Vorderösterreich

Habsburger Rotulus, entstanden um 1290 (HStAS H 162 Nr. 1)
Habsburger Rotulus, entstanden um 1290 [Quelle: Landesarchiv BW, HStAS H 162 Nr. 1]

Im territorial stark zersplitterten Südwesten bildeten die habsburgischen Lande ein besonderes Extrem von unzusammenhängenden, über einen weiten Raum gestreuten Einzelbesitzungen. Buntgemischt aus unmittelbaren und mittelbaren Herrschaften, repräsentierten sie auch in ihrer Verfassung noch einmal in kleinerem Rahmen die ganze Vielfalt staatlicher Entwicklungen innerhalb des alten Reiches. Die Gründe für diese Unfertigkeit der habsburgischen Machtbildung in Südwestdeutschland waren hauptsächlich der verhältnismäßig späte Einsatz einer Territorialpolitik im 13. Jahrhundert, die Ablenkung ihres Hauptinteresses nach Südostdeutschland, die mehrmaligen Unterbrechungen habsburgischer Königsherrschaft im Spätmittelalter, die Bildung der Eidgenossenschaft sowie die wechselnden und wachsenden europäischen Ziele der Politik des Kaiserhauses. In ihr hatten die Gebiete am Oberlauf von Rhein und Donau unterschiedliche Bedeutung, und vom späten 16. Jahrhundert an ist insgesamt ein Nachlassen des Habsburger Interesses an den Besitzungen, die am engsten mit dem Ursprung des Hauses verknüpft waren, festzustellen. Das alles hatte zur Folge, dass sich im österreichischen Herrschaftsgebiet Südwestdeutschlands nur eine altertümliche und unvollkommene Staatlichkeit ausbilden konnte.

Die Anfänge der Grafen von Habsburg, immer noch nicht völlig aufgehellt, liegen im Sundgau, wo sie seit dem zweiten Drittel des 12. Jahrhunderts die Landgrafschaft im Oberelsass innehatten, und in der nördlichen Schweiz, wo sich beim Zusammenfluss von Aare und Reuß die Stammburg erhebt und altes Eigengut in größerer Breite findet. Frühe Hausklöster der Familie waren Ottmarsheim im Oberelsass und Muri im Aargau, beide nicht ohne Bedeutung in der Klosterreform des späten 11. Jahrhunderts. Hinzu kamen Vogteirechte über Außenbesitz des Hochstiftes Straßburg und verschiedene elsässische und Hochrheinklöster, so Säckingen 1168 und um 1250 auch St. Blasien. Der große Schweizer Besitz vor allem von Säckingen und Murbach, zum Teil auch von Straßburg wies die Habsburger früh in den Alpenraum. Das Erbe der Grafen von Lenzburg (1173) im Aargau und Hauenstein sowie das der in der Zähringer-Nachfolge stehenden Grafen von Kiburg (1264) im Thurgau und in Aarburgund verbreiterte die nordschweizerische Basis ganz erheblich. Schon 1233 allerdings hatte sich das Haus in die Hauptlinie und in die weniger bedeutende Linie Habsburg-Laufenburg geteilt. Letztere sollte bis zum Anfang des 15. Jahrhunderts Bestand haben.

Rudolf I. (1240-1291), ab 1273 deutscher König, war der eigentliche Baumeister des Territoriums in der Nordschweiz. Er ist wohl auch der Gründer der Stadt Waldshut am Hochrhein und hat schon früh durch den Erwerb einzelner Rechte im Klettgau ein Vordringen in Richtung auf die Donau vorbereitet. Als König war er Fortsetzer der staufischen Politik in Südwestdeutschland, hat diese aber den veränderten Gegebenheiten angepasst. Das Endziel war die Wiedererrichtung des mit dem Tod Konradins erloschenen Herzogtums Schwaben, jetzt in der Hand der Habsburger, die damals ohnedies die mächtigsten Territorialherren im schwäbischen Raum, allerdings mit einer Basis an seinem Rande, waren. Verklammert war diese schwäbische Herzogspolitik mit dem Bestreben, das staufische Reichsgut wieder unter die Verfügung des Königs zu bringen. Kriegerische Auseinandersetzungen mit den Grafen von Württemberg und den Grafen von Helfenstein endeten 1287 mit einem Teilerfolg. Da Rudolf nach dem Untergang Ottokars von Böhmen 1282 seinen Sohn Albrecht mit dem Herzogtum Österreich belehnte, wurde die Donau als Verbindungsweg dorthin wichtig. Rudolf konnte sich hier auf alte Verwandtschaft mit den Grafen von Veringen und Mitbesitz in deren Reichenauer Lehen stützen. Als Mittelpunkt der neuen Erwerbungen sollte auf dem Bussen der schwäbische Herzogssitz entstehen. 1282 wurde die Grafschaft Friedberg angekauft, 1287 Sigmaringen und die Herrschaft Scheer, 1291 die Grafschaft Veringen. Die Verknüpfung des geplanten schwäbischen Herzogtums mit dem Reichsgut war durch die antihabsburgische Königswahl von 1292 unmöglich gemacht worden. Außerdem waren die jüngeren Söhne Rudolfs von Habsburg, Hartmann und Rudolf, für die die Herrschaft in Schwaben vorgesehen war, vor dem Vater gestorben.
Zunft- und Bruderschaftsordnung Kaiser Karls VI. für Stadt und Grafschaft Sigmaringen, 1723 (StAS Dep. 1 T 1 Nr. 87)
Zunft- und Bruderschaftsordnung Kaiser Karls VI. für Stadt und Grafschaft Sigmaringen, 1723 [Quelle: Landesarchiv BW, StAS Dep. 1 T 1 Nr. 87]

Trotzdem hat Albrecht I., von 1298 bis 1308 König, die schwäbische Politik seines Vaters fortgesetzt und die Herrschaften im Donautal 1299 durch Saulgau, Munderkingen und Riedlingen erweitert. 1301 erwarb er die Markgrafschaft Burgau mit Günzburg, 1305 die Stadt Bräunlingen mitten im fürstenbergischen Gebiet hinzu. Dieser Erwerb und der von Kirchheim unter der Teck 1305 deuteten neue Richtungen der schwäbischen Territorialpolitik an, von denen sich allerdings nur die erstere als zukunftsträchtig erwies. Erstmals in Südwestdeutschland wurde unter Albrecht die schriftliche Erfassung aller Gerechtsame eines Territoriums im Habsburger Urbar vorangetrieben. Albrechts Ermordung (1308) durch den sich aus der Herrschaft verdrängt fühlenden Sohn seines Bruders Rudolf hat die großen Pläne im Raum des alten Schwaben endgültig zu Fall gebracht. Die nachfolgenden nichthabsburgischen Könige liehen überdies der sich festigenden und 1315 mit der Schlacht am Morgarten erstmals militärische Schlagkraft zeigenden Eidgenossenschaft und ihren Bestrebungen auf Reichsunmittelbarkeit Unterstützung. Damit wurde der Anfang zur Zerstörung des habsburgischen Territoriums südlich des Hochrheins gemacht.

Villingen nach 1600 (GLA H-BS I V 4)
Villingen nach 1600 [Quelle: Landesarchiv BW, GLAK H-BS I V 4]

Die Söhne Albrechts I. konnten nicht überall eine erfolgreiche Erwerbspolitik betreiben. Zum Widerstand gegen die Habsburger im Reich und dem Scheitern des Königtums Friedrich des Schönen kam die allgemeine Krise des Territorialstaats im frühen 14. Jahrhundert hinzu. So ging ein Teil der Herrschaften an der Donau wie Friedberg, Sigmaringen und Veringen durch Verkäufe und Verpfändungen an andere Adelsgeschlechter, hauptsächlich die Montfort und Waldburg, verloren. Trotzdem konnten auch entscheidende Gewinne erzielt werden, so 1326 durch den Übergang Villingens aus fürstenbergischen in habsburgischen Schutz und 1330 durch Reichspfandschaft die Städte Breisach, Neuenburg, Rheinfelden und Schaffhausen. Die elsässischen Besitzungen waren schon 1324 durch das Erbe der Grafen von Pfirt abgerundet worden. 1343 setzten sich die Habsburger in Ehingen fest, 1351/65 kauften sie den Grafen von Hohenberg die Herrschaft Triberg ab, womit sich noch deutlicher die Überquerung des Schwarzwaldes zum Breisgau hin als Fernziel abzeichnete.

Horb, Federzeichnung von Aloys Fischer, 1787 (HStA B 38 Bü 1146)
Horb, Federzeichnung von Aloys Fischer, 1787 [Quelle: Landesarchiv BW, HStAS B 38 Bü 1146]

Unter Rudolf IV. (1358-1365) wurden die Ansprüche auf die Herrschaft über ganz Schwaben durch den zeitweilig geführten, nach Eingreifen des kaiserlichen Schwiegervaters aber wieder abgelegten Titel eines Herzogs oder Fürsten von Schwaben hervorgekehrt. Wesentlich wichtiger war der Erwerb der Grafschaft Tirol (1363), eines starken Brückenpfeilers zwischen dem österreichischen und dem südwestdeutschen Besitz des Hauses Habsburg. Rudolfs Brüder Albrecht III. und der energische Leopold III. konnten die Herrschaft im Breisgau aufrichten. Zu der schon wesentlich älteren Vogtei über das Kloster St. Trudpert, der Lehenshoheit über die Waldkircher Vogtei und zu den Reichsstädten am Rhein kamen 1365 die Herrschaft Kürnberg mit Kenzingen und 1368 die Stadt Freiburg hinzu. Die Hauptstadt des Breisgaus hat sich aus eigener Initiative unter habsburgischen Schutz begeben, weil sie diesen einem Dasein in einem Splitterterritorium der Freiburger Grafen vorzog. Mit der Stadt unterstellte auch der in ihr ansässige Adel seine Dörfer der österreichischen Oberherrschaft. Bis ins 16. Jahrhundert hinein rundete der Neuerwerb von Klostervogteien den Breisgauer Besitz ab. Seit dem Erwerb von Freiburg führten auch die Habsburger den Titel eines Landgrafen im Breisgau, den sie so den Zähringern streitig machten, ohne freilich letztere auf die Dauer aus dem Breisgau und vor allem aus seinem südlichen Teil (Markgräfler Land) verdrängen zu können. Die wichtigste Erwerbung im Innern Schwabens unter Leopold III. war die der oberen und niederen Grafschaft Hohenberg 1381 mit Oberndorf, Schönberg, Horb und Rottenburg. Auch die Vogtei über St. Märgen geriet auf diesem Wege an Habsburg.

Plan der französischen Festung Freiburg im Breisgau, 1698 (Hfk Planbände 4 Nr. 13)
Plan der französischen Festung Freiburg im Breisgau, 1698 [Quelle: Landesarchiv BW, GLAK Hfk Planbände 4 Nr. 13]

Schon vorher, 1379, hatten die beiden Brüder entgegen den Hausverträgen eine Teilung ihres gesamten Erbes vorgenommen. Dabei erhielt Leopold III. sämtliche Alpenlande und Vorderösterreich, Albrecht III. das eigentliche Österreich an der Donau. Nach Leopolds Tod in der Schlacht von Sempach (1386), die den Verlust der gesamten Zentralschweiz besiegelte, wurde dessen Gebiet noch einmal geteilt. Tirol mit den jetzt bald sogenannten Vorlanden, d.h. den Gebieten vor dem Arlberg, bildete ein eigenes Fürstentum, das von Meran, bald von Innsbruck aus regiert wurde. Friedrich IV. von Habsburg-Tirol (mit der leeren Tasche) hat durch sein unkluges Bündnis mit dem Papst Johannes XXIII. und die Begünstigung von dessen Flucht aus Konstanz den Zorn des Konzils und des Königs auf sich gezogen. Er wurde in die Acht getan, und dies gab den Eidgenossen den Vorwand, sich große Teile seines Schweizer Besitzes samt der Stammburg anzueignen. So hat der von seinem Vorgänger eingeleitete und bis zum Ende des 15. Jahrhunderts allmählich abgeschlossene Erwerb von Vorarlberg nicht mehr seinen vollen Sinn als Brückenbogen zwischen Tirol und den vorderen Landen erreichen können.

Über die minderjährigen Söhne der beiden anderen Habsburger Linien führte ab 1440 Kaiser Friedrich III. die Vormundschaft. Die Verwaltung der Vorlande übertrug er 1446 seinem Bruder Albrecht VI., ab 1453 Erzherzog, der in Freiburg residierte und bei sonst nicht ganz überzeugender Regierungsleistung sich durch die Gründung der dortigen Universität 1457 ein bleibendes Andenken sicherte. Schon ein Jahr später kam mit Herzog Sigismund wieder die Tiroler Linie zur Regierung; seine Herrschaft hat noch einmal einen starken Einschnitt in die Territorialgeschichte der Vorlande gebracht. In Tirol geriet er mit Nikolaus von Cues, der Bischof von Brixen geworden war, in Streit und kam in den Kirchenbann. Dies erlaubte den Eidgenossen 1460 nochmals eine große Ausdehnung ihrer Herrschaft über den Thurgau und bis zum Hochrhein, ja es zeigte sich sogar schon die Tendenz, diesen zu überschreiten. Erfolgreicher war Sigismund nördlich des Rheins, wo er 1465 endgültig die Grafschaft Neuenbürg erwerben konnte und 1468 die Landvogtei in Schwaben, die Reste des alten Reichsgutkomplexes im Schussental ohne die Städte, hinzufügte. Gegen die Eidgenossen wollte er sich 1469 im Vertrag von St. Omer die burgundische Hilfe sichern, indem er Karl dem Kühnen den Sundgau, Breisach und die Städte am Hochrhein, die sog. Waldstädte, verpfändete. Die Burgunder errichteten in dieser Pfandschaft ein strenges landesfürstliches Regiment und dachten nicht mehr an eine Herausgabe, bis Sigismund mit Unterstützung der Schweizer und der elsässischen Reichsstädte dem entgegentreten konnte und eine Volksbewegung den Landvogt Peter von Hagenbach stürzte, der in Breisach hingerichtet wurde. Nur mit Mühe konnte verhindert werden, dass der erbenlose und lebenslustige Sigismund seine Länder an die Bayernherzöge verkaufte.

Maximilian I., Miniatur aus einer Papierhandschrift, um 1600 (HStAS B 515 Bd. 5b, Bl. 5 r)
Maximilian I., Miniatur aus einer Papierhandschrift, um 1600 [Quelle: Landesarchiv BW, HStAS B 515 Bd. 5b, Bl. 5 r]

1490 trat König Maximilian I. die Nachfolge in Tirol und Vorderösterreich an. Seinen vielen Titeln fügte er den eines Fürsten in Schwaben hinzu. Unter ihm wurde 1499 der unglückliche Schwabenkrieg mit den Eidgenossen geführt, mit denen Maximilian in Graubünden zusammengestoßen war, und die sich weigerten, die Reformen des Wormser Reichstages von 1495 anzuerkennen. Nach großen Plünderungszügen der Schweizer in den Hegau und der militärischen Niederlage des Königs und des Schwäbischen Bundes war die Rheingrenze endgültig. Sie wurde nach Süden hin lediglich durch das weiter zum Bereich der vier hochrheinischen Waldstätte gehörige Fricktal überschritten, wie umgekehrt Schaffhausen endgültig 1501 ebenso wie Basel den Anschluss an die Eidgenossenschaft fand. Erfolgreich war dagegen der Einsatz des Schwäbischen Bundes im Landshuter Krieg, der Habsburg die Landvogtei Hagenau brachte und so noch einmal zur Festigung der Stellung im Elsass beitrug. Die Heirat Maximilians mit der Erbin des großen burgundischen Staates gab den vorderösterreichischen Landen eine völlig neue Bedeutung als Verbindungsglied zwischen den Donau-Alpenländern und Burgund, das mit der Freigrafschaft unmittelbar an die Vorlande angrenzte. Ihr Gewicht sollte sich bedeutend verstärken, als 1520 dem Schwäbischen Bund gegen die Erstattung der Kriegskosten das Herzogtum Württemberg abgekauft wurde. Die burgundischen Räte des Kaisers Karl V. sahen in einer starken habsburgischen Herrschaft in Südwestdeutschland den Grundpfeiler für den Ausbau der Vorherrschaft im Reich. Die außenpolitische Bedrohung sowie das konfessionelle Ringen im Reich legten aber den Kaiser ganz anders fest, sodass er sich 1534 mit dem Verlust Württembergs und einer formellen österreichischen Lehenshoheit darüber rasch abfand. Bei der Teilung zwischen ihm und seinem Bruder Ferdinand I., die bereits 1522 beschlossen, aber erst allmählich vollzogen wurde, konnte schließlich der gesamte elsässische Besitz bei den deutschen Landen der Habsburger gehalten werden. Doch lag in den anders lautenden Vorverhandlungen schon der Keim zur Entstehung der Grenze am Oberrhein. Territorialen Gewinn brachte der Ausgang des Schmalkaldischen Krieges. Die Reichsstadt Konstanz zog es vor, sich unter österreichische Herrschaft zu begeben, als die Eroberung und Plünderung durch ein spanisches Heer zu erdulden.

Beschießung von Konstanz durch schwedische Truppen, 1633 (GLA H-BS I K 22)
Beschießung von Konstanz durch schwedische Truppen, 1633 [Quelle: Landesarchiv BW, GLAK H-BS I K 22]

Unter den Söhnen Kaiser Ferdinands teilte sich das deutsche Habsburgerhaus wiederum in drei Linien. Die Herrschaften in Südwestdeutschland unterstanden von 1564 bis 1665 den Tiroler Landesfürsten. Man unterschied bald Unterösterreich, d.h. das alte Herzogtum an der Donau, Innerösterreich, d.h. Steiermark, Kärnten und Krain, und Oberösterreich, d.h. Tirol und die Vorlande. Die Innsbrucker Erzherzöge haben, wenn auch ihre Macht und Geldmittel recht beschränkt waren, eine konsequente Gegenreformationspolitik betrieben und so auch die 1551 gewonnene Landvogtei in der Ortenau wieder ganz zum Katholizismus zurückgeführt. Unter ihnen hat sich die bereits im 15. Jahrhundert einsetzende administrative Gliederung endgültig verfestigt. Sundgau, Breisgau und die Herrschaften im Schwarzwald wurden vom um 1500 in Ensisheim im Oberelsass eingerichteten Regiment verwaltet und von 1432/48 an durch eigene Landstände vertreten. Diese tagten zunächst in Neuenburg, dann am jeweiligen Sitz der Regierung. Die Herrschaften im Inneren Schwabens unterstanden wie die vor dem Arlberg unmittelbar der Zentrale in Innsbruck. Erst 1541 bildeten sich im sog. Schwäbisch-Österreich, ausgehend von Vertretungen einzelner Ämter, eigene Landstände. Regelmäßiger Tagungsort wurde bald Ehingen. In Innsbruck kam 1603 mit Erzherzog Leopold der Bruder des aus der Steierer Linie zum Kaiser aufgestiegenen Ferdinand II. zur Regierung. Er und als Vormund über seine Söhne seine Gemahlin Claudia aus dem Hause Medici hatten während des Dreißigjährigen Krieges in ihren südwestdeutschen Landen die Hauptlast der Auseinandersetzung um die Stellung des Hauses Habsburg im Reich und am Oberrhein zu tragen. 1633 übergaben die Schweden den eroberten Breisgau an die Markgrafen von Baden-Durlach, 1638 versuchte Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar auf Kosten Österreichs ein eigenes Terrtorium mit dem Mittelpunkt Breisach zu gründen. Durch den Westfälischen Frieden war das Elsass verloren, der Breisgau wurde zum letzten Bollwerk gegen ein Vordringen Frankreichs ins Innere Süddeutschlands. Mit Erzherzog Leopolds Söhnen starb 1665 die letzte Innsbrucker Seitenlinie aus, und Kaiser Leopold I., der Gemahl einer Enkelin der Claudia Medici, vereinigte alle Länder der deutschen Habsburger unter seinem Szepter.

Wappentafel der breisgauischen Stände über einem Tor der ehemaligen Carlskaserne in Freiburg im Breisgau (StAF W 134 Nr. 044321a)
Wappentafel der breisgauischen Stände über einem Tor der ehemaligen Carlskaserne in Freiburg im Breisgau [Quelle: Landesarchiv BW, StAF W 134 Nr. 044321a]

Freiburg nahm 1651 die Ensisheimer Regierung auf und wurde Versammlungsort der im engeren Sinn vorderösterreichischen Stände. Während der Franzosenherrschaft in Freiburg (1672-1697) trat Waldshut an dessen Stelle. Wie auch die Stände von Schwäbisch-Österreich setzten sich die des Breisgaus aus Vertretern der Städte, der Prälaten und des Adels zusammen. Außerdem gab es die unmittelbaren Kameralherrschaften und neben dieser schon abgestuften Herrschaft noch adelige und geistliche Gebiete unter österreichischer Landeshoheit, die nicht in den Ständen vertreten waren. Die Masse der kleinen Territorien Oberschwabens befand sich überdies trotz formeller Reichsstandschaft in starker Abhängigkeit von Österreich. Die Verwaltungsreform unter Maria Theresia trennte 1752 die Vorlande insgesamt von Innsbruck. Freiburg wurde zum Sitz der Regierung auch für Schwäbisch-Österreich und für kurze Zeit auch für Vorarlberg, das allerdings 1782 wieder Innsbruck unterstellt wurde. Wie in den ganzen habsburgischen Landen so haben auch in Vorderösterreich die Reformen Josefs II. vor allem das Gerichtswesen neu geordnet, Folter und Leibeigenschaft abgeschafft und vor allem auf kirchlichem Gebiet ihre Spuren bis zur Gegenwart hinterlassen. 1781 erging das Toleranzpatent, das den Nichtkatholiken erstmals bürgerliche Rechte und eigene Kirchengemeinden, wenn auch mit beschränkter Öffentlichkeit des Kultus, zugestand. Insgesamt wurden damals im Zuständigkeitsbereich der Freiburger Regierung fünf Männer- und 28 Frauenklöster aufgehoben, die Bildung der Geistlichen, gleichzeitig aber auch ihre Abhängigkeit vom Staat verstärkt und der Volksfrömmigkeit vielfach der Kampf angesagt. Die letzten größeren territorialen Gewinne dieser Epoche waren der Erwerb von Wasserburg 1752 und der montfortischen Grafschaft Tettnang 1780.

Das Ständehaus in Ehingen, um 1769 (GLA 79 P 10 K 3)
Das Ständehaus in Ehingen, um 1769 [Quelle: Landesarchiv BW, GLAK 79 P 10 K 3]

Das Ende des alten Reiches kündigte sich bereits an, als 1797 im Frieden von Campo Formio der Breisgau als Entschädigung für den Herzog von Modena vorgesehen wurde. Kaum hatte dieser 1803 seine Herrschaft antreten können, als ihm sein Schwiegersohn Erzherzog Ferdinand nachfolgte, sodass der Breisgau wieder österreichische Sekundogenitur wurde. Dem machte zwei Jahre später der Preßburger Friede ein Ende. Es dauerte aber noch lange, bis Baden die alte Anhänglichkeit des Breisgaus an das Haus Habsburg überwunden hatte.

(Quelle: Bearbeitete Fassung aus dem Abschnitt Landesgeschichte, in: Das Land Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden, hg. von der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg, Band I, Stuttgart, 2. Aufl. 1977)

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