Waghalsige Winterfreuden

Zur Geschichte des Skispringens im Südwesten

Standbild einer Filmsequenz, aufgenommen während der Deutschen Meisterschaft Ski Nordisch - Nordische Kombination in Baiersbronn 1933 [Quelle: Haus des Dokumentarfilms]

Ende des 19. Jh. hielt der Skisport im Schwarzwald Einzug. Als Pionier gilt der französische Konsul Pilet, der 1891 mit nordischen Brettern auf den Feldberg Hof kam. Nur wenig später wurde der Skiclub Todtnau gegründet. Die Begeisterung war groß. Schon in den Anfangsjahren entstanden Sprunghügel, um alle Möglichkeiten des schnellen Fortbewegungsmittels zu nutzen. Spätestens um 1900 wurden am Feldberg Meisterschaften im Springen ausgetragen. Für Furtwangen ist belegt, dass 1908 Springen auf einem Schneehügel am Friedhofsberg stattfanden. Im Lauf der Jahre ersetzten professionellere Schanzen die provisorischen Hügel mit ihren nicht ungefährlichen Auslaufbahnen. Eine ganze Reihe dieser Anlagen entstand im Schwarzwald in den 1920er Jahren, also nach dem Ende des Ersten Weltkriegs.

Schon 1911 war eine der ersten Schanzen am Mühlrain beim heutigen Titisee-Neustadt gebaut worden. 1922 wurde die Sprungbahn am Feldsee errichtet, die nach ihrem Sponsor aus dem Haus Fürstenberg den Namen Max-Egon-Schanze erhielt. 1924 entstanden die Anlagen in Schönwald und im Langenwald bei Schonach. Im gleichen Jahr wurde die Adlerschanze in Hinterzarten erbaut, benannt nach dem Adlerwirt als Besitzer des Geländes. In der Nähe von Baiersbronn, wo 1933 die Deutsche Meisterschaft Ski Nordisch – Nordische Kombination ausgetragen wurde, befand sich neben der Vogelskopfschanze von 1923 eine im Vorjahr erbaute Anlage im Christophstal. Filmaufnahmen legen nahe, dass diese ebenfalls für die Wettkämpfe genutzt wurde. Die beiden Schanzen sind nicht mehr erhalten.

Die heutigen Olympia-Stützpunkte der Skispringer mit den Zentren Titisee-Neustadt und Hinterzarten befinden sich ebenfalls im Schwarzwald. Doch nicht nur hier oder in den alpinen Regionen Baden-Württembergs begeben sich waghalsige Sportlerinnen und Sportler auf die Schanzen. So brachte der Ski-Club Degenfeld bei Schwäbisch Gmünd mehrere weibliche Talente hervor, wie die Goldmedaillengewinnerin im Springen bei den Winterspielen in Sotschi 2014.

  • Die gesamte Filmsequenz über "Wintersport in Baiersbronn" aus dem Haus des Dokumentarfilms finden Sie hier.
  • Mehr über den Wintersport auf dem Kalten Feld bei Schwäbisch Gmünd im Beitrag zum Skispringen auf der Schwäbischen Alb.
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Krauteinstampfen auf der Ostalb, 1955 [Quelle: Landesmedienzentrum BW]

Krauteinstampfen auf der Ostalb, 1955 [Quelle: Landesmedienzentrum BW]

Die bäuerliche Küche war bis in die 1950er Jahre eine der Selbstversorger. Je nach Region konnte sie karg oder üppiger ausfallen. Die fruchtbareren Gegenden befanden sich im Rheintal, in Oberschwaben und am Bodensee. Ab dem 18. Jh. versuchten Agrarreformer, wie der als „Gipsapostel“ zu Ehren gekommene Pfarrer Johann Friedrich Mayer (1719-1798) in Hohenlohe, die Erträge mithilfe neuer Methoden zu verbessern. In entlegeneren Gebieten, der sprichwörtlich steinigen Schwäbischen Alb oder den einsamen Schwarzwaldhöfen, blieben die Verhältnisse bis über die Mitte des 20. Jh. ärmlich. Neben der vielen Arbeit auf dem Feld und im Haus war nur wenig Zeit zum Kochen. Zu den traditionellen Gerichten gehörten Brot und Brei, Milch und Kartoffeln. Das auf Vorrat gebackene, eingetrocknete Brot wurde zum Verzehr getunkt, etwa in Sauermilch. Dazu kamen Erzeugnisse aus dem Bauerngarten und Eier, soweit vorhanden. Sauerkraut und Nudelvariationen, die am Sonntag mit etwas Speck verfeinert wurden, zählten bereits zu den gehobeneren Speisen. Neben Kartoffeln und Kohl brachten weitere lagerungsfähige Gemüsesorten wie Rüben und andere Wurzeln die Menschen über den Winter. In schneeärmeren Gegenden konnten Lauch, Endivien und Feldsalat geerntet werden. Mit dem Aufkommen von Obstbäumen ging die Herstellung von Most einher. Auch Sorten wie der Brettacher Apfel konnten mehrere Monate aufbewahrt werden.

Zu den Höhepunkten im Winter gehörten die Schlachttage, bei denen einmal frisches Fleisch verfügbar war. Da bei den „Metzelsuppen“ auch die Nachbarn versorgt wurden, kam die Hof- und Dorfbevölkerung mehrfach in den Genuss. Fleisch, Schinken und Würste wurden durch Rauch haltbar gemacht, das Schmalz in Töpfe gefüllt.

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Porträts jüdischer Menschen aus Buchen

Blick zurück auf eine zerstörte Alltäglichkeit

Hella und Albrecht Levi (I) [Quelle: Bezirksmuseum Buchen, Lizenz: http://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0/] Hella und Albrecht Levi (I) [Quelle: Bezirksmuseum Buchen, Lizenz: http://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0/]

 

Einen wahren Schatz für die historische Forschung nennt der Historiker Tilmann Gempp-Friedrich die über 40 Glasnegative aus der Sammlung des Fotografen Karl Weiß, die jüdische Familien aus Buchen und Umgebung zeigen. Die Vernichtung des europäischen Judentums durch die Deutschen und ihre Verbündeten während der Zeit des Nationalsozialismus, tötete oder vertrieb nicht nur das deutsche Judentum, sondern löschte auch die Zeugnisse eines fast zwei Jahrtausende alten Zusammenlebens aus. Materielle Güter, wie Synagogen, Mikwen, Privathäuser, Geschäfte und Betriebe wurden zerstört oder arisiert, aber auch Immaterielles wie die Erinnerungen an eine gemeinsame Vergangenheit wurden durch Schuld und Scham nach der Shoah nur in seltenen Fällen wieder aufgegriffen. Mit der Vertreibung und Vernichtung wurden auch die Habseligkeiten der jüdischen Bevölkerung in Deutschland in alle Winde zerstreut und auch wenn es natürlich viele überlieferte Fotografien gibt, so gibt es nur wenige Sammlungen, die fast die gesamte jüdische Gemeinschaft eines klar umrissenen geografischen Bereichs wie den Altkreis Buchen umfasst. Die umfangreiche Sammlung ist somit eine einzigartige Quelle, um sich der durch den Zivilisationsbruch verschütteten, gemeinsamen Alltagsgeschichte zu nähern. Das Besondere an den Aufnahmen: Es gibt nichts Besonderes zu sehen. Anhand der Fotografien wird deutlich, wie das Zusammenleben und gemeinsame Leben funktioniert haben, nämlich in der Hauptsache unterschiedslos. Weder haben sie sich die Menschen zum Zeitpunkt des Studiobesuches als Opfer gesehen und inszeniert, noch wählte Karl Weiß eine künstlerische Komposition, die eine solche Sichtweise nahelegen würde und auch die Betrachterinnen und Betrachter damals konnten kaum etwas anders sehen als die Nachbarin, den Geschäftspartner oder den Wanderfreund aus dem Nachbarort. Selbstverständlich wusste man im kleinstädtischen Milieu im Altkreis Buchen, wer jüdisch war, nur spielte das eben keinesfalls in allen Lebensbereichen eine Rolle oder machte die Menschen unterscheidbar. Somit manifestieren sich in den Fotografien nicht einfach nur Erinnerungen, sondern es ist ein Abschied, weder die abgebildeten Menschen noch ihre Nachkommen leben in ihrer damaligen Heimat, dem Altkreis Buchen. Ein solches Bild ist also nicht nur ein Denkanstoß an jemanden, sondern ein Gedenken für jemanden. Insofern schwingt bei all der Alltäglichkeit, die diese Bilder ausstrahlen, auch immer ein Gefühl des Verlustes, der Trauer und des Unbehagens mit.

Den ganzen Text und die Fotografien finden Sie in unserem neuen Themenmodul zum jüdischen Leben.

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 Hohenzollerisches Notgeld (Landesarchiv BW, StAS Dep. 1 T 3-4 Nr. 1502)

Hohenzollerisches Notgeld (Landesarchiv BW, StAS Dep. 1 T 3-4 Nr. 1502)

Zu den häufigsten, meist gut erhaltenen Sachquellen gehören sogenannte Notgeldscheine. Vor allem ihre ortsspezifische Gestaltung macht sie zu einer spannenden Quellengattung. Die bedeutendste Notgeldperiode in Deutschland liegt zwischen 1914 und 1923 und umfasst damit die Jahre des Ersten Weltkriegs sowie die Nachkriegsjahre bis zur Inflation und Währungsreform 1923.

Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs verschlang die Kriegsindustrie nicht nur große Mengen Geld, sondern benötigte auch hochwertige Metalle, die ebenso für die Münzproduktion benötigt wurden. Zudem überschritt infolge der Inflation der Materialwert von Silbermünzen ihren Nominalwert. Viele Menschen begannen daraufhin, Münzen zu horten, die dann dem Geldkreislauf entzogen wurden. Bar- und Kleingeld wurden also knapp. Um den Zahlungsverkehr weiterhin zu ermöglichen, gingen viele Kommunen, aber auch Banken oder Großbetriebe dazu über, eigenes Geld, sogenanntes Kriegs- oder Notgeld auszugeben. Um Vertrauen in das Notgeld als Zahlungsmittel zu erzeugen, orientierte man sich bei der formalen Gestaltung an den offiziellen Zahlungsmitteln, den Reichsbanknoten. Außerdem wurden die Notgeldscheine zusätzlich besonders auffallend und ästhetisch ansprechend gestaltet und mit viel Lokalkolorit versehen. Häufig war auf den Scheinen das jeweilige Wappen des Ortes abgebildet, was nicht nur die zeitliche Begrenzung der Gültigkeit der Scheine betonte, sondern auch deren örtliche Begrenzung. Orts- und Stadtansichten kamen dabei die gleiche Funktion zu.

Das Kriegsende bedeutete jedoch nicht das Ende des Notgeldes. Die kriegsbedingte Währungs- und Wirtschaftskrise der frühen 1920er Jahre mündete 1923 schließlich in einer Hyperinflation. Während der Preis für Waren aller Art stieg, verlor das Geld seinen Wert. Güter des täglichen Gebrauchs wurden unerschwinglich. Die Reichsbank ließ neue, nicht gedeckte Geldscheine mit größeren Nominalwerten drucken, wie dieses Beispiel von 1923 aus dem Regierungsbezirk Sigmaringen zeigt. Dies befeuerte allerdings den Wertverfall des Geldes und ein fataler Kreislauf setzte ein. Die Reparationsforderungen der Alliierten, die ebenfalls durch Druckgeld bedient wurden, verschärften die Probleme. Erst 1924 wurde die Inflation durch einen Währungsschnitt gestoppt.

Ein spannendes Gespräch über den Quellenwert des Notgeldes zwischen dem Historiker Dirk Schindelbeck und Katharina Beiergrößlein und Günter Riederer vom Stadtarchiv Stuttgart finden Sie hier.

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 Damenhandschuh-Kollektion der Handschuhfabrik Gebr. Keller, Quelle: Stadtmuseum Esslingen

Damenhandschuh-Kollektion der Esslinger Handschuhfabrik Gebr. Keller [Quelle: Stadtmuseum im Gelben Haus Esslingen / Daniela Wolf, Esslingen (CC BY-NC-SA)]

Seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich Esslingen am Neckar zu einem blühenden Zentrum der Textil- und Bekleidungsindustrie. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die Esslinger Handschuhfabrikation zu erwähnen, die 1809 mit der Gründung der Handschuhfabrik von Caspar Bodmer, der in Neuwied am Rhein das Handschuhmachen erlernt hatte, begann.

Dass gerade Handschuhe ein Erfolgsprodukt aus Esslingen wurden, hat auch mit der Lage des Städtchens zu tun: Am Neckar gab es zwangsläufig viele Gerbereien samt lederverarbeitenden Werkstätten. Was bislang kaum entwickelt war, dem halfen bald jüdische Betriebe nach. Denn Esslingen war seit 1806 die erste, nun im Gebiet des Königreiches Württemberg liegende Stadt, in der nach Jahrhunderten wieder eine jüdische Gemeinde entstehen konnte. König Friedrich hatte zur Belebung der wirtschaftlichen Entwicklung Esslingens mehrere jüdische Familien aufgenommen. In den folgenden Jahrzehnten leisteten jüdische Gewerbetreibende und Fabrikanten große Beiträge beim Aufbau Esslingens zu einer wichtigen Industriestadt Württembergs. Sie verlegten sich vor allem auf die Herstellung und Verarbeitung hochfeinen Glacé-Leders. Exemplarisch kann die Handschuhfabrik Firma Jeitteles genannt werden. 1859 nahm die Fabrik Jeitteles die Produktion auf und 1880 beschäftigte sie bereits 120 Mitarbeiter, darunter viele Frauen. Seit 1885 war die Firma Jeitteles Königlich Württembergischer Hoflieferant. 1930 verfügte die Fabrik über 500 Arbeitnehmer. Während des Nationalsozialismus gelang es den meisten Familienmitgliedern zu emigrieren, die Firma wurde 1940 verkauft.

Auch Moritz Feigenbaum gründete 1889 die "Württembergische Handschuhfabrik", die bis 1936 existierte und aufgrund der nationalsozialistischen Verfolgung aufgegeben wurde. Die Familie emigrierte 1937 in die USA, wo Moritz Feigenbaum 1939 verstarb.

Neben diesen großen Herstellern lederner Handschuhe gab es noch eine Vielzahl kleinerer Firmen. 1930 produzierten in der Stadt 12 Handschuhhersteller, von denen sechs bereits vor 1900 gegründet waren.

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