Dörzbach - Altgemeinde~Teilort 

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Typauswahl: Ortsteil – Historisches Ortslexikon
Typ: Teilort
Ersterwähnung: 1230

Ortslage und Siedlung
(bis 1970):
Im Bereich des Dorfs und seiner Gemarkung – so im Gewann Hart und bei Sankt Wendel zum Stein – wurden vereinzelt jungsteinzeitliche und bronzezeitliche Funde gemacht. Gleichwohl reichen die Anfänge der Siedlung nicht weiter zurück als in die fränkische Ausbauzeit (7./8. Jahrhundert). Die Deutung des seit 1230 bezeugten Ortsnamens »Dorcebach« bleibt, was dessen Bestimmungswort angeht, unklar. In Spätmittelalter und Frühneuzeit war das einigermaßen regelmäßig angelegte Dorf von einem Bannzaun umgeben und durch drei Tore zugänglich. Schwere Schäden verursachten im Lauf der Jahrhunderte immer wieder die Hochwasser der Jagst, so vor allem in den Jahren 1575, 1589, 1721 und 1732. Die südöstlich von Dörzbach, jenseits der Jagst bei einer salzhaltigen Quelle gelegene, unmittelbar an die Felswand geschmiegte Kapelle Sankt Wendel zum Stein erscheint urkundlich zuerst 1478. Der bestehende Bau datiert von 1511/15, birgt indes ältere Teile. Bei dem Kirchlein existierte eine eigene Pfründe, deren Patronat durch die Jahrhunderte mit dem der Dörzbacher Pfarrkirche verbunden war. Schon seit längerem wüstgefallen sind die Wohnplätze Rortal, Dürrenhof und Albertshof. Der herrschaftlich mit Dörzbach zusammengehörige Weiler Rortal – 1582 und 1603 auch als Wüstenweiler bezeugt – lag im Gewann Rötelweiler zwischen Dörzbach und Hohebach. Seine erste Erwähnung findet er 1329; 1473 war die Siedlung bereits aufgegeben, die dazugehörige Feldmark wurde weiter genutzt. Den einstigen Dürrenhof, über den nichts Näheres bekannt ist, hat man im Wald Höllwedel nordöstlich von Dörzbach zu suchen. Um 1700 von der Herrschaft Eyb gegründet, dürfte der Albertshof die jüngste der abgegangenen Siedlungen sein. Etwa halbwegs zwischen Sankt Wendel zum Stein und Meßbach gelegen, wurde er 1855 abgebrochen. Nach dem zweiten Weltkrieg entstanden neue Wohngebiete am westlichen (»Mühlgarten«) und östlichen (»Glaswiesen«) Ortsrand von Dörzbach. Industrie siedelte sich im Westen (Kiepsauer Straße 1950, »Au« 1970) an.
Historische Namensformen:
  • Torcebach 1230
  • Dorcebach
  • Dortzbach
Geschichte: Im hohen Mittelalter gehörte Dörzbach zur Herrschaft der Edelherren von Boxberg-Krautheim. Die Wahrnehmung der örtlichen Gerechtsame war an Ministerialen delegiert, die, wiewohl ganz verschiedenen Familienstämmen zugehörig (von Berlichingen, von Aschhausen, von Rossach, von Krautheim und von Röttingen), alle den Namen oder wenigstens Zunamen von Dörzbach führten und dort eigene Herrschaft entfalteten. Ob das daraus entstandene Kondominat verwandtschaftlich begründet war, ist ungeklärt. Im 14. und 15. Jahrhundert waren die ritteradligen Ganerben wiederholt in überregionale Fehden verstrickt und wurden mehrfach von Fürsten belagert, so etwa 1417 von Mainz, Würzburg und Bayern und 1471 von Kurpfalz. Die ausgesprochen komplizierten Herrschaftsverhältnisse des späten Mittelalters lassen sich leichter verstehen, wenn man die einzelnen Bereiche getrennt voneinander betrachtet: Das Gericht (»iudicium«, »iurisdictio«) rührte spätestens seit dem frühen 14. Jahrhundert vom Hochstift Würzburg zu Lehen. In unterschiedlichem Umfang waren daran die von Dörzbach (1328/54), von Klepsau (1328/45), von Röttingen (1328/45), von Bachenstein (1335/62), von Krautheim (1345) und von Rothenburg (1361) beteiligt. 1440 hatten die Berlichingen und die Hund von Wenkheim ein Drittel gemeinsam, 1473 gehörte den Berlichingen ein Drittel allein, und vor 1481 kauften sie von denen von Bachenstein ein weiteres Drittel hinzu. Um 1500 war die Zuständigkeit für das Gericht schließlich ganz in berlichingischer Hand, wurde aber schon wenig später unter zwei Zweigen der Familie erneut aufgeteilt. Der eine Teil gelangte 1601, der Rest 1602/16 durch Kauf an die von Eyb. Fortan blieb die Herrschaft mit allen hohen und niederen Befugnissen in Eyb’scher Hand. Seit dem 16. Jahrhundert dem Kanton Odenwald der fränkischen Reichsritterschaft inkorporiert, wurde Dörzbach 1803 vorübergehend von Hohenlohe besetzt und 1806 von Württemberg mediatisiert. Aufschlussreich für die Herrschaftsentwicklung ist selbstverständlich auch die Abfolge der Teilhaber an dem von der Herrschaft Limpurg (seit 1747 von Brandenburg-Ansbach, 1791 von Preußen, 1801 von Hohenlohe) zu Lehen rührenden Schloss. Als dessen Herren treten im 14. Jahrhundert die von Dörzbach (1359/67), von Bächlingen (1359), Buchner (1359), von Klepsau (1359/1412) und Goltstein von Gattenhofen (1367/82) in Erscheinung, später die von Seldeneck (1397/1415), von Tann (1412/80), von Tierbach (1417/45), von Neuberg (1417/41), von Bachenstein (1420/87), Mertin von Mergentheim (1411/20), Hund von Wenkheim (1440/47), von Berlichingen (1440) und von Neuenstein (1455/ 78). 1367 wurde dem Erzstift Mainz das Öffnungsrecht eingeräumt. Die Tann verkauften ihren Anteil 1474 an den Deutschen Orden, der ihn 1486 den Berlichingen weiterveräußerte; bereits 1478 hatten diese den Neuensteiner Anteil erworben, und um 1487/91 erlangten sie auch noch die Bachensteiner Rechte. Seither war das Schloss ebenso wie das Gericht ganz in Berlichinger Hand und gelangte anfangs des 17. Jahrhunderts durch Kauf an die von Eyb. Nach der Zerstörung im Bauernkrieg gänzlich neu-, um- und ausgebaut, ist das Schloss heute eine rechteckige, um einen unregelmäßigen Innenhof gruppierte Anlage ohne besondere Schmuckformen. Zum Ganzen der Ortsherrschaft gehörte außerdem ein Komplex herrschaftlicher Güter und Rechte, den die Berlichingen seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert zu zwei Dritteln von der Herrschaft Hohenlohe (1486) und zu einem Drittel vom Erzstift Mainz (1507) zu Lehen trugen. Erworben hatten sie ihn vom Deutschen Orden, woraus sich, analog der Besitzerfolge im Schloss, eine Vorprovenienz von Tann erschließen lässt. Auch diese Gerechtsame erwarben später die von Eyb. Als Grundbesitzer begegnen durch die Jahrhunderte in erster Linie die verschiedenen Orts- und Schlossherren, daneben, freilich in bescheidenem Umfang und nur vorübergehend, die Klöster Gnadental und Schöntal (1312/1420) sowie die von Rosenberg (1525) und von Stettenberg (1532). Die Gnadentaler Rechte kauften 1370 die Herren von Hohenlohe, die noch 1491 in Dörzbach begütert waren. Ähnlich komplex wie die Verteilung der Gerichts- und Vogteirechte präsentiert sich die der verschiedenen Zehnten. Unter den Dezimatoren erscheinen vom späten 13. bis in die Mitte des 14. Jahrhunderts im wesentlichen dieselben Namen wie unter den Ortsherren, daneben die Sützel von Mergentheim (1448). Zwischen 1485 und 1532 verkauften die von Stetten ihre Zehntanteile an die von Berlichingen, die bereits davor entsprechende Rechte der von Bachenstein erworben hatten (1478). Später veräußerten die von Berlichingen auch diese Gerechtsame zusammen mit dem Dorf und dem Schloss an die von Eyb. Als die Ortsherrschaft noch unter verschiedenen Ganerben aufgeteilt war, bestanden zweifellos gute Voraussetzungen für eine Entfaltung kommunaler Eigenständigkeit. Für die späteren Verhältnisse hingegen ist die 1535 von den Berlichingen erlassene und 1701 von den Eyb novellierte Dorfordnung bezeichnend, die in ihrer Reglementierung des täglichen Lebens als typisch gelten kann für eine unter ritterschaftlicher Obrigkeit bestehende Rechtsordnung der frühen Neuzeit. Das Rüggericht, zu dem ebenso wie zu den Gemeindeversammlungen alle Ortsbewohner erscheinen mussten, trat viermal jährlich zusammen. Im Bauernkrieg – Lienhard von Dörzbach war einer der regionalen Bauernhauptleute – demolierten die Untertanen 1525 das Schloss, und auch danach lagen sie mit ihrer Herrschaft vielfach in Streit, der nicht allein vor Ort, sondern auch vor dem Reichskammergericht in Speyer beziehungsweise Wetzlar und vor dem Reichshofrat in Wien ausgetragen wurde. Das Wappen (über einem von Weiß und Rot vierfach gestückten Balken [von Dörzbach] in Schwarz ein fünfspeichiges weißes Rad [von Berlichingen], darunter ein blauer Schildfuß), das der Kaiser 1583 dem Marktflecken verlieh, war Teil eines Privilegs zugunsten der Herrschaft, nicht der Gemeinde. Gleichwohl führte die Kommune seit 1616 ein Siegel mit dem vom Kaiser verliehenen Wappen (jedoch statt des Berlichinger Rads mit den drei Eyb’schen Muscheln) und der Umschrift: »S[igil] MARCK VND RATS ZU DORTZBACH«. Ein Rathaus (mit Pranger und Gefängnis), für dessen Instandhaltung die beiden Bürgermeister verantwortlich waren, wird 1709 genannt. Die Burg wurde 1526/27 fast vollständig als Schloß im Stil der Renaissance um- und neugebaut, im 30 Jährigen Krieg geplündert. Die um den rechteckigen Innenhof gelegenen Gebäude sind von einem Graben umgeben. Dörzbach gehörte bis 1810 zum Oberamt Schöntal, bis 1811 zum Oberamt Mergentheim, danach zum Oberamt, seit 1938 Landkreis Künzelsau.
Wirtschaft und Bevölkerung: Mitte des 18. Jahrhunderts hatte Dörzbach (mit Albertshof) knapp 900 Einwohner, am Ende des Alten Reiches etwa 1100. Neben dem Ackerbau und der Viehhaltung wurde in Dörzbach seit dem Mittelalter ein nicht unbedeutender Weinbau getrieben. Die herrschaftliche Kelter stand im äußeren Schlosshof und war Teil des Mainzer Lehens. Eine Mittelmühle, deren Name die Existenz zweier weiterer Mühlen voraussetzt, ist 1412 bezeugt. 1605 bestanden zwei, hundert Jahre später vier Wirtshäuser und 1689 eine Apotheke. Auch die gängigen Handwerke – Bender, Schmiede, Schneider, Gerber etc. – waren zumeist gut besetzt und lassen bescheidene zentralörtliche Funktionen gegenüber dem Umland erkennen. 1575 verfügte die Herrschaft die Veranstaltung von drei Jahrmärkten, die der Kaiser 1583 privilegierte. Markttermine waren die Sonntage vor Jacobi (Ende Juli; Kirchweih), nach Lichtmess (Anfang Februar) und nach Aegidii (Anfang September).

Name: Wasserschloss
Datum der Ersterwähnung: 1487 [1487/91]

Ersterwähnung: 1660 [1660/63]
Kirche und Schule: Ursprünglich gehörte Dörzbach als Filial zu Rengershausen. Spätestens 1328/29 bildete es eine eigenständige Pfarrei, deren von Würzburg zu Lehen rührendes Patronatsrecht die ritteradligen Ganerben und mithin schließlich die von Berlichingen beziehungsweise von Eyb innehatten. Die Befugnis, die 1406/07 von denen von Seldeneck und von Aschhausen gestiftete Frühmesspfründe zu besetzen, gelangte 1476 von denen von Bachenstein an die Johanniter von Hall, die sie 1554 an den Deutschen Orden verkauften, und der Orden überließ sie 1579 wiederum den Berlichingen. Die Reformation fand wie in den hohenlohischen Herrschaften bald nach der Verkündung des Augsburger Religionsfriedens (1555) Eingang. Im späteren 18. Jahrhundert untersagte die lutherische Herrschaft die Ansiedlung von Katholiken. Die in der Ortsmitte gelegene evangelische Kirche datiert von 1660/63; in Chor und Turmuntergeschoss birgt sie Reste eines wohl dem heiligen Jakob geweihten Vorgängerbaus aus dem 15. Jahrhundert. Schulunterricht gab es im Dorf seit der Zeit der Reformation. Ein Schulmeister wird bereits 1543 erwähnt, ein besonderes Schulhaus freilich erst 1675. Von 1764 ist eine ausführliche Schulordnung überliefert, die detailliert Aufschluss gibt sowohl über Methoden als auch Inhalte des Unterrichts. Die evangelische Dreifaltigkeitskirche von 1660/63 enthält mehrere Grabmale der Herren von Berlichingen. Zu den zwölf Aposteln, die katholische Filialkirche der Pfarrei Meßbach, wurde 1955/56 errichtet.
Patrozinium: ursprünglich St. Jakob (?), heute Dreifaltigkeit
Jüdische Gemeinde: Am Ende des Alten Reiches zählte Dörzbach 75 Juden. Die im späteren 16. Jahrhundert angesiedelten Schutzjuden (um 1630 sechs Familien) wurden 1685/88 von der Herrschaft vertrieben. Erst 1753 durften sich wieder Israeliten am Ort niederlassen; 1782 waren es acht Familien. Eine Synagoge wurde 1822 erbaut, 1840 erneuert. Die jüdische Gemeinde wurde um 1900 aufgelöst.

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