Großbettlingen - Altgemeinde~Teilort 

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Typauswahl: Ortsteil – Historisches Ortslexikon
Typ: Teilort
Ersterwähnung: 1275

Ortslage und Siedlung
(bis 1970):
Es ist unklar, ob es sich bei dem um 1120 genannten »Batilingen« um Groß- oder Kleinbettlingen handelt. Die erste gesicherte Erwähnung stammt aus dem Jahr 1275, als im Liber Decimationis ein Pfarrer in »Bettelingen« erwähnt wurde. Bei dieser Nennung kommt nur Großbettlingen in Betracht, da Kleinbettlingen über keine Pfarrkirche verfügte. Der Ortsnamen Großbettlingen wird zunächst 1356 auf lateinisch und 1373 dann auf deutsch (»Grossa Betlingen«) erwähnt. Der Endung auf »–ingen« nach entstand der Ort in der ersten frühmittelalterlichen Siedlungsphase, sein Name ist auf den erschlossenen Personennamen »Badulo« zurückzuführen. Der Ort entstand aus zwei Keimzellen; dem Unterdorf an der Straße und dem Oberdorf mit der Kirche und dem Herrenhof. Die noch Ende des 17. Jahrhunderts getrennten Ortsteile wuchsen erst in späterer Zeit zusammen. Für das 18. Jahrhundert liegen dann die ersten genaueren Gebäudezahlen vor. Im Jahr 1734 gab es insgesamt 55 Gebäude, wovon 24 Häuser mit Scheune, 18 alleinstehende Häuser, 13 Scheunen sowie zwei Hofstätten waren. Im Bereich der Einmündung des Baumbachs in die Autmut ist eine frühalemannische Siedlung aus dem 4. Jahrhundert nachweisbar, allerdings ist unklar, ob es die Vorgängersiedlung des heutigen Ortes war. Unter dem Namen »Heedorf« wird 1526 die möglicherweise schon vor dem 14. Jahrhundert abgegangene Wüstung Heudorf in der im nördlichen Ortsgebiet gelegenen Zelge gegen »Weyhlar« erwähnt. Die eigentliche Siedlung lag auf Raidwanger Gemarkung, wobei dort noch um 1850 Bausteine, Ziegel und Staffeln gefunden wurden. Die Gemarkung Heudorfs griff dabei nach Süden auf heute Großbettlinger Gebiet aus. Es ist unklar, inwieweit die Wüstung mit dem Zelgenamen »Weylar« zusammenhängt, der ebenfalls Hinweis auf eine abgegangene Siedlung ist. Auf eine mögliche Wüstung deutet auch der 1479 genannte Flurname Stetten hin. Die neuen Wohnsiedlungen »Gartenstraße« (1947), »Karpatenland« (1958), »Geigersbühl« (1961), »Weiher – Talwiesenstraße« (1963), »Hofäcker« (1974) und »Amselweg« (1970) rahmen den alten Dorfkern ein. Neben den gewerblichen Niederlassungen in der Albstraße (1953) und an der Nürtinger Straße (1958) entstand 1974/76 das Gewerbegebiet »Scheidwasen« im Norden.
Historische Namensformen:
  • Batilingen 1100 [Kopialüberlieferung 16. Jahrhundert]
  • Bettlingen 1140 [Kopialüberlieferung 16. Jahrhundert]
  • Bettelingen
  • Grossa Betlingen
  • maiori Betlingen
Geschichte: Mit der frühesten gesicherten Nennung Großbettlingens als »in maiori Betlingen« 1356 wird auch das Kloster Bebenhausen als Hauseigentümer erwähnt. Hingegen sind die Nennungen der Klöster Zwiefalten und Sankt Blasien (um 1120) sowie Hirsaus und der Herren von Boihingen (um 1140) als Träger grundherrschaftlicher Rechte in Großbettlingen unsicher, da sie sich auch auf Kleinbettlingen beziehen können. Gleiches gilt für die Herren von Breitenstein und das ehemals urachische Ministerialengeschlecht Kudis (1329). Als Mitinhaber der Grundherrschaft gesichert hingegen sind die Herren von Glaheim, die 1373–86 über Güter in Großbettlingen verfügten, und die Mager, ein Seitenzweig der Speth, welche 1428 nachweislich ein Gut besaßen. Ein weiblicher Abkömmling der Kudis ist 1331 als Inhaberin eines kleinen Gutes belegbar. 1479 sind die Klöster Salem und Offenhausen sowie das Stift Dettingen an der Erms als Güterinhaber belegbar. 1499 werden das Stift Tachenhausen und die Nürtinger Pfarrkirche Sankt Lorenz als Güterbesitzer erwähnt. Die württembergische Grundherrschaft wird für 1526 richtig fassbar, als sie über vier Höfe und drei Lehen verfügte. Dazu kamen die grundherrlichen Rechte der Pfarrei, die sich aus dem Widumhof sowie einem Gut mit Haus und mehreren kleineren Gütern (1580) zusammensetzten. Im folgenden Jahrhundert besaß das Nürtinger Spital ein Lehen (1610). Nur geringe Rechte hatten die Herren von Affalterbach (1401), die Pfarreien Grafenberg (1580) und Neckarhausen, die Frühmesspfründe Neckartenzlingen, die in Nürtingen beheimateten Heilig-Kreuz-Pfründe, Sankt Peter-und-Paul-Pfründe sowie die Sankt Nikolaus-Pfründe (1588). Für die Vermögen der aufgehobenen Waldbruderklause von Betzenberg und die Grötzinger Beginen (1588) gilt Gleiches. Der größte Teil des großen Zehnts gehörte 1499 nachweislich der Pfarrei Großbettlingen, während ein kleinerer Anteil dem Kloster Denkendorf zustand. Die Pfarrei besaß auch den Kleinzehnten (1526) sowie den Wein- und Heuzehnten (1581). Seit der Reformation zog der Neuffener Vogt den großen Zehnten ein und zahlte dem Pfarrer knapp 60 Prozent Besoldung aus. Allem Anschein nach kam Großbettlingen spätestens 1301 mit dem Erwerb der Herrschaft Neuffen von den Weinsbergern, den Erben der Grafen von Neuffen, an Württemberg. Möglicherweise wurde es aber auch als Zubehör der Grafschaft Urach im Zeitraum 1254 bis 1265 an Württemberg verkauft. Die Obrigkeit und Herrlichkeit stand 1526 Württemberg zu, ebenso das Niedergericht, wobei Großbettlingen zum Grafenberger Niedergerichtsbezirk gehörte. Der Ort unterstand seit dem 14. Jahrhundert dem Amt Neuffen und ab 1806 dem Amt Nürtingen, mit dem er 1938 zum gleichnamigen Landkreis kam. Erste Strukturen der gemeindlichen Selbstverwaltung werden recht früh 1425 mit der Erwähnung von »geburschafft und gemeynde« erkennbar. Weitere Bestandteile der Entwicklung der kommunalen Verwaltung werden vor allem durch die Nennung von Ämtern sichtbar: Heimbürge und sieben Geschworene (1492), Heiligenpfleger (1498) und Gericht (1580). Das Rathaus als ein Zeichen der kommunalen Selbstverwaltung wird 1580 erwähnt. Ein Nachfolgebau entstand 1806. Als weiteres Attribut der Kommunalverwaltung zeigt das Gemeindesiegel von 1694 einen hochstämmigen Baum und links hohes und rechts niederes Gebüsch.
Wirtschaft und Bevölkerung: Einen ersten Hinweis auf Bevölkerungszahlen liefert die Musterungsliste von 1516, die 18 verheiratete Männer aufzählt. Dies deutet auf eine Gesamtbevölkerung von rund 80 Personen hin. Weitere Zahlen werden im Zusammenhang mit der Erhebung zur Türkensteuer 1544/45 erkennbar. Danach gab es im Ort 28 männliche erwachsene Schatzungspflichtige. Etwa ein halbes Jahrhundert später (1598) zählte der Ort 42 Bürger beziehungsweise rund 180 Einwohner. Als Folge des 30-jährigen Krieges schwankte die Bevölkerungszahl beträchtlich, so gab es 1622 insgesamt 194 Erwachsene und Schüler, deren Zahl sich bis 1634 mit 192 kaum veränderte, um innerhalb weniger Jahre dramatisch auf 21 (1639) abzusinken. Danach begann diese Zahl wieder anzusteigen, sodass sie im Jahr 1645 gegen Ende des Krieges 43 betrug. Die Gesamtbevölkerung wuchs danach weiter und zählte 1725 insgesamt 272 Personen, stieg bis 1763 auf 287 an, um schließlich 1802 386 Einwohner zu betragen. Erste Einblicke in die frühen Vermögensverhältnisse und -verteilung gibt die Türkensteuerliste. Von insgesamt 34 Schatzungspflichtigen verfügten 30 über ein Vermögen von 20 Gulden und mehr. Deren Gesamtvermögen betrug rund 5200 Gulden. Davon besaßen wiederum elf zusammen 470 Gulden (9 Prozent), 17 die Summe von 3530 (68 Prozent) und zwei die Summe von 1200 (23 Prozent) Gulden. Die Landwirtschaft wurde durch den Fruchtwechsel im Rahmen der 1499 erstmals nachweisbaren Dreifelderwirtschaft bestimmt. Im Jahr 1526 wurden die Zelgen namentlich genannt: »Zelg gegen Weyhlar«, »Zelg in Streitholtz« und »Zelg Metzinger«. Der Weinanbau ist erstmals für 1492 belegbar. Im Jahr 1734 umfasste die gesamte land- und forstwirtschaftliche Nutzfläche 1166 Morgen, davon 536 Morgen Äcker und Mähfelder, 257 Morgen Wiesen, 168 Morgen Weiden und Egarten, 120 Morgen Wald, 37 Morgen Weingärten, 14 Morgen Baum-, Gras- und Küchengärten, 2 Morgen Kraut- und Hanfländer sowie 32 Morgen Privatwald. Westlich der Grafenberger Straße wurde ein Eisenschlackenlager gefunden. Es handelt sich dabei um ein Zeugnis hochmittelalterlicher Eisenverhüttung, die in der Umgebung hohe Bedeutung hatte. Auf Erzabbau auf Großbettlinger Gemarkung deuten auch die Flurnamen »uff Kupferhaldo« und »Silbergruob« (1526) hin. Im Mittelalter muss es an der Autmut im Bereich der unteren Bruckenwiesen eine Mühle gegeben haben, wie der Flurname Mühlwiese vermuten lässt. Sie ging vor 1536 ab. Eine andere bei der Einmündung des Baumbachs in die Autmut vermutete Mühle ist im gleichnamigen Tal bei Aich zu lokalisieren. 1513 war der Abbau von Kalk auf dem Geigersbühl für die Nürtinger Ziegelei vertraglich geregelt worden. Das Handwerk war aufgrund der geringen Einwohnerzahl schwach besetzt. Neben einer für 1560 nachweisbaren Gastwirtschaft, gab es 1734 je einen Bäcker, Küfer, Schmied, Schneider, Schuhmacher und Wagner sowie zwei Maurer und drei Weber. An Großbettlingen vorbei verlief eine 1479 als »Hörweg« bezeichnete Heerstraße. Als soziale Einrichtung gab es schon 1702 ein Armenhaus.

Ersterwähnung: 1275
Kirche und Schule: Der Pfarrer und mit ihm indirekt die Kirche und die Pfarrei Großbettlingen werden erstmals 1275 erwähnt. In den Jahren 1539 bis 1556 war Grafenberg der Pfarrei Großbettlingen als Filial unterstellt. Die Pfarrei war 1275 Teil des Dekanats Urach, zu dem sie bis zur Reformation gehörte. Danach unterstand sie dem Dekanat Kirchheim und ab 1586 dem neu errichteten Dekanat Neuffen (bis 1826). Das Patronatsrecht gehörte 1526 nachweislich Württemberg und verblieb in dessen Verfügungsgewalt. Mit Württemberg wurde dann auch Großbettlingen reformiert. Das Andreaspatrozinium der Pfarrkirche ist erstmals für 1544 nachweisbar. Die Pfarrkirche hat ihre Ursprünge im Hochmittelalter, da bei Umbauten 1985/86 unter anderem Scherben aus dem 11.–13. Jahrhundert gefunden wurden. Im Jahr 1497 wurde mit dem Neubau der Kirche begonnen. Das Netzrippengewölbe des im Spitzbogen geöffneten Chors ruht auf Konsolen, die mit Brustbildern von Aposteln geschmückt sind. Die Schlusssteine aus der Zeit um 1520 zeigen über einem Wappenschild den Kirchenheiligen Andreas und die Muttergottes. Die Kirche hatte ursprünglich einen wehrhafteren Charakter als heute. Ein Pfarrhaus wurde nachweislich vor 1536 erbaut. Eine erste Nachricht über das Schulwesen liegt mit der Erwähnung eines Schulmeisters für 1582 vor. Zunächst nur sonn- und feiertags (1684), wurde die Sommerschule erst nachweislich 1693 durchgehend gehalten. Die Schülerzahl stieg von 21 im Jahr 1601 auf 39 (1654), danach auf 49 (1745) um schließlich 59 (Winterschule) beziehungsweise 51 (Sommerschule) zu betragen (1802). Das für 1660 nachweisbare Schulhaus wurde 1675 durch einen Neubau ersetzt. Das Schiff und der dreiseitig geschlossener Chor der evangelischen Pfarrkirche mit maßwerkverzierten Spitzbogenfenstern. Die ganze Nordseite 1899 stark restauriert. Katholisch zu Frickenhausen.
Patrozinium: Hl. Andreas
Ersterwähnung: 1544

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