Grötzingen - Altgemeinde~Teilort 

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Typauswahl: Ortsteil – Historisches Ortslexikon
Typ: Teilort
Ersterwähnung: 1075

Ortslage und Siedlung
(bis 1970):
Grötzingen (Personenname Grazzo) ist eine spätmittelalterliche Gründung, die ein älteres gleichnamiges Dorf ersetzte. Der Flurname Altgrötzinger Tal verweist auf die Lage der vorstädtischen Siedlung auf der Filderhöhe in einer Senke zwischen Harthausen und Wolfschlugen, in der Mitte der Markung. Die Stadt war von einer annähernd quadratischen Stadtmauer umgeben, an deren Südwestseite sich die Burg befand, durch eine Brücke über den Stadtgraben mit ihr verbunden. Dendrochronologische Untersuchungen an einem Element dieser Brücke weisen auf die Zeit um 1272 hin. Die Burg entstand also vor oder mit den ersten städtischen Bauten. Direkt anschließend entstanden weitere herrschaftliche Gebäude, die Kirche und die Kelter. Die Ostseite der Kirche weist zum Marktplatz mit Rathaus hin. Zehntscheuern verschiedener Herrschaftsträger, Pfründhäuser und öffentliche Gebäude (Kaufhaus 1483) gaben der Siedlung ein kleinstädtisches Gepräge. Ab dem Verkauf an Württemberg und spätestens im 16. Jahrhundert verlor Grötzingen an Bedeutung. 1526 wurde der Stadtgraben in Parzellen an die Bürger verliehen und ein herrschaftlicher Garten als Burgstall bezeichnet. Ob der Flurname »Nydlingen« (1483) auf eine Wüstung hinweist, ist ungeklärt. Von der mittelalterlichen Stadtbefestigung sind malerische Reste erhalten; der Hügel der ehemaligen Wasserburg im Südwesten zwischen dem Stadtgraben und der Aich wurde 1952 nahezu verebnet. Die gotische evangelische Pfarrkirche St. Otmar stammt, offenbar auf Fundamenten des 13. Jahrhunderts, aus der Mitte des 15. Jahrhunderts, wurde aber im 19. und 20. Jahrhundert stark verändert. Im Ortskern sind alte Fachwerkhäuser, z.T. verputzt, erhalten. Einem Großbrand von 1845 fielen 13 Gebäude um die Kirche zum Opfer, darunter das Rathaus von 1594. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich der Ort an den Hängen im Osten und Westen sowie im Nordwesten auf die Filderhochfläche ausgedehnt. Bereits 1948 wurde die Schönblicksiedlung errichtet, 1963/69 folgten neue Wohngebiete in den Bereichen »Siechenwiesen«, »Lepperwiesen«, nördlich der Schillerstraße, westliche Goethestraße und 1971/72 »Hoher Rain«, »Unterer Engelmann«. Die Bebauung besteht überwiegend aus Ein- und Zweifamilienhäusern. An der Waldenbucher Straße ließ sich Industrie nieder.
Historische Namensformen:
  • ad Gretzingan 1075
  • Grecingen 1134
  • Grezzingen
Geschichte: Das Dorf Grötzingen wird in einer auf 1075 datierten Urkunde Heinrichs IV. erstmals erwähnt, in der dem Kloster Hirsau Besitz »ad Gretzingan« bestätigt wird. Im Hirsauer Codex werden mit Rupert von Grötzingen und seinem Sohn Udalricus Vertreter des Ortsadels genannt. 1181 und 1191 erscheint ein Walther von Grötzingen als Zeuge in Urkunden Kaiser Friedrichs I. und Pfalzgraf Rudolfs von Tübingen. Der letzte bekannte Vertreter des Geschlechts ist ein »H. nobilis de Grezzingen« (1270). Ihm folgten als Ortsherren Diepold I. von Bernhausen und sein Sohn Diepold II., genannt von Grötzingen. Vermutlich nach der Mitte des 13. Jahrhunderts wurde mit der Errichtung von Burg, Kirche und Siedlung am neuen Standort begonnen. Der 1286 verstorbene Diepold I. wurde dort in der Pfarrkirche bestattet. Im Urbar des Esslinger Spitals von 1304 wurde Grötzingen erstmals als »civitas« bezeichnet. Die Gründung darf als Stützpunkt gegen das nahe württembergische Nürtingen und damit als Teil der Politik König Rudolfs I. gegen die Grafen von Württemberg angesehen werden. Von 1333 bis 1337 erwarb Graf Ulrich III. von Württemberg nach und nach Grötzingen, zu Beginn noch zusammen mit Graf Rudolf von Hohenberg. Neben den Grafen von Württemberg hatten auch das Esslinger Spital, Kloster Salem, das Kirchheimer Spital und Esslinger Bürger Besitz. Es gab drei größere Höfe: den Widumhof, der dem Kirchheimer Spital und der Universität Tübingen (in Nachfolge des Stifts Sindelfingen) gehörte, den Oberen Hof in Besitz des Spitals Kirchheim und ein Lehengut der Hohenberger. Die übrigen Güter waren kleinteilig auf die Bürgerschaft verteilt. 1483 erhielt Elisabeth, Markgräfin von Brandenburg und Gattin Graf Eberhards II. Grötzingen als Morgengabe. Um die Zeit der Stadtgründung benennt eine Urkunde einen »H., ministrum de Grecingen« (1280), 1334 wird ein Schultheiß erwähnt. Anlässlich der Stiftung der Frühmesspfründe 1375 werden auch Mitglieder von Gericht und Rat genannt, daneben gab es zwei Bürgermeister sowie weitere Gemeindebeamte. Bis ins 16. Jahrhundert war Grötzingen Mittelpunkt eines württembergischen Amtes, dann Teil des Amtes Nürtingen. Eine Lateinschule ist 1526 erwähnt, seit der Reformation zugleich, seit dem 17. Jahrhundert nur noch Volksschule.
Ersterwähnung als Stadt: 1304
Wirtschaft und Bevölkerung: 1542 lassen sich 111 steuerpflichtige Personen mit der Türkenschatzung belegen. Die Visitationsakten des 17. Jahrhunderts weisen beträchtliche Schwankungen auf (1622: 400 Erwachsene und 130 Jugendliche; 1645: 10 Erwachsene und 40 Jugendliche), die sich durch den 30-jährigen Krieg und Pestfälle begründen, aber auch auf kurzfristige Zu- und Abwanderung aus/in die umliegenden Orte zurückgehen dürften. So war der Pestausbruch 1635 besonders heftig, nachdem Einwohner von Neckartailfingen in der Stadt Schutz vor Überfällen gesucht hatten. In den beiden folgenden Jahrhunderten stabilisierten sich die Zahlen und stiegen kontinuierlich von circa 450 Einwohnern (1703: 454 Einwohner.) auf über 800 (1803: 845 Einwohner). Die Stadt Grötzingen wurde 1383 zum Schönbuch-Unteramt gerechnet. Die Bürger waren zur Nutzung von Holz und Weide berechtigt. 1585 finden sich in diesem Zusammenhang auch detaillierte Angaben über Sonderrechte von Handwerkern, der Badstube und der Ziegelhütte. Schon 1383 belegt eine Bemerkung im Schönbuchurbar den öffentlichen Weinverkauf in Grötzingen und weist damit auf die Funktion als Regionalmarkt hin. Grötzingen hat auch eine eigene Maßeinheit. Der Jahrmarkt »uff Othmary« wird erst 1526 erwähnt. Die Bedeutung des Weinbaus wird aus der Existenz einer herrschaftlichen Kelter mit zwei Kelterbäumen deutlich, deren Erhaltungskosten zwischen Stadt und Herrschaft aufgeteilt waren. In der Stadt gab es zwei Mühlen, in die die Einwohner von Grötzingen, Neckartailfingen und Wolfschlugen gebannt waren. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts lassen sich auch eine Metzelbank und eine Ziegelhütte nachweisen. Auch Schneider und Weber gab es am Ort, dennoch beherrschte die Landwirtschaft das wirtschaftliche Leben. Mitte des 18. Jahrhunderts gab es Versuche zur Seidenraupenzucht in Nürtingen. In Grötzingen wurden dazu Maulbeerbäume kultiviert, jedoch mit geringem Erfolg.

Name: Burg Grötzingen (Wasserburg).

Ersterwähnung: 1280
Kirche und Schule: Grötzingen war ursprünglich eine Filiale der Martinskirche in Neckartailfingen und gehörte zum Dekanat Urach. Die gotische Pfarrkirche aus dem 15. Jahrhundert steht auf Fundamenten aus dem 13. Jahrhundert. 1280 wurde die Kirche erstmals genannt. Kirchenheiliger ist der Heilige Otmar (Markt »uff Othmary«). 1301 wird ein Kaplan (Heinrich) am Sankt Michaelsaltar genannt, der später auch als Katharinenaltar bezeichnet wurde. Am 8. August 1375 erfolgte die Stiftung der Sankt Nikolauspfründe für eine Frühmesse zu Grötzingen. Mit dieser Stiftung dürfte wohl auch die Erhebung zur Pfarrkirche einhergegangen sein. Zehnt und Patronat wurden 1448 durch Württemberg vom Stift Sindelfingen an das Spital in Kirchheim übertragen. Die endgültige kirchliche Lösung von Neckartailfingen erfolgte aber erst 1455, nachdem es zum Streit zwischen dem Sindelfinger Stift und dem Kirchheimer Spital über die Zehntrechte gekommen war. 1455 stifteten Schultheiß und Gemeinde eine Messpfründe in der außerhalb von Grötzingen gelegenen Heiligen Kreuzkapelle mit zwei Altären. Der obere Altar war den 11 000 Jungfrauen, Sankt Dorothea und Sankt Christoph gewidmet und 1420 eingeweiht worden, der untere Altar Unserer Lieben Frau und Heiligkreuz, Sankt Leonhard, Sankt Bernhard, Sankt Barbara. Das Spital in Kirchheim verlieh schließlich die Pfarrpfründe, alle übrigen Württemberg. Der Zehnt wurde zwischen dem Spital in Kirchheim und der 1477 gegründeten Universität Tübingen (in Nachfolge des Stifts Sindelfingen) geteilt. 1476 wird ein Beginenkloster genannt. Durch das enge Verhältnis des Pfarrers Georg Binder zu Herzog Ulrich wurde 1534 sehr rasch die Reformation eingeführt. Die Visitationsakten von 1534 zeigen eine reich ausgestattete Kirchengemeinde. 1526 wurde erstmals ein Lehrer genannt. Als Schulhaus wurde ab 1539 das Pfründhaus der Sankt Michaels-Kaplanei genutzt. Ab 1556 diente das Haus der Nikolauspfründe dafür. Bis 1558 waren die Lehrer zugleich Stadtschreiber, später auch noch Mesner. Im 17. Jahrhundert besuchten etwas mehr Jungen als Mädchen die Schule, im Verlauf des 18. Jahrhunderts glich sich das Geschlechterverhältnis an. Die evangelische Pfarrkirche wurde im 19. und 20 Jahrhundert stark verändert. Die Feldkapelle zum Hl. Kreuz, südlich auf den Kreuzwiesen, genannt seit 1420, wurde 1556 abgebrochen. Katholische Pfarrei zu Unserer lieben Frau seit 1961.
Patrozinium: St. Otmar
Ersterwähnung: 1280

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