Württemberg, Ulrich III., Graf 

Geburtsdatum/-ort: zwischen 1286 und 1291
Sterbedatum/-ort: 11.07.1344;  Elsaß; begr. in der Stiftskirche Stuttgart
Weitere Angaben zur Person: Verheiratet: vor 1312 Sophie, geb. von Pfirt
Eltern: Vater: Graf Eberhard I. der Erlauchte von Württemberg (1265-1325)
Mutter: Margarethe, geb. Herzogin von Lothringen (-vor 1296) oder Irmengard, geb. Markgräfin von Baden (-nach 1320)
Geschwister: Ulrich (vor 1308-8./9.3.1348)
Ulrich (nach 1285-1315)
Adelheid Mechthild (zwischen 1295 und 1300-13.9.1342)
Agnes (vor 1300-vor 27.3.1349)
Agnes (um 1295/1300-18.1.1317)
Irmengard (nach 1300-16./17.5.1329)
Kinder: 2; Eberhard II. der Greiner (nach 1315-15.3.1392), Ulrich IV. (nach 1315-14. oder 26.7.1366)
GND-ID: GND/135931231

Biografie: Wilfried Schöntag (Autor)
Aus: Lexikon Haus Württemberg, S. 29-30

Ulrich wurde schon zu Lebzeiten Eberhards I. an der Regierung und Verwaltung des Landes beteiligt. 1315 schlossen sich beide der habsburgischen Partei an, um wieder in den Besitz der Grafschaft Württemberg zu gelangen. Im Dezember 1316 war Ulrich in die Friedensverhandlungen mit der Reichsstadt Esslingen eingebunden. 1319 handelte er mit König Friedrich ein Bündnis aus, das er auch beschwor. An den Verhandlungen seines Vaters mit König Friedrich dem Schönen im Jahr 1320 nahm er ebenfalls teil. Mit seinem Vater trat er im Juni 1323 zu König Ludwig dem Bayern über. Nach dem Tod des Vaters am 5. Juni 1325 verschob Ulrich die Akzente der Politik und suchte erneut das Bündnis mit den Herzögen von Österreich und mit den Parteigängern der Habsburger, die er noch wenige Monate vorher bekämpft hatte. Am 27. Juli 1325 schloß er mit Herzog Leopold, dem Bruder König Friedrichs, einen Vertrag, in dem er und seine Frau mit 5.000 Mark Silber für ihre Erbansprüche auf die Herrschaft Pfirt abgefunden wurden. Wahrscheinlich ist hierin, d.h., in der Sicherung der Erbansprüche seiner Frau gegenüber den Habsburgern der Hauptgrund für den Parteiwechsel zu suchen. Zur Sicherheit verpfändeten ihm die österreichischen Herzöge die Hälfte der Burg Teck und der Stadt Kirchheim und die gesamte Burg und Stadt Sigmaringen. Da sie das Geld zur Einlösung nicht aufbringen konnten, fielen die Pfandschaften später an Württemberg. Aufgrund des Seitenwechsels bekam Ulrich nicht die Landvogtei Niederschwaben durch Ludwig den Bayern übertragen, die sein Vater seit 1324 innegehabt hatte.
Nach dem 1325 erfolgten Ausgleich zwischen Ludwig und Friedrich verbündete sich Ulrich mit den regionalen Größen. Zur Absicherung seiner Herrschaft und um sich aus eventuellen neuen Kämpfen zwischen den beiden Königen heraushalten zu können, schloß er Beistandsverträge: 1327 mit seinem Schwager Graf Rudolf von Hohenberg und Markgraf Rudolf von Baden-Pforzheim und 1328 mit Hanemann von Lichtenberg im Elsaß. Letztere dienten auch dazu, die im Dezember 1324 für 4.400 Mark Silber gekaufte Herrschaft Horburg, die Grafschaft Witckisau, die Stadt Reichenweiher, Burg und Stadt Zellenberg sowie kleinere bischöfliche Straßburger Lehen im Elsaß zu sichern. Da das Hochstift Straßburg einige Güter als heimgefallene Lehen beanspruchte und daher den Kauf als nichtig ansah, wurde der Streit in Vergleichsverhandlungen 1329, verbunden mit der Rückgabe von Zellenberg an das Hochstift, und 1336 beendet. Dieser Gebietserwerb hatte Ulrich gezwungen, dem Elsaß mehrere Jahre verstärkt seine Aufmerksamkeit zu widmen.
Nach dem Tode König Friedrichs trat Ulrich III. zu Kaiser Ludwig über. Bis zu seinem Lebensende war die gräfliche Politik nun eng an den Kaiser gebunden. Am 2. April 1330 übergab dieser dem Württemberger als Pfand auf Lebenszeit die gesamte Landvogtei Niederschwaben mit den Vororten Esslingen und Wimpfen-Heilbronn, hinzu kamen als Pfandschaft die Burg Achalm und die Reichsstadt Reutlingen, die aber 1331 wieder ausgelöst wurden. Gemäß des mit Graf Rudolf von Hohenberg 1327 geschlossenen Vertrags mußte Ulrich die Verwaltung der Landvogtei bis 1335 mit diesem teilen.
Im kaiserlichen Auftrag kämpfte Ulrich 1330 im Elsaß gegen das Haus Österreich und den Bischof von Straßburg. Nach dem Friedensschluß wurde ihm im August 1330 die Landvogtei Elsaß übertragen, jedoch wurde sie ihm 1331 schon wieder zugunsten Graf Rudolfs von Hohenberg entzogen.
Um ein Gegengewicht herzustellen und die Städte und Klöster vor einem Übergewicht Württembergs zu schützen, veranlaßte der Kaiser im Juni 1331 acht schwäbische Reichsstädte, ein Landfriedensbündnis zu schließen, das kurz darauf erweitert wurde. Damit war der Grund gelegt für die Konfrontation zwischen den Städten und Württemberg, die in den folgenden Jahren an Bedeutung gewann. Die Aufgabe der Landfriedenswahrung ging mehr und mehr auf diese und die folgenden Bündnisse über, die von kaiserlichen Räten vermittelt wurden. Dies führte zu einem bis 1342 dauernden Bedeutungsschwund der Gewalt der Landvögte.
Die Parteinahme Ulrichs für Kaiser Ludwig – als Landvogt mußte er dessen Kirchenpolitik umsetzen – zog heftige Auseinandersetzungen mit der päpstlichen Kurie in Avignon nach sich. Die Bevölkerung hatte unter dem päpstlichen Interdikt, dem Verbot der Sakramentspendung und des Gottesdienstes überhaupt, zu leiden.
Nach 1335 hielt sich Ulrich vorwiegend im Raum von Neckar und Fils auf und kümmerte sich um die Sicherung der Herrschaft. Ulrich erweiterte mit seiner zielstrebigen Erwerbspolitik die Grafschaft um zahlreiche größere und kleinere Besitzungen, darunter die Herrschaft Winnenden (Kauf für 4.660 Pfund Heller), die Grafschaft Aichelberg mit Weilheim unter Teck (Kauf für 7.500 Pfund Heller), Grötzingen (Kauf für 10.000 Pfund Heller), Vaihingen an der Enz (Kauf für 18.500 Pfund Heller), Tübingen (Übertragung der Schutzrechte über Burg, Stadt und Amt 1335, Kauf von Burg und Stadt für 20.000 Pfund Heller 1342). Die mit der Landvogtei verbundenen Schirmrechte über die Klöster Hirsau und Denkendorf zog er an Württemberg, darüber hinaus auch die Vogtei über die Klöster Herrenalb und Bebenhausen. Eine herausragende Erwerbung gelang 1336 mit dem Kauf von Burg und Stadt Markgröningen von seinem Verwandten Konrad von Schlüsselberg für 6.000 Pfund Heller. Kaiser Ludwig belehnte Ulrich III. und seine Nachkommen mit der zu einem Reichslehen zusammengefaßten Stadt und der Reichssturmfahne. Von der verarmten Nebenlinie Grüningen-Landau übernahm er deren Lehnhof. Der angestrebte Erwerb der Herrschaften Ehingen, Berg und Schelklingen mißlang dagegen. Als Graf Konrad von Schelklingen 1343 die Herrschaften an Herzog Albrecht von Österreich verkaufte, versuchte Ulrich, dieses Vorhaben mit Gewalt zu verhindern. Sein Sohn, Graf Eberhard II., überzog das Land mit Krieg, konnte den Verkauf jedoch nicht abwenden.
Ulrich III. hat die Konsolidierungspolitik seines Vaters fortgesetzt und den Besitz abgerundet. Seinen beiden Söhnen hinterließ er eine gesicherte Herrschaft. Württemberg war die stärkste Macht im nördlichen Schwaben geworden, die in Rivalität mit den Reichsstädten stand. Auch wenn Ulrich noch zwischen den verschiedenen Verwaltungszentren hin und her reiste, so betrieb er doch den Ausbau der Städte Stuttgart und Cannstatt. Stuttgart erlangte immer mehr die Funktion des Verwaltungsmittelpunkts und der Residenz des Landes. Mit dem Erwerb der linksrheinischen Besitzungen hat er eine regionale Neuorientierung der württembergischen Herrscher eingeleitet.
Nachweis: Das Haus Württemberg: ein biographisches Lexikon / hrsg. von Sönke Lorenz ... In Zusammenarbeit mit Christoph Eberlein ... und dem Institut für Geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Stuttgart; Berlin; Köln 1997
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