Linsenhofen - Altgemeinde~Teilort 

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Typauswahl: Ortsteil – Historisches Ortslexikon
Typ: Teilort
Ersterwähnung: 1100 [Kopialüberlieferung 16. Jahrhundert]

Ortslage und Siedlung
(bis 1970):
Linsenhofen ist ein Ausbauort des frühen Mittelalters. Erstmals genannt wird der Ort am Beginn des 12. Jahrhunderts, als der Edelfreie Manegold von Sulmetingen und seine Gemahlin Mathilde von Urach dem Kloster Zwiefalten zwei Höfe in »Linsinhofen« schenkten. Der Ortsname ist auf einen Personen- oder Beinamen zurückzuführen (»linse« entspricht der schwäbisch-alemannische Nebenform zu mittelhochdeutsch »lise« entspricht leise, sanft). Der älteste Teil des Ortes liegt zu beiden Seiten der Steinach und zeichnet sich durch Fachwerk-Giebelhäuser aus dem 17. und 18. Jahrhundert aus. Weil die Gemarkungsgrenze im Süden nicht eindeutig festgelegt war, kam es bis zum Ende des 16. Jahrhunderts zu langwierigen Rechtsstreitigkeiten mit Neuffen und Balzholz um Zwing, Bann und Nutzungsrechte. 1475 war die Feldflur in sechs Zelgen eingeteilt; im 16. Jahrhundert hielt man sich an die übliche Dreiteilung. Die Braunjura-Verwitterungsböden waren für Wiesen- und Obstbau besser geeignet als für Ackerbau, den es nur in der Talaue und im Gewann Egart auf den Höhen im Osten des Ortes gab. Schwere Schäden erlitt der Ort durch einen Großbrand im Jahr 1582 und in den Kriegsjahren nach 1634. Von den 141 Gebäuden, die es damals gegeben hatte, waren 1655 nur noch 92 intakt. Im Dorfkern finden sich teils verputzte Fachwerkhäuser des 16./18. Jahrhunderts. Neue Wohngebiete im Südosten (»Bettäcker – Kürze – Schönagel« 1953, »Lehmgrube« 1963), Osten (»Sand« 1969, »Gaiern« 1972), Norden (Ortseingang – Nord 1970) und Westen (»Hinter den Höfen« 1970/74). Gewerbegebiet im Bezirk »Gaiern« seit 1968.
Historische Namensformen:
  • Linsinhofen 1100 [Kopialüberlieferung 16. Jahrhundert]
Geschichte: Linsenhofen kam 1301 mit der Herrschaft Neuffen an Württemberg und teilte, was Verpfändungen betraf, das Schicksal Frickenhausens. Wie im Nachbarort gelangte der Besitz niederadliger Herren an geistliche Institutionen, so an die Neuffener Schillingspfründe und an die Pfarrpfründe in Dettingen/Erms. Im 16. Jahrhundert waren das Nürtinger Spital und Württemberg die wichtigsten Teilhaber am Groß- und Kleinzehnten. Württemberg besaß 1526 vier Erblehen und zwei Gnadenlehen, bei denen die Gebühren, die bei Besitzwechseln anfielen, frei festgelegt werden konnten. Die Kelter war Eigentum der Gemeinde. Auch hier sicherte das Trägersystem den Besitzzusammenhang und die Einkünfte aus den Lehensgütern. Schultheißen sind seit 1437 nachweisbar. 1526 standen ihnen acht Richter zur Seite. Die Heimbürgen hießen hier Bürgermeister, der Rat entsprach den Geschworenen in Frickenhausen. Das an der Steinach liegende alte Rathaus stammt aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Das Erbrecht von 1506 ist ein beschränktes Verfangenschaftsrecht. Wichtigster Besitz der Gemeinde waren 147 Morgen Wald (1733/34). Sympathisanten des Armen Konrad gab es 1514 auch in Linsenhofen. 1525 wurden sechs Teilnehmer am Bauernkrieg in Nürtingen inhaftiert. Die Fronpflichten Linsenhofens entsprachen denen in Frickenhausen. Das heutige Ortswappen geht auf ein 1778 verwendetes Gemeindesiegel zurück. Bis 1806 zum Amt Neuffen, seit dessen Aufhebung zum Oberamt Nürtingen.
Wirtschaft und Bevölkerung: Laut der Türkensteuerliste von 1544/45 war Linsenhofen keine arme Gemeinde. Das durchschnittliche Schatzungsvermögen der 78 Veranlagten lag mit 170,9 Gulden weit über dem der beiden Nachbarorte. Vor allem die mittleren Vermögensgruppen (100–499 Gulden) waren mit 52,6 Prozent der Schatzungspflichtigen stärker vertreten als in Frickenhausen. Bis in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde auch in Linsenhofen die Rebfläche ausgeweitet. Geld kam auch durch den Verkauf von Jungvieh ins Dorf. Die Viehhaltung, über die eigens angestellte Viehmeister die Aufsicht hatten, war in Linsenhofen weit wichtiger als in den beiden Nachbarorten. Der Ackerbau war wegen der schweren Böden wenig ergiebig, und mehr noch als Frickenhausen war Linsenhofen von den städtischen Kornmärkten abhängig. Durch Missernten, schlechte Weinjahre und Teuerungen erlitt der Ort am Ende des 16. Jahrhunderts schwere wirtschaftliche Rückschläge. 1629 wurde die 1447 erstmals erwähnte Eselsmühle, in die der Ort gebannt war, durch einen Neubau unterhalb des Dorfes ersetzt. Das Wasser der Steinach nutzte 1619 auch eine neue Huf- und Waffenschmiede. 1617 lebten 419 Erwachsene und Kinder im Schulalter im Dorf, zusammen mit den Kleinkindern also wohl 450 Menschen. Bis 1654 sank die Einwohnerzahl auf 261 und erreichte erst um 1700 wieder den Stand von 1617. Zwischen 1634 und 1655 ging die Rebfläche von 132 auf 82 Morgen zurück. 1733/34 wurden 228 Morgen Äcker und Mähefelder und 187 Morgen Wiesen bewirtschaftet; die Rebfläche hatte wieder den Stand von 1634 erreicht. Dem Missverhältnis zwischen der kleinen Wirtschaftsfläche und der schnell steigenden Einwohnerzahl (1763: 553 Einwohner; 1806: 873 Einwohner) gab man die Schuld an der Armut und an der hohen Verschuldung der Linsenhofener. Nach dem Fehlherbst von 1745 kam es auch hier zu ersten Auswanderungen nach Amerika. Seit der Jahrhundertmitte wurde der Obstbau zur neuen Einkommensquelle; Linsenhofener Kirschgeist wurde schon um 1750 im Hausierhandel vertrieben.

Ersterwähnung: 1436
Kirche und Schule: Eine Kapelle wird erstmals 1436 genannt. Ihr flach geschlossener romanischer Chor, der noch in der heutigen Kirche erhalten ist, weist auf ein weit höheres Alter hin. 1437 stiftete die Gemeinde eine Messpfründe zu Ehren Marias und der Heiligen Leonhard, Sebastian und Ottilia. Zur Pfarrkirche unter landesherrlichem Patronat wurde die Kapelle 1467 erhoben und aus dem Pfarrverband der Nürtinger Laurentiuskirche herausgelöst. Anders als im Nachbarort begnügte man sich hier mit einem Umbau der Kapelle Unserer Lieben Frau. Der Turm dürfte gegen Ende des 15. Jahrhunderts gebaut worden sein; die älteste Glocke wurde 1496 in Reutlingen gegossen. 1604 wurde die Kirche in westlicher Richtung verlängert, ein neues Pfarrhaus entstand 1610. Zu den Einkünften der Pfarrei nach der Reformation gehörten im Ort der kleine Zehnt, Anteile am Wein- und großen Zehnt sowie andere Weingefälle. Auch in Frickenhausen war sie am Ertrag des Weinzehnten und der anderen Zehnten beteiligt. Wie Frickenhausen gehörte der Ort zunächst zum Dekanat Kirchheim, dann zum Dekanat Neuffen und seit 1826 zum Dekanat Nürtingen. Weil der erste evangelische Pfarrer wegen sittlicher Verfehlungen entlassen werden musste, übernahm von 1543 bis 1548 der Frickenhausener Pfarrer die Seelsorge. Erst Ende der 1560er Jahre stabilisierten sich die kirchlichen Verhältnisse. Unzufriedenheit mit der Amtskirche und wirtschaftliche Probleme trugen dazu bei, dass die von den Täufern propagierte Utopie einer christlich-radikalen Gesellschaft Anhänger im Dorf gewann. Ein 1603 und 1605 genannter Lehrer, der aber nicht bestätigt war, wurde 1614 Anführer von 21 Täufern, die den Ort verließen und nach Mähren zogen. 1815/17 schlossen sich sieben pietistische Schwärmer den religiösen Gemeinschaften an, die nach Südrussland zogen. 1601 wurden einige Kinder vom Pfarrer unterrichtet, manche gingen auch nach Beuren und Frickenhausen zur Schule. 1617 gab es erstmals einen ordentlich bestellten Lehrer. Im 18. Jahrhundert waren die Provisoren auch als Organisten tätig. Ganzjähriger Unterricht für die meisten Kinder konnte erst nach 1760 durchgesetzt werden. Das 1654 erstmals erwähnte Schulhaus wurde 1802 durch einen Neubau ersetzt. Evangelische Pfarrkirche St. Georg zeigt noch romanische Bestandteile und wurde im 15. Jahrhundert (Turm) sowie später mehrfach erweitert. Katholisch zu Frickenhausen.
Patrozinium: St. Georg
Ersterwähnung: 1467

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