Notzingen - Altgemeinde~Teilort 

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Typauswahl: Ortsteil – Historisches Ortslexikon
Typ: Teilort
Ersterwähnung: 1077 [1077/78]

Ortslage und Siedlung
(bis 1970):
Ein jungsteinzeitlicher Fund, eine Feuerstein-Pfeilspitze aus der Zeit von 2500 bis 1800 vor Christus, wurde am westlichen Ortsende in Richtung Freitagshof gefunden. Hinweise auf eine frühe alemannische Besiedlung (Personenname »Nozo«) geben das Reihengräberfeld an der Hochdorfer Straße sowie der Fund eines Langschwertes und eines Schildbuckels. Das ursprüngliche Dorf lag wohl in der Gegend um den früheren Gasthof Hirsch. Östlich von Wellingen existierte die verschwundene Siedlung Slichingen oder Schleichingen, die 1324 urkundlich erwähnt ist. 1492 tauchte der Hof letztmals im Lagerbuch des Klosters Kirchheim auf; der Flurname Schleichinger am Kreuzbach erinnert an die untergegangene Siedlung. Beiderseits des Bodenbachs wächst der Ort an den Hängen hinauf. Neue Wohnsiedlungen liegen im Osten in den Gewannen »Fürhaupt« (1950/65) und »Brühl« (1974/77), im Norden im Gewann »Hülben«, im Süden im Gewann »Wertwiesen« (beide 1965) sowie im Westen im Gewann »Hofäcker« (1966/70). Ein Gewerbegebiet wurde 1971/75 an der Ötlinger Straße im Westen angelegt.
Historische Namensformen:
  • Nozingen 1077 [Kopialüberlieferung 16. Jahrhundert]
  • Nocingen
Geschichte: Die Zwiefalter Chronik erwähnt einen Ort Notzingen, den Kaiser Heinrich IV. 1077/78 dem Grafen Liutold von Achalm entzogen habe. Die Identifikation der Nennung mit Notzingen ist jedoch nicht zweifelsfrei, es könnte sich auch um Nenzingen (Gemeinde Orsingen-Nenzingen, Konstanz) handeln, zumal in dessen Nähe ein abgegangener Ort Bächlingen lag. Im 12. Jahrhundert gehörte Notzingen zum Herrschaftsbereich der Zähringer und dann der Herzöge von Teck. Die Grafen von Württemberg erwarben die Herrschaft über Notzingen zwischen 1304 und 1329 zusammen mit der Stadt Kirchheim und ordneten es dem Amt Kirchheim zu. Die Ortsherrschaft lag in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts in den Händen der Brüder Adelbero, Konrad und Berthold von Notzingen (»Nocingen«). 1258 tauchten Alwer und Diethoh von Kirchheim erstmals als Zeugen eines Vertrags zwischen Ulrich von Württemberg, Ludwig von Teck und Heinrich von Neuffen in Kirchheim auf. Schon 1274 bezeugten »Alwere von Dummenowe« und sein Sohn »Henzelin« ein Geschäft zwischen Zutelmann von Nürtingen und dem Kloster Kirchheim und benannten sich nach der von ihnen in Notzingen besessenen Burg als Alwer von Tumnau. Mit Aussterben der Alwer gelangte die Ortsherrschaft um 1359 an die Rüß (Reuß) aus Kirchheim. Vor 1436 erwarb Heinrich Speth von Sulzburg die Rechte und benannte sich zur Unterscheidung von der Sulzburger Linie in Speth von Tumnau um. Mit dem Verkauf von Burgstall und Zehntrechten 1541 an die Gemeinde endete die Herrschaft der Speth von Tumnau. Die Grundrechte an einem Viertel der Gemarkung gehörten zur Burg Tumnau, die übrigen Bezugsrechte seit Beginn des 14. Jahrhunderts größtenteils Adligen aus der Umgebung, wie den Herren von Hüningen, von Neidlingen, von Weißenstein, von Zillenhart und den Grafen von Württemberg. Ältere Grundrechte besaßen seit dem 12. Jahrhundert geistliche Institutionen wie die Klöster Sankt Peter im Schwarzwald, Bebenhausen, Adelberg, die Kartause Güterstein bei Urach, das Frauenkloster Kirchheim mit fünf Lehenhöfen und das Spital Kirchheim. Der gesamte kirchliche Besitz ging nach der Reformation 1535 an die Herzöge von Württemberg. Der große und der kleine Zehnt wurde aus den Zelgen gegen Steinbach (auf Herlen), gegen Hochdorf (Reydern-Ösch) und gegen Kirchheim (Döbelhaldenösch) erhoben. Die erste Zehntscheuer in der Wellinger Straße erbaute die Kartause Güterstein. Um 1760 entstand der 2006 sanierte Neubau an derselben Stelle. Allerdings gab es in Notzingen kein Gericht, der Ort unterstand bis ins 18. Jahrhundert dem Gericht der Stadt Kirchheim. 1555 wurde Notzingen Stabsort und erließ Ortsstatuten. Die Gemeindeverwaltung erfolgte gemeinsam mit Wellingen nur die Rechnungsführung war getrennt. Das heutige Notzinger Ortswappen ist seit 1759 als Gemeindesiegel bekannt. Notzingen gehörte bis 1938 zum Oberamt Kirchheim.
Wirtschaft und Bevölkerung: Eine erste Berechnung der Einwohnerzahl ist für 1544/45 möglich: 238 Personen lebten in beiden Gemeinden. Bis 1617 wuchs die Einwohnerzahl auf 650 Personen an. Der 30-jährige Krieg forderte seinen Blutzoll, 1655 führten die Steuerberichte nur noch 41 Bürger, also rund 180 Einwohner auf. Erst 1783 erreichte die Einwohnerzahl wieder den Stand von 568 Personen (1803: 631 Einwohner). 1544/45 besaßen knapp 15 Prozent der Einwohner weniger als 20 Gulden und 31 Prozent gehörten zur gehobenen Unterschicht mit einem Vermögen zwischen 20 und 100 Gulden. Die meisten Einwohner, 49 Prozent, wurden der Mittelschicht mit Vermögen zwischen 100 und 500 Gulden zugerechnet und nur knapp 5 Prozent besaßen zwischen 500 und 1000 Gulden. Mehr als die Hälfte der Einwohner, 54 Prozent, gehörten zur Mittelschicht, der Rest der Einwohner zur Unterschicht. Die Bevölkerung war nicht unvermögend, ein Zustand, der bis ins 19. Jahrhundert anhielt. Auf der Gemarkung wurde überwiegend Landwirtschaft mit Getreide, Waldwirtschaft und Weinbau betrieben. Die Gemeinde kaufte 1541 die herrschaftliche Kelter. Die Handweberei als Zusatzverdienst tauchte im 18. Jahrhundert auf. Die ältesten Wirtschaften waren Hirsch, Ochsen und das Lamm in Wellingen.

Name: Burg Tumnau
Datum der Ersterwähnung: 1274

Ersterwähnung: 1360 [um]
Kirche und Schule: Kirchlich gehörten beide Orte in die Martinskirche Kirchheim. In Notzingen ist um 1360 eine Filialkapelle der Kirchheimer Martinskirche erwähnt. Im Ort wohnte ein Kaplan, der von den Burgherren ernannt und vom Kirchheimer Pfarrherrn bestätigt werden musste. Die Reformation erfolgte 1534 von Kirchheim aus. 1580 hatten Diakon und Subdiakon von Kirchheim auch Notzingen und Wellingen zu betreuen. Eine selbständige Pfarrei war um 1700 geplant, scheiterte aber an der schlechten Finanzlage der Gemeinde. Die Kapelle war 1556 in so schlechtem baulichem Zustand, dass Herzog Christoph einen Zuschuss gewährte. Um 1620 konnte das Gebäude erweitert werden. Dieser Bau wurde Anfang des 19. Jahrhunderts für die Bevölkerung zu klein. 1559 erhielt der Mesner für die Bereitstellung des Schulraums Beiträge aus jeder Familie, also fand bereits Schulunterricht statt. Später unterrichtete der jeweilige Lehrer in seiner Wohnung, bis 1669 die Schule im Rathaus eingerichtet wurde, das bis dahin Kaplaneihaus gewesen war. Der erste Lehrer wurde 1654 erwähnt, er war damals schon 18 Jahre im Amt. Seit etwa 1750 unterstützte ein Provisor den Lehrer. Kirchlich bis zur Errichtung einer selbständigen Pfarrei 1824 in die Pfarrei Kirchheim. Die evangelische Pfarrkirche, 1833 anstelle der Vorgängerkirche von 1620 neu erbaut, ein flachgedeckter Saalbau, 1905 Turm angefügt. Emporenbilder von 1710 mit Szenen aus dem Alten und Neuen Testament, aus der van Dyk-Schule, von der Herzogin Henriette gestiftet. Katholisch nach Kirchheim (St. Ulrich) eingepfarrt.

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