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Der Dichter Mokichi Saito an den Quellen der Donau

 

 Mokichi Saito (1882-1952), Dichter, Essayist and Psychiater, auf einem Foto von Shigeru Tamura [Quelle: Wikipedia gemeinfrei]
Mokichi Saito (1882-1952), Dichter, Essayist and Psychiater, auf einem Foto von Shigeru Tamura [Quelle: Wikipedia gemeinfrei]

 

Die Donau, der große Fluß
Unterwegs auf der Suche nach ihren fernen Quellen
Abenddämmerung im Tal

Die Zeilen stammen von Mokichi Saito, einem der bekanntesten Dichter Japans. Saito wurde 1882 als Bauernsohn im heutigen Kaminoyama geboren. Über Verwandte kam er nach Tokyo und studierte Medizin. Von 1921 bis 1924 reiste er im Rahmen seiner Ausbildung durch Europa und lebte hauptsächlich in München und Wien, das schon vor dem Ersten Weltkrieg gerne von japanischen Studenten aufgesucht wurde. Gedanken über die fremde Kultur und deren Persönlichkeiten, die örtlichen Verhältnisse und Alltäglichkeiten verarbeitete er nach seiner Rückkehr in einem dreiteiligen Reisebericht. Die einfachen aber treffenden Schilderungen geben zufällige Begegnungen mit Menschen oder Fachkollegen der Psychiatrie wieder, beschreiben Eindrücke von Kultur- und Studienfahrten.

Einen besonderen Bezug hatte Saito zur Donau, die er im Januar 1922, gleich nach seiner Ankunft, in Wien zum ersten Mal sah. Gedanken über den winterlichen, Eisplatten tragenden Strom und seine Geräusche bilden die Einleitung zum ersten Kapitel des Buches: „Die Donau, die „blaue Donau“, ist ein großer Strom. Ihre Ufer sind nicht ohne Herzlichkeit und Erbarmen. Sie schenkte mir einiges davon, während ich in Österreich lebte […]. 1924 erfüllte sich ein langgehegter Wunsch und er fuhr nach Donaueschingen, um die Quellflüsse der Donau kennenzulernen. Noch am Abend des Eintreffens unternahm er einen nächtlichen Spaziergang durch die Stadt und entlang der Brigach. Sein Essay gibt Erlebnisse der Fahrt, den Gang an die Mündung von Brigach und Breg sowie einen Ausflug ins nahe Aufen im Brigachtal wieder. Die Begegnung mit der Baar war eine seiner letzten Reisen vor der Rückkehr nach Japan. Zuvor hatte er Paris und Budapest, die Schweiz und den Bodensee besucht.

Seine poetischen aber nicht realitätsfernen Schilderungen sparen auch die Schattenseiten der Jahre nach dem Ersten Weltkrieg nicht aus. So begleiten Betrachtungen über Not, Inflation oder dem aufkommenden Nationalsozialismus die Erzählungen. Der Hitlerputsch im November 1923, den Saito in München erlebte, ist ebenso ein Thema wie seine Empfindungen angesichts des großen Kanto-Erdbebens vom 1. September des Jahres, das die japanische Hauptinsel Honshu heimsuchte. Der Titel des Reiseberichts - Wanzentagebuch. Die kleinen Leiden und Freuden eines japanischen Studenten im Europa zwischen den zwei großen Kriegen (1921-1924) – verrät den für Saito typischen Humor.

Hauptberuflich arbeitete Saito als Psychiater. Er gehörte zu den Gründungsmitgliedern der 1908 erstmals erschienenen Literaturzeitschrift Araragi. Sein erster Gedichtband Shakko (Rotes Licht) erschienen 1913. Saito gilt als ein Meister der Tanka, aus 31 Silben bestehenden Versen. Neben Gedichten entstanden Essays und weitere Reiseberichte. Er starb 1952. Über Saito wurde die Donau in Japan bekannt und beliebt. 1995 begründeten Donaueschingen und Kaminoyama auf Initiative der japanischen Stadt eine Partnerschaft.

Zum Weiterlesen:
Wanzentagebuch. Die kleinen Leiden und Freuden eines japanischen Studenten im Europa zwischen den zwei großen Kriegen (1921-1924). Die deutsche Übersetzung erschien 2011 und ist als gedruckte Ausgabe erhältlich. Das o.g. Zitat über die Donau befindet sich auf den Seiten 14 und 15.

Der Mokichi-Saito-Weg in Donaueschingen wurde zum Andenken an den Dichter eingerichtet und führt von der Innenstadt an den Zusammenfluss von Brigach und Breg. Mehr dazu und weitere Infos auf der Homepage von Donaueschingen.

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