Biehler, Otto 

Geburtsdatum/-ort: 09.09.1884;  Altdorf (heute Ettenheim)
Sterbedatum/-ort: 21.01.1956;  Mosbach
Beruf/Funktion:
  • Philologe
Kurzbiografie: ca. 1895-1905 Realgymnasium Ettenheim, Gymnasium Lahr, Abitur, anschließend Studium der katholischen Theologie an der Universität Freiburg i. Br.
1906-1910 Studium der Philologie an den Universitäten Freiburg i. Br., Straßburg und Heidelberg
1910-1914 Hilfskraft an der Universitätsbibliothek Heidelberg
1914-1917 Bibliothekar an der Deutschen Bücherei in Leipzig
1917-1920 Fortsetzung des Philologiestudiums in Freiburg i. Br., Staatsexamen (Deutsch, Geschichte, Französisch)
1920-1923 Lehramtspraktikant an höheren Schulen in Freiburg und Weinheim
1922 Dr. phil. in Freiburg i. Br. (Ungedruckte Dissertation „Hofrat Aloys Schreiber, sein Leben und seine Werke“)
1924-1932 Lehramtsassessor, später Prof. in Schwetzingen
1932-1937 Unterrichtstätigkeit an höheren Schulen in Eppigen, Mannheim und Mosbach
1937 Versetzung in den Ruhestand, anschließend freiberufliche Unterrichtstätigkeit an Privatschulen, ab 1942 im Landerziehungsheim Schloß Michelbach
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: 1924 Hedwig, geb. Ehrat
Eltern: Vater: Leopold Biehler, Landwirt
Mutter: Amalie, geb. Rauer
Geschwister: 5
Kinder: 3
GND-ID: GND/116164328

Biografie: Horst Ferdinand (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 3 (1990), 46-47

Es ereignet sich nicht allzu oft, daß das wissenschaftliche Lebenswerk eines Literarhistorikers nahezu ausschließlich einer einzigen bedeutenden Persönlichkeit der Geistesgeschichte gewidmet ist; bei Biehler war dies der Fall. Seine „Hauptbeschäftigung galt von jeher Aloys Schreiber“ (1761-1841), dem Freund Johann Peter Hebels, Brentanos, Weinbrenners und vieler anderer bekannter Zeitgenossen, dem Dichter, Reiseschriftsteller, Dramaturgen, Ästhetikprofessor, Hofhistoriographen und Baden-Badener Chronisten. Indessen war Biehler keineswegs einseitig festgelegt, wie etwa seine Mitarbeit bei Kürschners Deutschem Gelehrten-Kalender oder bei Herrmann A. L. Degeners „Wer ist's?“ und anderen Sammelwerken belegt. Er war umfassend interessiert und auch nach langen Lehr- und Wanderjahren mit gründlichem Wissen und dementsprechendem philologischen Handwerkszeug gut ausgerüstet. Aber immer wieder kehrte er – das letzte Mal kurz vor seinem Tode – zu Schreiber zurück, auf den ihn sein Freiburger Lehrer Philipp Witkop hingewiesen hatte. Schreibers proteushafte Vielseitigkeit und vielleicht auch seine wechselvollen Lebensschicksale rührten verwandte Saiten in Biehler an. Wie Schreiber hatte auch Biehler als Theologe begonnen, dann aber „statt nach Brevier und Stola nach dem Schulstock und der Feder gegriffen“, und nach mannigfachen Ortswechseln wurde Schreiber erst in den letzten fünfzehn Jahren seines Lebens ständig heimisch, in Baden-Baden. Ähnlich wurde Biehler auch erst im letzten Drittel seines Lebens seßhaft, in Mosbach. So war Biehler schon wegen der Parallelen im äußeren Ablauf der Lebensgeschichte gut für die lebenslange Befassung mit Schreiber disponiert. Aber die Sympathie, die Biehler zweifellos für den heute weithin vergessenen Ästhetiker hegte, minderte nicht im mindesten die kritische Distanz des erfahrenen und geschulten Germanisten Biehler, wenn es um die Bewertung des umfänglichen Lebenswerks Schreibers ging: „Die Kraft zu einer bedeutenden literarischen Tat hat er nicht besessen. Gleichwohl gehört er zu jenen Männern der Blütezeit unserer klassischen Literatur, welche die Größe und Bedeutung der führenden Geister erkannt und den Pulsschlag der Zeit erfaßt und nachhaltig empfunden haben.“ Wegen seiner während der Freiheitskriege verfaßten Gedichte nannte ihn Biehler den „badischen Arndt“, gelegentlich auch den badischen „Baedeker“ auf Grund der vielen Reisebücher. In diesen beiden Charakterisierungen drückt sich die Spannweite des vielschreibenden und auch viel Mittelmäßiges produzierenden Aloys Schreiber aus. Aber einige Male hat ihn – was Biehler nicht übersah – der Flügelschlag des Genius berührt: Kein Geringerer als Franz Schubert vertonte vier Liedertexte Schreibers („Das Abendroth“, „Das Marienbild“, „Der Blumenbrief", „An den Mond in einer Herbstnacht“). Ein Sachkenner vom Range F. Fischer-Dieskaus hält das letztgenannte Lied für „eines der zentralen Bekenntnisstücke Schuberts“. Carl Löwe dankt Schreiber den Text zu einer seiner gewaltigsten Balladenschöpfungen (,,Odin's Meeresritt oder der Schmied auf Helgoland“), und erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch, daß das Libretto der ersten Oper des berühmten Giacomo Meyerbeer („Jephtas Gelübde“) sowie der Text eines Oratoriums „Gott und die Natur“ von Schreiber stammen. Seine Bedeutung in unserer Zeit wieder ans Tageslicht gebracht zu haben bleibt Biehlers Verdienst, dessen treffsichere Urteile über Schreiber auch künftig Bestand haben werden, wenn er etwa von der Lyrik des Vielschreibers aussagt, daß sie nicht aus der innersten Erlebniswelt des Dichters stamme, sondern daß es um die „an- und nachempfundene Stoffwelt der Vorbilder“ gehe.
Gesundheitliche Gefährdungen, aber auch die offenkundige Gegnerschaft zum nationalsozialistischen Regime erzwangen Biehlers frühzeitige Pensionierung. Er setzte im Ruhestand seine Tätigkeit als Sprachlehrer fort, edierte ein nachgelassenes Werk (,,Wildbächle“) des alemannischen Mundartdichters August Ganther und arbeitete ständig in Zeitschriften („Ortenau“, „Kunst für alle“, „Germanisch-Romanische Monatsschrift“, „Südwestdeutsche Schulblätter“) und gelegentlich auch in der Tagespresse mit.
Werke: (soweit nicht im Text) Hebels alemannische Gedichte und ihre ersten Kritiker, in: Die Pyramide 1918 Nr. 47; Hebels alemannische Gedichte und ihr erster Kritiker Joh. Georg Jakobi, in: Breisgau-Chronik 1 (1918) Nr. 23; Aloys Schreiber als badischer Heimatdichter und Weggenosse J. P. Hebels, in: Ortenau 1926, 1-20; Aloys Schreiber 1761-1841, Ein Gedenkblatt zum 100. Todestag am 21. Oktober 1941, in: Ortenau 1941, 148-149; Aloys Schreiber 1761-1841. Sein Leben und seine Werke, in: ZGO 1942, 598-675; Karl Lomeyer, Kunsthistoriker und Direktor des Kurpfälzischen Museums in Heidelberg, in: Die Westmark 10 (1942/43), 230 f.; Joseph Sauer, in: Ortenau 1952, 5-6; Aloys Schreiber, ein Publizist und Reiseschriftsteller der Goethezeit, in: Baden, Monographie einer Landschaft, Ausg. 2 1949, 41-46; Cornelia, ein Taschenbuch für deutsche Frauen (1816-1871), in: Ortenau 1952, 210-212 (In dem von Schreiber, später von der Gönnerin Hebbels, Amalie Schoppe, herausgegebenen langlebigen Taschenbuch erschien erstmals Goethes „Johanna Sebus“).
Nachweis: Bildnachweise: in Besitz von Herrn Franz Biehler, Mosbach.

Literatur: Heimatforscher Prof. Dr. O. Biehler, in: BNN vom 28.1.1956 (ohne Verf.); Joh. Biehler Ferdinand, Prof. Dr. O. Biehler gestorben, in: Ettenheimer Heimatbote vom 28. 1. 1956.
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