrigerem Niveau, nicht zuletzt durch die Ergebnisermittlung über die Stimmberechtigten

1970

30. Januar
Der Bundestag verabschiedet das Durchführungsgesetz über den Volksentscheid in Baden, den das BVerfG 1956 angeordnet hat
7. Juni
Volksbegehren im Gebiet des alten Landes Baden (Wahlbeteiligung 62,5%): 81,9% der badischen Wähler stimmen für den Verbleib im Bundesland Baden-Württemberg; 18,1% für die Wiederherstellung des Landes Baden.
18. Dezember
Der Landtag beschließt, die ungedeckten Kosten des "Heimatbund Badenerland" seines Einsatzes für ein Volksbegehren in Höhe von 350.000 DM zu übernehmen

1972

Juli
Der "Heimatbund Badenerland" löst sich auf

Peter Exner

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