Franziskanerinnenkloster Gorheim 

Ortsbezüge:
Baujahr/Gründung: 1347 [1347]
Zerstörung/Aufhebung: 1782 [1782]
Beschreibung: Die Klause bei der Kapelle St. Michael, einer Filiale der Kirche von Laiz, ist erstmals 1347 nachgewiesen. Am 13. April desselben Jahres verzichteten Berthold der Weibel von Sigmaringen und die Kinder des Müllers selig von Gorheim auf ihre Ansprüche an der Klause. Am 30. Mai übergab Konrad von Reischach, Kirchherr zu Laiz, die Klause an Lutgard und Bethuna, Töchter des zuvor genannten Müllers von Gorheim und des Weibels von Sigmaringen. Er gestattete ihnen, bauliche Veränderungen vorzunehmen und einen Weg zur Kapelle anzulegen. Die beiden Klausnerinnen sollten auch die Einkünfte der Kapelle verwalten und für Bücher, "Kelche" und "Lichter" zuständig sein. 1349 erhielten sie ein Haus in der Nähe von einer Klausnerin namens Luitgart geschenkt. 1385 wurde ein neuer Altar auf der rechten Seite des Chores konsekriert, für den die Schwestern 1394 mit Hilfe eines Wohltäters eine Kaplaneipfründe errichteten. Mittlerweile hatte sich die kleine Gemeinschaft erweitert und eine Organisationsform angenommen, die nicht selten bei Klausen des ausgehenden 14. Jh. anzutreffen ist: so genannte Besorgerinnen (Procuratrices) waren für die äußeren Geschäfte zuständig, während die eingeschlossenen "Inklusinnen" ein mehr kontemplatives Gebetsleben führten. Seit wann die Klause nach der Regel des franziskanischen Dritten Ordens lebte, ist nicht mehr auszumachen. Belege liegen dafür erst im 15. Jh. vor. Betreut wurden die Schwestern vom zuständigen Pfarrer in Laiz und von den Franziskanern aus Überlingen. 1442-1445 erging an den Pfarrer von Laiz die Aufforderung des Ordinariats Konstanz, die Franziskaner nicht am Beichthören zu hindern. Trotz der allgemeinen Krise der oberdeutschen Konventualen blieb die Klause als Franziskaner-Terziarinnenkloster in der Neuzeit weiter bestehen. Die oberdeutsche Minoritenprovinz hatte sich unter ihrem Provinzial Johann Ludwig a Musis (1628-1631, 1639-1642) so weit stabilisiert, dass auch an eine Reform der Terziarinnenklöster im Sinne der von Papst Urban VIII. im Jahr 1628 bestätigten Konstitutionen gedacht werden konnte. 1631 wurden die neuen Provinzsatzungen in Gorheim eingeführt. Durch sie wurde das Leben im Kloster dem Leben der Konventualen möglichst angeglichen. Jeglicher Eigenbesitz wurde verboten und das gemeinschaftliche Leben im Geist der franziskanischen Armut geregelt. Da die materiellen Ressourcen nicht ausreichten, wurde im Fall von Gorheim ausdrücklich auf die Klausur verzichtet. Aus den gleichen Gründen verpflichtete man die Schwestern auch nicht zum Chordienst. Für die Ablegung der Profess war ein einjähriges Noviziat unter einer Novizenmeisterin erforderlich. Die Wirtschaftsführung sollte einer Schaffnerin übertragen werden. 1663 erhielten die Klöster Gorheim und Laiz einen gemeinsamen Beichtvater aus dem Franziskanerkloster Überlingen, für die Visitation war der Provinzial zuständig. Die Klostergebäude hatten durch den 30-jährigen Krieg Schaden gelitten. Um das Sammeln von Spenden für den geplanten Neubau zu fördern, stellte Fürst Maximilian von Sigmaringen am 16. September 1682 ein Empfehlungsschreiben aus. 1683 wurde mit dem Abbruch der alten Gebäude begonnen und der Sigmaringer Baumeister Hans Dürrheimer mit dem Neubau von Kloster und Kirche beauftragt. 1688 konnte die neue Kirche von Weihbischof Johann Wolfgang von Bodmann konsekriert werden. 1725 wurde das Kloster mit einer Mauer umgeben, 1728 kam ein eigener Friedhof hinzu. 1769 lebten 16 Chorfrauen und zwei Laienschwestern im Kloster. Mit Ausnahme der Laienschwestern befolgten einige die strenge Klausur. Die Aufhebung der beiden hohenzollerschen Klöster Gorheim und Laiz im Jahre 1782 traf die Schwestern wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Sie war die Folge der habsburgischen Politik gegenüber dem Fürstentum Hohenzollern - Sigmaringen, das formell als Lehen Österreichs galt und infolgedessen nach österreichischer Auffassung der habsburgischen Landesherrschaft unterstellt war. Die Anwendung der josephinischen Dekrete zur Aufhebung der Klöster war ein willkommenes Mittel zur Durchsetzung dieser Ansprüche. Die Aufhebung von Gorheim wurde vom österreichischen Kommissar Sebastian Biermann, Oberamtmann von Stockach, gemäß dem Aufhebungsdekret Kaiser Josephs II. vom 12. Januar 1782 durchgeführt. Der Besitz wurde eingezogen und die Einkünfte dem österreichischen Religionsfonds zugewiesen. Daraus sollten die Pensionen der Klosterfrauen bezahlt werden. Unter dem Namen "Institut Gorheim" bot das Kloster jetzt ehemaligen Nonnen aus verschiedenen aufgehobenen Klöstern Aufnahme. Die Bibliotheksbestände wurden der Universität Freiburg übergeben. Als das Fürstentum Sigmaringen - Hohenzollern 1806 die volle Souveränität erhielt, fielen die Gebäude an Hohenzollern - Sigmaringen. Sie dienten zeitweilig als Erziehungsanstalt für Mädchen, als Waffendepot und als Kaserne. 1852-1872 wurde Gorheim den Jesuiten zur Nutznießung überlassen, 1892 den Franziskaner-Rekollekten aus Fulda. Heute ist Gorheim Bildungszentrum der Erzdiözese Freiburg.
Autor: MARTINA WEHRLI-JOHNS
Objekttyp: Kloster
Ordensregel:
  • Schwesternsammlung 1347-15. Jh.
  • Franziskaner-Terziarinnen 15. Jh.-1782
Sonstiges: Bistum: Konstanz, ab 1821 Freiburg
Weiter im Partnersystem: http://www.kloester-bw.de/?nr=724

Adresse Gorheimerstraße 28, Sigmaringen

Literatur:
  • Alemania Franciscana Antiqua. Ehemalige franziskanische Männer- und Frauenklöster im Bereich der Oberdeutschen oder Straßburger Franziskaner-Provinz mit Ausnahme von Bayern, hg. v. J. Gatz. Ulm 1 (1956) – 19 (1974/76) 14 (1970) 74-110 (M. HEINRICHSPERGER).Kreis Sigmaringen. Bearb. v. F. Hossfeld (Die Kunstdenkmäler Hohenzollerns Bd. 2. Hg. im Auftrag d. Landeskommunalverbandes der Hohenzollerischen Lande v. W. Genzmer). Stuttgart 1948. 288, 305f.F. EISELE: Geschichte der katholischen Stadtpfarrei Sigmaringen. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Altertumskunde in Hohenzollern. Sigmaringen/Hechingen 1 (1868)-63 (1932). Fortges. u. d. Titel HJh 58 (1924) 1-71 u. 59 (1925) 1-194.M. KUHN-REHFUS: Gorheim. In: DIES.: Sigmaringen. Ein historischer Führer. Sigmaringendorf 1989, 189-192.A. WILTS: Beginen im Bodensee-Raum (Bodensee-Bibliothek 37). Sigmaringen1994, 329-330.A. ZEKORN: Die Aufhebung der Klöster Gorheim und Laiz im Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen unter Kaiser Joseph II. In: Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte. Hg. vom Hohenzollerischen Geschichtsverein Sigmaringen. Gammertingen/Sigmaringen 1ff. (1965ff.) 38/39 (2002/2003) 53-102.DERS.: Josephinische Säkularisationen und Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen. Die Klöster Gorheim und Laiz. In: Alte Klöster - neue Herren. Die Säkularisation im deutschen Südwesten. Ausstellung und Begleitpublikation zur Großen Landesausstellung 2003 in Bad Schussenried. Stuttgart 2003. Bd. 2/1, 115-128.A. ZEKORN: Das Kloster Gorheim (Sigmaringen). In: Klöster im Landkreis Sigmaringen in Geschichte und Gegenwart. Hg. v. E. E. Weber im Auftrag des Landkreises Sigmaringen (Heimatkundliche Schriftenreihe des Landkreises Sigmaringen 9). Lindenberg 2005. 463-499.
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