Der Erste Weltkrieg

Bild: Feldpostkarte
Feldpostkarte: Elf Soldaten in einem ausgebauten Schützengraben mit MG-Stellung (Quelle: Landesarchiv BW, StAS N 1/85 T 1 Nr. 55)

Der Kriegsausbruch Anfang August 1914 wirkte sich rasch und unmittelbar auf die gesamte Bevölkerung im deutschen Südwesten aus. Nach dem Ausmarsch der regulären Formationen wurden nach und nach die wehrfähigen Männer aus Baden, Württemberg und Hohenzollern zum Kriegsdienst einberufen. Und auch wenn es auf dem Boden des Deutschen Reiches bis Kriegsende nicht zu nennenswerten Kämpfen kam, zählte der badische Teil des Oberrheins dennoch zum erweiterten Frontgebiet. In Freiburg war der Geschützdonner der Kämpfe in den Vogesen zu hören. Von den Höhenlagen der Stadt konnte das Artilleriefeuer beobachtet werden. Einwohner von Freiburg, Karlsruhe und Mannheim kamen bei Luftangriffen ums Leben.

Der Oberrhein spielte darüber hinaus eine wichtige Rolle in der militärischen Logistik. Umfangreiche Truppenbewegungen und Materialtransporte sollten die Versorgung der Westfront sicherstellen. Auf dem umgekehrten Weg gelangten Lazarettzüge mit Verwundeten und erkrankten Soldaten zurück in die Heimat.

Auf LEO-BW und in den Angeboten unserer Kooperationspartner befinden sich zahlreiche Zeugnisse, die den Ersten Weltkrieg im deutschen Südwesten dokumentieren. Neben den Unterlagen der Militärverwaltung an der Front und in der Etappe finden sich ganz unterschiedliche Materialien: So etwa Fotografien, Rationierungsmarken, Kriegszeitungen, Kriegskochbücher und Propagandamaterial.

Eine Übersicht und den Zugang zu den einzelnen Angeboten befindet sich rechts.

Fronteinsatz

Von der am 1. August 1914 angeordneten Mobilmachung des deutschen Heeres waren zunächst alle militärisch ausgebildeten Bürger zwischen 20 und 45 Jahren betroffen. In den ersten Augusttagen erfolgte der Abmarsch der in den Garnisonen stationierten Truppen. Der Transport an die westliche Reichsgrenze erfolgte zum Teil mit der Eisenbahn, im Großherzogtum Baden bei geringerer Distanz zum vorgesehenen Einsatzort auch direkt über Märsche. Die Garnisonen selbst dienten unmittelbar nach dem Abrücken des stehenden Heeres zur Zusammenstellung von Ersatzabteilungen. Hier hatten sich die nachmobilisierten Offiziere und Rekruten einzufinden, wurden dort ausgerüstet und wo nötig eilig für den Fronteinsatz ausgebildet.

Für die württembergischen Truppen bedeutete die Erklärung des Kriegszustands den Verlust der organisatorischen Eigenständigkeit des XIII. (königlich württembergischen) Armeekorps. Der Großverband wurde dem Oberkommando der preußischen Armee unterstellt. Das XIV. (badische) Armeekorps war bereits im Zuge der Militärkonvention von 1871 unter preußischen Oberbefehl getreten. Der Zuständigkeitsbereich dieses Korps mit Sitz des Generalkommandos in Karlsruhe erstreckte sich neben Baden auch auf Hohenzollern.

Eingesetzt wurden die beiden Armeekorps zunächst im Westen. Offiziere und Mannschaften erlebten dort den Übergang in den Stellungskrieg. Während dieser zweiten Kriegsphase kam es in Frankreich und Belgien vermehrt zu organisatorischen Umstellungen und der Ausgliederung von Verbänden. Badische und württembergische Formationen waren daher später auch an allen anderen Frontabschnitten anzutreffen, an den ost- und südosteuropäischen Kriegsschauplätzen ebenso wie in Italien.

Im Zuge der Reorganisation der Kommandostrukturen im Februar 1917 erhielten die zu diesem Zeitpunkt noch an der Westfront zwischen Verdun und der Schweizer Grenze stationierten badischen und württembergischen Truppen Herzog Albrecht von Württemberg als neuen Kommandeur zugeteilt. Im Anschluss an die Unterzeichnung des Waffenstillstands hatte er die Rückverlegung der ihm unterstellten Truppen in die Heimat zu organisieren.

Der Krieg in der Heimat

Mit der Erklärung des Kriegszustands ging die exekutive Gewalt von den Regierungen in Stuttgart und Karlsruhe auf die Oberkommandierenden des XIII. beziehungsweise XIV. Armeekorps über. Den Bundesstaaten Baden und Württemberg ging somit ein weiterer Teil ihrer politischen Eigenständigkeit verloren – Hohenzollern war bereits seit 1849 ein preußischer Regierungsbezirk. Neben der Spionageabwehr und der Sicherung von Verkehrswegen übernahmen die Militärbehörden auch die Zuständigkeit für die Zensur. In Stuttgart und Karlsruhe war hierfür während des Krieges das zurückgebliebene Stellvertretende Generalkommando des jeweiligen Armeekorps zuständig. Diese waren auch für die Neuaufstellung und Reorganisation von Truppenteilen verantwortlich. Neben der Ausbildung gehörte dazu vor allem die Ausrüstung von Offizieren und Mannschaften. Hinzu kam die Sicherstellung der öffentlichen Ordnung. Die Landtage blieben in Württemberg und Baden bestehen. Zu politischen Auseinandersetzungen zwischen den Parteien kam es indes kaum noch. Auch in Stuttgart und Karlsruhe hielten die Fraktionen den im Reichstag herrschenden „Burgfrieden".

Anders als in den weiter östlich gelegenen Teilen des deutschen Südwestens blieb der Krieg am Oberrhein bis 1918 direkt präsent. Aufgrund der Nähe zu den Gefechtsschauplätzen in Elsass und Sundgau war ein Durchbruch der gegnerischen Truppen nach Südbaden nicht ausgeschlossen. Zudem befand sich die Region in Reichweite französischer Flugzeuge. Dem Luftkrieg als bislang unbekannter Komponente militärischer Auseinandersetzungen fielen zahlreiche Zivilisten zum Opfer. In Karlsruhe kamen Ende Juni 1916 beim Angriff auf ein Zirkuszelt 120 Menschen ums Leben, darunter Dutzende Kinder. Auch in Freiburg und Mannheim starben Zivilisten bei Luftangriffen. 

Mit zunehmender Entfernung von der Oberrheinebene reduzierte sich die unmittelbare Kriegsgefahr, obwohl auch Stuttgart und die Mauser-Werke Ziele von Luftangriffen waren. Dennoch waren die Auswirkungen des Krieges direkt zu spüren. Überall in Württemberg, Baden und Hohenzollern wurden Kriegslazarette eingerichtet, die sich rasch mit Verwundeten und Kranken füllten. Ferner entstanden vielerorts Versorgungs- und Instandhaltungseinrichtungen.

Bild: Munitionsherstellung bei der Firma Voith in Heidenheim, um 1918
Munitionsherstellung bei der Firma Voith in Heidenheim (um 1918): Frauen und Kinder transportieren Kanonenhülsen mit Handwagen (Copyright: LMZ )

Bereits 1915 waren darüber hinaus erste Maßnahmen der Verwaltung erforderlich, den wirtschaftlichen Mangelerscheinungen zu begegnen. Engpässe bei der Versorgung mit Lebensmitteln blieben dennoch an der Tagesordnung. Trotz der Festsetzung von Höchstpreisen kam es zu ständig steigenden Lebenshaltungskosten. Städte waren weitaus stärker betroffen als ländliche Gebiete, wo der hohe Agraranteil eine breitere Grundlage zur Selbstversorgung bot. Im Hungerwinter 1916/17 („Steckrübenwinter") stieg im Südwesten wie überall im Deutschen Reich die Sterblichkeit aufgrund von Hunger und Unterernährung an. Krankheiten wie Tuberkulose und Grippe forderten zahlreiche Opfer in der Bevölkerung.

In den Fabriken und der Landwirtschaft mussten vielfach Frauen und Heranwachsende notdürftig die aufgrund der Einberufung der Männer entstandenen Lücken auffüllen. Auch der Einsatz von Kriegsgefangenen vermochte den Engpass insbesondere bei qualifizierten Fachkräften nicht auszugleichen. Neben Arbeitskräften fehlten außerdem zunehmend Rohstoffe, Maschinen und Transportmittel.

Kriegsende

Auf den Waffenstillstand von Compiègne am 11. November 1918 folgte in Karlsruhe und Stuttgart rasch der Zusammenbruch der Monarchie. In den Wochen nach Unterzeichnung des Waffenstillstands kehrten die badischen und württembergischen Truppen zügig in die Heimat zurück.

Lange vor Kriegsende hatten die schärfer werdende Versorgungskrise, die langen Gefallenenlisten in den Zeitungen und der ersichtlich ungünstige Kriegsverlauf auch im Südwesten für wachsende Unruhe gesorgt. 1917 kam es zu ersten Demonstrationen, 1918 zu Streiks etwa in Mannheim und Unruhen in den Garnisonen Lahr, Offenburg, Rastatt und Karlsruhe. In Mannheim wurde am 8. November 1918 ein Soldatenrat gegründet, wenig später entstand ein solcher auch in der badischen Hauptstadt. Am 10. November kam es zur Bildung einer Vorläufigen Volksregierung. Bereits drei Tage später verzichtete der aus Karlsruhe nach Zwingenberg geflohene Großherzog Friedrich II. von Baden auf den Thron.

Revolution in Stuttgart 1918 (Quelle: LMZ)
Revolution in Stuttgart 1918 (Copyright: LMZ)

Am 9. November kam es auch in Stuttgart zu Unruhen und Massenprotesten gegen die Monarchie. Noch am selben Tag wurde die Republik ausgerufen und eine provisorische Regierung gebildet. Mit dem Thronverzicht König Wilhelms II. am 30. November endete auch in Württemberg die Monarchie.

Bis auf einen kleinen Rest wurde bis ins Frühjahr 1919 die Demobilmachung des deutschen Heeres durchgeführt. Die Bestimmungen des Versailler Friedensvertrags vom Juni 1919 verlangten die weitgehende Entmilitarisierung Badens. Hoch war die Zahl der Gefallenen aus den südwestlichen Teilen des Deutschen Reiches. Von den 14.000 Kriegsteilnehmern aus Hohenzollern kehrte beinahe jeder fünfte nicht zurück. Von den gut 500.000 aus Württemberg in den Krieg gezogenen Männern fielen etwa 83.000. Hinzu kamen knapp 63.000 tote Badener.

Andreas Neuburger

(Quellen: Schwarzmaier, Hansmartin (Hg.): Handbuch der baden-württembergischen Geschichte, Band 3: Vom Ende des Alten Reiches bis zum Ende der Monarchien, Stuttgart 1992; Leonhard, Jörn / Hochstuhl, Kurt / Strauß, Christof (Hg.): Menschen im Krieg 1914-1918 am Oberrhein — Vivre en temps de guerre. Des deux côtés du Rhin 1914-1918, Kolloquium zur gleichnamigen Ausstellung, Stuttgart 2014; Brüning, Rainer / Brasseur-Wild, Laëtitia (Hg.): Menschen im Krieg 1914-1918 am Oberrhein, Stuttgart 2014; Kuhn, Daniel: Als der Krieg vor der Haustür stand. Der Erste Weltkrieg in Baden und Württemberg, Tübingen 2014)
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