Franziskanerinnenkloster "Obere Klause" Rottenburg 

Ortsbezüge:
Baujahr/Gründung: 1339 [1339]
Zerstörung/Aufhebung: 1782 [1782]
Beschreibung: Die Ursprünge der Oberen Klause lagen in der Beginenbewegung. Nachdem die St. Remigiuskirche in Ehingen 1339 dem Chorherrenstift St. Moriz inkorporiert worden war, hätten sich laut Ordensüberlieferung in dem dortigen Pfarrhof zwei Schwestern niedergelassen, "welche man dazumalen Beginen genennt". Eine erste urkundliche Erwähnung erfolgte 1357. 1381 befreite Graf Rudolf III. von Hohenberg "die Ehrbaren geistliche Frauen die Priorin und die Conventsschwestern gemeiniglich in der Closen" von allen Abgaben - ein Privileg, welches die nachfolgenden habsburgischen Herrscher immer wieder erneuerten. Bereits im ersten Privilegienbrief wird die Gemeinschaft dem Franziskanerorden zugeordnet und zunächst vom Tübinger, später vom Horber Franziskanerkonvent betreut. Vor ihrer Unterstellung unter die 1580 neu gebildete Tiroler Observantenprovinz war sie der Straßburger Ordensprovinz zugeteilt. Die dürftige, meist nur die wirtschaftliche oder ‘disziplinarische’ Seite der Gemeinschaft betreffende Überlieferung belegt einen gewissen Vermögenszuwachs im 15. Jh. durch Stiftungen, lässt aber kaum Aussagen über das religiöse Leben bzw. klösterliche Umformungsprozesse zu. Es wird primär von so genannten ‘Verfallserscheinungen‘ wie z. B. von Klosteraustritten während der Reformationszeit und Krisen während des 16. Jh. berichtet. In der ersten Hälfte des 17. Jh. reduzierte sich die Zahl der Schwestern durch Pest und durch den 30-jährigen Krieg auf vier, außerdem hatte das Kloster auch wirtschaftlich unter den Kriegsfolgen zu leiden. Die Tiroler Ordensprovinz versuchte seit 1627 im Zuge einer Reform die Einführung der Klausur und die Unterstellung unter die bischöfliche Jurisdiktion, was in der Oberen Klause nicht gelang. Allerdings erfolgte um 1643 auf Betreiben der Provinz die Vereinigung mit der Klause in Sülchen. Neben dem Vermögen der Sülcher Sammlungsfrauen kommt auch der Besitz des Waldbruderhauses zu Dettingen (1656) an das Kloster. Ende des 17. Jh. begann eine gewisse wirtschaftliche wie auch innerklösterliche Konsolidierungsphase. Der Konvent erwarb 1688 das ehemalige Adelshaus derer von Speth. Das gegenüber der Kirche St. Moriz liegende Fachwerkhaus wird heute noch als "Nonnenhaus" bezeichnet. 1711 wird die alte romanische St. Remigiuskirche abgebrochen und 1713 ein neues Konventgebäude und 1715 eine neue, 1724 eingeweihte Kirche errichtet. Das Kloster selbst besaß ein Oratorium mit einem Altar der hl. Anna. Die Schwangerschaft einer Klosterfrau und der daraus abgeleitete ‘sittliche Verfall‘ des Konventes führte vor dem Hintergrund der josephinischen Kirchenpolitik 1780 zu einer von staatlicher Seite aus initiierten Transferierung des Horber Terziarinnenklosters nach Rottenburg; hierbei spielten allerdings auch wirtschaftliche Überlegungen eine Rolle. In diesem Zusammenhang wurde die Obere Klause dem Bischof von Konstanz unterstellt, die Klausur eingeführt, die Temporalia weltlichen Pflegern übertragen und die Schwestern zur Abhaltung von Schulunterricht verpflichtet, um sich dadurch "eine ewige Aufrechterhaltung des Klosterhauses zu verschaffen". 1782 wird das Kloster durch Joseph II. aufgehoben. Die 19 Klosterfrauen, darunter auch die ehemaligen Horber Schwestern, entschieden sich geschlossen "in die Welt" zu gehen. Die Klostergebäude gelangten an Rottenburger Bürger und dienten in den folgenden Jahren militärischen Zwecken und als Gaststätte, bevor sie um 1840 von Württemberg erworben und zu einem Frauenarbeitshaus (Außenstelle des Gotteszeller Frauenzuchthauses) umfunktioniert wurden. Nachdem sie in der ersten Hälfte des 20. Jh. als Dienstwohnungsgebäude der Reichsbahn genutzt wurden, erwarb die Stadt Rottenburg 1980 den Gebäudekomplex und baute einen Teil zum Jugendhaus um. Die noch bestehende St. Remigiuskirche fungiert heute als Friedhofskapelle. Nach gründlicher Renovierung konnte sie 1988 neu konsekriert werden. Unter der Kirche befindet sich die ehemalige Schwesterngruft des Klosters.
Autor: UTE STRÖBELE
Objekttyp: Kloster
Ordensregel:
  • Franziskaner-Terziarinnen 1339-1782
Sonstiges: Bistum: Konstanz, ab 1821 Rottenburg-Stuttgart,
fiel an: Österreich (1786), Württemberg (1806)
Weiter im Partnersystem: http://www.kloester-bw.de/?nr=549

Adresse Schadenweilerstraße 11 a, Rottenburg am Neckar

Literatur:
  • W. Zimmermann / N. Priesching (Hg.): Württembergisches Klosterbuch. Klöster, Stifte und Ordensgemeinschaften von den Anfängen bis in die Gegenwart. Stuttgart 2003. 415f. (U. STRÖBELE).Alemania Franciscana Antiqua. Ehemalige franziskanische Männer- und Frauenklöster im Bereich der Oberdeutschen oder Straßburger Franziskaner-Provinz mit Ausnahme von Bayern, hg. v. J. Gatz. Ulm 1 (1956) – 19 (1974/76) 13 (1969) 14-28 (M. HEINRICHSPERGER).Der Landkreis Tübingen. Hg. v. der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg in Verbindung mit dem Landkreis Tübingen (Kreisbeschreibungen des Landes Baden-Württemberg). 3 Bde. Tübingen 1967/74. III, 346f.Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 38 Bü 1144.E. STEMMLER: Rottenburger Klöster. In: Jubiläums-Schrift des Sülchgauer Altertumsvereins. Rottenburg a. N. 1952.D. MANZ: Klöster in Rottenburg am Neckar. Rottenburg a. N. 1990.
Suche
Durchschnitt (0 Stimmen)