Benediktinerpriorat St. Ulrich 

Ortsbezüge:
Baujahr/Gründung: 1080 [nach 1080]
Zerstörung/Aufhebung: 1806 [1806]
Beschreibung: Das Benediktinerkloster wurde von dem Edelfreien Hesso von Eichstetten vor 1072 gegründet und hatte seinen ursprünglichen Standort auf dem Tuniberg bei Rimsingen. Zwischen 1077 und 1080 erfolgte die Verlegung des Konvents nach dem westlich von Rimsingen gelegenen Grüningen (abgegangen bei Oberrimsingen) und erfuhr dort seinen Ausbau zu einem cluniazensischen Priorat. Vermutlich hatte sich die ursprüngliche Lage der Zelle auf dem Tuniberg als ungünstig erwiesen. Nur wenige Jahre später wurde das Priorat nochmals verlegt, und zwar in einen abseitigen Talkessel des Schwarzwalds am Ursprung des Flüsschens Möhlin. Der Ort hieß ursprünglich Wilmarszell (cella Sancti Petri oder cella Villemaris). Dort hatte sich bereits in karolingischer Zeit eine Zelle des Klosters St. Gallen befunden. Die spätere Bezeichnung St. Ulrich ist erstmals 1338 urkundlich belegt. Davor wurde der Ort stets weiterhin als Zell oder Wilmarszell bezeichnet. Der Schutzpatron des Klosters war ursprünglich St. Peter. Der Platz wurde im Jahre 1087 vom Bistum Basel mit allen Gütern und Rechten durch einen Gütertausch erworben. Damit wurde ein für eine weitere Entwicklung geeigneterer Standort geschaffen. Herzog Bertold II. von Zähringen war einer der auf der Urkunde genannten Zeugen. Dieser Tauschvertrag wurde 1139 durch Kaiser Konrad II., 1147 durch Papst Eugen III., 1157 durch Papst Hadrian IV., 1179 durch Papst Alexander III. und 1184 durch Papst Lucius III. bestätigt. Die Gründung des Priorats Grüningen und seine Verlegung ins Möhlintal ist zu einem großen Teil das Werk des Cluniazensermönches St. Ulrich von Zell (1029 - 1093). Er war 1061 in Cluny Benediktinermönch der dortigen strengen Observanz geworden und erhielt den Auftrag zur Verbreitung der monastischen Reformbewegung von Cluny im deutschsprachigen Raum. Sein Einfluss auf seinen Studienfreund Abt Wilhelm von Hirsau war maßgeblich dafür, dass auch die Hirsauer Reformbewegung eine cluniazensische Ausrichtung erhielt. Er ist der erste namentlich bekannte Vorsteher des Klosters und nach ihm wurde die Niederlassung spätestens seit Mitte des 14. Jh. benannt. Er verstarb in St. Ulrich. Der Konvent gehörte der Kongregation von Cluny an. Es war das erste und blieb das einzige Cluniazensermännerkloster auf rechtsrheinischem Gebiet. Durch die Statuten war das klösterliche Leben bis in die Einzelheiten geregelt, wozu auch das Gebot des Schweigens zu gewissen Zeiten gehörte. Von St. Ulrich aus wurde auch ein Cluniazenserinnenkloster in Bollschweil gegründet und betreut, welches aber bereits im Jahr 1115 Sölden verlegt wurde. Die Vogtei über St. Ulrich lag zuerst in den Händen der Grafen von Nimburg. Als die Vogtei im Jahr 1200 an den Bischof von Straßburg verkauft wurde, versuchte Bertold V. von Zähringen vergeblich, sie in seine Hände zu bringen. 1213 übertrug Friedrich II. dem Bischof von Straßburg das Vogteirecht über das Kloster. Im Zuge der Auseinandersetzungen erreichte Kaiser Friedrich II. vom Bischof von Straßburg 1236 eine Belehnung mit den Vogteirechten, u. a. über St. Ulrich. Später waren die Grafen von Freiburg im Besitz der Vogtei. Albrecht von Österreich nahm das Kloster im Jahr 1445 in Schutz und Schirm. Im Jahr 1469 war der Klosterprobst auf dem vorderösterreichischen Landtag in Neuenburg vertreten. Im Zusammenhang mit dem allgemeinen Niedergang der Cluniazensischen Bewegung büßte auch St. Ulrich an Bedeutung ein. Für die Zeit zwischen 1269 und 1312 bezeugen die Visitationsberichte Clunys einen stark geschrumpften Konvent, der sich in der Regel aus einem Prior und vier bis sieben Mönchen zusammensetzte. In der Reformationszeit konnte das Priorat seine Selbständigkeit nicht mehr behaupten. Als der letzte Cluniazenserprior das Priorat verließ, übernahm auf Betreiben der vorderösterreichischen Regierung 1546 der Abt von St. Georgen die Verwaltung des Priorats für 1.000 Gulden. Aber bereits im Jahr 1560 trat der Abt von St. Georgen vom Priorat zurück und überließ es der Abtei St. Peter. So teilte der vorderösterreichische Statthalter 1563 dem Kloster Cluny mit, dass St. Ulrich der Abtei St. Peter angegliedert sei. Erst 1567 stimmte das Mutterkloster Cluny dem Verzicht aller Rechte zu. 1578 wurde die Einverleibung des Klosters und der Grundherrschaft kraft päpstlichen Privilegs und im darauf folgenden Jahr durch Erzherzog Friedrich bestätigt. Zu diesem Zeitpunkt scheint das Kloster verlassen und heruntergekommen gewesen zu sein. Der Abt von St. Peter versicherte, das Priorat zu restaurieren und dessen Einkünfte wieder einzuziehen. Die Eingliederung nach St. Peter war demnach eine Maßnahme zur Wiederherstellung der mönchischen Kultur am Ort. Der Schwerpunkt der Besitzungen St. Ulrichs lag im Breisgau. 1147 wurden 26 Höfe genannt, welche dem Kloster gehörten. 1179 und 1183 war der Besitz auf immerhin 55 Höfe angewachsen, was wohl auf die Strahlkraft Clunys zurückzuführen sein mag. Schon im 13. Jh. folgte auf diesen Höhepunkt aber ein rascher Niedergang. Im 14. Jh. hatte das Kloster noch Höfe in Bollschweil, Wolfenweiler, Mengen, Oberrimsingen, Hausen, Niederrotweil, Niederreute, Hecklingen und Bamlach. Im Jahr 1806 wurde die Abtei St. Peter und damit auch das Priorat St. Ulrich aufgehoben. Der Ort und der Klosterwald kamen an den badischen Staat. Der Maierhof und die Güter wurden 1808 versteigert. Das Priorat wurde zur Pfarrkirche St. Peter und Paul mit Pfarrhaus. Inzwischen befindet sich außerdem noch eine Landvolkshochschule in den Gebäuden. Die Betreuung des Cluniazenserinnenklosters Bollschweil (später Sölden) oblag St. Ulrich. Bereits im 12. Jh. versah das Kloster sechs Pfarreien, nämlich Grüningen (abgegangen bei Oberrimsingen), Wolfenweiler, Bollschweil, Hochdorf und Achkarren sowie Tannenkirch. Im beginnenden 15. Jh. waren die entfernteren Pfarreien dem Kloster bereits entfremdet worden und auch die nahe gelegenen wurden ihm strittig gemacht, da es sie offenbar vernachlässigte. Die heutigen Gebäude des Klosters stammen aus dem 18. Jahrhundert. Zweimal wurde das Kloster im 15. Jh. ein Opfer der Flammen und war um 1500 fast völlig verfallen. 1611 brannten Kirche und Prioratsgebäude bis auf den Turm völlig ab. Abt Petrus IV. von St. Peter ließ die Gebäude wieder aufbauen. Das kaum wieder aufgebaute Priorat fiel 1638 durch Bandstiftung plündernder Franzosen erneut den Flammen zum Opfer. Pater Henselmann, der damals Vikar in St. Ulrich war, ließ aus eigenen Mitteln Kirche und Prioratsgebäude wieder herstellen. Die Gebäude wurden im 20. Jh. mehrere Male renoviert und erweitert. Die heutigen Gebäude mit ihrer barocken Gestaltung sind ein Werk des 18. Jahrhunderts. 1740 baute der Vorarlberger Baumeister Peter Thumb die Kirche ein wenig nach Norden verschoben unter Verwendung einiger gotischer Architekturteile vollständig neu. Ein Jahr später wurde das Priorat neu erbaut. 1763 wurde durch den ebenfalls aus Vorarlberg stammenden Baumeister Johannes Willam ein massiver Glockenturm an der Südwand des Chores anstelle des Dachreiters errichtet. In den darauf folgenden Jahren erfolgte die Erweiterung des Chores und die weitere Ausschmückung des Kircheninneren. Die im 18. Jh. neu errichtete Kirche wurde durch Fr. A. Vogel, Franz Moosbrugger, J. G. Sigl, Benedikt Gambs, Simon Göser und Franz Ludwig Hermann ausgeschmückt. Zwei mittelalterliche Einzelstücke haben sich erhalten: eine Madonna des späten 13. Jh. und eine mächtige Taufbrunnenschale des 11./12. Jh. mit einem rings umlaufenden Bogenfries mit Relieffiguren: Christus, Apostel, Propheten, Szenen des Alten Testaments, unterlaufen von einem Tierfigurenfries. Parallelen dazu sind fast nur in Frankreich zu finden. Die Taufschale hat einen Durchmesser von 2,60 Meter und steht im Freien vor der Kirche.
Autor: ANDREAS BUTZ
Objekttyp: Kloster
Ordensregel:
  • Benediktiner nach 1080-1806
Sonstiges: Bistum: Konstanz, ab 1821 Freiburg,
fiel an: Modena (1802), Johanniter (1802), Österreich (1803), Baden (1805)
Weiter im Partnersystem: http://www.kloester-bw.de/?nr=368

Adresse Bollschweil

Literatur:
  • Germania Benedictina, Bd. V: Die Benediktinerklöster in Baden-Württemberg. Bearb. v. F. Quarthal. Augsburg 1975. V, 615-620 (W. MÜLLER)Die Kunstdenkmäler der Amtsbezirke Breisach, Emmendingen, Ettenheim, Freiburg (Land), Neustadt, Staufen und Waldkirch (Kreis Freiburg Land). Bearb. v. F. X. Kraus (Die Kunstdenkmäler des Großherzogthums Baden Bd. VI/1). Tübingen 1904. 448-460.St. Ulrich. Hrsg. v. der Gemeinde Bollschweil. Bollschweil 1993.
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