Buntes auf dem bunten Teller

Von Zuckerdockele, Busserle, Zeltes und Singete

Weihnachtsgebäck und andere Gaben anlässlich einer Veranstaltung mit Diakonissen in Karlsruhe, o.D., Quelle: Stadtarchiv Karlsruhe, 8/Alben 312 / 134

Weihnachtsgebäck und andere Gaben anlässlich einer Veranstaltung mit Diakonissen in Karlsruhe, o.D. Quelle: Stadtarchiv Karlsruhe, 8/Alben 312/134

Natürlich hat auch das „Weihnachtsgebäck“ im Südwesten ganz unterschiedliche Namen. In den meisten Teilen Baden-Württembergs haben sich die Brötle, je nach Landstrich auch „Bretle“ eingebürgert, während die Gutsle im hohen Norden, tiefen Süden, im Bereich der Landeshauptstadt und einigen Gemeinden am Oberrhein zu finden sind. Im Südosten heißen die Plätzchen Bächtle und im Nordosten gibt es Zuckerdockele. Eine Besonderheit können die Wolfacher mit ihren Busserle aufweisen. Im Landkreis Biberach kommen „Springerle“ auf den Tisch, eigentlich ein Anisgebäck, dessen Namen auf das gesamte Angebot übergegangen ist.

In ähnlich volkstümlicher Vielfalt erscheint das Früchtebrot, das zu den ältesten Gebäcksorten gehört. Es wurde nicht nur zu Weihnachten hergestellt, sondern ist sehr lange haltbar und konnte den ganzen Winter über verzehrt werden. Entsprechend der Anbaugebiete überwiegen die Anteile von Zwetschgen oder Birnen, die im getrockneten Zustand als Hutzeln bezeichnet werden. So spricht das nördlichere Baden-Württemberg von Hutzelbrot, wobei das Schnitzbrot am mittleren Neckar und dessen Anrainern verbreitet ist. Im Süden sind das Birnenbrot und der Birnenwecken heimisch, dessen Schwerpunkt sich auf den Südwesten erstreckt. Ausnahmen finden sich auch hier in den östlichen Landesteilen mit den Zeltes bei Ulm und den Singete im Allgäu.

Weitere Dialektbeispiele zum Thema Essen und Lebensmittel finden Sie im "Sprechenden Sprachatlas" des Ludwig-Uhland-Instituts für Empirische Kulturwissenschaft
Mehr über winterliche Backtraditionen im Südwesten gibt es auf LEO-BW im Beitrag über Hildabrötle und das Hutzelbrot am Stephanstag.

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 Statue von Theodor Heuss zu seinem 125. Geburtstag am Tag ihrer Einweihung durch Bundespräsident Horst Köhler in Brackenheim, 2009, Quelle: Landesarchiv BW

Statue von Theodor Heuss zu seinem 125. Geburtstag am Tag ihrer Einweihung durch Bundespräsident Horst Köhler in Brackenheim, 2009, Quelle: Landesarchiv BW

Am 12. Dezember 1963 starb Theodor Heuss. Der Politiker war einer der beliebtesten Persönlichkeiten der Bundesrepublik. Er wurde am am 31. Januar 1884 in Brackenheim geboren und war nicht nur ein Vertreter des traditionellen südwestdeutschen Liberalismus, sondern auch überzeugter Schwabe, der den Dialekt nicht aus seinem Wortschatz verbannt hatte und seine Mitmenschen gern mit "Ihr" statt "Sie" ansprach. Außerdem hegte er eine Vorliebe für Zigarren und Trollinger. Manche sahen in ihm einen liebenswerten Überrest aus dem 19. Jh., für andere war er der Prototyp des Landesvaters schlechthin. Mehr über Theodor Heuss finden Sie hier.

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Von Lebkuchenfrauen und Dürmer Herzen

Weihnachtsgebäck als Existenzsicherung in Walldürn

Walldürn mit der katholischen Stadtkirche Sankt Georg, um 1920. Die Kirche ist heute wieder das Ziel vieler Wallfahrer. Quelle: Landesarchiv BW, GLAK Glasnegative Wilhelm Kratt Glasnegative Wilhelm Kratt

Walldürn mit der katholischen Stadtkirche Sankt Georg, um 1920. Die Kirche ist heute wieder das Ziel vieler Wallfahrer. Quelle: Landesarchiv BW, GLAK Glasnegative Wilhelm Kratt 498-1 Nr. 3574

Von der kargen Kost der Landbevölkerung war bereits die Rede. Doch fehlte es nicht gänzlich an Leckereien. So wurde anlässlich bestimmter Gelegenheiten Gebäck verteilt. In Wallfahrtsorten konnten Lebkuchen, die als Gebildbrote gestaltet waren, zusammen mit Kerzen und Devotionalien erworben werden. Da die Wallfahrt nicht das ganze Jahr über Saison hatte, versuchten die Händler ihr Glück als Hausierer. Besonders in Walldürn entstand so ein ganzer Wirtschaftszweig, wobei sich im Lauf der Jahre eine Stammkäuferschicht auf Märkten und entlang fester Routen entwickelte.

In Walldürn hatte die seit dem frühen 18. Jh. blühende Wallfahrt, die mit dem Verkauf der erwähnten Artikel verbunden war, für ein gutes Auskommen gesorgt. An der Schwelle zum 19. Jh. veränderte sich nicht nur das religiöse Verhalten und die Pilger blieben weg. Kriege, Krisen und wachsende Bevölkerungszahlen brachten die Notwendigkeit neue Erwerbsquellen zu erschließen. Davon betroffen waren ärmere Schichten, kleinere Handwerker und auch viele bedürftige Frauen. Neben dem Handel mit Kerzen und anderen Wachsartikeln sowie Kunstblumen war es vor allem der Verkauf von Lebkuchen, der das Walldürner Hausierwesen beförderte. Stubenbacköfen ließen sich mit verhältnismäßig geringem Aufwand einbauen. Mit den Erzeugnissen ging es zunächst in die nähere Umgebung. Daneben etablierten sich Lebkuchen und anderes Zuckergebäck als willkommenes Angebot auf den Jahrmärkten. Nicht nur die Kinder freuten sich auf etwas Besonderes, das es nur hier gab. Der „harte Kern“ der Hausiererinnen und Hausierer ging zu Fuß selbst weite Wege, die bis nach Franken, in den Nord- und Südschwarzwald oder an den Oberrhein führen konnten. Manche wanderten in die benachbarten Länder, nach Bayern, Hessen und in die Pfalz. Gute Geschäfte ließen sich in größeren Orten wie Karlsruhe, Offenburg, Stuttgart, Marburg oder Würzburg erzielen. Oft dienten diese als Ausgangspunkt für weitere Tagestouren. Erste Hinweise auf die „Walltürner Mädgen" in Quellen gibt es für die Zeit um 1787. Die „Lebkuchenfrauen“, die auch Geschichten mitbrachten, waren gern gesehen. Sie lebten äußerst sparsam und nutzten kostenlose Schlafplätze, die auf den traditionellen Absatzrouten zur Verfügung gestellt wurden. So existierte in manchen Gegenden auf Bauernhöfen eine „Walldürner Stube“, in der die Blumen-, Kerzen- oder Lebkuchenfrau oder der „Lebkuche-Jörg" übernachten durfte. Im Gegenzug bekamen die Herbergsleute das Versprechen für einen Schlafplatz während der Wallfahrt in Walldürn.

Ab dem Herbst gingen Männer und Frauen auf Wanderschaft. In die Zeit bis Lichtmess fielen kirchliche Feste, anlässlich derer sich die Waren gut verkaufen ließen. Das Angebot an Süßigkeiten umfasste außer Lebkuchen die „Flintesteeli“ oder „Schiffli“, ein helles Anisgebäck sowie ausgestochene Plätzchen, als „Krebbel“ bezeichnet, Magenbrot und Zuckerzeug. Zu Weihnachten wurden Lebkuchen und Plätzchen als Christbaumschmuck angeboten. Unter jungen Leuten waren die „Dürmer Herzen" als Liebesgaben begehrt. Transportiert wurden die Waren in einer Kippe, der „Köize". Besonders die Frauen trugen einen großen Korb auf dem Kopf, die „Manne“.

Während der Anfangsjahre im frühen 19. Jh. betrachtete die Obrigkeit sowohl das Hausieren als auch das Angebot mit kritischem Blick. Der Erwerb wurde als unehrenhaft eingestuft, die frei umherziehenden Frauen und Männer waren der Sittenkontrolle entzogen und die Süßigkeiten galten schon damals als gesundheitsschädlich. Doch mit dem Verdienst ließ sich die größte Not der Krisenzeiten ausgleichen. Im Gegensatz zu anderen Orten waren hier nur wenige gezwungen ab- oder auszuwandern. Eine Blüte erlebte der Hausierhandel mit Erteilung der Gewerbefreiheit ab den 1860er Jahren. Die in Walldürn entstehenden Firmen und auch Handwerker organisierten Vertriebswege über „Lohnhausierer“. Das erweiterte Angebot umfasste nun Kurzwaren, Textilien, Bekleidung und mehr. Waren in größerem Umfang wurden per Fuhrwerk in die Absatzorte transportiert, später per Bahn.

Gegen Ende des 19. Jh. geriet die Walldürner Hausiererei durch weniger kräftezehrende Verdienstmöglichkeiten ins Hintertreffen. Feste Bezahlung und Sozialversicherungen waren attraktiver als das wochenlange Herumziehen. Doch lebte das Gewerbe immer dann wieder auf, wenn schwierige wirtschaftliche Verhältnisse alternative Einkommensquellen erforderlich machten. So fanden nach dem Zweiten Weltkrieg Einheimische, Flüchtlinge und Vertriebene ein Auskommen, bis hin zum modernen Jahrmarktsgeschäft, das bis heute betrieben wird.

Der Beitrag ist eine Zusammenfassung von Auszügen des Aufsatzes Das Wandergewerbe der Stadt Walldürn von Peter Assion, erschienen in Badische Heimat 66 (1986), S. 403 – 424. Die Online-Version finden Sie auf der Homepage von Badische Heimat.

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St. Nikolaus bei Opfingen auf der badischen Gemarkungskarte, Aufnahme 1897, Druck 1899. Eingezeichnet sind der Badhof und die ehemaligen Schlossgärten [Quelle: Landesarchiv BW, GLAK H-1 Nr. 1429]

St. Nikolaus bei Opfingen auf der badischen Gemarkungskarte, Aufnahme 1897, Druck 1899. Eingezeichnet sind der Badhof und die ehemaligen Schlossgärten [Quelle: Landesarchiv BW, GLAK H-1 Nr. 1429]

Der Gedenktag des hl. Nikolaus, der auf Nikolaus von Myra zurückgeht und in vielen Ländern begangen wird, ist mit zahlreichen Bräuchen verbunden. Um das Leben des Nikolaus von Myra ranken sich Legenden wohltätigen und heilsbringenden Inhalts. Nikolaus ist bis heute einer der beliebtesten Heiligen und nimmt in den Ostkirchen aber auch in Lothringen und Süditalien eine bedeutende Stellung ein. Unterschiedlichste Berufszweige riefen Nikolaus als Schutzpatron an, darunter Reisende wie Schiffer, Pilger und Kaufleute, Schüler und Studenten aber auch sozial Benachteiligte wie Gefangene und Prostituierte. Es ist also kein Wunder, dass Kirchen und Kapellen dem hl. Nikolaus geweiht wurden. Manchmal ging der Name auf Höfe oder Weiler in der Umgebung über. In Baden-Württemberg findet sich dreimal der Ortsname St. Nikolaus: als Ortsteil der Altgemeinde Opfingen, das seit 1971 zu Freiburg gehört, als Weiler „Beim Klausen“ nahe St. Märgen, wo schon 1121 eine Nikolauskapelle nachweisbar ist und bei Langenau im Alb-Donau-Kreis mit einer Mitte des 14. Jh. genannten „capella crucis S. Nicolai“.

Bekannt und beliebt sind die Sonderstempel, die am 6. Dezember für St. Nikolaus bei Opfingen vergeben werden. Der Name der für die erste Hälfte des 14. Jh. nachweisbaren Nikolauskapelle verband sich mit dem vermutlich in dieser Zeit entstandenen Wasserschloss der Freiburger Patrizierfamilie Geben. Die Kapelle verlor durch die Einführung der Reformation durch Baden-Hachberg ihre Funktion. Mitte des 18. Jh. wurde das baufällige Gebäude abgebrochen. Einige Jahre vorher hatte die Gemeinde Opfingen das Schlossgut erworben, das im Anschluss aufgeteilt wurde. Im Schlossgebäude entstand eine Gastwirtschaft mit Badebetrieb und Tanzveranstaltungen. Das mehrfach umgebaute und erweiterte Anwesen wurde für diese Zwecke bis zu Beginn des 20. Jh. genutzt. Die heutige Kirche St. Nikolaus stammt aus den 1980er Jahren.

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Waghalsige Winterfreuden

Zur Geschichte des Skispringens im Südwesten

Standbild einer Filmsequenz, aufgenommen während der Deutschen Meisterschaft Ski Nordisch - Nordische Kombination in Baiersbronn 1933 [Quelle: Haus des Dokumentarfilms]

Ende des 19. Jh. hielt der Skisport im Schwarzwald Einzug. Als Pionier gilt der französische Konsul Pilet, der 1891 mit nordischen Brettern auf den Feldberg Hof kam. Nur wenig später wurde der Skiclub Todtnau gegründet. Die Begeisterung war groß. Schon in den Anfangsjahren entstanden Sprunghügel, um alle Möglichkeiten des schnellen Fortbewegungsmittels zu nutzen. Spätestens um 1900 wurden am Feldberg Meisterschaften im Springen ausgetragen. Für Furtwangen ist belegt, dass 1908 Springen auf einem Schneehügel am Friedhofsberg stattfanden. Im Lauf der Jahre ersetzten professionellere Schanzen die provisorischen Hügel mit ihren nicht ungefährlichen Auslaufbahnen. Eine ganze Reihe dieser Anlagen entstand im Schwarzwald in den 1920er Jahren, also nach dem Ende des Ersten Weltkriegs.

Schon 1911 war eine der ersten Schanzen am Mühlrain beim heutigen Titisee-Neustadt gebaut worden. 1922 wurde die Sprungbahn am Feldsee errichtet, die nach ihrem Sponsor aus dem Haus Fürstenberg den Namen Max-Egon-Schanze erhielt. 1924 entstanden die Anlagen in Schönwald und im Langenwald bei Schonach. Im gleichen Jahr wurde die Adlerschanze in Hinterzarten erbaut, benannt nach dem Adlerwirt als Besitzer des Geländes. In der Nähe von Baiersbronn, wo 1933 die Deutsche Meisterschaft Ski Nordisch – Nordische Kombination ausgetragen wurde, befand sich neben der Vogelskopfschanze von 1923 eine im Vorjahr erbaute Anlage im Christophstal. Filmaufnahmen legen nahe, dass diese ebenfalls für die Wettkämpfe genutzt wurde. Die beiden Schanzen sind nicht mehr erhalten.

Die heutigen Olympia-Stützpunkte der Skispringer mit den Zentren Titisee-Neustadt und Hinterzarten befinden sich ebenfalls im Schwarzwald. Doch nicht nur hier oder in den alpinen Regionen Baden-Württembergs begeben sich waghalsige Sportlerinnen und Sportler auf die Schanzen. So brachte der Ski-Club Degenfeld bei Schwäbisch Gmünd mehrere weibliche Talente hervor, wie die Goldmedaillengewinnerin im Springen bei den Winterspielen in Sotschi 2014.

  • Die gesamte Filmsequenz über "Wintersport in Baiersbronn" aus dem Haus des Dokumentarfilms finden Sie hier.
  • Mehr über den Wintersport auf dem Kalten Feld bei Schwäbisch Gmünd im Beitrag zum Skispringen auf der Schwäbischen Alb.
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