Neidlingen - Altgemeinde~Teilort 

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Typauswahl: Ortsteil – Historisches Ortslexikon
Typ: Teilort
Ersterwähnung: 0796 [Kopialüberlieferung 12. Jahrhundert]

Ortslage und Siedlung
(bis 1970):
Funde der Jungsteinzeit auf den Seeäckern deuten auf sehr frühe Besiedlung des Lindachtals hin. Auf dem Butzenberg lag wohl eine kleine Befestigung der Bronzezeit, auf dem Erkenberg eine größere der Hallstattzeit; zu erwähnen ist auch der Fund einer kleinen, wohl keltischen Pferdestatuette in der Heimensteinhöhle. Auf römische Zeit dürfte die Straßentrasse zurückgehen, die das Tal durchzieht. Während bei Hepsisau ein römischer Gutshof lag, bleibt ein solcher in Flur Maurach unsicher. Der Ortsname enthält den Personennamen »Nidilo«. Obwohl keine Reihengräber bekannt sind, geht der Ort zweifellos auf die Merowingerzeit zurück und hat sich aus mehreren Siedlungskernen an Seebach und Lindach entwickelt. 1730 bestand der Ort aus rund 130 Gebäuden. Von Bedeutung war stets die Straße über Wiesensteig nach Ulm, für die im Spätmittelalter eine neue Steige angelegt wurde und an der Zoll erhoben wurde. Der von Steilhängen des Albtraufs umgebene Ort im Obersten Lindachtal hat noch Fachwerkhäuser des 16./18. Jahrhunderts, z.T. verputzt. Das Rathaus von 1555 wurde 1760 umgebaut. Bauliche Wachstumsspitzen entstanden 1955 (Gottlieb-Stoll-Straße), 1965 (Seestraße, Hofstraße, »Leerwasen«) und 1970 (»Schloßgärten«). Am westlichen Ortsausgang Gewerbeniederlassung seit 1952.
Historische Namensformen:
  • villa Nitlinga 0796 [Kopialüberlieferung 12. Jahrhundert]
Geschichte: Für das Frühmittelalter ist zu erschließen, dass der Ort zum Neckargau zählte. 796/97 erhielt hier Kloster Lorsch zwei Bauerngüter und Leibeigene, 861 das Stift Wiesensteig einen Leibeigenen. Die Herrschaftsträger bleiben jedoch im Dunkeln, bis seit dem 11. Jahrhundert die auf der Limburg residierenden Bertholde (die späteren Zähringer) als Inhaber der hoheitlichen Gewalt gelten können. Bis ins 14. Jahrhundert dürfte der Ort Teil der zu Weilheim gehörenden Herrschaft gewesen sein. Für Herrschaftsrechte der Teckherzöge gibt es dagegen kaum Anhaltspunkte, vielmehr scheinen nach den Zähringern seit Anfang des 13. Jahrhunderts die Grafen von Aichelberg die Herrschaft ausgeübt zu haben; im Ort selbst verfügten die Herren von Neidlingen über Rechte. Diese seit 1257 genannte und um 1436 ausgestorbene Familie zählte bis ins 14. Jahrhundert zum Gefolge der Herzöge von Teck und dürfte ursprünglich edelfrei gewesen sein. Sie verfügte über weit gestreuten Besitz und war häufig im Domkapitel Augsburg vertreten. Um 1300 spalteten sich die Linien Randeck und Lichteneck ab. Bald darauf verließ die Familie den Ort und saß nun auf der Sulzburg in Unterlenningen. Ähnlich wie in Weilheim, aber nicht mit diesem gemeinsam, dürfte die hohe Obrigkeit von den Aichelbergern – vielleicht erst nach 1352 – an Württemberg gelangt sein. Unmittelbar danach wurde die Herrschaft wohl – wiederum wie in Weilheim – an die Herren von Lichtenstein verpfändet, die 1385 hier saßen und über Eheverbindungen zu den Herren von Neidlingen Ansprüche geltend machen konnten. Die niederen Herrschaftsrechte waren vermutlich noch zu dieser Zeit Zubehör der Stadtherrschaft Weilheim und damit nun in der Hand der Herren von Lichtenstein. Nach dem Tod des Hans von Lichtenstein 1419 wurde der Besitz unter seinen Kindern aufgeteilt. Über diesen Erbweg wurden Dietrich Speth, Heinrich von Mannsberg und Peter von Liebenstein zu Ortsherren, denen es 1431 gelang, durch kaiserliches Privileg die Gerichtsbarkeit zu erlangen. Damit war die herrschaftliche Trennung von Weilheim vollzogen. 1432 kaufte Hans von Wernau die württembergische Pfandschaft Weilheim samt Neidlingen, letzteren Ort gab er mit obrigkeitlichen Rechten wenig später an seinen Schwager Dietrich Speth weiter, dem er 1438 auch den Reußenstein verkaufte. Württemberg konnte sich bis auf die Forsthoheit nicht mehr durchsetzen, die Herrschaft blieb – seit 1477 um Ochsenwang erweitert – bei den Speth und ihren Erben, bis sie 1555 Eberhard von Freyberg kaufte. Freyberg vollendete die faktisch bestehende herrschaftliche Unmittelbarkeit mit dem 1551 vom Kaiser verliehenen Blutbann. 1563 und 1584 gab es unter freybergischer Herrschaft Hexenverfolgungen. 1587 gab Leo von Freyberg die Herrschaft nach seinem Übertritt zum evangelischen Glauben unter wirtschaftlichem Zwang an Württemberg und erhielt sie als Lehen zurück. Zudem setzte er Württemberg als Erben der Herrschaft ein, die nach seinem Tod und einem Vergleich 1597 endgültig an das Herzogtum kam. 1605 wurde die Herrschaft vom Amt Kirchheim getrennt und erlangte 1618 das Landstandsrecht. Für Württemberg war die Neuerwerbung Verfügungsmasse. 1604 bis 1606 war der Goldmacher Hans Heinrich von Mühlenfels Träger des Lehens, nach dessen Hinrichtung wurde es eingezogen. 1633 bis 1636 war der württembergische Kanzler Jakob Löffler Inhaber der Herrschaft, bevor sie vom Reich eingezogen und 1637 vom Kaiser an Bartholomäus von Richel, bayerischer Vizekanzler, verliehen wurde. 1649 folgte die Restitution der württembergischen Hoheit. Der Herzog belehnte nun Konrad Widerholt. Nach dessen Tod 1667 wurde sie zum Kammerschreibereigut eingezogen und blieb selbständige Vogtei, bis sie 1807 zum Amt Wiesensteig, 1810 zum Oberamt Kirchheim kam. Die Grundherrschaft blieb stets weitgehend geschlossen in der Hand der Ortsherren. 1551 handelte es sich um elf Lehengüter, 1641 sind zehn Höfe genannt; dazu kamen eine Mühle und die Badstube. Der herrschaftliche Fischweiher am Seebach wurde 1623 trockengelegt. Die bis 1652 offenbar ungeteilten Höfe wurden von Konrad Widerholt zu Trägereien gemacht. Die Ortsherren verfügten auch über umfangreiches Eigengut, etwa die Schäferei und Weiderechte. Der Zehnt und die Hälfte der oberen Mühle standen seit 1430 dem Heiligen beziehungsweise dem Armenkasten Weilheim zu, lediglich der Weinzehnt war zwischen Armenkasten und Herrschaft geteilt. 1553 ist die Zehntscheuer des Armenkastens genannt, die 1776 an anderer Stelle neu gebaut wurde. Entsprechend der starken Stellung der Ortsherren bildete sich die Eigenständigkeit der Gemeinde nur zögerlich aus, im 16. Jahrhundert musste sie Kredite für den Ortsherrn aufnehmen. Das Gericht, 1431 verliehen, wurde vom Ortsherrn eingesetzt. Der herrschaftliche Schultheiß fungierte zugleich als Amtmann beziehungsweise Vogt. Den zwölf Richtern stand – 1650 genannt – ein gleich großer Rat zur Seite. Erst 1555 errichtete die Herrschaft ein Rathaus, dessen Baulast auch nach dem Neubau 1761 stets beim Landesherrn blieb; in beiden Rathäusern war zudem die herrschaftliche Kelter untergebracht. 1603 ist das Gemeindesiegel mit dem Buchstaben »N« belegt, das abgewandelt noch heute verwendet wird. Zu einer Stärkung der Kommune führte die Wahrnehmung des Landstandsrechts seit dem 17. Jahrhundert; damit zusammenhängend wurden auch Amtsversammlungen der Vogtei abgehalten. Im Mittelalter gab es im Ort zwei Herrensitze, die vermutlich im 13. Jahrhundert errichtet worden waren. Einer lag »Im Hof« am Seebach, der andere, wohl jüngere, südlich der heutigen Kirche im Oberdorf beim Pfarrgarten in der Nähe des alten Fronhofs. Beide waren Wasserburgen, die jüngere wurde wahrscheinlich 1517 zerstört. 150 Meter nördlich dieser Burg errichteten daraufhin Dietrich Speth beziehungsweise Wilhelm Fetzer bis 1536 ein vierflügeliges Wasserschloss, das, bestens erhalten, von der Gemeinde 1821–26 abgetragen wurde. Bis in jüngste Zeit wurde auf dem Butzenberg, auch Lichtenstein genannt, eine Burg vermutet. Der Name Lichtenstein geht jedoch auf die Ortsherren zurück, die hier Weinberge besaßen; der Familienname ging auf die Güter über, eine Burg gab es nicht. Erdbewegungen im 20. Jahrhundert haben den Zustand des kleinen Bergkegels sehr verändert, allerdings ist hier eine Befestigung der Hügelgräberbronzezeit (circa 1200 vor Christus) zu vermuten. 1807 kam Neidlingen zum Oberamt Wiesensteig, 1810 Oberamt Kirchheim, 1938 Landkreis Nürtingen.
Wirtschaft und Bevölkerung: 1601 zählte der Ort 660 Einwohner, davon waren rund die Hälfte Kinder. Vor allem durch Flucht während des Krieges sank die Einwohnerzahl bis 1650 auf rund 300, stieg aber bis 1654 wieder auf 463 an. Erst seit Mitte des 18. Jahrhunderts wuchs die Einwohnerschaft auf über 700. Nur rund ein Drittel der 1730 rund 900 Hektar umfassenden Markung war als Ackerland nutzbar. Den größten Anteil bildeten Wälder und Weiden, der Weinbau war 1730 auf 37 Morgen zurückgegangen. Neu verliehen wurde das Marktrecht 1710. Von Bedeutung für den Ort war der Verkehr mit Augsburg und Ulm: Schweine, Vieh, Schnecken, aber auch Kleinwaren, Obst und Futter wurden gehandelt, nicht zuletzt auch das bis 1759 frei gehandelte Salz. Neben den üblichen Handwerkern und zwei Mühlen sind Salpetersieder, zwei Ziegler, ein Viehhändler und im 18. Jahrhundert Chirurgen genannt.

Name: Burg Neidlingen (»Im Hof«) - Burg Neidlingen (Oberdorf) - Wasserschloss (1536)

Ersterwähnung: 1275
Kirche und Schule: Der Sprengel der zum Dekanat Owen beziehungsweise Kirchheim zählenden Pfarrkirche Sankt Albanus (das Patrozinium wird erst 1609 genannt) war auf den Ort beschränkt, einzige Filialgemeinde war Randeck sowie im Mittelalter der Reußenstein. Das Präsentationsrecht gehörte seit 1430 dem Heiligen zu Weilheim, die Nomination lag beim Ortsherrn. Vor 1419 stifteten die Ortsherren einen Altar für den Evangelisten Johannes, an dem die Reichsstadt Esslingen den Priester zu nominieren hatte. 1508 ist ein Marienaltar genannt. 1539 wurde die Johanneskaplanei aufgehoben. Ursprünglich stand die Kirche beim heutigen Friedhof, bevor sie 1746 nach Plänen von Johannes Rothacker im Schlossgarten neu erbaut wurde. Eine Kapelle (1626 genannt) gab es mitten im Ort beim Amtshaus. 1590 wurde die Reformation eingeführt. Ein Schulhaus ist 1576 genannt, 1605 wurden rund 50 Kinder unterrichtet. Als 1598 ein neues Pfarrhaus errichtet wurde, zog die Schule ins alte Pfarrhaus ein, das 1715/16 renoviert wurde. Evangelische Pfarrkirche von 1746 mit einfachem Rechtecksaal mit dreiseitigem Schluss und quadratischem Turm an der nördlichen Schmalseite. Katholisch zu Weilheim an der Teck.
Patrozinium: St. Albanus
Ersterwähnung: 1609
Jüdische Gemeinde: Der Ort war 1598 kurz Sitz einer italienisch-jüdischen Handelskompagnie.

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